Kurz nach der Critical Mass–Ankündigung der NOZ werden auf einmal wieder alle verrückt. Da noz.de neuerdings eine Paywall hat, bleibt es dort zwar schön ruhig (kein einziger Kommentar zum Artikel!), die Meute ist aber nur umgezogen und „diskutiert“ nun auf der Facebook-Seite der NOZ weiter. Viele driften dabei natürlich wieder in allgemeines Rad- und Autofahrerbashing ab. Einige scheinen aber den Zweck der Critical Mass und auch einige Verkehrsregeln nicht zu verstehen. Als begeisterter Teilnehmer möchte ich hier versuchen, ein bisschen Aufklärungsarbeit zu leisten. Der Link kann dann auch gerne in die Facebook-Diskussion eingebracht werden. Ich selbst treibe mein Unwesen dort ja aus guten Gründen nicht…
Carsten Otte: „Bin selbst Radfahrer und Autofahrer … und ich glaube nicht das das Verständnis und Anerkennung für Radfahrer wächst wenn man am Freitag Abend den Verkehr in der Stadt blockiert oder behindert.“
Erstmal schön, dass du auch Rad fährst. Weiter so! Verständnis und gar Anerkennung wären natürlich großartig. Aufmerksamkeit würde aber erstmal ausreichen. Damit kann ich als Radfahrer gut leben. Der Verkehr in der Stadt wird weder blockiert noch behindert. Die Geschwindigkeit wird eventuell ein bisschen verringert. Aber das ist keine Behinderung. Eine Behinderung ist ein auf dem Radweg parkendes Auto oder ein auf der Fahrbahn abgestelltes Fahrrad. Letzteres sehe ich allerdings extrem selten!
Denno Marciano: „Scheiß Fahrradfahrer jedes mal hat man die vorm Auto hängen und überall drängeln die sich durch“
Denno, ganz ruhig. Die Straße ist keine Rennpiste! Und dein zweites Argument bezeugt wohl eher deinen Neid, weil man mit dem nicht in endlosen Blechkolonnen warten muss. Steig doch selber mal auf’s Rad…
Tobi Lewek: „Erstmal eine Runde den Verkehr behindern… Versuch ich demnächst auch mal wenn mir was nicht passt…“
Siehe oben. Und die Teilnehmer fahren, weil es ihnen tatsächlich Spaß macht, nicht weil ihnen etwas nicht passt. Was du in deiner Freizeit machst, bleibt dir überlassen.
Nancy Wienhold: „Dann sollte die Polizei auch bitte jeden Radahrer rausziehen, der ohne Licht unterwegs ist. Damit hätten die jede Menge zu tun!“
Absolut richtig, ohne Licht geht gar nicht! Und soweit ich mich erinnern kann, wurde auf der Facebook-Seite der Critical Mass auch mehrmals darauf hingewiesen, dass man mit funktionierendem Licht kommen soll. Da du aber wohl auch jemand bist, die das alles nur vom Hörensagen kennt, kläre ich dich gerne darüber auf, dass die Teilnehmer der Critical Mass zu mindestens 90 Prozent mit Licht fahren. Erfahrungswert!
Sebastian Sievers: „nein, es nervt nur noch“
Hey, du glaubst nicht, wie sehr uns Autofahrer manchmal nerven!
Conny Schipmann: „Bescheuert!!“
Schön, dass auch du dich so zielführend einbringst!
Maurice Feldmann: „Die sollen zuhause bleiben oder auf dem Fahrradweg aber nirgends sonst wo“
Bleib du doch zu Hause. Was ist das denn für eine Argumentation? Gewöhn dich lieber schnell daran, dass Radfahrer auf der Straße fahren dürfen. Das solltest du eigentlich in der Fahrschule gelernt haben!
