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Osnabrück Radverkehr

So bringen deutsche Städte Radfahrer in große Gefahr

Dooring-Unfällen passieren vergleichsweise selten, dafür haben sie dann aber häufig schwere Folgen. Das hat 2017 bereits eine Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) ergeben. Danach kollidierte bei rund jedem 14. Pkw/Radfahrer-Unfall (7 Prozent) ein Radler mit einer sich öffnenden Autotür, meist der Fahrertür. So auch gestern am Blumenhaller Weg in Osnabrück. Ich bin durch Bodenmarkierungen und Blutreste darauf aufmerksam geworden. Die Polizei hat mir dann auf Nachfrage mitgeteilt, dass ein Radfahrer gegen 12.45 Uhr auf dem Radfahrstreifen an einem geparkten Auto vorbeifuhr, „als dessen Fahrerin plötzlich die Tür öffnete“. Der 70-jährige Radfahrer konnte nicht mehr ausweichen, stürzte und wurde leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht.

Es ist ein typischer Unfall, der aus Unachtsamkeit passiert. Deswegen ist es für Autofahrer und Mitfahrer immer wieder wichtig, in den Rückspiegel zu schauen und den Schulterblick zu machen. Nicht nur beim Abbiegen sondern eben auch beim Aussteigen. Den Trick des Holländischen Griffes hatte ich im Blog ebenfalls schon öfter thematisiert. Das Video unten zeigt, wie es geht.

Und nicht zuletzt müssen wir hier auch wieder über die Anlage des Radfahrstreifens reden. Er führt an dieser Stelle und so ziemlich am gesamten Blumenhaller Weg direkt durch die Dooring-Zone – sprich an geparkten Autos entlang. Und das mit einer Breite von 85 Zentimetern. (Obwohl man hier von „Breite“ eigentlich gar nicht reden darf.) Das ist insofern verrückt, als dass das Landgericht Berlin folgendes sagt:

Radfahrer müssen einen ausreichenden Sicherheitsabstand vom rechten Fahrbahnrand und insbesondere von parkenden Kraftfahrzeugen einhalten. Der Abstand muss so bemessen sein, dass den Radfahrer eine sich öffnende Autotür nicht in eine Gefahrensituation bringen kann. (LG Berlin, Az. 24 O 466/95)

Wie soll ein „normaler“ Radfahrer sich hier also verhalten? Dieser handtuchschmale Radfahrstreifen bietet definitiv keinen Sicherheitsabstand zu den parkenden Autos. Und dabei spielt es auch keine Rolle, ob er benutzungspflichtig ist oder nicht. Er suggeriert die Benutzungspflicht. Und mit diesen juristischen Spitzfindigkeiten setzt sich der „normale“ Radfahrer auch nicht auseinander. Das sollte er auch nicht müssen. Er nutzt intuitiv die Infrastruktur, die ihm als Radfahrer gegeben wird und verlässt sich darauf, dass das Sinn macht. Denn so sollte es sein: intuitive Infrastruktur, die die größtmögliche Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer gewährleistet.

So ein Radfahrstreifen wie hier (nicht nur) am Blumenhaller Weg macht aber kaum Sinn. Und laut verkehrslexikon.de bringt er einem im Falle eines Unfalls auch noch eine Mithaftung: „Beim Überholen, beim Vorbeifahren an haltenden und parkenden Fahrzeugen […] müssen jeweils der vorgefundenen Verkehrssituation und den örtlichen Verhältnissen entsprechend unterschiedliche seitliche Sicherheitsabstände eingehalten werden. Insbesondere auch bei Radfahrern ist die Einhaltung eines ausreichenden Seitenabstandes von äußerster Wichtigkeit. Auch bei verkehrswidrigem Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer führt die Verletzung dieses Gebotes in der Regel zu einer Mithaftung des zu dicht Vorbeifahrenden.“

Ich halte es daher für absolut fahrlässig, so schmale Radfahrstreifen oder Schutzstreifen direkt und ohne Sicherheitsabstand an parkenden Autos entlang zu führen. Entweder man nimmt diese Parkplätze weg und macht einen sicheren Radweg draus. Oder man beruhigt die Straße so, dass eine gemeinsame Fahrbahnnutzung möglich ist. Das kann ortsabhängig durch Tempo 30 oder den Umbau zu Fahrradstraße geschehen. Diese schmalen Radfahrstreifen in der Dooring-Zone sind auf jeden Fall eine behördlich verordnete Gefahr!

