Osnabrück macht‘s vor: rot eingefärbte Radfahrstreifen
Eine der wichtigen Forderungen des ADFC ist die Erhöhung der Verkehrssicherheit der Radfahrer – und zwar sowohl der objektiven als auch der subjektiven Sicherheit. Rot eingefärbte Radfahrstreifen können dazu in starkem Maße beitragen.
Wegen der vielen Gefährdungen auf innerstädtischen, begleitenden Radwegen (Rechtsabbieger, die den Radfahrer übersehen; plötzlich aus Seitenstraßen oder Einfahrten kommende Fahrzeuge) befürwortet der ADFC das Fahren auf der Fahrbahn. Dafür allerdings müssen die auf der Fahrbahn eingerichteten Radfahrstreifen derart gestaltet sein, dass sie auch dem subjektiven Sicherheitsempfinden der meisten Radfahrer (auch älterer) genügen. Das heißt, die Radfahrstreifen sollten so gestaltet sein, dass sie von den Fahrern jedes motorisierten Fahrzeugs sofort als Radweg erkannt und respektiert werden.
In Bonn sind viele auf der Fahrbahn abmarkierte Radfahrstreifen nicht nur viel zu schmal, sondern auch oft nicht oder nur zum Teil farblich vom Rest der Fahrbahn abgehoben. Dass dies auch ganz anders geht, „erfuhr“ der Autor in diesem Frühjahr während eines mehrwöchigen Besuchs in Osnabrück. Die in dieser Stadt durchgehend rot markierten Fahrradstreifen hinterließen auch bei ihm, einem „Viel-Radfahrer“ ein wesentlich stärkeres Sicherheitsempfinden als in Bonn.
In Bonn argumentieren die bei der Stadtverwaltung Verantwortlichen für Verkehrsplanung und Verkehrssicherheit gegen eine durchgehende Roteinfärbung, sie koste zu viel, sie sei nur sinnvoll an gefährlichen Stellen, oder die Bezirksregierung Köln sei dagegen. Die in Osnabrück gemachten Erfahrungen zeigen aber, dass generell die Beachtung und Achtung der Radfahrer bei den überall durchgängig rot eingefärbten Radfahrstreifen größer ist und damit auch die Sicherheit der Radfahrer höher ist. Es ist unverständlich, dass dieses Argument der höheren Verkehrssicherheit in Bonn nicht gewürdigt wird.
Überdies sind in Osnabrück alle Aufstellflächen vor den Ampeln gut erreichbar, weil der Strich für die Radfahrstreifen mindestens zehn Meter vorher durchgezogen ist. Damit können sich Pkw nicht so weit rechts aufstellen, dass sie Radfahrer am Durchkommen zu den Aufstellflächen hindern. In den reinen Wohngebieten wird die Verkehrssicherheit einfach durch das Weglassen von Vorfahrtsschildern und die dann geltende Rechts-vor-links-Vorfahrt durch eine Rund-um-Markierung durch halbe Striche auf der Fahrbahn erreicht. Dies sieht man in Bonn sehr selten.
Der Autor ist gespannt, ob sich unter dem neuen Dezernenten für Planung, Umwelt und Verkehr an der bisher abwehrenden Grundeinstellung in der Bonner Stadtverwaltung etwas ändert.
Dieser Artikel von Johannes Frech erschien zuerst in Rückenwind 04/16, dem Magazin des ADFC Bonn/Rhein-Sieg.
Fotos: dd
25 Antworten auf „[Außenansicht] Mehr Farbe auf den Straßen“
Ich kommentiere den Artikel mal hier unten, denn ganz so positiv sehe ich die Situation in Osnabrück nicht. Mal abgesehen davon, dass es für Radfahrer total uneinheitlich ist, sind die Radfahrstreifen auch keineswegs durchgehend rot eingefärbt. Auch bei der Farbe ist es „mal so, mal so“. So richtig rot wird es eigentlich nur an Kreuzungen.
Ich glaube auch nicht, dass das subjektive Sicherheitsempfinden durch Farbe gefördert wird. Ich höre im Gegenteil ständig, dass die Osnabrückerinnen und Osnabrücker lieber abgetrennte Radwege wollen.
Bei den Aufstellflächen an Kreuzungen, kurz ARAS, stimme ich aber überein. Die sind wirklich gut. Allerdings stimmt es leider nicht, dass „sich Pkw nicht so weit rechts aufstellen [können], dass sie Radfahrer am Durchkommen zu den Aufstellflächen hindern“. Ein Farbstreifen hindert keinen Autofahrer daran, sich am rechten Fahrbahnrand aufzustellen. Das sehen wir täglich an unzähligen Radwegparkern. Zumal es hier meist Schutzstreifen sind, die zu den ARAS an den Ampel führen. Und diese müssen nicht mal freigehalten werden. Als Radfahrer ist man hier auf die Rücksicht der Autofahrer angewiesen.
