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Bundestagswahl 2017: Die Parteien und der Radverkehr

Ich habe mal kurz die Wahlprogramme der Parteien, die im September voraussichtlich in den Bundestag einziehen werden, auf das Wort „Radverkehr“ gescannt.

Ich habe mal kurz die Wahlprogramme der Parteien, die im September voraussichtlich in den Bundestag einziehen werden, auf das Wort „Radverkehr“ gescannt. Bei der LINKEN musste ich die Suche auf das Wort „Fahrrad“ erweitern, damit ich einen entsprechenden Passus finde. Bei der FDP führte auch eine erweiterte Suche zu keinem Ergebnis. Sie scheint den Fahrradtrend komplett zu verschlafen. Das Fahrrad kommt in ihrem Wahlprogramm schlicht nicht vor, obwohl sie schreibt: „Zur Freiheit gehört auch, ohne Gängelei selber zu entscheiden, welches Verkehrsmittel man benutzt und neue Mobilitätskonzepte ausprobieren zu können.“ Die AFD schreibt zwar, „die Infrastruktur unseres Landes wurde jahrzehntelang vernachlässigt und ist in vielen Teilen marode“. Die Radverkehrsinfrastruktur meint sie damit aber anscheinend nicht. Im Forderungskatalog kommt das Fahrrad nicht vor.

Radschnellwege wollen fast alle fördern. Die FDP hingegen nichts.

Die anderen Parteien sind sich immerhin darin einig, dass Radschnellwege gefördert werden sollen. Während Bündnis 90/Die Grünen dem Bund mehr Verantwortung bei der Radverkehrsförderung geben will, erwartet die CDU dies „von den betroffenen Städten“. (Welche Stadt ist eigentlich von Radverkehr betroffen?) Die LINKE will darüber hinaus die Straßenverkehrsordnung fahrradfreundlicher gestalten.

Hier sind die entsprechenden Auszüge aus den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2017.

CDU

Wir erwarten von den betroffenen Städten, dass sie auch die Fahrrad-Mobilität fördern, ähnlich wie dies in den Niederlanden oder in der Stadt Münster der Fall ist. Gerade junge Menschen sind häufig bereit, auf Fahrräder umzusteigen. Der Bund wird den Fahrradverkehr und den Radwegebau weiter fördern. Wir starten ein Programm zur Förderung von Radschnellwegen, die unabhängig von vorhandenen Bundesstraßen verlaufen.

 

SPD

Die Infrastruktur für den Fahrradverkehr wollen wir verbessern. Dazu gehören mehr innerörtliche Fahrradspuren, sichere Abstellmöglichkeiten und regionale Radschnellwege. Für E-Bikes müssen außerdem mehr Ladestationen unter anderem an öffentlichen Gebäuden zur Verfügung gestellt werden.

 

Bündnis 90/Die Grünen

Radverkehr ausbauen – mehr Platz für das Fahrrad

Immer mehr Menschen nutzen das Rad, weil es schnell, preiswert und bequem ist. Wir wollen die Infrastruktur für Fahrräder deutlich verbessern. Der Bund muss dabei mehr Verantwortung übernehmen. Gemeinsam mit Ländern und Kommunen bauen wir Radschnellwege und ein bundesweites Netz von hochwertigen Radfernwegen. Wir wollen die Fahrradmitnahme in allen Zügen durchsetzen. Wir werden Kaufanreize für elektrisch unterstützte Lastenräder einführen, denn sie haben im Lieferverkehr großes Potential. In der Straßenverkehrsordnung schaffen wir fahrradfreundliche Regeln wie z.B. den „Grünpfeil“ für Radfahrerinnen und Radfahrer.

 

Die LINKE

Fuß und Fahrrad vor! Wir wollen Radfahren und Zufußgehen im Alltag attraktiver und sicherer machen: Mehr Platz auf den Straßen, mehr sichere und intakte Rad- und Fußwege und mehr Fahrradabstellanlagen sind nötig. In den Städten und Ballungsgebieten müssen Radschnellwege mit grüner Welle geschaffen werden. Dafür muss der Bund ausreichend zweckgebundene Mittel für die Kommunen bereitstellen. Wir wollen die Straßenverkehrsordnung fahrradfreundlicher gestalten. (…) Wir wollen die Innenstädte vom Lieferverkehr entlasten. Die Anschaffung von E-Lastenfahrrädern soll ebenso gefördert werden wie Kombibusse, die auch Pakete transportieren.

