Nach dem Tod eines 28-jährigen Radfahrers Ende November bekommt die Sicherheit des Radverkehrs in Osnabrück noch mehr Rückenwind. Die „Allianz für Sicherheit“ des Kompetenznetzes Individuallogistik e.V. (KNI) fordert in einem Offenen Brief an die Stadt, den Ausbau sicherer Radwege am Wallring und die „Reglementierung des Schwerlastverkehrs, z.B. durch Abbiegeverbote an Gefahrpunkten“. Mitglieder sind u.a. die großen Speditionen Hellmann Worldwide Logistics, Koch International und Meyer & Meyer sowie die IHK Osnabrück-Emsland.

Wir dürfen uns keine Dekade des Umbaus leisten und somit weitere tödliche Unfälle in Kauf nehmen!

„Die Mitglieder der Allianz für Sicherheit sind Osnabrücker; die Sicherheit auf unseren Straßen liegt uns am Herzen. Wir sind bestürzt über die schlimmen Unfälle, die leider immer wieder passieren und engagieren uns daher seit Jahren für einen sicheren Straßenverkehr in unserer Stadt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir Radfahrer.innen nur davon abraten, den Wall zu benutzen, die Anzahl der Gefahrenstellen ist einfach zu groß“, sagt Rolf Meyer, 1. Vorsitzender des KNI.

Für die Allianz der Sicherheit ist die Minimierung und Beseitigung des Gefahrenpotenzials am Wallring eine gemeinsame, vordringliche Aufgabe. Osnabrück könne sich „keine Dekade des Umbaus leisten und somit weitere tödliche Unfälle in Kauf nehmen“.




Der Offene Brief in voller Länge:

Allianz für Sicherheit

Seit vielen Jahren beobachten wir auf dem Wallring in Osnabrück ein überproportional hohes Unfallgeschehen, insbesondere zwischen dem Schwerlastverkehr und dem stetig zunehmenden Radverkehr. Auch wenn wir die Zunahme des Anteils von Fahrrädern im Sinne eines umweltfreundlichen Verkehrsträgers im Stadtbild ausdrücklich begrüßen, birgt der Osnabrücker Wall aufgrund seiner baulichen Beschaffenheit und der Verkehrsmenge für den nichtmotorisierten Verkehr weiterhin ein großes Gefahrenpotenzial, dessen Minimierung und Beseitigung eine gemeinsame, vordringliche Aufgabe sein muss. Wir dürfen uns keine Dekade des Umbaus leisten und somit weitere tödliche Unfälle in Kauf nehmen!

Die Allianz für Sicherheit stellt insbesondere die folgenden Probleme fest:

  1. Der Wallring liegt sehr nah an der Innenstadt und ist gleichzeitig der einzige Straßenring in Osnabrück. Er nimmt aktuell einen großen Teil des Schwerlasttransportes auf, da der Wallring als ausgewiesene Bundesstraße teilweise die einzig mögliche Ausweichstrecke für die zunehmend überlasteten Autobahnen A1 und A30 ist.
  2. Ein Hauptgefahrenpunkt stellt der Abbiegevorgang (rechts) der Lkw dar. Auf diese Gefahr muss – wo Rechtsabbiegen nicht vermieden werden kann – ab sofort mit technischen Maßnahmen (Warnschilder, Spiegel, Lichtanlagen o.ä.) verstärkt hingewiesen werden.
  3. Auch wenn in allen Lkw der Mitgliedsunternehmen aus der Allianz für Sicherheit Abbiegeassistenzsysteme verbaut sind, so nutzen doch viele „ortsfremde“ Schwerlastfahrzeuge ebenfalls den Wallring, deren technische Ausstattung unbekannt ist. Solange keine ausreichend dimensionierte Infrastruktur für die Ortsumgehung existiert, muss das Gefahrenpotenzial, das von diesen Fahrzeugen ausgeht, ausreichend berücksichtigt werden.
  4. Der Radverkehr wird bislang nur an einigen privilegierten Stellen auf dem Wallring mit ausreichendem Abstand von dem übrigen Verkehr geführt; insbesondere Kreuzungen bieten ein erhöhtes Gefahrenpotenzial. Eine sichere Fahrradführung über den Wallring muss unverzüglich umgesetzt werden.
  5. Zu schmale Fahrradstreifen, wie sie heute auf dem Wallring aufgezeichnet sind, suggerieren Fahrradfahrern eine Sicherheit, die es nicht gibt. Das Gegenteil ist der Fall: Diese Fahrradwege sind gefährlich.

Die Mitgliedsunternehmen der Allianz für Sicherheit sind bereits an verschiedenen Stellen aktiv, indem Sie z.B. ihre Fahrzeuge durchgehend mit Abbiegeassistenten ausrüsten, Spiegel zur Unterstützung der Fahrer an unübersichtlichen Kreuzungen beschaffen helfen oder Aufklärung über die Gefahren im Schwerlastverkehr an Schulen und in der Öffentlichkeit anbieten. Menschliche Fehler sowie die Gefahr, die vom toten Winkel ausgeht, werden jedoch nie vollkommen ausgeschlossen werden können. Daher braucht es umgehende infrastrukturelle sowie technische Bau- und Sicherungsmaßnahmen. Neben einem priorisierten weiteren Ausbau des Wallrings – unter Nutzung aller technischen und organisatorischen Möglichkeiten, die Verkehrsträger deutlich voneinander zu trennen – müssen besonders kurzfristige Lösungen zur Gefahrenminimierung ausgelotet und umgesetzt werden. Bei der Sondierung von Möglichkeiten für kurzfristige Sicherungsmaßnahmen bringen wir unser Fachwissen gerne in den Abstimmungsprozess ein. Eine vordringlich umzusetzende Lösung ist aus unserer Sicht ein Abbiegeverbot (rechts) für Fahrzeuge über 7,5 t (mit Ausnahme für Linienbusse) auf dem Wall, insofern dies rechtlich möglich ist. Die Maßnahme ermöglicht größere Sicherheit und sollte als ein erster Schritt vordringlich geprüft werden.

Aus diesen Gründen fordert die Allianz für Sicherheit

  1. den vordringlichen Ausbau des Wallrings mit einer deutlicheren Trennung der einzelnen Verkehrsträger;
  2. die Sondierung und kurzfristige Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung der Gefahrenpotenziale, z.B. Gefahrenhinweise, Trennung der Verkehrsträger durch Umleitung auf Straßen mit geringerem Gefahrenpotenzial oder einer breiten Informationskampagne;
  3. die Prüfung und Umsetzung von Möglichkeiten zur Reglementierung des Schwerlastverkehrs, z.B. durch Abbiegeverbote an Gefahrpunkten oder einer Sperrung den Wall-Bereichs unter Ausweisung und Ertüchtigung einer alternativen Fahrtroute;
  4. die Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Ortsumfahrung sowie der Entlastung der Schnellstraßen im Großraum Osnabrück, beispielsweise zur Optimierung des Zu- und Abflusses der Bundesautobahnen im Stadtbereich.