Fotos: dd

25 Antworten auf „So bringen deutsche Städte Radfahrer in große Gefahr“

Danke für diesen guten Beitrag. Ich frage mich ob im Rahmen der Bauarbeiten, welche bereits laufen und noch länger auf dem Blummenhaller Weg durchgeführt werden, an dieser Situation etwas ändern werden? Dies wäre nur wünschenswert.
Viele Grüße

Sharrows haben dieses prinzipielle Problem nicht, aber die sind ja vermutlich „VC“ und können zudem den geheiligten Autoverkehr behindern.
Davon ab: ist das tatsächlich ein Radfahrstreifen (Z.237), oder handelt es sich hier um einen Seitenstreifen?

Dieser handtuchschmale Streifen _ist_ der Sicherheitsabstand. Ich würde auf jeden Fall – je nach Tempo – deutlich links der weißen Linie fahren.
Viele Grüße aus Chemnitz

Daran, wie ausgefranst der Streifen in Richtung der Fahrbahnmitte ist, sieht man auch schön, dass der Streifen immer wieder von Autos überfahren wird (nicht nur von denen, die rechts parken wollen). Das zeigt leider sehr deutlich den nicht vorhandenen Schutz, den der Streifen auch in diese Richtung bietet…

Die Situation am Blumenhaller Weg ist wirklich übel. Weiter oben (stadtauswärts) parken vor den Autohäusern auch regelmäßig Autotransporter, die dort Fahrzeuge abladen. Die Fahrer sind offenbar zu faul, auf das jeweilige Firmengelände zu fahren.
Das Schlimme daran ist, dass dort morgen der Schulweg von Hellern zu den Schulen „In der Wüste“ verläuft und Radfahrer (sprich Schulkinder) auf die Fahrbahn ausweisen müssen, um die LKW zu umfahren. Und dass sich niemand darum schert.
Ich habe einige Male die Polizei wegen dieser Behinderung und Gefährdung angerufen, mit dem in OS üblichen Ergebnis: Nichts ändert sich.

Mit Verlaub, das ist kein Schutzstreifen, das ist ein Scheißdreck. Manche (leider nicht alle) Schutzstreifen hier in Ulm sehen so aus: https://bw.vcd.org/fileadmin/user_upload/BW/Verbaende/Ulm/schutzstreifen.png (@Daniel: Warum kann ich hier keine Bilder einfügen?). Damit sind zumindest mal die Risiken, das sich plötzlich eine Tür vor einem öffnet reduziert. Was aber leider nichts dran ändert, das es trotzdem genügend Autofahrer gibt, die mit viel zu wenig Abstand an einem vorbei fahren. Dazu noch ein Hinweis auf ein Projekt in Berlin um die viel zu geringen Abstände zu dokumentieren: https://netzpolitik.org/2018/gefaehrliche-manoever-crowd-projekt-misst-abstand-von-autos-beim-ueberholen-von-radfahrern-in-berlin/

Selbst mit gut gemachten Schutzstreifen wird es nicht gelingen, viele Menschen zum Radfahren zu bewegen. Da helfen nur baulich getrennte Wege, oder zumindest mal innerorts flächendeckend Tempo 30. Auch dadurch würden sich die Konflikte schon reduzieren lassen (und die Autofahrer bremst es nicht wirklich aus, da die Kreuzungen die Nadelöhre darstellen).

„und die Autofahrer bremst es nicht wirklich aus“
Nicht persönlich gemeint, aber Was gibt es eigentich für einen Grund bei allen Diskussionen über ‚Radinfra‘ peinlichst darauf zu achten, dass die jeweilige Massnahme der Flüssigkeit des Autoverkehrs nicht schadet?

