Ich habe vor drei Wochen an dieser Stelle über Werbeanhänger in Osnabrück geschrieben, die in beträchtlicher Anzahl auf einem Parkstreifen an einer Ausfallstraße (Kurt-Schumacher-Damm) stehen. Was mir dabei negativ auffiel, war die Verteilung des Verkehrsraum an dieser Stelle. Dem motorisierten Verkehr stehen jeweils zwei Spuren stadtein- und auswärts zur Verfügung. Dazu kommt eben dieser Parkstreifen, den man aufgrund der vielen Werbeanhänger auch schon Werbestreifen nennen kann. Radfahrer müssen sich hingegen mit einem schmalen Radfahrstreifen zwischen Fahrbahn und Parkstreifen begnügen.
Mir stellt sich hier die Frage, ob der Parkstreifen überhaupt noch seinem originären Zweck dient oder ob er nicht schon überwiegend zweckentfremdet wird. Ich sehe hier nämlich regelmäßig deutlich mehr – wenn ich ausschließlich – Werbeanhänger statt parkender Autos. Was die Frage aufwirft, ob das überhaupt erlaubt ist.
Auf Anfrage hat mir die Stadt mitgeteilt, dass gemäß der Sondernutzungssatzung der Stadt Osnabrück „bewegliche Werbeanlagen in Form von Fahrzeuganhängern erlaubnisfähig“ sind. Das hatte ich auch selbst schon recherchiert. Die Gebühren dafür liegen bei 100 bis 500 Euro pro Anhänger und Woche. Abzugrenzen sei dabei ferner, „ob der Anhänger überwiegend oder ausschließlich für Fahr- oder Transportzwecke verwendet wird (dann ist es eine Nutzung im Rahmen der Straßenverkehrsordnung und damit keine Sondernutzung [Aber auch das finde ich grenzwertig, wenn man seinen privaten oder gewerblichen Anhänger im öffentlichen Raum dauerhaft zwischenparkt.]) oder ob das Fahrzeug ausschließlich oder ganz überwiegend für Werbezwecke genutzt wird. Eine Sondernutzungserlaubnis wird im zweiten Fall auf Antrag erteilt.“
Interessant ist das Verfahren zur Beantragung. Laut Stadtsprecher erfolgt für Werbeanhänger nämlich in der Regel keine Antragstellung: „Sie werden ohne Kenntnis der Stadt in den öffentlichen Verkehrsraum gebracht.“ Und die Stadt scheint auch gar nicht so sehr hinter der Sache her zu sein. Denn erst, wenn ihr ein solcher Sachverhalt bekannt wird (vermutlich auf Hinweis von Dritten), „kontrolliert die Stadt die Angaben und nimmt den Sachverhalt auf. Danach wird der Nutzer des Anhängers aufgefordert, die ungenehmigte Werbeanlage unverzüglich zu beseitigen und es wird eine Sondernutzungsgebühr festgesetzt. Zudem besteht dann die Möglichkeit, ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten.“ Meine Nachfrage, wie viele Sondernutzungserlaubnisse zum Zeitpunkt meiner Anfrage erteilt waren, ist seit zwei Wochen offen.
Es scheint also ziemlich einfach zu sein, Werbung in Form von Anhängern kostenlos in den öffentlichen Raum zu stellen und diesen dann – meiner Meinung nach – sinnvolleren Zwecken vorzuenthalten. Hier am Kurt-Schumacher-Damm sollte der Parkstreifen für PKW, der de facto gar nicht mehr oder kaum noch als solcher genutzt wird, in einen breiten und geschützten Radweg umgewandelt werden (den Abschnitt davor ab Kirchenkamp kann man gleih dazunehmen). Das wäre ob der durchgehend asphaltierten Fläche auch denkbar einfach. Die Markierung des Parkstreifens kann abgefräst und auf der Markierung des jetzigen Radfahrstreifens können Poller oder Fahrbahntrenner installiert werden. Radverkehrsförderung leichtgemacht.