 

FDP

Nichts.

 

AFD

Nichts.

12 Antworten auf „Bundestagswahl 2017: Die Parteien und der Radverkehr“

Verdammt wenig, wenn man bedenkt, dass die ausbleibende Verkehrswende die Energiewende nicht nur blockiert, sondern CO2 Einsparungen anderer Sektoren vom Verkehr durch erhöhten CO2 Ausstoß kompensiert werden.

Bedenklich, dass ausgerechnet und nur die CDU den im Prinzip richtigen Ansatz vertritt, dass Radverkehrspolitik im Wesentlichen die Aufgabe von Städten und Kommunen sei. Unerwähnt bleibt dabei die die Kommunen und Städte stark bremsende und einhegende Rolle des Bundes insbesondere durch die StVO (siehe z.B. §§ 2 und 45)und VwV StVO.

Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass aus dem Bund Impulse für die Verkehrswende zu erwarten sind.
Denn es ist so: Je höher angesiedelt und je zentraler eine politische Struktur, desto mehr ist sie von der Wirtschafts- und Industrielobby beeinflusst.
Ich halte es deshalb für eine gute Idee, den vielversprechendsten Kandidaten mal für eine Zeitlang von dem Einfluss dieser Lobby zu befreien, zumal die BTW ohnehin gelaufen scheint.

Ich sehe das so:

Verkehrswende jetzt Aufruf zur Bundestagswahl

Aus der Reihe: Wege zu Wissen und Wohlstand

„Wir brauchen die Grünen. Wir können auf sie, auf ihre kommunalpolitische Durchsetzungsfähigkeit, auf ihre politische Erfahrung, auf ihre organisatorische Kraft, auf ihre meinungsbildende Macht vor allem bei Umweltthemen, und vor allem auf ihre vielen aktiven Mitglieder nicht verzichten, wenn wir die Verkehrswende jetzt durchsetzen wollen. Es ist Zeit für die Verkehrswende auch in der grünen Programmatik, denn wir brauchen Die Grünen unbedingt.

Die Partei Die Grünen gehört nicht nur den Kfz-Lobbyisten an ihrer Spitze, sie war und ist immer auch ein Umwelt- und ein Generationenprojekt gewesen.

Mein Vorschlag: Bei der Bundestagswahl diesmal nicht die Grünen wählen.

Zur Wahl gehen, klar, schon um per Wahlbeteiligung die AfD auszubremsen. Aber nicht die Grünen wählen. Wenn wir es mit explizitem Hinweis auf die Verkehrspolitk schaffen, den Grünen eine, bezogen auf den Bundestag, außerparlamentarische Zeit zum politischen Revirement zu ermöglichen, dann, und ich glaube nur dann, haben wir die Chance auf Veränderung bei den Grünen, auf die programmatische Entfesselung der kommunalen und städtischen Parteigliederungen und damit insgesamt auf den Gewinn eines nicht zu unterschätzenden Bündnispartners.“
https://radverkehrhamburg.wordpress.com/2017/07/02/verkehrswende-jetzt-aufruf-zur-bundestagswahl/

Piraten https://www.piratenpartei.de/mission/wahl-und-grundsatzprogramme/wahlprogramm-btw2017/bauen-und-verkehr/ :

„Ein Netz aus Bussen, Bahnen, Car-Sharing und anderen frei zugänglichen Verkehrssystemen soll neben gut ausgebauten Pendlerrouten für Radfahrende die Verkehrsstruktur in den Städten bestimmen. Andere Verkehrsflächen, vor allem für den PKW-Verkehr, müssen sich in den Lebensraum Stadt einfügen und den anderen Funktionen der Stadt unterordnen.“ (9.3)

„Die für die Allgemeinheit günstigeren Verkehrsmittel sollen beim Ausbau Vorrang haben: Radverkehr kostet uns weniger als Bus und Bahn. Private PKW sind insgesamt am teuersten. […]“ (9.6.1)