Zwischen „erkennen“ und „respektieren“ liegen leider Welten. Rote Farbe hin oder her.
Nach meiner Erfahrung denken viele Autofahrere, dass der markierte Radweg dem Radfahrer alleine schon richt und fahren (gerne auch knappkanntig) an der Markierung entlang, sie es nun eine durchgezogene Linie oder eine unterbrochene. Der Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 m lichter Weite wird dann VOLLKOMMEN ignoriert!
Daher bin ich eher dafür diese Malereien auf der Straße wegzulassen und vermehrt Sharrows zu platzieren, dann aber in Straßemitte, um klar zu machen, dass auch Radfahrer die gleichen Rechte haben.
ARAS finde ich eigentlich ganz nett, nützen nur leider recht wenig, wenn sie nicht respektiert werden. Und an manchen Kreuzungen fehlen einfach welche, obwohl sie nötig wären, da die Radfahrer eher grün bekommen (weil eigen Ampel), dies aber nicht nutzen können, weil sie gar nicht bis vorne durchkommen. Beispielsweise Möserstraße vom Bahnhof kommend Kreuzung Wittekindstraße (zwischen Post und Sparkasse).
Was mich an den roten Streifen ärgert ist:
Die Farbe wird, zumindest hierzustadt, von Hand mit einen Zahnspachtel aufgebracht. Zum ersten bedeutet dass, das ein Arbeiter tagelang auf den knien rutschen die Farbe spachteln muss. Zum zweiten ist anschließend der Fahrkomfort wesentlich niedriger, der Rollwiderstand wesentlich höher als auf dem ursprünglichen Asphalt. Auch klagen, das die Rote Farne bei regen viel rutschiger ist habe ich schon gehört.
Besser wäre solche Streifen gleich aus rotem Asphalt zu fertigen, der allerdings nicht so leuchten rot ist.
Ist es bei der Radsituation nicht häufig so, dass die Einheimischen das kritischer sehen als die auswertigen Besucher*innen?
Sicherheitsempfinden : je weiter weg von den „gefährlichen Autos“ desto sicherer fühlt man sich. Deswegen sind Hochbordradwege so beliebt.
Mit der objektiven Sicherheit ist es aber umgekehrt: Je direkter man im Sichtfeld von Autofahren fährt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, das man „übersehen“ wird.
Und alle Radverkehrsanlagen führen zu folgenden Fehlschluss bei gewissen Autofahrern: Auf der Fahrbahn hat ein Radfahrer nichts zu suchen.
Zu den technischen Aspekten: Man kann den Asphalt zwar beliebig einfärben, aber es ist wohl nicht möglich, unterschiedlich gefärbten Asphalt in einem Arbeitsgang einer großen Maschine auszubringen. Die hohe Oberflächenqualität von frisch asphaltierten Fahrbahnen liegt aber auch daran das gesamte Breite mit einer großen Maschine in einem Arbeitsgang gefertigt wird.
Man kann ja auch in zwei Durchgängen fertigen und die Fuge unter dem Breitstrich anordnen.
Genauso wie man bei der Fahrbahnerneuerung gezielt den völlig verotteten Radstreifen außen vor lassen kann :-/
Hallo Daniel, auch wenn es vielleicht nicht genau hierher passt: Ich habe gerade diese NDR-Sendung http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/45_min/video-podcast/Der-Fahrradkrieg-Kampf-um-die-Strassen,minuten2408.html gesehen, wo Du am Anfang zu sehen bist. Du beklagst das Fehlen der Radinfrastuktur (ab ca. 5:48): „Fast ’n Highway, zwei Spuren für Autos in jede Richtung, für Fahrräder Fehlanzeige.“ Im Gegensatz zu Dir finde ich diese Art der Verkehrsinfrastuktur auch für Radfahrer optimal! Du solltest allerdings noch etwas mehr in der Mitte der Fahrspur fahren, um aus dem Dooringbereich zu kommen. Die „Fahrradinfrastuktur“, die vorher gezeigt wurde, hat die von Dir ja beschriebenen immanenten und gewollten Nachteile und dient nicht der Sicherheit von Radfahrern, sondern dazu, freie Fahrt für den motorisierten Verkehr zu schaffen. „Straßen für Autos“ gibt es auch, die heißen „Autobahnen“ (häufig) oder Kraftfahrstraße (seltener), siehe StVO § 2 (1): Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.
Die anschließend als positives Beispiel gezeigten Bilder aus Oldenburg fand ich so abschreckend, dass ich nicht weiter zuschauen konnte.