Hier noch der Abschnitt im Video. https://t.co/e9X5VRyV99 pic.twitter.com/rt00y9tk2T
— Daniel (@SecretCoAuthor) 23. Januar 2019
Update 15. Februar 2019
Ich bekomme weitere Infos nur scheibchenweise. Die Stadt kontrolliert auch dauerparkende private Anhänger, von denen hier auch welche stehen, nur auf Hinweis. Nach §12(3b) StVO dürfen diese auch nur zwei Wochen auf öffentlichen Stellplätzen stehen. Die Frage, wie viele Sondernutzungen aktuell erteilt sind, ist seit drei Wochen offen…
Update 1. März 2019
Die Stadt führt keine Statistik zur Anzahl an Sondernutzungen, konnte mir insofern auch keine Zahl über aktuell genehmigte Sondernutzungen nennen. Wieder nur die Aussgae, dass nur auf Hinweis kontrolliert wird. Ich gehe also davon aus, dass man seinen Werbeanhänger in Osnabrück abstellen kann, wo man will und dabei die Sondernutzungssatzung der Stadt nicht weiter beachten muss. Schade, das sind einerseits verlorene Einnahmen der Stadt und andererseits zu Werbezwecken verschenkter öffentlicher Raum an Privatunternehmen.
7 Antworten auf „Parkstreifen an Ausfallstraßen: Radverkehr geht vor!“
Nennen sich diese Parkstreifen nicht offiziell Mehrzweckstreifen? Damit dienen sie Parken, als Nothaltebucht oder für langsame Fahrzeuge um Überholen zu erleichtern. Der letzte Punkt ist natürlich nur möglich, wenn dieser Mehrzweckstreifen ein längeres Stück frei ist. Außerdem müssen langsame Fahrzeuge auf der Fahrbahn fahren was recht selten ist. Damit verkommen diese Streifen zu Park- und Abstellstreifen.
Die Flächenungerechtigkeit ist wirklich das größte Problem. Ich kenne auch eine die Enschederstraße in Gronau(Westf.), die Breit ist und einen Mehrzweckstreifen hat. Nach der Niederländischen Grenze kommt dort erstmal eine 30er Zone. Übermäßig Verkehr herrscht dort nicht, und der Mehrzweckstreifen ist gähnend leer. Er würde sich also sehr gut Radfahrstreifen oder als Mehrzweckstreifen für die meisten Radfahrer anbieten. Diese werden aber durch die Benutzungspflicht auf den stark in die Jahre gekommenen Radweg gezwungen. Den Kraftfahrzeugen stehen also zwei breite Fahrstreifen und zwei kaum genutzter Mehrzweckstreifen/Parkstreifen zur Verfügung, während die Radfahrer nur einen schmalen Radweg haben. Nach groben google-maps-Mesungen, steht das Verhältnis also ca. 10 Meter exklusive für KFZ, ca. 2 Meter für Radfahrer und 4 Meter für Fußgänger. Wahrscheinlich sogar noch schlechter, bei genauere Messungen und Hindernisse wie Straßenbeleuchtungen auf dem Gehweg.
Einziger Lichtblick: auf dieser Strecke wird wohl irgendwann der Radschnellweg F35 weiter ausgebaut, der hoffentlich für etwas bessere Flächenverhältnisse sorgen wird. Aber dies wird wohl noch eine längere Zeit dauern, wegen schlechter Prioritätensetzung.
Nein, hier stehen extra Parkschilder am Streifen. Kann ich bei Gelegenheit noch mal fotografieren.
Glaube ich dir auch so. In der Praxis ist der Unterschied auch nur Theoretischer Natur, da die Alternativen sehr selten sind.
Liegt keine Sondernutzungserlaubnis vor, darf der Anhänger maximal zwei Wochen dort stehen. Die Einhaltung des §12(3b) StVO setzt aber keine Kommune durch…
Ah, danke für den Hinweis. Zwischen den Werbeanhängern stehen auch „normale“ Anhänger. Nach meinem Gefühl wochenlang unbewegt.
Dem Ordnungsamt kann man die Fahrzeuge melden/anzeigen. Meinem Eindruck werden ordentlich aufgearbeitete Meldungen auch mit entsprechendem Bußgeld geahndet. (Leider bekomme ich nie eine Rückmeldung, habe aber ein das Gefühl, dass es nach einmaligen Meldungen es besser wird.) Unter http://www.gehwege-frei.de/aktiv/verwaltung-aktivieren.html kann man sich ein Dokument runterladen, dessen Layout man auch einfach als E-Mailtext nutzen kann. Dann zweimal Fotos machen, um den mindestens 14 Tägige abstellen Nachzuweisen. Am besten würde ich auch vom Ventil Fotos machen, da Politessen so auch nachweisen, dass das Autos/Anhänger garantiert nicht bewegt wurde und zufällig am gleichen Platz steht. Ändert zwar nicht viel, an dem nutzlosen Parkstreifen, aber schaden tut dies auf keinen Fall, wenn vielleicht ein paar dieser Platzverschwender offiziell angeschrieben werden.
Ich habe es jetzt auch offiziell, dass die Stadt solchen Verstößen nur nach Hinweis nachgeht. Also nicht selbst aktiv…