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Links der Woche

Links der Woche #160

Hier habt ihr wieder einige interessante Texte. Auch die Haushaltsrede von Verkehrsminister Scheuer ist insofern sehenswert, als dass er sich und die Bundesregierung zwar für unzählige Maßnahmen lobt. Letztlich sind die gegen Fahrverbote und Stau aber offensichtlich wirkungslos. Das Fahrrad erwähnt er in den zehn Minuten ein Mal. Etwas irritierend wirkt, dass er in Bezug auf die hohen Summen, die sein Ministerium investiert, sagt: „Man sollte meinen, dass man aus diesem Geld einiges machen kann. Beispiel: Tolle Autos, die die Verbraucher begeistern.“ Ernsthaft? Steuergeld, damit „tolle Autos“ gebaut werden können? Naja, am Sonntag nicht zu viel drüber nachdenken…

Da helfen nur noch Poller (taz)

Weniger Raum für die Blechlawine (Tagesspiegel)

Osnabrück: Rad-Experten beraten die Zukunft (NDR)

Hannes Jaenicke kritisiert deutschen „Auto-Fetisch“ (ZEIT Online)

Fischers kleine Presseschau: Diesel-Depression in der FAZ (Meedia)

Cyclists Spend 40% More In London’s Shops Than Motorists (Forbes)

Motorists Punish Helmet-Wearing Cyclists With Close Passes, Confirms Data Recrunch (Forbes)

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9 Antworten auf „Links der Woche #160“

Tja, scheinbar helfen nur starke Absperrungen damit Radwege frei bleiben. Ich würds aber weniger auf die Autofahrer, als einfach auf den Menschen schieben.

Der Mensch ist halt größtenteils ein faules dummes Wesen.

Logisch, der macht seinen Job.
Wie sollte es auch anders sein?
Wenn ein Automanager (oder auch ein Verkehrsminister) seine Medienpräsenz zur faktengeleiteten Aufklärung nutzen würde, könnte er sich zwei Tage später nen neuen Job suchen.
Trump ist längst mitten unter uns, und es ist leider etabliert, dass bei öffentlichen Meinungskundgebungen unsere Leistungsträger ihr jeweils interessengeleitetes Statement aufsagen dürfen, ohne dass faktenbasiert kritisch nachgehakt wird.

Dabei bestimmt oft genug die Ideologie mit den meisten und cleversten Marketingfuzzis und den besseren medialen Netzwerken nach einer entsprechenden Einwirkungsdauer den öffentichen Diskurs und erlangt Hoheit über ‚wording‘ und ‚framing‘ – und damit über die Denkbahnen der breiten Mehrheit.

Glücklicherweise klappt das nicht immer, wie z.B. im Falle der stabilen Meinungsmehrheit gegen Atomkraftwerke. Auch beim – immerhin latent vorhandenen – Anti-Automobilismus bestehen vielleicht noch Chancen, dass die gegenwärtige Mehrheitsmeinung „wir haben viel zu viel Autoverkehr“ dominant bleibt und sogar Wirksamkeit entfaltet?

Die Widersprüche des Autowahns werden ja eigentlich immer offensichtlicher und die Lobby haut derzeit schon so bizarre Sachen raus wie ‚Ein Fahrrad produziert mit seinen Felgenbremsen mehr Feinstaub als ein Diesel SUV‘ oder ‚Adventkranzkerzen führen zu höherer NOX Belastung als eine Hauptverkehrsstrasse‘, etc..

Aber es gibt auch durchaus ernstzunehmende kommunikative Strategien für die unterschiedlichen Zielgruppen, die auf die gegenwärtige ‚Autoskepsis‘ adäquate ‚Antworten‘ im Sinne der Autoindustrie liefern:

– Elektroautos überwinden bald viele der heutigen Probleme der Verbrenner

– Verbrenner bleiben noch lange wichtig, erhalten aber jetzt WIRKLICH gaanz saubere Motoren im Sinne der nachhaltige Verkehrswende, wobei gerade die Dieseltechnik eine dringend notwendige CO2 Einsparung bringt.

