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Kommentar: Offene Türen einrennen

„Dooring“ sagt man, wenn Radfahrer von unachtsam die Türen öffnenden Autofahrern gefährdet werden. Für Radler eine altbekannte Gefahr – für die Medien ein offenbar neues und zumindest aktuelles Phänomen. Jüngst meldeten die Versicherungen, das Risiko sei bisher stark unterschätzt gewesen.

„Dooring“ sagt man, wenn Radfahrer von unachtsam die Türen öffnenden Autofahrern gefährdet werden. Für Radler eine altbekannte Gefahr – für die Medien ein offenbar neues und zumindest aktuelles Phänomen. Jüngst meldeten die Versicherungen, das Risiko sei bisher stark unterschätzt gewesen. pressedienst fahrrad-Redakteur H. David Koßmann begrüßt die neue Aufmerksamkeit und plädiert für Rücksicht und Abstand.

„Radfahrer von Tür erfasst“, „Radlerin weicht Autotür aus und verletzt sich schwer“ – diese Schlagzeilen sind quasi Alltag. Jeder Routineradler hat das schon erlebt und nicht immer ausweichen können. Welche statistische Signifikanz solche Unfallszenarien aber tatsächlich haben, ergab eine neue Untersuchung der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Statt fünf Prozent, wie bisher angenommen, stehen 18 Prozent aller Unfälle, bei denen Radfahrer oder Fußgänger verletzt werden, in Zusammenhang mit parkenden Autos!

Natürlich steht in der StVO sinngemäß, dass man immer mit der Unachtsamkeit anderer rechnen muss und entsprechend Abstand halten sollte. Für Radfahrer heißt das konkret: eine Türbreite Abstand zu Autos, die am Fahrbahnrand oder neben Radwegen parken. Einerseits ist das oftmals aber nicht einhaltbar, wenn etwa der Radweg zu schmal ist und/oder neben einem Gehweg verläuft. Denn dort haben Radfahrende gar nichts verloren. Auf der Fahrbahn, wo sie nun absolut hingehören, werden sie andererseits von Autofahrern als ärgerliches Hindernis weggehupt. Auch wenn mittlerweile der Seitenabstand von innerorts 1,50 Meter beim Überholen von Radfahrern vorgeschrieben ist, braucht es so gehörig Chuzpe, sich den legitimen Raum im Verkehr auch zu nehmen. Einladende Umstände, von wegen Verkehrswende, sehen anders aus.

Dabei gibt es einen einfachen Weg, der zahlreiche dieser Unfälle vermeiden kann: Der sogenannte Holländische Griff besteht darin, die Türen auf der Fahrerseite ausschließlich mit der rechten Hand zu öffnen – bzw. auf der Beifahrerseite mit der linken. Dabei macht man ganz automatisch einen Schulterblick und erkennt leicht, ob man im Begriff ist, andere zu gefährden. Den Vorschlag, weitere Sensoren im Auto vorzuschreiben, die etwa potenziell gefährdete Verkehrsteilnehmer erkennen und die Tür blockieren, halte ich für den falschen Weg. Nicht nur werden Pkws durch immer mehr Technik ständig schwerer, größer und gefährlicher für Mensch und Umwelt. Der Mensch hat außerdem eine Sorgfaltspflicht im Straßenverkehr – diese an Maschinen abgeben zu können, verklärt die eigene Verantwortung und entfremdet uns voneinander.

Foto: dd

8 Antworten auf „Kommentar: Offene Türen einrennen“

„Auf der Fahrbahn, wo sie nun absolut hingehören“ ist gefährlicher Unsinn. Radfahrer verdienen autofreie Wege. Falls das Radwege sind, gehören die nicht auf die Fahrbahnseite von Parkplätzen, also zwischen die Fahrertür und den Kfz-Verkehr. Dooring ist kein Verhaltensproblem, sondern eines der falschen Planung, die Radfahrende auch neben Parkreihen auf die Fahrbahn zwingt, wo sie absolut NICHT hingehören.

Selbstverständlich gehört mir die Fahrbahn auch als FahrradfahrerIn. Straßenverkehr ohne Konfliktpunkte zwischen den verschiedenen VerkehrsteilnehmerInnen („Autofreie Wege“) ist bestenfalls naiv. Und wenn ein unachtsam-rücksichtsloser Autofahrer seine Tür vor meiner Nase öffnet, dann möchte ich das nicht mit Verweisen auf Planungsmängel entschuldigt wissen, auch wenn natürlich mit besserer Planung an vielen Stellen eine fehlertolerantere Infrastruktur geschaffen werden könnte.

Rechts von parkenden Fahrzeugen ist es noch viel gefaehrlicher. Dort steigen diejenigen aus, die nicht gefahren sind und sich nicht um den Verkehr gekuemmert haben, z.B. Kinder.
Ich finde die ganze Diskussion so muessig. Wir wissen doch eigentlich alle, dass wir in Deutschland nur dann eigene Wege bekommen, wenn wir auf den Strassen so massenhaft auftreten, dass im doppelten Sinne des Wortes niemand mehr an uns vorbeikommt.

Rechts steigen seltener Personen aus, weil die Blechbüchsen meist nur mit dem Fahrer besetzt werden. Für unberechenbare Kinder gibt es doch Kindersicherungen an den Türen. Der Abstand zwischen KFZ und Radfahrer ist deutlich größer. Häufig sind hier noch Trennstreifen oder Grünstreifen zwischen Parkplätzen und Radweg.

Ich finde diese Diskussion auch müßig, dieselben tollen Fahrradlobbyisten, die vor Jahren das Radfahren auf der Fahrbahn etabliert und unterstützt haben, demonstrieren heute für Protected-Bike-Lanes (= seperater Radweg) an Stellen wo noch ein alter Radweg ist.

Die Forderung nach Verkehrs-Apartheid zum „Schutz“ von Radlingen ist weder neu, noch durch Fakten begründbar.
Nur ermüdend.
Radfahrer gehören natürlich auf die Fahrbahn, nur eben nicht unter dem Primat des MIV.

„It’s not the infrastructure, it’s the cars!“

Erstmal ein paar Millionen Autos bauen, in die gerade zu wortwörtliche Rücksichtslosigkeit beim Ein- und Aussteigen hineinkonstruiert ist, dann die Verantwortung den Benutzern zuschieben und letztendlich noch versuchen die Schuld bei den verletzten und gefährdeten Verkehrsteilnehmern abzuladen: Autolobby at it’s best!

Korrekt. Dementsprechend brauchen auch Radfahrer keinen besonderen Schutz, sondern der PKW-Verkehr muss Schutz mitbringen, um keine anderen Verkehrsteilnehmer zu gefährden. So wie auch ein scharfes Messer oder ein eine gefährliche Chemikalie besonders geschützt werden muss.

Der ewige Rufe nach Schutz für Radfahrer hingegen ist nichts als eine Idee aus einer autofixierten Welt. Die 60er lassen grüßen.

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