Wurde während der Corona-Pandemie das Radfahren stärker gefördert? Wie sicher fühlen sich Radfahrende auf deutschen Straßen? Und wo müssen Städte ansetzen, um den Radverkehr noch besser zu fördern? Antworten auf diese Fragen gibt der ADFC-Fahrradklima-Test 2020, dessen Ergebnisse heute vorgestellt wurden. Ich fasse mal für Osnabrück zusammen. Eure Stadt findet hier in der Ergebnis-Übersicht.

Osnabrück verschlechtert sich bei der Gesamtnote von 4,2 auf 4,3, was ich – vorweggenommen – eigentlich nicht teilen kann. Ich vermute, dass die Erwartungshaltung bei den am Fahrradklima-Test Teilnehmenden noch mal ein gutes Stück gewachsen ist. So positive Beispiele wie die erste Protected Bike Lane und der erste Radschnellweg scheinen nicht zu reichen, um für Aufbruchstimmung zu sorgen.

Es geht nicht schnell genug. Und die Erwartungshaltung steigt.

Am schlechtesten schneidet Osnabrück bei der Breite der Radwege ab. Für die vielen schmalen Schutzstreifen und Radwege gibt es eine miserable 5,5 (2018: 5,2) – was denn auch gleich der erste politische Auftrag wäre: die Umverteilung der Verkehrsflächen zugunsten des Radverkehrs. Ohne diese grundsätzliche Voraussetzung scheint Osnabrück im Tabellenkeller des Fahrradklima-Tests festzustecken.

Bei Falschparkerkontrollen auf Radwegen hat sich auch wenig getan. Nach einer 5,1 beim letzten Mal gibt es nun eine 5,2. Einmalige Abschleppaktionen helfen nicht, die Stadt scheint für Falschparker ein sicheres Pflaster zu bleiben. Darunter leidet auch das Sicherheitsgefühl, das von Osnabrücker Radfahrenden mit einer 5,1 bewertet wird. Zuletzt stand hier noch eine 4 vor dem Komma, wenn auch 4,9. Ebenfalls mit mangelhaft wurde die Fahrradmitnahme im ÖPNV (5,1), das Fahren im Mischverkehr mit KFZ (5,1) und Konflikte mit KFZ (5,0) bewertet. Auf der negativen Seite hat sich für die Teilnehmenden somit praktisch nichts verbessert.

Bei Fragen zur Sicherheit geht es seit Jahren bergab.

Eine einzige gute Bewertung mit einer 2 vor dem Komma gibt es. Dass hier so viele Einbahnstraßen für Radfahrende in Gegenrichtung geöffnet sind, wird mit 2,6 bewertet. Das war auch bei der letzten Umfrage schon der größte Pluspunkt (2,8). Es folgen die Erreichbarkeit des Stadtzentrums (3,1), zügiges Radfahren (3,3) und die Wegweisung für Radfahrende (3,3). Die Ergebnisse weisen daraufhin, dass Osnabrück eigentlich das Potenzial zur Fahrradstadt hat, es aber an der Umsetzung noch mangelt. Dafür spricht auch die Einschätzung, dass hier eher alle – ob jung oder alt – mit dem Fahrrad fahren (3,3).

Die Zusatzfragen zielten dieses Mal auf die Situation in Verbindung mit der Coronapandemie ab. Signale, dass nun mehr für den Radverkehr getan wird, haben die Osnabrückerinnen und Osnabrücker demnach nicht empfangen (5,6). Das deutlichste Signal wären wohl Pop-up-Radwege gewesen. Die gab und gibt es hier aber nicht. Und dass der Oberbürgermeister und die Kommunalpolitiker*innen während der Corona-Zeit das Radfahren neu entdeckt hätten, glaubt auch kaum jemand (5,0). Immerhin haben in dieser Zeit die Radfahrenden selbst neue Ziele entdeckt (3,5) und glauben, dass die Bedeutung des Fahrrads zugenommen hat. Das wiederum würde zur Verschlechterung der Gesamtnote passen. Die Bedeutung des Fahrrades hat durch Corona zugenommen, die infrastrukturellen Voraussetzungen können aber nicht mithalten.

Im Städteranking (100.000 bis 200.000 Einwohner) landet Osnabrück bundesweit auf Platz 31 von 41. In Niedersachsen ist von den vergleichbar großen Städten nur Hildesheim noch ein bisschen schlechter. Wie schon 2019 bin ich auch jetzt wieder der Meinung, dass man die Ergebnisse der Umfrage nicht überbewerten sollte. An Umfragen nehmen tendenziell eher die teil, die unzufrieden sind. Und dieses Mal waren es 664 Teilnehmende – von 165.000 potenziellen Radfahrerinnen nd Radfahrern. Ich finde, Osnabrück ist besser als die ermittelte 4,3. Trotzdem zeigen die Ergebnisse, dass es noch ein weiter Weg ist zum selbstgesteckten Ziel – in die Top 5 der deutschen Fahrradstädte 2030.

Osnabrück hat in letzten Jahren gute Konzepte für die Förderung des Radverkehrs auf den Tisch gelegt. Nur ist leider in der Stadt viel zu wenig passiert, während der Autoverkehr weiterhin zunimmt.

So sieht es auch der örtliche ADFC. Wolfgang Driehaus, verkehrspolitischer Sprecher des ADFC Osnabrück sagt: „Osnabrück hat in letzten Jahren gute Konzepte für die Förderung des Radverkehrs auf den Tisch gelegt. Nur ist leider in der Stadt viel zu wenig passiert, während der Autoverkehr weiterhin zunimmt. Neben der Umsetzung des Radverkehrsplans 2030 mit den besten Ausbauvarianten sind auch der Landkreis und die Umlandkommunen gefordert, um mehr Einpendler zum Radfahren zu bewegen. Vor allem muss Osnabrück jetzt richtig Gas geben bei der Umsetzung des Fahrradstadtbeschlusses aus dem Jahr 2019.“

Die gesamte Auswertung der Osnabrücker Ergebnisse gibt es hier in der Übersicht. Zum Fahrradklima-Test geht es hier.