– Der alte Automobilismus wird überwunden durch intelligente Mobilität mit schlauen Verkehrssytemen und selbstfahrenden Autos, die von vielen schlauen Menschen gemeinschaftlich genutzt werden

– wir fahren zwar weiterhin Auto, haben aber grüne ‚liveable Cities‘ in den urbanen Zentren mit separierten Verkehrswegen, mit Fuss und Fahrrad auf kurzen Wegen, mit guter automobiler Umlanderreichbarkeit, mit ‚teilen statt besitzen-Carsharing‘ sowie mit smarten autonomen Autoflotten, um die urbanen Platzprobleme zu bewältigen (praktischerweise und verschwiegenerweise sorgt das für steigende Absatzzahlen und weiter steigende Fahrleistungen der ’neuen‘ ’schlauen‘ Automobile; von den forcierten Immobiienrenditen in den ‚liveable‘ Stadtteilen mal ganz zu schweigen).

– Auf dem Land bleibt das Auto noch lange Zeit ein unabdingbares Hauptverkehrsmittel, weshalb wir Autos nicht verdammen dürfen

– Das massenhafte Autofahren ist gar kein echtes Zukunftsproblem mehr, weil sich doch die Jugend längst ‚vom Auto verabschiedet‘ hat

– Es gibt zwar noch die Abgasproblematik, aber die Motoren werden immer sauberer und xyz ist sowieso viel entscheidender für die Luftqualität

– Eine Abgasproblematik gibt es nicht, das kommt von den Autohassern aus der Umweltszene, denen muss endlich die Gemeinnützígkeit aberkannt werden

– Ohne das Auto verlieren wir ‚unseren‘ Wohlstand
(siehe die alte Kampagne:
‚Atomkraftgegner überwintern
ohne Licht mit kaltem Hintern‘)

– In einer freiheitlichen Demokratie braucht es die Freiheit der individuellen Verkehrsmittelwahl (versus rot-grün versiffte ‚Ökodiktatur‘)

– etc. etc.

Könnte ne interessante Masterarbeit für eine Medienanalyse sein: ‚Reichweite und Wirksamkeit zielgruppenspezifischer Kommunikationsstrategien der Automobilindustrie im Nachgang der Aufdeckung des Abgasbetrugs‘

Die obige DPA Meldung mit dem Aufsager von Blume (Porsche) bringt da ja mit den in wirrer Folge auswendig gelernter Slogans schon einige Grundzüge, die zwar in Sachen Inhalt und Logik vollkommen danebenhängen, die aber gleichwohl bei vielen verfangen werden, weil Grundüberzeugungen der Zielgruppe aufgegriffen werden und ein postlogischer und postfaktischer Sprachbrei mit Keywords ohne Kontrollinstanz ins Hirn sickert.
Der Scheiss muss dann nur noch 3-5 mal möglichst von verschiedenen Quellen innerhalb eines Zeitrahmens wiederholt werden.

Interessant auch der Umgang mit dem Widerspruch von den Werbeversprechen mit Bildern von freier Fahrt in schöner Natur und dem längst allgegenwärtigen alltäglichen Stau.
Gerade die neue Radweg-Bau-Bewegung scheint ja in letzter Zeit bestrebt zu sein das Bild vom flüssigen staubefreiten Autoverkehr von den Toten auferstehen zu lassen: ‚baut mehr Radwege, dann gibt es auch endlich wieder weniger Stau, und die, die wirklich auf das Auto angewiesen sind (also in der Realität der Autofahrenden knapp 50 Mio.) kommen dann auch wieder besser durch‘ …