Weiß ich natürlich alles und wie ich im Film sage, habe ich persönlich eigentlich auch kein Problem damit. Mir geht es aber darum, mehr Menschen zum Fahrrad fahren zu motivieren. Und das schafft man so leider nicht…
Du solltest deine Strategie ändern – wenn du du etwas FÜR Radfahrer tun möchtest, wirst du nicht darum herumkommen, etwas gegen Autofahrer zu tun. Radwege sind gegen Radfahrer.
Du musst aus deiner Standardeinstellung rauskommen, Empathie zeigen und dich vor allem in andere potenzielle Radfahrer*innen hineinversetzen. Mit der objektiven Sicherheit, die ja erstmal rein theoretisch ist, kommst du nicht weiter. Weitere Begründung siehe: http://itstartedwithafight.de/2017/04/24/wie-sicher-sind-radfahrstreifen-wirklich/
Diese Denke ist ebenso naiv. Wer weniger Autofahrer möchte, muss direkt bei diesen ansetzen. Es gibt nur ganz wenige Personen, die wirklich aus Gründen der „Infrastruktur“ auf das Radfahren verzichten. Solche Dinge werden gerne so daher gesagt, werden aber nie umgesetzt. Ich kenne genügend Städte mit Katastrophenradwegen und viel Radverkehr oder umgekehrt besseen Radwegen und kaum Radverkehr (Ruhrgebiet). Auch Kopenhagen hätte die Verkehrswende nicht geschafft, ohne diverse Massnahmen zu Lasten der Autofahrer. Weniger Parkplätze wären mal ein Anfang.
Dass ich gegen Parkplatzrückbau oder Flächenumteilung bin, kannst du mir nun wirklich nicht vorwerfen. http://itstartedwithafight.de/2016/07/08/nehmt-dem-auto-platz-weg/
Radwege wie sie in Deutschland (und vielen anderen Ländern) gebaut werden sind gegen Radfahrer.
Dänemark und die Niederlande zeigen das es auch anders geht. Nur glaube ich nicht daß sich diese und die nächste Generation der Verkehrsplaner daran ein Beispiel nehmen wird.
Daran müssen wir arbeiten.
In den Niederlanden wird mehr Auto gefahren als in Deutschland. Sowohl anteilsmäßig als auch in Kilometern. Der Fahrradanteil ist dort so hoch, weil man Fußstrecken und einen grossen Teil des Nahverkehrs dadurch substituiert.
Ich finde da nicht allzu viel positives. Ausser, dass Radfahren im Alltag etwas komfortabler als in Deutschland abläuft. Für die Umwelt ist das niederländische System genauso schädlich wie das Deutsche.
Mir ist schon klar, dass noch viel Überzeugungsarbeit nötig ist – in meinem
Bekanntenkreis habe ich aber bereits erfolgreich für das Radfahren auf der Fahrbahn geworben.
„„Sollten Radfahrer immer auf der Straße fahren?“ kann man aus rein objektiver Sicht natürlich fragen. Und viele Studien zeigen ja auch, dass es hier sicherer ist“
„Dass diese dann auch objektiv sicher gestaltet werden muss, ist keine Frage.“
Du bemerkst den Widerspruch? Straßenbegleitende Radwege sind nicht sicherer! Das Ziel, mehr Menschen zum Radfahren zu bewegen, rechtfertigt nicht die zusätzlichen Toten und Verletzten, die erst durch Radwege entstehen.
Die entstehen ja nicht, wenn man die Radwege und vor allem Kreuzungen sicher gestaltet.
Und du würdest deine Kinder sicher nicht auf der im Film gezeigten Fahrbahn fahren lassen. Würdest du nicht. An die muss aber auch gedacht werden.
Auf das Argument habe ich gewartet! :-) Selbstverständlich kann man dort gefahrlos radfahren. Unfälle durch „Überrollen“ von hinten kommen in der Realität nicht vor, zumindet nicht innerstädtisch. Die Radwegopfer (z.B. durch rechtsabbiegende) LKW-Fahrer gehören meist zu der Gruppe, die vermeintlich durch Radwege geschützt we: Senioren und Kinder, „Rüpelradler“ gehören nicht dazu.
Nach wie vor bin ich der Überzeugung, dass bei den Tätern angesetzt werden muss, z.B: durch Kontrollen von Tempo und Seitenabstand, und nicht bei den potenziellen Opfern, indem diese an den Rand gedrängt werden. Ein weiteres Mittel wäre innerorts flächendeckend Tempo 30.