Nils Appel: „Tolle Sachen, aber die Polizei sollte sich all die herausfischen, die ohne Licht unterwegs sind. Dann kommt sogar noch was für die Stadtkasse zusammen.“
Richtig. Aber: siehe oben bei Nancy…
Patrick Yoshi Hohn: „Unnötig bringt eh nix. Sorry is aber so meine Meinung. Nen tag später redet keiner mehr drüber ausser es eskaliert. Das wird es aber so oder so nicht. Ich bin auch pro Radfahrer aber naja find das bisschen überflüssig“
Wieso überflüssig. Radfahren macht Spaß. In der Gruppe umso mehr. Komm doch auch und überzeuge dich selbst. Viele nette Menschen. Radfahren und Quatschen. Tolle Atmosphäre. Und Grund zur Eskalation gibt es auch nicht. (Und dass es vielleicht doch etwas bringt, zeigen ja diese immer wiederkehrenden Diskussionen.)
Daniel Kröner: „Was mich viel mehr nervt, sind mittlerweile diese Doppel-Fahrradstreifen wie an der Natruper Straße, was soll der scheiß, da is einer, da werden nicht ZWEI für eine seite gebraucht!“
Was der „Scheiß“ soll, findest du auf noz.de. Such da einfach mal nach dem passenden Artikel. Kurz von mir: Auf dem Schutzstreifen, der neuerdings auf der Fahrbahn ist, ist es für Radfahrer deutlich sicherer als auf dem Hochbordradweg. Wenn du ne gute Idee hast, wie man den entfernen kann, ohne die ganzen Bäume zu fällen, immer raus damit.
Ursula Ulyatt: „Es verhalten sich so viele Radfahrer völlig rücksichtslos und verkehrswidrig, dass ich in solchen Aktionen keinen Sinn sehe. Erst mal sich im Verkehr vernünftig und richtig verhalten, das wäre wichtig.“
Komm vorbei und du wirst sehen, wie vernünftig das alles abläuft! Für die anderen Radfahrer, mit denen du schlechte Erfahrungen gemacht hast, können die Teilnehmer der Critical Mass ja nichts. Sippenhaft ist hier nicht angebracht.
Dennis Brinkmann: „wehe die kreuzen meine linie…“
Das kannst du dann ja mit der Polizei vor Ort ausdiskutieren.
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An dieser Stelle nehme ich die Auseinandersetzung mit Kommentaren von Peter Stoffels wieder raus. Wer bei einem Thema wie der Critical Mass mit Begriffen wie „Herrenrasse“ kommt, dem ist nicht mehr zu helfen!
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Tobi Lewek: „Haha, auf was für Ideen manche Leute kommen.“
Verrückt ne?! Macht aber echt Spaß!
Timo Bünte: „Schon wieder?“
Jeden Monat, so sich denn 16 Teilnehmer zusammenfinden. Also sei dabei!
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Aber natürlich sind auch Freunde des Radfahrens dabei. Auch davon ein paar Beiträge hier:
Grolsch Song Night: „Allerdings ist solch eine Aktion gut. Was für eine Frage…“
Christoph Hötzel: „Top Sache. Deshalb auch selbst dabei.“
Marius Lan: „Das letzte Mal haben auch eher die Autofahrer den Verkehr behindert. Ich konnte für meinen Teil locker im 1. Gang radeln.“
Tomas Aquinas: „Radfahrer SIND Verkehr, kein Verkehrshindernis. Darum geht es ja gerade.“
16 Antworten auf „Critical Mass: Let’s get crazy…“
Auweia, so viele Verrückte…
GRÄSSLICH…
In was für einer Welt leben wir? Wie kann man nur mit seinen Mitmenschen so umgehen? Ich werde es nie verstehen.
Naja, immerhin ein Grund an KARMA zu glauben!
Erklärungsversuch:
„Große Teile der bürgerlichen Mittelschicht sind dabei, sozial zu verrohen“
Sarah Buron und Patrick Spät im Interview mit Jutta Ditfurth
http://www.heise.de/tp/artikel/40/40798/1.html
Vielen Dank dafür. Sehr interessant. Ich habe mir gleich auch einmal das genannte Projekt über Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit angeguckt.
