Mitten in der Corona-Krise erlebt das Fahrrad ungeahnte Wertschätzung. Bundesgesundheitsminister Spahn, Bundesarbeitsminister Heil und renommierte Virologen empfehlen das Radfahren als gesündeste Alternative für notwendige Alltagsfahrten. Der Fahrradclub ADFC freut sich über den politischen Schub, weist aber darauf hin, dass die Radwegenetze und das Verkehrsklima in Deutschland noch nicht für starken und sicheren Radverkehr ausgelegt sind.
ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Deutschland merkt gerade, wie sehr es in schlechten Zeiten auf das Fahrrad angewiesen ist – und wie sehr dieses Verkehrsmittel in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt wurde. Viele, die jetzt zum ersten Mal auf das Rad umsteigen merken, dass man in kaum einer deutschen Stadt wirklich sicher und komfortabel Radfahren kann. Wir wünschen uns, dass nach der Corona-Welle die Bedeutung des Radverkehrs für ein krisenfestes Verkehrssystem noch einmal neu diskutiert wird – und der notwendige Ausbau der Radwegenetze endlich mit dem nötigen Druck vorangetrieben wird!“
Deutschland merkt gerade, wie sehr es in schlechten Zeiten auf das Fahrrad angewiesen ist.
Der ADFC appelliert an die Bundesregierung, das Radfahren auf Alltagswegen unter allen Umständen weiterhin zu erlauben. Stork: „Viele Menschen in systemrelevanten Berufen sind auf das Rad angewiesen. Außerdem brauchen die Menschen Fortbewegungsmittel, um zur Apotheke oder zum Einkaufen zu kommen.“ Deshalb müssten auch Fahrradwerkstätten für Notfälle offen bleiben, so die Forderung des ADFC.
Das fordert auch die Fahrradwirtschaft in einer gemeinsamen Pressemitteilung: „Millionen Menschen werden dem Rat von Gesundheitsminister Spahn folgen und in den nächsten Wochen ihr Fahrrad statt Bus und Bahn nutzen. Das ist genau richtig so! Manche tun es bereits, andere werden ihr Rad aus dem Keller holen und es reparieren müssen. Es wird nicht nur deshalb einen hohen Bedarf in Fahrradwerkstätten geben.“
Der ADFC setzt sich auch dafür ein, das verantwortungsvolle Freizeitradfahren im Wohnumfeld nicht zu unterbinden. Stork: „Radfahren ist eine gute Möglichkeit, mal rauszukommen, sich zu bewegen, frische Luft zu tanken – und den Lagerkoller, den jetzt schon viele haben, zu überwinden. Natürlich alleine, oder nur mit denen, mit denen man ohnehin zusammen ist. Auch diese Form der Gesundheitsprävention sollte so lange irgend möglich erlaubt bleiben.“
Die Kommunen sollten jetzt kreativ werden und den Menschen den Umstieg auf das Rad erleichtern. Die kolumbianische Hauptstadt Bogotá beispielsweise widmet hunderte Kilometer Autospuren in temporäre Radspuren um und schafft dadurch attraktive Räume zum Radfahren. Stork: „Auch Berlin hatte eine sehr gute Idee: Die städtischen Leihräder sind jetzt mehrfach am Tag 30 Minuten gratis nutzbar. Solche Initiativen können die Menschen wirklich zum Umstieg auf das Rad motivieren!“
Der ADFC schätzt, dass bis zu einem Drittel der Menschen, die während der Corona-Krise notgedrungen auf das Rad umsteigen, auch danach dem Rad treu bleiben könnten. Stork: „Das hat großes Potenzial, neue Mobilitätsroutinen zu etablieren und die Städte von unnötigen Autofahrten zu entlasten. Das sollte genug Ansporn sein, das Engagement für fahrradfreundliche Städte und Regionen jetzt noch einmal kräftig anzukurbeln.“
BIG NEWS: new Bogotá Mayor @ClaudiaLopez has announced she’s making their #Ciclovía permanent as a way of addressing air pollution & bad air quality, AND to reduce the spread of #covid19 #Coronavirus due to overcrowding on city buses. pic.twitter.com/Hwa75K0eaO
— Brent Toderian (@BrentToderian) March 16, 2020
3 Antworten auf „Fahrrad als krisenfestes Verkehrsmittel stärker fördern“
Der ÖPNV wird hier aufgrund der sinkenden Fahrgastzahlen immer weiter eingeschränkt, Busse und Bahnen fahren bald ähnlich wie Sonntags, die Nachtfahrten (Disko-Lumpensammler) sind auch ausgesetzt, da sinnlos.
Ich habe RadfahrerInnen gesehen, die sich offensichtlich noch ein neues Rad gekauft haben oder erstmals aus dem keller geholt haben und eher unsicher fahren, sowie Radfahrer, die ziemlich schnell außer Atem sind, weil untrainiert.
