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ADFC fordert Radwegequalität 3.0

Heute startet im Bundesverkehrsministerium eine Reihe von Dialogveranstaltungen zum dritten Nationalen Radverkehrsplan (NRVP 3.0). Der Fahrradclub ADFC ist an den Expertenforen beteiligt und fordert ein radikales Umdenken bei der Planung von Radverkehrsanlagen. Mit kosmetischen Lösungen der vergangenen Jahrzehnte müsse Schluss sein.

Heute startet im Bundesverkehrsministerium eine Reihe von Dialogveranstaltungen zum dritten Nationalen Radverkehrsplan (NRVP 3.0). Der Fahrradclub ADFC ist an den Expertenforen beteiligt und fordert ein radikales Umdenken bei der Planung von Radverkehrsanlagen. Mit kosmetischen Lösungen der vergangenen Jahrzehnte müsse Schluss sein. Deutschland brauche Qualitäts-Radwegenetze, wie in den Niederlanden, so der ADFC.

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagte im Vorfeld der Veranstaltung: „Deutschland hat jahrelang geglaubt, dass sich der Radverkehr quasi von allein entwickeln würde, wenn man nur hier und da einen schmalen Streifen oder ein Fahrradsymbol auf die Fahrbahn pinselte. Das hat sich als falsch erwiesen, weil das Radfahren auf Tuchfühlung mit dem schnellen Autoverkehr von den meisten Menschen als beängstigend empfunden wird. Damit Deutschland die im Klimapaket vereinbarte Verdreifachung des Radverkehrs hinbekommt, müssen wir auch die bisher vergraulten Menschen zum Radfahren einladen. Dafür brauchen wir keine Alibi-Infrastruktur, sondern breite Qualitäts-Radwege, Vorrangrouten, sichere Kreuzungen und Fahrradparkhäuser für alle, so wie es in den Niederlanden schon lange Standard ist.“

So sieht die Alibi-Infrastruktur heute leider noch allzu oft aus.

Den aktuell laufenden Nationalen Radverkehrsplan 2020 beschreibt der ADFC als unambitioniert. Stork: „Bisher mussten wir dankbar sein, dass der Bund das Fahrrad als Verkehrsmittel überhaupt wahrnimmt. Mittlerweile wird das Rad als Problemlöser für verstopfte Städte und schlechte Luft förmlich mit Erwartungen überhäuft. In den Papieren zum Klimapaket heißt es ausdrücklich, dass die bei weitem noch nicht ausgeschöpften Potenziale des Radverkehrs gehoben werden sollen. Der Radverkehrsanteil soll niederländische Verhältnisse erreichen. Damit das funktioniert, brauchen wir im NRVP 3.0 einen straffen Maßnahmenplan für die nächsten Jahre und ein klares Bekenntnis zu Radwegequalität 3.0.“

Osnabrück hat mit diesen neuen Standards bereits begonnen. Am Heger-Tor-Wall wurde im vergangenen Jahr ein erstes Teilstück eines neuen, breiten, komfortablen und sicheren Radwegs angelegt. Perspektivisch soll der gesamte Wallring mit einem neuen Radwegstandard versehen werden.

Foto: dd

9 Antworten auf „ADFC fordert Radwegequalität 3.0“

Sollte das nicht 0.3 heissen?
Wir haben bei den Radwegen noch nie 1.0 gehabt, geschweige denn 2.0.

Das mag eine Petitesse sein, aber wenn man Lobbyarbeit macht, dann schon richtig. Und dazu gehoert, den Politikern ihr bisheriges (gewolltes!) Versagen nicht noch schoenzureden.

die handtuchschmalen Hochbordradwege sind eher 1960er und 1970er, der ADFC begehrte seit Gründung 1979 zaghaft auf.

1.0 ist also „Radfahrer auf die Fahrbahn“
2.0 Radfahrstreifen und Gefährdungsstreifen
3.0 gesicherte Radspur

Dieses Jahr war Eröffnung Radschnellweg, es kommen noch sichere Fahrradabstellanlage und es gab diverse „Kleinigkeiten“. Es könnte schneller gehen, klar. Bisher fehlte aber erstens das Geld und zweitens, wie allgemeine üblich, der umfassende politische Willen. Zumindest das mit dem Geld ändert sich nächstes Jahr ein wenig. Ob der breite politische Willen dazu kommt, um endlich richtig loszulegen, bleibt weiter offen.

Mir ging es um den (aus Richtliniensicht altbekannten) Standard für straßenbegleitende Radverkehrsinfrastruktur. Da hatte ich hier nichts dazu gelesen bisher, dass es 2019, 2020, … weiter geht.