Bei BMW sieht man das durchaus ähnlich:
„Auch in der Autobranche ist längst angekommen, dass es so nicht weitergeht. Das zeigen Aktivitäten hinter den Kulissen der Konzerne, etwa in der Zentrale von BMW im staugeplagten München. Seit Anfang September können Mitarbeiter dort Fahrräder leasen. Den drohenden Verkehrskollaps könne man schließlich mit dem Auto nicht verhindern, findet der dortige Betriebsrat. Das Kernproblem sei ja der Pendlerverkehr, „und dafür müssen wir jetzt völlig neue Lösungen finden“.
aus: https://www.sueddeutsche.de/politik/verkehspolitik-mit-kat-in-den-kollaps-1.4149591

Dass die BMW Leasingräder nicht die Fahrbahnen blockieren, sondern brav auf den separierenden Radweglchen fahren sollen muss wohl nicht extra erwähnt werden. Der Radwegebau wird ja direkt von BMW’s ÖPP Inzell-Initiative mit organisiert.

Mittlerweile geht die Übergabe der Fahrbahnen an die Autos ja soweit, dass Fahrbahnvermeidung für die sich subjektiv unsicher fühlenden Radfahrenden auch dann als zulässig erklärt wird, wenn statt erlaubter Fahrbahn illegal auf den Gehwegen (!!!) mit dem Fahrrad herumgegurkt wird.

https://twitter.com/Unfallforschung/status/1059041962253344768

‚Mr. Radentscheid‘ nebst Anhang gibt endlich offiziell die Absolution fürs Gehwegradeln, …
war wohl nur ne Frage der Zeit wann das passiert.
Und dass sich dann die 70-jährige Omi mit gerade abgeheiltem Knochenbruch nicht mehr aus dem Haus traut ???
Egal, ist ja nur subjektives Sicherheitsgefühl von Fussgängern, real passiert gar nicht soviel, Hauptsache Radverkehr von 8-80, und wir müssen ja auch an die Kinder denken …
Und wenn Fuss-e.v. meckert wird da mal schnell angerufen (und mit one-voice Bashing der Radentscheid-commutity gedroht …?) oder so.
https://twitter.com/wegeheld/status/1058968449806974976
dazu auch:
https://martintriker.wordpress.com/2018/11/23/rant-bequem-bequemer-gehweg/

Ja, Gehwegradler sind in der Tat von übel. Weniger wegen tatsächlich stattfindender Unfälle — die sind zum Glück selten, weil agile Fußgänger gut in Hechtsprüngen sind — aber weil sie Fußgängern andauernd Angst erzeugen. In Berlin habe ich gesehen, wie Teilnehmer der CM die „Masse“ auf dem Gehweg überholt haben um im Affenzahn an die Spitze zu kommen! Und dann natürlich in Konflikt mit Fußgängern in Konflikt geraten sind, es wurde den Radlern Prügel angedroht. Aus meiner Sicht wäre das Notwehr gewesen. Selbst bei mir im Viertel, welches mit diversen Tempo-30-Straßen und sogar Fahrradstraßen aufwarten kann, nutzen immer wieder Radler den Gehweg. Hauptsache keine Autofahrer stören!

Der vorletzte Link bestätigt mich mal wieder darin, wie sinnfrei Twitter ist … Und diese Forderung, man möge doch bitte ein bisschen Rücksicht nehmen als Fußgänger*in, die Radfahrer*innen werden ja durch die Infrastruktur gezwungen. Genauso argumentiert jeder Radwegparker auch, wenn er sagt: Es war kein Parkplatz frei und ich musste doch irgendwo parken. Aber das lernen die empörten Möchte-Gern-Intellektuellen bei Twitter vermutlich nicht mehr.

(Bebbi, für mich ist eigentlich jeder, der Twitter nutzt, nicht ganz für voll zu nehmen. Das Medium sollte man Trump und Co. überlassen — da paßt es wenigstens.)

