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Umweltspuren als Radverkehrsförderung?

Die Stadt Mannheim feiert gerade die Einweihung einer so genannten Umweltspur. Diesen drei Meter breiten Streifen teilen sich künftig Radfahrer und Linienbusse. Dem motorisierten Individualverkehr stehen daneben zwei Fahrspuren zur Verfügung. Verkehrsminister Winfried Hermann lobt die Stadt Mannheim hier als Vorreiter.

Die Stadt Mannheim feiert gerade die Einweihung einer so genannten Umweltspur. Diesen drei Meter breiten Streifen teilen sich künftig Radfahrer und Linienbusse. Dem motorisierten Individualverkehr stehen daneben zwei Fahrspuren zur Verfügung. Verkehrsminister Winfried Hermann lobt die Stadt Mannheim hier als Vorreiter. Durch den Ausbau werde nicht nur die Verkehrssicherheit erhöht, sondern auch Flächen zugunsten des Umweltverbundes umverteilt.

Foto: Stadt Mannheim, Fachbereich Presse und Kommunikation; Bild: Tröster
Foto: Stadt Mannheim, Fachbereich Presse und Kommunikation; Bild: Tröster

Nun werden Busspuren häufig angelegt, um den Busverkehr zu beschleunigen. Was aber, wenn Radfahrer die Busse jetzt „ausbremsen“? Zumindest aus Sicht der Busfahrer könnten sie diesen Eindruck erwecken. Ich erlebe das mitunter auch auf den wenigen Busspuren in Osnabrück. Und was sagen eigentlich Radfahrer zu so einer Umweltspur? Klar, sie ist schön breit und hat eine optimale Fahrbahndecke. Prinzipiell lässt es sich hier hervorragend Radfahren. Doch sobald einem ein Bus „im Nacken sitzt“ sieht das oft anders aus. Mit Glück kann er über die Fahrbahn daneben überholen. Dann steht er aber oft wenig später an der nächsten Haltestelle und bremst so wieder den Radverkehr aus.

Ich denke, dass es sich auf Umweltspuren sicher stressfreier Radfahren lässt als auf der Fahrbahn. Dabei kommt es auch noch auf die Taktung des Busverkehrs an. Aber Radverkehrsförderung ist es doch eher nur „durch die Hintertür“. Wie seht ihr das?

14 Antworten auf „Umweltspuren als Radverkehrsförderung?“

Wenn je Richtung noch 2 Fahrspuren für den übrigen Verkehr erhalten sein sollen dann haben wir in Osnabrück aber sehr wenig Straßen die dafür in betracht kommen.

Busspuren die für Radler freigegeben sind können ganz angenehm sein; siehe Natruperstraße. Besonders nett: sehr viel Platz man kann gemütlich Gullideckel, Fahrbahnschäden + Dooringzonen meiden.
Unangenehm natürlich wieder die Busse, wobei nach meiner Beobachtung das Verhalten vieler Busfahrer deutlich besser geworden ist.

Bei Staus gibt es oft Autos die „mal eben kurz“ wo abbiegen wollen und nur auf Busse achten (klassisches Problem um die Nikolaigarage).

Was mir mehr Sorgen macht ist die Idee Busspuren für Elektroautos freizugeben….. sowas gibt es ja auch.

Meiner Meinung nach nur eine Lösung, wenn…
a) ein sog. „anderer Radweg“ zur Verfügung steht,
b) das zu erwartende Radverkehrsaufkommen auf der „Umweltspur“ gering (< 200/Tag) ist,
b) das Busverkehrsaufkommen gering ist (dann gemäß RASt als Radfahrstreifen, Bus frei) und/oder
c) die Spur ausreichend breit für gegenseitige Überholvorgänge ist (gemäß RASt mind. 4,75 m).
Das Foto macht den Eindruck als sei in Mannheim keiner dieser Kriterien erfüllt. Von daher wohl eher eine Notlösung und als Vorbild nicht zu gebrauchen.

Sagen wir mal so: besser als nichts. Ich selber freue mich, dass in Berlin die Busspuren für den Radverkehr freigegeben sind – ist kein Bus in der Nähe sind sie an Fahrspurbreite und Strassebelag kaum zu toppen – merke aber, dass Kinder und unsichere Radfahrer das überhaupt nicht mögen. Also dadurch gewinnt man eher keine neuen Pendler, wage ich zu behaupten.