In Dortmund soll (auch) ein Stück Wall aufgehübscht werden und zwar da, wo der wenigste Handlungsbedarf besteht. Beim Rest hat man gleich die Perspektive: In 10 Jahren ausgegeben.

WANN HÖRT DER ADFC ENDLICH MIT DEM GREENWASHING AUF?

Der „Radverkehrsanteil“ ist KEINE geeignete Messgröße für die Evaluation oder Zielsetzung einer ökologischen Verkehrswende!
Ist das denn so schwer?

Vom Geschäftsführer (der allerdings eher den Job eines Vorstandvorsitzenden macht) eines Verbandes, der sich anschickt im Schulterschluss mit der bürgerlich-konservativen Presse Deutungshoheit über die Einbettung des Radverkehrs in unsere automobile Gesellschaft und in unser automobiles Verkehrssystem zu erlangen wäre doch ein Mindestmaß an Redlichkeit zu erwarten bzw. zu verlangen?
Konsistent wäre die Haltung und die Zielsetzung, wenn zugleich ehrlich gesagt würde, dass es dem ADFC ausschlosslich um den Radverkehr geht und eventuelle zusätzliche Steigerungen des motorisierten Straßenverkehrs ausserhalb seines Arbeitsfeldes liegen.

Damit wäre dann immerhin reiner Wein eingeschenkt. Stattdessen erdreistet sich der ’neue ADFC‘ einen Konnex zwischen Radwegbau, Steigerung des „Radverkehrsanteils“ und einer ökologischen Verkehrswende herzustellen, obgleich wissenschaftlich keinerlei Evidenz hierfür vorliegt, bzw. nach und nach klarer wird, dass separierte Radverkehrsförderung (gerade in Städten) ceteris paribus mit einer ERHÖHUNG des MIV (Fahrleistung und DIchte) zumindest einhergeht, mit hoher Wahrscheinlichkeit aber sogar zusätzlcher MIV (und u.U. Strassengüterverkehr/Gewerbeverkehr) induziert wird.

Radwegequalität 3.0 für die zusätzliche Eskalation eines immer weiter aus dem Ruder laufenden Automobilismus 4.0 kommt am Ende absehbar dabei heraus.

Natürlich muss differenziert werden: nicht JEDER Radweg induziert zusätzliche MIV-Fahrleistung, in ‚Schrumpfregionen‘ ist m.E. sogar eine Positiventwicklung durch Radwegebau möglich, aber unterm Strich ist das – aus Sicht von Ökologie und Klima – in der überwiegenden Zahl der Fälle ein Schritt in die falsche Richtung.

Wir brauchen einen Kapazitätsrückgang der MIV-Infastruktur, Verlangsamung des MIV, ggf verbunden mit einer partielle Beschleunigung des Radverkehrs bzw. Umweltverbundes über ein konkurrenzfähiges Niveau hinaus, Umwidmungen der Fahrbahnen in Richtung eines exklusiven Gebrauch für den Umweltverbund, etc. mit Autoverkehr lediglich als verlangsamter Restverkehr.
Dann hat auch ‚die Wirtschaft‘ Planungssicherheit und kann sich rechtzeitig auf neue Wertschöpfungsketten umstellen, oder (noch besser) der größte Teil des Mobilitätswesens wird der Renditenlogik der Privatwirtschaft entzogen und inden Dienst von Gesellschaft, Klimaschutz und Ökologisierung gestellt.

Stattdessen wird mit Schützenhilfe des ADFC und Teile der Radentscheide das bestens ausgebaute Fahrbahnetz exklusiv für den MIV optimiert, die Reisezeiten/Erreichbarkeitsradien für den MIV verbessert, etc.
Glatter Wahnsinn angesichts der derzeitigen Situation:
https://www.scinexx.de/news/geowissen/klimawandel-trifft-deutschland-schon-jetzt/

Zum Haare raufen dieser Unsinn, den der Bundes-ADFC wieder und wieder verzapft.

