Es ist die alte Frage, die die Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg e. V. (AGFK-BW) da in ihrem neuen Videoclip wieder aufwirft. Wo lässt es sich am besten Radfahren? Aus Gründen der Sichtbarkeit und Sicherheit ist es für die AGFK-BW der Schutzstreifen auf der Fahrbahn. Im Video wird dieser mit dem Gehweg verglichen. Da dürfte es in der Erwachsenenwelt eigentlich keine zwei Meinungen geben. Bei Kindern sehen die ein oder anderen Eltern das wohl noch mal anders.

Die Vorteile der Schutzstreifen sind laut AGFK-BW:

  • Autofahrer haben Radfahrer immer im Blick.
  • Es passieren weniger Unfälle an Kreuzungen und Abbiegestellen.
  • Autofahrer halten durch die Markierung mehr Abstand.
  • Radfahrer fühlen sich sicherer und sind es auch.
  • Markierungslösungen sind für Kommunen eine kostengünstige Möglichkeit, durchgängige Radverkehrsverbindungen zu schaffen und die Sicherheit für Radfahrer zu erhöhen.

Nun hat sich die AGFK-BW auch gleich ein vergleichsweise luxuriöses Stück Schutzstreifen rausgesucht, das hierzulande noch nicht allzu oft anzutreffen ist. Er wird nämlich von einem Sicherheitsstreifen für aufgehende Autotüren flankiert. Allerdings sieht man auch gleich einen Transporter, der auf diesem Streifen steht. Die AGFK-BW schreibt: „Fahrrad-Schutzstreifen geben Radfahrern mehr Platz im Straßenraum und fördern das sichere Radfahren als Teil einer umweltfreundlichen Mobilität.“ Ein Nachteil ist allerdings, dass dieser Platz nicht exklusiv für den Radverkehr gilt. Und damit wird eigentlich auch nicht mehr Platz für Radfahrer geschaffen. Der Platz stand ihnen vorher ohne Linien ja auch zu. (Sofern es keine Radwegebenutzungspflicht gab.) Nun kenne ich den Parkdruck an der Stelle im Video nicht. Aber besser als der gezeigte Schutzstreifen wäre sicher ein reiner (und vielleicht noch geschützter) Radweg anstelle des Parkstreifens.

Alle Studien zum Thema Unfallvermeidung und Radverkehrssicherheit zeigen: Radfahrer sind am sichersten da unterwegs, wo sie von Autofahrern gut gesehen werden – auf der Fahrbahn.

Dass Autofahrer durch die Markierung mehr Abstand halten, würde ich so auch nicht unbedingt sagen. Die gestrichelte Linie kann auch das Gegenteil suggerieren, nämlich dass man sich als Autofahrer an dieser und nicht am Radfahrer orientieren muss. Und dass Markierungslösungen für Kommunen eine kostengünstige Möglichkeit seien, durchgängige Radverkehrsverbindungen zu schaffen, ist eben das große Alibi dafür, den Verkehrsraum nicht neu (und gerechter) verteilen zu müssen.

Nichtsdestotrotz können Schutzstreifen natürlich ein Mittel sein, den Radverkehr zumindest besser abzuwickeln. Eben wenn man die Radfahrer von engen gemeinsamen Geh- und Radwegen runterholt, auf denen man nicht zügig voran und an Querstraßen zu oft aus dem Toten Winkel kommt. Denn dass Radfahrer an Kreuzungen und Abbiegestellen hier sichtbarer sind, ist in der Tat richtig. Ob so ein Schutzstreifen für die meisten Gelegenheitsradler, die doch Alltagsradler werden sollen, nun aber eine „bestechend einfache und entspannte Alternative“ ist, wie die AGFK-BW in ihrer Pressemitteilung schreibt, bezweifle ich.

Zum Weiterlesen: Dichtung und Wahrheit – Warum Radwege in vergleichenden Studien meist schlecht abschneiden.

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