Gerade auch angesichts der jüngeren Ergebnisse der Klimaforschung müsste doch ein rationaler Geist das genaue Gegenteil bevorzugen:
der Autoverkehr muss endlich und dringendst ausgebremst werden, da sich nur so die faktisch notwendige Reduktion der MIV-Verkehrsleistung erreichen lässt.
(Plus Parkplatzreduktion natürlich, welche, je nachdem, genauso wirksam ist).
Was führt zu dieser verinnerlichten Windschutzscheibenperspektive?
– uneingestandenes kollektives Stockholmsyndrom?
– automobile Gehirnwäsche während der üblichen Sozialisation?
– eigenes Autofahren?
– ???

Natürlich wäre es wünschenswert, das von jetzt auf nachher das Autofahren durch geeignete Maßnahmen massiv reduziert werden würde. Ich für meinen Teil hab kein Problem, die Verkehrswende durch Zuckerbrot (intensiver Ausbau des Umweltverbundes) und Peitsche (Fahrspurenreduzierung, Tempo 20, City-Maut, heftige Parkplatzbewirtschaftung und systematischer Abbau von Parkmöglichkeiten…) voran zu treiben.
Nur, wir leben in einer Demokratie (und das will ich auch gar nicht anders haben) und es geht nur über einen Konsens. Mit Radikalforderungen stößt man die Autolobby nur vor den Kopf, und dann geht jede Gesprächsbereitschaft flöten. Daher mein Hinweis, das auch flächendeckendes Tempo 30 die Autofahrer nicht wirklich Zeit kostet, um den sonst unter Garantie kommenden Hinweis das sie dadurch noch langsamer unterwegs sind beizeiten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Vieles geht eben nur im Dialog miteinander. Allerdings hat man bei manchem Autofahrer und Politiker das Gefühl, das denen die Benzindämpfe (oder waren es doch eher die Abgase?!?) gründlich das Hirn vernebelt haben.

Mir ist so ein Streifen auf der Fahrbahn immer noch deutlich lieber als ein Radweg. Beim Streifen habe ich wenigstens die Möglichkeit weit genug links zu fahren und damit den notwendigen Abstand einzuhalten. Bei den Radwegen, die dicht an parkenden Autos entlang geführt werden, fehlt der Platz hingegen. Ich bin in Münster genauso verunfallt: Ein auf dem Fussweg parkender Autofahrer (was in Münster ja leider toleriert wird) riss die Fahrertür auf und räumte mich damit ab.

Wie wird wohl „Witzbold“ bestraft, der einen der im Bild zu sehenden Gullydeckel entfernt ? Der kann ja such argumentieren : Wenn alle auf Sicht fahren, wie es vorgeschrieben ist und damit niemand einen Fehler macht, passiert nichts. Er wird aber vermutlich trotzdem nach §315b bestraft.
Genauso so sollten die Verantwortlichen für diesen gefährlichen Unsinn bestraft werden.

Bei dem Photo ist es doch nur eine Frage der korrekten Interpretation: Die weiße Linie markiert für mich ganz klar die „Dooring Zone“, d.h. den Bereich, den ich als Radfahrer auf keinen Fall zu befahren habe. Ausgerechnet in dem Bereich zu radeln ist genauso falsch wie sich auf dem Bahnhof zwischen die gelbe Linie und die Bahnsteigkante zu quetschen, wenn ein ICE durchfährt.

Immer eine Türbreite Abstand halten!

Eine Möglichkeit, den „holländischen Griff“ zu etablieren wäre es, die Autohersteller zu verpflichten, in allen neuen Modellen den Türgriff soweit nach hinten zu verschieben, dass er bequem nur mit der rechten Hand geöffnet werden kann.

Wenn in diesem Blog an anderer Stelle Abbiegeassistenten oder Rechtsabbiegeverbote für LKW als realitätsnahe Forderungen verhandelt werden, scheint mir dieser technisch sehr einfache Ansatz in der Tat vergleichsweise vielversprechend.

richtig guter tipp, bitte merken: in zukunft nur auf dem bürgersteig fahren. dann sterben auch nicht jedes jahr so viele fahrradfahrer;)

ich fahre kein fahrrad (nur als kind, als erwachsener ist mir die lust vergangen), würde aber NIEMALS auf die vollkommen abstruse, irrationale und psychisch kranke idee kommen, auf der gleichen straße zu fahren, auf der sich menschen in blechkästen bewegen, die teilweise tonnen wiegen und damit jedes jahr regelmäßig menschen töten. ich bin ja nicht lebensmüde.

