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Osnabrück Radverkehr

Zweifelhafte Radwege-benutzungspflichten

Die Erkenntnis, dass Fahrrad fahren auf Radwegen manchmal gefährlicher ist, als auf der Fahrbahn, setzt sich mittlerweile immer mehr durch. Und doch gibt es immer noch unzählige „blaue Schilder“, die den Radler auf die gut gemeinten aber schlecht gemachten Radwege zwingen. Ein Beispiel möchte ich hier noch mal zeigen. Der benutzungspflichtige Radweg liegt an der Rehmstraße in Osnabrück (ähnliche Beispiele gibt es aber in jeder Stadt) und ist für mich ein typisches Beispiel von Fehlplanung.
Die Rehmstraße durchzieht den Stadtteil „Wüste“, der ein reines Wohnviertel ist, also kein großer Durchgangsverkehr oder ähnliches, das eine Benutzungspflicht aus meiner Sicht rechtfertigen würde. Aber schlimmer noch wiegt für mich die straßenbauliche Anlage des Radweges. Denn er liegt zwischen Gehweg und parallel zur Fahrbahn verlaufenden Parkplätzen. Ich kann mir schon vorstellen, was die Planer sich dabei gedacht haben: Der Radverkehr wird so vom Autoverkehr getrennt, was sich positiv auf die Sicherheit der Radler auswirkt.
Das ist aber eben nicht zu Ende gedacht. Denn erstens gefährden sich öffnende Beifahrertüren den Radler auf seinem Radweg, die ich übrigens für noch gefährlicher halte als Fahrertüren, denn der Fahrer guckt eher in den Rückspiegel als der Beifahrer. Und zweitens werden bei dieser Radverkehrsführung die Querstraßen umso gefährlicher, weil abbiegenden Autofahrern die Sicht auf den Radweg durch die parkenden Autos genommen wird.
Diese Einsicht ist doch mittlerweile common sense. Warum also tun sich Städte immer noch so schwer, Radwegebenutzungspflichten in solchen Fällen aufzuheben? Zumal dieses Beispiel ja, wie erwähnt, in einem reinen Wohnviertel liegt.
Besserung ist übrigens nicht in Sicht. Ein Teil der Rehmstraße wird gerade erneuert. Aber statt die Radfahrer von der Radwegebenutzungspflicht zu befreien oder den Radweg gleich ganz aufzulösen, wurde er neu gepflastert und sogar durch die Wartezone einer Bushaltestelle gezogen…

Radweg auf langer Strecke getrennt von der Fahrbahn
Rehmstraße 2

Radweg weiterhin durch Bushaltestelle
Rehmstraße 1
Fotos: Daniel Doerk

12 Antworten auf „Zweifelhafte Radwege-benutzungspflichten“

Naja, das Schild lasse ich da während der Bauphase gelten. Der Streifen rechts ist wirklich schmal. Allerdings muss man auch keinen Aufschrei daraus machen, wenn ein Radfahrer dort mit Schritttempo und Rücksicht durchfährt.

Ich setz noch einen drauf:
Direkt neben dem „Fußgänger/Radfahrer absteigen“ auch noch ein VZ 240 (kombinierter Geh- und Radweg) hingestellt. Was die wohl geraucht haben? Ich las mal den Versuch einer Behörde in D, dies irgendwie zu begründen. Zu sagen, die Baustellen-Leute seien unfähig ginge ja nicht. Zum schießen.

Eine Straße weiter: Bürgersteig/Radweg Baustelle, Fahrbahn (Dorfhauptstraße) leicht eingeengt, T30 deswegen und damit auch ja keiner den auf 100m gesperrten Bürgersteig auf der Fahrbahn passiert, Verbot für Radfahrer und Fußgänger angeordnet. Dann durfte der Radfahrer die Umleitung über den Krankenhaus-Parkplatz und anschließend den Friedhof nehmen. Es sei denn, er wusste per Kristallkugel schon vorher von der Sperrung, dann konnte man die Kreuzung vorher abbiegen und quer durchs Dorfzentrum (Kopfsteinpflaster, wahlweise Schrittgeschw. oder erheblicher Umweg..). Angekündigt war die Sperrung aber in keinster Weise.

