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Links der Woche

Links der Woche #349

Der Radverkehr braucht mehr Platz. Irgendwie sagt das mittlerweile jeder. Aber kaum einer gibt ihm tatsächlich mehr Platz auf der Straße. In Osnabrück braucht ein Pop-up-Radweg zum aufpoppen inzwischen schon über ein Jahr. Und wenn er endlich da ist, ist das auch nur ein erster Schritt, so Fahrrad-Professorin Martina Lohmeier. In Utrecht ist man da schon viel weiter.

Der Spiegel berichtet über ein wichtiges Urteil und kann sich doch wieder nicht verkneifen, dem Radfahrer eine gefühlte Mitschuld zu geben. Die bleibt bei der Formulierung der aktiven Rolle nämlich immer ein bisschen hängen und der autofahrende Täter wird immer ein bisschen entschuldigt. Wobei „Radfahrer rast in Autotür“ schon echt dumm ist.

Sehr hörenswert ist auch der Beitrag bei Deutschlandfunk Kultur über die Verkehrswende auf dem Land. Ich wünsche euch viel Spaß bei der Lektüre. Und wem das Angebot von it started with a fight etwas wert ist, kann gerne etwas in die digitale Kaffeekasse werfen.

Der Radverkehr braucht noch viel mehr Platz (taz)

Pop-up-Radwege: „Als Einstieg super Lösung“ (taz)

Nächster Halt: 69-Euro-Ticket (Deutschlandfunk Kultur)

Der Siegeszug des Fahrrads in Utrecht: Die Rad-Megacity (taz)

Wie gelingt die Verkehrswende? Metropolen in Bewegung (arte)

Radfahrer rast in Autotür – Pkw-Fahrer trägt volle Schuld (Spiegel)

Verkehrsverbände verkauften rund 52 Millionen 9-Euro-Tickets (ZEIT Online)

Berlin-Mitte: Falschparker in Spielstraßen werden grundsätzlich abgeschleppt (Berliner Zeitung)

Vom Widerstand gegen das Kfz im ländlichen Raum: Zu viele, zu schnell (Deutschlandfunk Kultur)




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12 Antworten auf „Links der Woche #349“

„Der Radverkehr braucht mehr Platz.“

Das höre ich seit Jahrzehnten. Und ich bin sicher, das wird auch noch in Jahrzehnten zu hören sein.

Platz *nimmt* man sich als Radfahrer. An das Gehupe hat man sich bald gewöhnt.

„Aber kaum einer gibt ihm tatsächlich mehr Platz auf der Straße.“

Was sollte das jemand tun? Warum muß ich gerade an
https://youtu.be/dGdfPtW56fo?t=114 denken?

„Platz *nimmt* man sich als Radfahrer. An das Gehupe hat man sich bald gewöhnt.“

Aber nur solange, bis man von einem, der auch denkt, sich den Platz nehmen zu müssen, mit einer Blechkarre platt gefahren wurde….

Ja kann ich: Ich wurde mindestens vier Mal – das letzte Mal vor drei Tagen – von einem Busfahrer in der für Radfahrer zugelassenen Busspur so geschnitten, dass ich mein Leben nur durch eine Vollbremsung bzw. schnelle Ausweichmanöver retten konnte. Einmal war ich so naiv, den netten Kollegen zur Rede zu stellen. Als Ergebnis ergossen sich üble Beschimpfungen über mich. Seitdem gehe ich lieber gleich in Deckung wenn so ein Ding mich (immer zu eng) in der Busspur überholt.

@atze: Oben hattest Du noch von „platt gefahren“ geschrieben, und ich fragte nach konkreten Fällen. Dazu kommen von Dir nun ein paar Erzählungen, wie Du vom Bus überholt wurdest. Genau das meinte ich mit „Kopfkino“.

Wenn man diesen radfahrertypischen Alptraum, von hinten überrollt zu werden, der im realen Unfallgeschehen praktisch keine Rolle spielt, aus den Köpfen bekäme, wäre viel für den Radverkehr gewonnen. Leider betreiben ADFC und Konsorten zusammen mit den Autofahrern genau das Gegenteil. Diesen Alptraum sehe ich inzwischen als das Hauptproblem des Radverkehrs an.

Eine Busspur, die von Radfahrern mitbenutzt werden soll, ist auch Mist! Da weiche ich dem Bus auch aus!
Ansonsten hat Thomas aber recht: man fährt mit mindestens einem Meter Abstand vom rechten Fahrbahnrand um Dooring zu vermeiden (auch wenn dort keine Parkplätze sind), d.h. gefühlt mitten auf der Straße.
Ich habe mal gelesen, den Unfalltyp „von hinten überfahren“ gibt es für Radfahrer nicht, also kein Problem. Angehupt hat mich schon lange keiner mehr, mein persönlicher Eindruck ist dass langsam ein Bewusstseinswechsel stattfindet.