Also, in Berlin sind manche Busspuren quasi konstant zugeparkt. Natürlich kommt man an den parkenden Autos vorbei, aber hält man 1 m Abstand von den parkenden Autos, dann fährt man ungefähr auf der Trennlinie zwischen Busspur und Autospur, wenn die Busspur ca. 3 m breit ist. Sinnvoll ist also, tatsächlich weiter links auf der nächsten Fahrspur zu fahren, also da, wo ungefähr die rechten Räder der Autos sind.
Die Autofahrer sehen natürlich nicht ein, dass man als Radfahrer so viel Platz braucht. So kommen sie ja nicht vorbei am Radfahrer, ohne die Spur zumindest größtenteils zu wechseln. Oder man fährt halt sehr dicht vorbei, denn man muss dem Radfahrer ja zeigen, dass das sch**** ist, was er macht.
Bleibt man auf der Fahrspurmarkierung, dann denken aber zu viele Autofahrer, dass es ja passt. Die eigene Spur ist ja frei. Und es ist genauso gefährlich.

Fährt man sicher und zügig mit dem Rad, ist das ja alles nicht so problematisch. Umschauen, Hand raus, links einordnen, nach dem Hindernist wieder auf die Busspur.
Aber meinen Kindern traue ich das nicht zu. Und mit Tempo 15-20 ist man für zu viele Autofahrer quasi ein stehendes Hindernis, an dem man mal eben knapp vorbeifahren kann.

Daher stimme ich Nils zu: Gute Idee, wenn nicht viele Busse unterwegs sind und Falschparken entsprechend (also durch standardmäßiges Abschleppen) geahndet wird.

die Busspur an der Natruper Straße finde ich grundsätzlich gut, mir kam da bislang aber auch irgendwie nie Quere… ABER: es wurde leider nicht mitgedacht, dass man auch irgendwann mal runter muss von der Spur, Stichwort links abbiegen…die Autofahrer nehmen einen auch mit ausgestrecktem Arm nicht wahr (oder bremsen absichtlich nicht runter), da kann man dann minutenlang auf der Busspur stehen, bis mann die Straßenseite wechseln kann oder riskiert mal wieder tot gefahren zu werden…oder mann muss über einen ziemlich hohen Bordstein auf den Gehweg wechseln und die Fußgängerampel nutzen, was auch alles andere als ne gute Lösung ist…

Passend dazu heute auch eine Polizeimeldung aus Osnabrück:

Die Polizei sucht Zeugen eines Unfalls, der sich heute Morgen am Rißmüllerplatz unter Beteiligung eines Linienbusses und einer Radfahrerin ereignete. Beide fuhren gegen 07.15 Uhr auf der Busspur des Hasetorwalls im Richtung des Stadthauses. Im Kreuzungsbereich kam es dann aus noch unbekannter Ursache zum Zusammenstoß zwischen dem Bus und der rechts daneben befindlichen Radfahrerin. Die Frau wurde dabei leicht verletzt.

In Berlin ist außerdem nachts auf vielen Busspuren das Parken erlaubt, was exakt zu dem von Jule geschilderten Problem führt. Hat nur mit der berlintypischen Nachtgeschwindigkeit (70+).

@Singlespeed: Ob das unangenehm ist hängt vor allem auch von der Situation ab, Verkehrsbelastung, Geschwindigkeit, Gegebenheiten, zB Haltestelle direkt nach großer Kreuzung. Das mit den „unsicheren Radfahrern“ kann man langsam mal lassen, typische Arroganzformulierung der Vehicular Cyclists. ich kenne Menschen (ja, auch Frauen aber nicht nur), die fahren täglich >20 km in Berlin und mögen es trotzdem nicht.

Auf dieser konkreten Busspur in Mannheim ist das miteinander von Bussen und Rädern kein Problem, da hier kaum Busse fahren. Viel schlimmer ist auch nicht der alltägliche Stau auf der dazugehörigen Straße, sondern all die Autofahrer, die die Umweltspur wie selbstverständlich als Überholspur nutzen. Es sitzt meist nicht der Bus im Nacken, sondern die im Stau wildgewordene Auto-S(t)au, die sich Sonderrechte einräumt. Höhepunkt bisher: Auf der Umweltspur von einem Autofahrer angehupt werden.

Ich halte davon nichts. Die einzigen Nutznießer von solchen Spuren sind Autofahrer, die jetzt eine von Bussen und Radfahrern befreite Fahrbahn haben. Ich sehe auch keinen Vorteil für Busse, die jetzt u.U. über Kilometer hinter einem mit 15km/h fahrenden Radfahrer herzuckeln müssen oder den Vorteil für einen mit 15km/h fahrenden Radfahrer, die ganze Zeit einen 20t-Bus im Nacken zu haben.