Gleichzeitig sieht man in den Kommentarspalten der Zeitungen Fragen der Leser, wie man denn nun zur Arbeit kommen soll, wenn der ÖPNV reduziert wird.
Also 10-15 Kilometer für eine einfache Fahrt durch die Stadt sollten für einen einigermaßen trainierten Radler in etwa 30-50 Minuten zu schaffen sein, ich bin auf Teilabschnitten durch die Innenstadt schneller als die Straßenbahn.
Was mich etwas nervt, sind rücksichtslose Autofahrer, überwiegend jüngere Poser, die mit ihrer getunten Sportauspuff-Gemüsekarre noch auf dicke Hose machen. Die Welt, wie wir sie kennen besteht irgendwie nicht mehr und ein paar Id….n lassen immernoch die Sau raus.
Fahrt Rad, aber achtet auf größere Abstände und ggf. hustende, niesende, spuckende Mitmenschen vor und neben Euch, am Straßenrand, usw., weicht mehrere Meter weit aus. Denn in die Virenwolke reinfahren ist auch nicht gerade toll.
Bleibt gesund!
Ja, unbedingt Abstände einhalten.
Ich vermute mal, dass auch das direkte Hintereinanderfahren in ‚Kolonne‘ nicht gerade optimal ist und eher Ansteckungsgefahr erhöht.
Da diese ganzen Radwege in aller Regel viel zu schmal sind um Mindestabstände auch nur theoretisch einhalten zu können, am besten das „Radwegenetz“ meiden und die gut ausgebauten reguären Fahrbahnen benutzen ohne sich dabei von Autos an den Rand drängen zu lassen.
Besser mal ein Bußgeld wegen Mssachtung der Benutzungspflichtzahlen als weiter an der Ansteckungsspirale zu drehen.
Autoposer und Raser mit Tomaten und faulen Eiern zu bewerfen ist eine gefährliche Straftat und muss natürlich unterlassen werden (!), aber emotional könnte ich sowas gegenwärtig durchaus nachvollziehen.
Es kommt immer noch zu Unfällen durch zu hohe Geschwindigkeit und riskante/rücksichtslose Fahrweise, was die überlasteten Krankenhäuser zusätzlich in die Enge treibt.
Fahrt vorsichtig, selbstbewusst und umsichtig. UHaltet Abstand und nehmt Rücksicht auf Andere!
Beste Rücksichtnahme zur Zeit:
Solidarisch zu Hause bleiben ausser für Einkäufe und für Hilfsaktionen wie Einkäufe für Ältere!
Stichwort Autoposer und Raser: gestern in der Zeitung gelesen, dass sich in Papenburg 60 Autofahrer aus der Tuning-Szene zu einer Corona-Party treffen wollten, die Polizei hat das unterbunden.
Das sind genau die Klappspaten, wo ich meine, da müsste man schon vorab und regelmäßig auf charakterliche Eignung zum Führen von Fahrzeugen testen und genau jetzt die Fahrerlaubnis auf Jahre entziehen.
Was die Mindestabstände und Ansteckungsgefahr angeht, da waren die Kommunen, Länder und Bund in der vergangenen Woche auch nicht konsequent und einig wie man es macht. Hier wurden noch Straßencafes und Gaststätten geöffnet, da saßen se dann alle dicht an dicht. Die Baumärkte haben auch noch geöffnet gehabt (mit Begrenzungen). Die Gesundheitsämter und Kommunalverwaltungen sind m.E. teils überfordert und die Gesundheits- und Sozialminister der Länder delegierteen die Verantwortung viel zu lange lediglich nach unten, statt auf den Tisch zu hauen.
Ich bin gestern und vorgestern jeweils 40 Kilometer überwiegend auf Feld- und Waldwegen um meinen Wohnort herum gefahren und habe fast keine Begegnungen mit Menschen auf meinem Weg gehabt, sehe das Risiko für mich und andere als überschaubar an. Mein Verhalten enstpicht m.E. auch den aktuellen Vorgaben der Regierung, also Abstände halten, Kontakte vermeiden, Vereinzelung. Ich habe da kein Problem mit.
Die Luftverschmutzung ist deutlich zurück gegangen, es herrscht himmlische Ruhe hier. Ich hoffe, das die anderen Menschen das auch mitbekommen und mal ein Umdenken stattfindet. Jahrelang schwadronieren Grüne und Umweltorganisationen was von freiwilligen „autofreien Sonntagen“, Corona hat innerhalb weniger Tage geschafft, viele „Alltagsprobleme“ zu beseitigen und trägt zumindest für eine gewisse Zeit viel zum Umweltschutz bei.
Nachsatz: höre gerade einen dröhnenden Motor in der Ferne aufheulen (Autobahn ca 500-700m entfernt), ganz werden solche Zeitgenossen wohl nicht verschwinden und die leeren Straßen voll ausnutzen :-(