„Von A nach B, egal womit: Die Möglichkeiten und Anbieter für verschieden kombinierbare Verkehrskonzepte werden massiv zunehmen. Wir setzen auf eine offene Vernetzung aller Verkehrsmittel vom Fahrrad über Busse und Bahnen bis zum Car-Sharing […]“ (9.6.4)

In meiner Stadt könnten rund 75% aller Wege problemlos mit dem Rad zurückgelegt werden. Der motorisierte Verkehr trägt allerorten zur Lärmbelastung und zu rund einem Viertel zur Entstehung gesundheits- und klimaschädlicher Abgase bei. Es ist Aufgabe der Entscheidungsträger, die Bevölkerung dauerhaft vor solchen Gefahren zu schützen.

Legt man die Kommunal-, Landes- und Bundeswahlprogramme der Parteien zugrunde, so müsste Deutschland längst ein Fahrradland erster Güte sein, denn Deutschland ist ein reiches Land und Radverkehrsförderung parteienübergreifender Konsens. Das bedeutet: es geht hier nicht um Konkurrenzen und Ideologien, sondern um etwas, dass letzlich allen nützt.

Schaut man sich jedoch die Entscheidungspraxis auf städtischer und kommunaler Ebene an, so wird häufig genug deutlich, dass jeweils konträr zu eigenen Programmatik entschieden wird, z.B. wenn es darum geht, für den Radverkehr mehr Geld locker zu machen oder Flächen und umzuverteilen. Ohne wird es jedoch nicht gehen, da nur gute Infrastruktur langfristig mehr Radverkehr bewirken kann.

Die Städte und Kommunen scheinen mit der Aufgabe häufig genug schlicht überfordert, da es in den entsprechenden Abteilungen oft personelle Engpässe gibt. Dies betrifft sowohl Planung als auch Ausführung. Radverkehr wird nicht mitgedacht. Die Folge: selbst verfügbare Fördermittel werden am Ende nicht abgerufen.

Auch fehlt es an Visionen, Konzepten, Netzplanungen und dem Mut zu möglicherweise anfangs unpopulären Entscheidungen.

Auch wir Radfahrende müssen in der verkehrspolitischen Diskussion deutlich sichtbarer werden, uns engagieren, möglichst mit einer Stimme sprechen und enger zusammen stehen, wobei Konfrontation sicherlich der falsche Weg ist. Wir müssen schlicht überzeugen, was angesichts erstklassiger Argumente kein Problem sein sollte.

Häufig genug zerlegt sich die Community mit internen Streitereien selbst, statt an einem Strang zu ziehen. Das ist bedauerlich. So sollte man z.B. die aktuelle Entwicklung hin zu elektrifizierten Antriebshilfen gerade auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung begrüßen, weil dadurch immer mehr Menschen aufs Rad gelockt werden. Der Marktanteil von Pedelecs beträgt mittlerweile 15%.

Ohne klare politische Signale werden wir bei der Radverkehrsförderung weiterhin Stillstand sehen.

Hallo, ich habe vor einigen Wochen meinen Bundestagsabgeordneten gefragt, wer im Bundestag die unverschämte und unverhältnismäßige Erhöhung der Ornungsstrafen für Radfahrer wegen Überfahrens unsinniger roter Ampeln beschlossen hat. Antwort: CDU und FDP haben das beschlossen, SPD und Grüne haben sich enthalten!

Vom Wortlaut kommt mir das Fahrrad-Wahlprogramm der Linken noch am hilfreichsten vor, die unbefriedigende Situation zu beenden: Erst mal die Straßenverkehrsordnung fahrradfreundlicher gestalten, also als Sofortmaßnahme die Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht für mehr Rechtssicherheit für Radfahrer, und zweckgebundene Mittel vom Bund: Also überregional geplante Radwege und nicht das übliche „klein-klein“ mit der für Radfahrer schikanösen Verkehrsführung … Hier die Beispiele nennen würde den Rahmen sprengen. Eigentlich traurig, dass die Linke den Grünen in dieser Frage den Schneid abnimmt …

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