Aber Radfahrstreifen drängen ja gerade an den Rand. Und komplett ohne eigene Infra wollen die meisten Menschen einfach nicht. Im übrigen waren die in Osnabrück getöteten Radfahrer*innen ausnahmslos auf der Fahrbahn unterwegs. Keiner auf einem abgetrennten Hochbordradweg.
„Im übrigen waren die in Osnabrück getöteten Radfahrer*innen ausnahmslos auf der Fahrbahn unterwegs.“
Echt jetzt? Du meinst auf dem Radfahrstreifen? Der ist nicht Teil der Fahrbahn.
Radfahrstreifen, ja.
Ich zitiere mal aus einem anderen Forum:
“ Tiefpunkt des Beitrags ist ganz sicher die Heranziehung der „Todeskreuzung“ zur Diskreditierung des – richtigen! – Arguments, Radstreifen erzeugten Sicherheit durch Sichtbarkeit (ab etwa Minute 29). Denn das genaue Gegeteil ist in Wirklichkeit der Fall: Die Todeskreuzung wurde mutmaßlich zur Todeskreuzung genau weil diese Sichtbarkeit nicht gegeben war. Und zwar, weil im direkten Zulaufbereich bis unlängst eine andere, nämlich baulich getrennte(sic!), bestanden hatte, welche die Radfahrer aus dem Blickfeld der Kfz-lenker entfernte.
Wie das? Im Video wird eine ältere Dame Interviewt, die ihr Rad geschoben hat. Im Hintergrund erkennt man Bäume am Straßenrand. Die erscheinen weit weg, es handelt sich in Wirklichkeit aber nur um wenige Meter. In diesem Bereich befand sich ein ungewöhnlicher Parkplatz: die Autos standen quer zur Fahrbahn. Da an ein direktes Zurückstoßen auf den Wall nicht zu denken ist, bestand auch davor noch, also zwischen Fließverkehr und Parkraum, eine gewisse Rangierfläche. Um letztere nicht mir Radfahrern zu belasten, sah die alte Verkehrsführung vor, diese vom Radstreifen weg hochbord hginter den besagten Kfz und damit unter den dort zu sehenden Bäumen zu leiten. Erst unmittelbar vor der Kreuzung wurden die zurück an die Fahrbahn gespült, um dann, wenigstens das ist in dem NDR-Beitrag korrekt wiedergegeben, von in der Regel ortsunkundigen, auch bedauernswerten Lkw-Fahrern, deren Fokus bereits ganz dem engen Abbiegevorgang galt, in die Mangel genommen zu werden. Das alles wollte die Stadt lange nicht einsehen, aber mittlerweile wurde der Platz für die Ghostbikes knapp. Daraufhin hatte man natürlich zunächst die Aufstellung derselben untersagt. Allerdings brach daraufhin ein Shitstorm los, der so gewaltig war, dass sich im Handumdrehen niemand mehr erinnern konnte, wer genau denn nochmal dafür zuständig war. So hat man sich denn letztendlich dann doch noch dazu bequemt, die Verkehrsführung zu modifizieren. Die Quintessenz hier ist aber, das just dieses Beispiel genau das Gegenteil von dem belegt, wofür es vom NDR herangezogen wird: Nämlich, dass bauliche Trennung in der Realität objektiv gefährlich ist. Der NDR betreibt also hier eine Verdrehung der Tatsachen, wie sie auf der Springer-Journalistenschule nicht in größerer Reinheit gelehrt werden könnte. “
aus:
http://forum.tour-magazin.de/showthread.php?312076-Radverkehr-Entwicklung-Konzepte-W%FCnschenswertes-usw/page193
Hmm ..
Ja, die Entwicklung an dieser Kreuzung findet sich auch hier im Blog wieder. Schritt für Schritt.
Wobei wir beim Kreuzungsdesign wären. Ein geschützter Radweg mit sicherer Kreuzung (zB der eigenen Grünphase) ist wohl die sicherste Lösung, die man bieten kann. Dein zitierter Beitrag – auch da zitiere ich mal – ist wohl sehr VC-„agendageschwängert“.
Gestern hatte ich mit einem Polizisten einen kleine Disskussion über Verkehrsregeln (nein, mir wurde nichts vorgeworfen ;-).
Als sich auf die beiden Lieferwagen aufmerksam machte, die auf einer stark befahren Straße jeweils rechts und Links auf dem Fahrradstreifen (Rote Einfärbung, Fahrradsymbol, Breitsstrich) parkten, bekam ich zur antwort: „Ja und? irgendwo müssen die ja schließlich stehen“ Sprachs und verdrückte sich in seinen Streifenwagen.
Wenn der Kaffeeladen der dort beliefert wurde auf dem (breiten) Fußweg einen Fahrradständer aufstellen möchte, muß er zahlen. Der Lieferwagen auf dem Radweg parkt kostenlos.