Aber zurück zum Thema: Es ist leider so, daß manche Radfahrer sich „ihren“ Platz genauso auf Kosten der Schwächeren nehmen, wie viele Autofahrer. Soweit ist das auch normal, denn Radfahrer sind eben keine besseren Menschen als Autler. Daß aber Lobbygruppen wie Changing Cities dieses Fehlverhalten öffentlich rechtfertigen, ist einfach nur dreiste Erpressung. Implizites Motto: „Wenn wir unsere Protected Bike Lanes nicht kriegen, werden die Fußgänger schon sehen, was sie davon haben!“

Die Vertreter des Vereins scheinen auch nicht immer so gut informiert zu sein. Im Video
https://www.rad-xhain.de/2018/11/videobericht-ueber-unsere-anti-falschparker-demo/
sagt der Sprecher z.B. daß bei benutzungspflichtiger, aber zugeparkter Fahrradspur der Fahrradfahrer zu illegalem Fahren auf der Fahrbahn gezwungen sei. Das ist wohl so nicht richtig: Ist die Radspur versperrt, dürfen Radler selbstredend auf die Fahrbahn ausweichen, genauso wie man trotz Benutzungspflicht selbstverfreilich auf die linke Spur darf, wenn man links abbiegen will.

Die Autoindustrie hat in der Tat einige interessante Argumente. Das einzige Problem, wo ich kein Argument gehört habe, ist der Bewegungsmangel. Es wäre also möglich, dass wir in der Zukunft alle Probleme lösen und wir mehr Platz haben, keine Unfälle, kein Lärm und keine Umweltverschmutzung.

Aber dies wäre eine sehr weite Zukunft. Ich würde mit MINDESTENS 80 Jahren rechnen. Beispiele?

Elektroautos sind nicht grün, solange wir unter 40% aus erneuerbaren Energien gewinnen. Wenn wir jetzt auf einmal zusätzlich alle Autos mit Strom betreiben, brauchen wir noch mehr Solaranlagen und Windkraftanlagen. Erst wenn wir 110% unseres derzeitigen Energieverbrauchs mit zukunftssicheren Quellen decken, kann man neue große Stromverbraucher, wie den gesamten KFZ-Verkehr als Grün bezeichnen. Das wird aber wohl noch Jahrzehnte dauern und wir müssen jetzt aus der Kohleindustrie aussteigen. Wo soll eigentlich die Energie für Flug-taxen herkommen?

Selbsfahrende Autos sind nur in vorgesehenen Scenarien sicherer. Kinder, ungewöhnliche Schlaglöcher und mehr, können nur Menschen improvisieren. Die Sensoren haben außerdem unter gewissen Umständen Probleme. Schnee, Regen, halb verdeckte Radfahrer, Straßenmalerei und manchmal auch strahlend weiße LKWs können die Sensoren täuschen. Die Szenarien kann man auf reinen KFZ-Straßen etwas besser ausschließen. Das der Verkehr für alle den Normalen Stadtverkehr geeignet ist, sind auch einige Fachartikel kritisch. Also braucht man reine Kfz-Straßen oder noch besser, reine Straßen für Selbstfahrende Autos, weil die mit weniger Sicherheitspuffer fahren können. Bis die Infrastruktur erstellt ist, können aber auch 50 Jahre vergehen um allein ein grobes Streckennetz zu bauen.

Dazu kommt noch, wie lange es dauert, bis die alte Verkehrsart ausgerottet ist. Auf den Straßen sieht man manchmal noch Autos aus den 90rn. Kutschen waren nicht verschwunden, als das erste Auto erfunden wurden. Und viele Fahrer von Autos schreien auf, weil einige Autos nicht mehr auf einigen Straßen fahren dürfen, wobei Einschränkungen der Dieselautos absehbar waren. Und einige dieser Zukunftsszenarien gehen unvorstellbar von reinen selbstfahrender Gemeinschaftsautos aus.

Wir brauchen aber kurzfristige Lösungen, die in 5 Jahren deutliche Ergebnisse erzielen. Damit die CO2-Bilanz im Verkehr nicht weiter steigt und die Kinder von heute sich auf den Schulweg sicher entfalten können.

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