Was die Gründe für solcherlei Benutzungspflichten sind, fallen mir nur 2 Dinge ein. Freie Fahrt für Kfz oder der tiefreligiöse Glaube an sichere Radwege. Der „Stand der Forschung“ ist den Behörden jedenfalls wohlbekannt.
Nach Außen ists teils wirklich „amüsant“, wie das dann mit Klauen und Krallen verteidigt wird.
Osnabrück: Tja, dann verklag uns doch eben.
Münster: In de.rec.fahrrad hat ein Münsteraner die Antwort seiner Fachaufsichtsbeschwerde an die Bezirksregierung zur Diskussion gestellt. Die hätten statt 10 Seiten auch einfach „dann behindern die ja den Verkehr“ schreiben können. Da wird für einzelne Straßen sogar gesagt. Gefahrenprognose -> Blauschilder unnötig. Die können aber nicht weg, weil dazu erst noch bautechnische Maßnahmen durchgeführt werden müssen, deren Planung und Finanzierung noch nicht angegangen wurde. Aha, was denn bitte für Baumaßnahmen?
Hier im Nachbarkreis ST:
Mündlich hat man mir schon gesagt, dass es keinerlei Begründungen bzgl. der Gefahrenlage gibt. Man sehe ja auch z.B. an den ganzen Rennradfahrern, dass das auf der Fahrbahn ganz problemlos funktioniert.
Man schnitzt sich aber seit Jahren immer neue „Begründungen“ nach Außen um ja nichts zu tun. So wollte man z.B. die StVO-Neufassung abwarten und dann Kommune für Kommune tätig werden. In der Zwischenzeit wurde z.B. erzählt, dass es großen Widerstand gäbe, weil Radfahrer die Radwege dann nicht mehr erkennen können würden. Man wollte mit der Polizei eine Lösung dafür erarbeiten. Nur heiße Luft. Jetzt ist die Novelle da, jetzt haben angeblich irgendwelche „Verkehrsingenieure“ in 2012 empfohlen, nix zu tun, bis eine Studie erschienen ist (die bereits seit 2008 im Machen ist, kA wann die fertig wird), ein Leitfaden müsse dann auch noch abgewartet werden. Dass so einer bereits existiert, interessierte keinen, dann hieß es wieder, dass diverse Gruppen eben doch ein Interesse hättten, die Blauschilder stehen zu lassen. Näheres erfahre ich hoffentlich im Gespräch, das man mir anbot, zu dessen Terminierung aber seit ein paar Wochen nicht geantwortet wurde.
Da fasst man sich echt an den Kopf.

Naja, Gespräch hört sich doch schon mal gut an. Frag doch noch mal nach.

Ich habe noch keine Erfahrungen. Habe im Falle der Rehmstraße jetzt zum ersten Mal angefragt, ob man die Benutzungspflicht nicht aufheben kann. Bin gespannt und freue mich auf die Antwort, egal wie sie ausfällt. Wenn es gut argumentiert ist, dann akzeptiere ich das natürlich auch. Bis dahin warte ich einfach mal ab…

Bleib dran! Je mehr Leute, je mehr Druck.

Was das Gespräch angeht: Ich bin ja echt mal gespannt, ob die es schaffen, die verschiedenen mir mitgeteilten „Gründe“ für „Nixtun“ in irgendein schlüssiges Gesamtkonzept zu gießen, das nicht den Eindruck von bloßem Zeitschinden erweckt. Allein den Glauben daran hab ich aus Erfahrung nicht.

Dazu vllt. eine kleine Anekdote aus dem ersten Gespräch von letztem Frühjahr.
Dort erzählte man mir von der Notwendigkeit der Schilder wegen der Erkennbarkeit. Die selbst wollen keine Benutzungspflicht, aber vor allem die Polizei wolle die Schilder, aber eben nicht wegen der Benutzungspflicht. Da man aber wisse, das die illegal ist, hat die Kreispolizeibehörde festgelegt, entsprechend so zu tun, als gäbe es die Pflicht nicht, ergo auch Fahrbahn-Radfahrer unbehelligt zu lassen.
Aber schon direkt auf der Rückfahrt von Kreishaus (45km per Fahrrad) hält mich eine Streife an und erzählt mir ne gefühlte Ewigkeit von der Sicherheit der Radwege, dass ich doch in Zukunft benutzen möge… Also haben entweder die Polizisten Befehle ihres Chefs misachtet oder der Kreis hat mir ins Gesicht gelogen. Naja, ich sage Letzteres, weil 2 Wochen später ein Artikel in der Zeitung stand, dass Radfahrer jetzt schärfer überwacht werden, Schwerpunktwochen stattfinden, und dabei auch auf die Radwegnutzung geachtet wird. Seither bin ich öfter (kostenfrei) angehalten worden, als in all den Jahren zuvor insgesamt. Sogar gewendet und mich wieder eingeholt haben die teilweise.

Mir geht es gar nicht um Druck. Ich möchte einfach nur den Radverkehr weiterentwickeln. Und wenn das ein bisschen dauert, dann muss man das in Kauf nehmen. Es ist ja auch klar, dass ein Sachbearbeiter nach einer E-Mail nicht einfach den „Schilder-Demontier-Service“ losschicken kann. Da gibt es klare Entscheidungsstrukturen. Wenn es an denen scheitert, dann muss sich halt auch jemand um die theoretische auf behördlicher Seite kümmern. Ich gebe lieber Hinweise aus der Praxis…

Ich wurde letztes Jahr auf so einem Radweg an der Mellerstr stadteinwärts von einem Auto, das abgebogen ist angefahren. Fahre seitdem auf der Fahrbahn. Da zahle ich lieber das Verwarnungsgeld und lasse mich von den Autos anhupen, als nochmal im Krankenhaus zu landen, mit einer gebrochenen Hand. Da sie mich überholen müssen, sehen sie mich. Der Autofahrer hat mich leider trotz weißem Reflektorhelm mit rotem Blinklicht und diversen anderen Reflektoren nicht gesehen.

Was mir dazu noch einfällt ist, dass – zumindest gilt das für Potsdam – die Baufirmen zwar eine Anweisung bekommen, welche Schilder wie aufzustellen sind, sie diese aber gerne ignorieren bzw. falsch oder unvollständig umsetzen. Die Stadt kontrolliert das zwar, aber die brauchen immer eine gewisse Zeit, bis sie alle Baustellen abgeklappert haben. Kurzfristige Baustellen werden so häufig gar nicht kontrolliert.

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