Auch ich halte die Abstände zum Straßenrand und v.a. zu parkenden Autos ein. Allerdings finde ich das mit dem „sich Platz nehmen“ weiterhin bedenklich. Als Radfahrer sind wir nach wie vor die Schwächeren und ich habe eben keine Lust, mich plattfahren zu lassen. Ich vermeide auch Hauptverkehrsstraßen, wie in Daniels übernächsten Artikel beschrieben, da ich keine Lust habe im Abstand von 20cm von Bussen und sonstigen großräumigen Geschossen überholt zu werden. Die meisten Fahrer von Ermächtigunggeräten meinen weiterhin, dass der Abstand von 1,5m wegen einer aufgepinselten Linie nicht gilt. Deshalb nehme ich Umwege inkauf – von wegen Platz nehmen… Ach ja, ich bin da nicht der einzige.
Im übrigen hatte ich glücklicherweise nur zwei Unfälle. Bei beiden wurde ich von hinten (!) um- (nicht platt) gefahren. Das war v.a. beim ersten Unfall kein Spaß. So viel zu Unfalltypen, die es nicht gibt.

@Burkhard: „Ich habe mal gelesen, den Unfalltyp „von hinten überfahren“ gibt es für Radfahrer nicht,“

Es gibt ihn schon, er ist aber selten. Das Problem ist, daß er maßlos überbewertet wird. Ein Problem sehe ich deshalb darin, weil dadurch andere Unfälle aus dem Blickfeld gedrängt werden, bei denen erheblich mehr Radfahrer Leben oder Gesundheit verlieren.

Bei diesem Thema darf der Hinweis auf die Datensammlung von Thomas Schlüter nicht fehlen: . Thomas macht etwas im Grunde sehr Einfaches: in unermüdlicher Fleißarbeit sammelt er aus der Presse und offiziellen Quellen seit fast zehn Jahren nahezu lückenlos die Details zu tödlichen Radunfällen in Deutschland und trägt sie in eine Tabelle ein. Jeder der aktuell 4325 Unfälle ist ein Mosaiksteinchen, die inzwischen ein sehr klares Bild davon formen, welche Situationen und Orte für Radfahrer besonders riskant sind (bzw. es nicht sind). Auffahrunfälle sind nicht darunter.

Hierzu finden sich für Auffahrunfälle im dichten Großstadtverkehr, der der Legende zufolge besonders gefährlich ist, gerade einmal zehn (in Worten: zehn) Einträge. 10¹⁾ von 4325. Um diese 2,3 Promille dreht sich im Grunde der ganze Radweghype, denn der Auffahrunfall ist der einzige Unfalltyp, den Radwege verhindern können. Bei allen anderen sind sie schlichtweg nutzlos oder provozieren sie gar. Der kleine Rest von 99,77 % anderer Unfälle wird fast völlig ignoriert, ausgeblendet, ist unbeachtlich. Gut 7 % werden von Rechtsabbiegern getötet, für die Radwege eine essentielle Zutat sind? Ist unbeachtlich. Fast 10 % werden bei Fahnbahnquerungen getötet, die nicht selten durch wechselweise links- und rechtsseitige Benutzungspflichten erzwungen werden? Wird ignoriert. Knapp 16 % kosten Vorfahrtfehler das Leben? Interessiert niemanden. Pro Jahr wird ein Radfahrer in einer Großstadt von hinten über den Haufen gefahren? Eine Riesengefahr für den Radverkehr!! Wir brauchen mehr Radwege!!

Übrigens weist die Datensammlung für Osnabrück 16 tödliche Radunfälle seit 01.01.2013 aus. Da ist natürlich die Frage interessant, wie viele dieser Todesopfer durch mehr Radwege hätten verhindert werden können. Die Antwort ist: kein einziges. Alle Straßen, auf denen diese Unfälle geschehen sind, waren bereits mit einer RVA ausgestattet.

Zur Busspur: die Gefahr geht nicht von den Bussen aus, in deren Hauptblickfeld sich der Radfahrer befindet, sondern von Rechtsabbiegern, die nun aus einer mittleren Fahrspur abbiegen müssen und den Weg kreuzen, von Einbiegern aus Seitenstraßen, und von allen anderen Verkehrsteilnehmer, die auf der Busspur nur mit Bussen, aber nicht mit Radfahrern rechnen. Den Bus vorbeizulassen, falls es eng ist, ist aber dennoch nett. Ich würde nicht gerne 20 oder 50 Buspassagiere auf mich warten lassen.

¹⁾Insgesamt gab es mehr Auffahrunfälle, aber fokussiert auf die auf den Radweghype zugeschnittenen Bedingungen, sind es nur 10.

Interessant finde ich die Tendenz (z.B. bei den Taz-Artikeln) die ‚Radverkehrsförderung‘ mittlerweile gänzlich außerhalb des Kontextes von Autoverkehrsreduktion zu stellen, aber bizarrerweise trotzdem einen Connex zu ‚Verkehrswende‘ herzustellen.
Dieser Widerspruch fällt aber, wohl dank jahrelanger Wiederholung, kaum noch auf, sondern hat sich etabliert.
Beim TAZ Jubelartikel über Utrecht sind allenfalls noch in einigen wenigen Leser:innenkommentaren homöopathische Reste der Erkenntnis der zwingenden Notwendigkeit von Autoverkehrsreduktion zu entdecken, und das ungeachtet der Tatsache, dass gerade im Bereich der Randstad der Autoverkehr auf den mittlerweile mindestens 6spurigen Mammutautobahnen eigentlich unübersehbar anwächst.
Tja, Verkehrswende ist wohl auch in ehemaligen ‚Alternativmedien‘ wie der TAZ nur noch: mehr Rad, billigerer ÖPV und das konsequente Ignorieren aller Statistiken, die jedes Jahr weitere Zuwächse beim renditeträchtigen MIV ausweisen?

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