soweit ich weiss denkt (zum glück) ein großteil der menschheit auch so. ihr befindet euch in einer krassen, irrational denkenden und argumentierenden minderheit und wollte halt, dass die mehrheit sich nach euch richtet, anstatt umgekehrt.

das wird, zum glück, niemals passieren, auch wenn man hier in berlin manchmal auf andere gedanken kommt, wenn man merkt, wie dreist und unhöflich ein großteil der fahrradfahrer sich im normalen stadtverkehr benimmt und man diese ganzen neuen fahrradwege sieht.

aber hey, wem erzähle ich das.

leute wie ihr werden direkt morgen wieder in der s-bahn stehen und pro fahrradfahrer drei sitze in einem vollkommen vollgestopften abteil blockieren, fremden menschen ihre räder über die hosen ziehen, die lenker in die hüfte oder in die fresse rammen und nicht EINE SEKUNDE lang daran denken, was sie doch für eine unglaubliche belastung für ihre mitmenschen darstellen. wer so harte logiklücken in seinem kopf existieren lässt und diese auch noch zulässt, wird auch noch in anderen aspekten seines lebens ignorant, machtmissbrauchend, verständnislos und im allgemeinen psychisch krank sein.

ich bete jeden tag dafür, dass die natürliche selektion bei euch früher oder später zuschlägt, weil ich wirklich überzeugt davon bin, dass ihr euch da nicht ändern werdet und eure kinder auch noch so erziehen werdet. aber irgendwann muss damit ja wohl schluss sein.

erstmal diese flacherdler und reichsbürger, jetzt auch noch fahrradfahrer, die nicht auf ihr verdammtes leben klarkommen und ihre umwelt mit ihrer existenz belasten.

hört bitte einfach auf. danke:)

Da ist dir wohl zu viel frische Luft durch den Schädel gefegt, als du dich an keine Regeln haltend durch die Fußgängerzone gerast bist und dabei bewusst Kinder und Senioren über den Haufen gefahren hast, denn ansonsten würdest du genau erkennen, dass du gemeint bist. Superman hat Superaugen und sieht von Berlin aus, was du so machst … wenn du dir überlegst, wie du noch mehr Verkehrsregeln brechen kannst, wie du am besten beim Fahren mit dem Rad noch ein paar Menschen verletzen kannst usw. usf.

Hauptsache meinen, 20 cm Bordstein halten einen bewusst oder unbeabsichtigt außer Rand und Band geraten PKW irgendwie auf.

Bei uns werden Fahrradstreifen Gelb, und die Flächen bei Hotspots zusätzlich rot markiert. (So gesehen wäre das hier ein Fahrbahn-Randstreifen)
Wäre das eine Lösung?

Gruess aus der Schweiz

Ich hasse diese Streifen, nicht nur wegen der parkenden Autos.
In der Regel meide ich sie oder fahre (bei viel Schwerverkehr) vorsicthig auf dem herrlich breiten, überdimensioniertem Gehweg.
Das interessiert nämlich eh niemand, und da riskiere ich nicht mein Leben.

Ich hatte mal Anfang des Jahres eine Mail an die Stadt geschrieben, und bekam das hier als Antwort:

„Mit dem Straßenverkehrsamt und der Kreispolizei wurde die sicherste Lösung der Radfahrerführung im Bestand erarbeitet und anschließend umgesetzt. Die Markierung und Beschilderung ist vom Straßenverkehrsamt genau so angeordnet worden.

Nach den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen ERA müssen Schutzstreifen für Radfahrer eine Mindestbreite von 1,25 m haben.

Bei angrenzenden Längsparkstreifen ist eine Mindestbreite von 1,50 vorgesehen. Diese Breite ist in der Bahnstraße vorhanden. Auf einen Sicherheitstrennstreifen kann bei wenigen Parkvorgängen (hier darf 2 Stunden geparkt werden) und beengten straßenräumlichen Situationen verzichtet werden.“

Danke, da fahre ich lieber über schöne separierte Radwege außenrum bzw. in Ausnahmefällen auf dem Gehweg bzw. stellenweise links entgegengesetzt dem ehemaligen Zweirichtungsradgehweg.

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