Ich fuhr vorgestern mal wieder auf dieser Spur. Das Foto ist geschönt. Der rote Streifen existiert maximal nur alle 100m vor der nächsten Kreuzung.
Die Fahrt selbst auf dieser Spur ist nicht möglich. Drei Privat PKW parken, UPS liefert was an den Copyshop. Und das zu ruhiger Zeit. Also fuhr ich auf der Straße.
In der Rush hour wird (Die Straße war früher dreispurig) wird die Rad-Busspur von dutzenden PKW genutzt um den Stau zur Rheinbrücke rechts zu überholen. Radfahrer werden angehupt, wenn sie dann auf der Mitte ihrer der Umweltspur fahren.

Fazit: Der „Radweg“ ist Alibi für die Draisstadt. Passend zur teilweise parallelen Radstraße.

Drei Meter breit?

Ein Radfahrer ist 80cm (Abstand nach rechts) plus 90cm (er selbst bzw. durchschnittliche Breite eines Kinderanhängers) plus 150cm (Mindestabstand nach links) breit. Macht also 320cm. Je nach Umfang des Radverkehrs ist das also eine ausschließliche Radspur.

Unabhängig davon ist Berlin voll von solchen Spuren, auf denen sich Radfahrer, Busse und Taxis tummeln dürfen. Das Ergebnis sind enge (und illegale) Überholmanöver der Taxen, die einen Spurwechsel vermeiden möchten, sowie Druck durch Busse von hinten und Sog durch Busse, wenn diese seitlich überholen. Hinzu kommt der Frust beim Radler und Busfahrer, wenn die sich immer gegenseitig überholen bzw. ausbremsen müssen.

Berlin übrigens:

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) fordern breitere Busspuren in der Innenstadt. Grund ist die steigende Zahl von Radfahrern, an denen die Busfahrer auf den meist 3,50 Meter breiten Fahrstreifen nicht vorbeikommen. „Wenn der Bus überholt, muss er die Spur verlassen und eine Lücke im fließenden Verkehr finden“, sagte ein BVG-Sprecher. Das bringe Verzögerungen. „Der eigentliche Sinn der Busspur, den Busverkehr zu beschleunigen, kommt dann nicht mehr zum Tragen.“ Die BVG spricht sich für 4,75 Meter breite Busspuren aus, wie sie etwa auf der Hardenbergstraße am Zoo gebaut werden.

Umweltgerechte Radverkehrsförderung hat in Konkurrenz zjm Autoverkehr zu treten (push&pull).
Es ist in Tendenz ungünstig, wenn ausgerechnet Fuß-Rad-Bus-Verkehre in behindernde Raumkonkurrenz gesetzt werden und dadurch eine Reisezeitverschlechterung erfolgt.
Allerdings ist das SEHR stark von den örtlichen Gegebenheiten abhängig.
Die Busbetreiber sind in aller Regel dazu in der Lage abzuschätzen wo der Linienverkehr durch Radverkehr beeinträchtigt wird, und wo das ohne Bus-Reisezeitverluste abzuwickeln ist.
Zumindest in MS wird da recht kooperativ verfahren und wenigstens ansatzweise darauf acht gegeben, dass der Busverkehr nicht durch Radverkehr verzögert wird. Auf einigen Strecken läuft das sehr harmonisch auf gemischten Spuren (Radweg mit Busverkehr frei, so dass der Bus auf normaler Fahrbahn überholen kann), auf anderen würden schon wenige Radfahrende den Busverk. zu stark ausbremsen.
Das kann wirklich nur im konkreten Fall entschieden werden, und kann sich zudem bei Fahrplanumstellungen/Linienverlegungen wieder ändern.

Zudem ist Schulung der Busfahrer sehr wichtig und ein funktionierendes Beschwerdemanagement beim Busbetreiber.
In MS läuft das recht gut, meine Erfahrungen in OS dagegen lassen mich vermuten, dass die dortigen RusfahrerInnen keine dienstrechtlichen Konsequenzen nach rüpelhaftem oder gefährdendem Verhalten gegenüber Radfahrenden zu befürchten haben.

@Nils: neben den DTVs für Bus Rad MIV ist es vor allem entscheidend wie hoch die Fahrgeschwindigkeit für den jeweiligen Streckenabschnitt bei der Fahrplangestaltung angesetzt wird. Das läßt sich von außen kaum beurteilen, sondern mus beim ÖPNV-Betreiber erfragt werden.

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