Weg mit dem Pillepalle und den Plecebos, die zu NOCH mehr Autoverkehr führen. Zu fordern sind endlich klare Minderungsziele für den MIV in der Fahrleistung, in der Dichte, im CO2 Ausstoß und im sonstigen Schadstoffausstoss.
Auch Freiheit von Autolärm an allen Lernstätten, Krankenhäusern und Naherholungsgebieten, etc. führt ökologisch und klimapolitisch zu positiven Resultaten.
NICHT dagegen die falsche Priorisierung von „Radverkehrsanteil“ STATT einer evidenzbasierten Verkehrswende, um das nochmals zu sagen (vielleicht bleibts ja hängen?)
Kleines Zitat am Schluss (TU-Dortmund, :

“ (…)
Entsprechend ist der Modal Split, wie leider häufig praktiziert, für die Formulierung strategischer Ziele der Verkehrsplanung, sowie für die Erfolgskontrolle weitgehend ungeeignet. Diese sollten sich vorrangig auf absolute Aufkommens- und Aufwandsziele sowie dere Veränderungen stützen. Beispielsweise könnte die Zielformulierung für die Reduzierung des MIV wie folgt lauten: „Die durchschnittliche Fahrtenhäufigkeit mit dem MIV als Fahrer soll in der Region in den nächsten zehn Jahren von 1,5 auf 1,2 Fahrten pro Person und Tag sinken, in der Kernstadt von derzeit 1,0 auf 0,7 und im Umland von derzeit 2,0 auf 1,5 Fahrten pro Person und Tag. Die täglichen Distanuen mit dem MIV als Fahrer sollen gleichzeitig von 20 auf 16 km/Person und Tag abnehmen, in der Kernstadt von 13 auf 10 , im Umland von 25 auf 20 km/Person und tag (…) “

Holz‐Rau,Christian; Zimmermann, Karsten; Follmer,Robert:
Der Modal Split als Verwirrspiel. In: Straßenverkehrstechnik 62 (8): 539-550

p.s.:
Was keiner von ADFC und Radentscheiden gern hört:
nach einer derartigen evidenzbasierten Evaluation väre ‚unser großes Vorbild Niederlande‘ glatt und gründlich durchgefallen.

der Witz ist eigentlich, dass sich meine Stadt als Bauchnabel einer Verkehrskompetenzregion, Fahrradstadt und seit FFF neuerdings als Klimaschutzstadt bezeichnet und parallel dazu riesige Gewerbe-, Indurstrie und Wohngebiete geplant und gebaut werden, der ÖPNV unterdurchschnittlich für diese Stadtgröße ist, Eisenbahninfrastrukturmaßnahmen auf Jahrzehnte verzögert werden, oder Bahnstrecken rückgebaut wurden, sowie in der Region eine neue Autobahn gebaut werden soll.

Der MIV hat sich im Zeitraum von 40-60 Jahren vervielfacht, wo früher noch ganz viele mit dem Fahrrad gefahren sind, ist heute das Auto das Mittel der Wahl. In den 1970ern war maximal ein PKW in der Familie üblich, heute sind es zwei, manchmal auch drei. Inbesonders Mitarbeiter und deren Angehörige von einem hiesigen Automobilkonzern fahren am amtlichen Kennzeichen erkennbare Werks-Leasingwagen (WOB x xxxx), die nach wenigen Monaten gegen einen neuen eingetauscht werden. So kann der Konzern die Absatzzahlen der Wagen auch beschönigen.

Was die Umweltverschmutzung im Allgemeinen betrifft waren KFZ, Kraftwerke, Industrie, Eisenbahn und Wohnungsheizungen früher mal ganz schöne Dreckschleudern, die Luft ist eigentlich schon viel besser geworden, als in den 1980ern. Aber derzeit setzt sich eine Mode durch, dass sich viele Neu-Häuslebauer einen Kamin oder Kaminofen ins Eigenheim stellen und damit wieder die Luft verpesten, gerade jetzt im Herbst/Winter riecht man es ganz deutlich. Das kommt weder aus Kraftwerken, noch aus den Mietskasernen mit Fernwärme, sondern aus dem schicken Neubaugebiet, wo der Automobilkonzern-Werksarbeiter seine überdimmensionale Hütte auf ein viel zu kleines Grundstück gesetzt hat und mit seinem immer quasi neuwertigen Leasing-SUV einen auf dicke Hose macht.

Was der ADFC auch nicht gern hört, ist, wenn man gegen die übergeordnete Maxime ist und Fehler in deren Ideen aufzeigen möchte. Oder wenn man dem ADFC Untätigkeit vorwirft, immerhin sind hier örtlich über 1000 Mitglieder, die aber nicht mal im Ansatz die Stimme erheben… nein, nicht ganz einen kenne ich, der auch viele örtlichen Probleme kritisiert, auch mal im ADFC-Vorstand war, aber wie er selbst sagt, nichts erreicht hat.
Mein Vater war in den 1980ern wenige Jahre im ADFC, in Sachen Mitgliederwerbung und organsisieren von Radtouren waren die gut, bei Radverkehrsproblemen wird entweder abgenickt was die Stadt uns vorsetzt, oder gar nichts gemacht. Der ADFC zeigt mehr Quantität, als Qualität hier.

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