Ich denke dieses Zitat beschreibt das Ganze am Besten:
„Ein zentrales Motiv steht hinter diesen Erscheinungsweisen, Instrumentalisierungen und Entwicklungen: Das Bestreben, die Ungleichwertigkeit von Gruppen und ihrer Mitglieder aufrechtzuerhalten oder gar auszubauen, um letztlich die Position der eigenen Gruppe abzusichern. Abwertung und Ausgrenzung dienen diesem Ziel. Dazu gehört auch die Auflösung von Grenzen zur Sicherung ihrer physischen und psychischen Integrität, die ihnen ein Leben in Anerkennung und möglichst frei von Angst ermöglichen.“
Leute, wir wollen doch nur Fahrrad fahren… :D
Haha, stimmt. Aber Psychologie und Fahrradfahren liegen schon sehr nah beieinander – das merkt man da draußen jeden Tag. ;-)
naja, ich will schon noch mehr! es gibt da definitiv zu-
sammenhänge – ein stichwort: demografischer wandel und
bundestagswahlen. aber was an der bevorzugung vom autoverkehr an investitionen,pfründen, jobs und komfort für eine bequeme generation hängen… uhuhuhuh!
„radfahrer_innen auf die straße!“ reicht da imho leider nicht.
Nachtrag/ Ergänzung:
http://www.youtube.com/watch?v=ZM1GpEVm9as
Immer weiter so!
Und das lesen von Leserkommentaren kann zu grauen Haaren führen…
Solidarische Grüsse aus HH
Das stimmt. Habe ich ja auch schon mehrmals angedeutet. Daher „gönne“ ich mir einen Blick auf Facebook auch nur ab und zu bei solchen Anlässen. Wäre ich da angemeldet, würde ich verrückt…
Das alte Mantra: Radfahrer blockieren nicht den Verkehr, sie sind der Verkehr.
Der Satz ist ja schon etwas abgedroschen. Bei der Diskussion über Verkehr, Radfahrer und Behinderung sollte man mal in die Runde werfen, wie eine CM aussehen würde, wenn diese nicht aus Radfahrern sondern den obligatorischen „Mann mit Handwagen“ bestehen würde.
Der gehört auf den Gehweg ;)
Allgemein zum Thema CM:
Ich hab mal gerade in den Empfehlungen der Polizei Bremen für Radfahrer rumgestöbert (http://www.polizei.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen09.c.3499.de – „Wie verhalte ich mich im Straßenverkehr mit meinem Fahrrad richtig?“) und bin dabei über eine mir nicht bekannte Vorschrift gestoßen:
„Mehr als 15 Radfahrer/Radfahrerinnen dürfen einen geschlossenen Verband bilden. Dann dürfen sie zu zweit nebeneinander auf der Fahrbahn fahren.
Dieser muss dann auch als solcher zu erkennen sein, z.B.durch Tragen einheitlicher Warnwesten.“
Der letzte Satz. Werden wir demnächst bei Unfallmeldungen den Satz lesen „…wurde übersehen, da er keine Warnweste trug…“?
[offtopic]
Auf der selben Seite behauptet die Polizei auch allen Ernstes, dass man auf dem Fussgängerüberweg das Fahrrad schieben muss. Und fragt rhetorisch die Helmzweifler „Würden Sie einen Kopfsprung ins leere Schwimmbecken machen?“ – Nein, meine Freunde und Helfer, das würde ich nichtmal mit Fahrradhelm wagen. :D
Haha, der mit dem Kopfsprung ist gut.
Mit dem Fußgängerüberweg ist ein Zebrastreifen gemeint. Und da hat die Polizei insofern Recht, als dass der Radfahrer schieben muss, wenn er sei Vorfahrtsrecht wahrnehmen will. Er kann natürlich auch fahren. Dadurch ändern sich aber die Vorfahrtsrechte.
Bei manchen Kommentaren ist echt jede Grenze sowas von überschritten…
https://twitter.com/DasAuge68/status/429347867011317761
Es geht um: http://www.mopo.de/polizei/unfall-drama-in-hohenfelde-kaethe–18–von-laster-ueberrollt—tot,7730198,26046128.html
und „Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler fuhr Käthe W. vorschriftsmäßig auf dem Fahrradweg in die richtige Richtung. Sie hatte Vorfahrt, der Lkw-Fahrer hätte die Radfahrerin beachten müssen. Warum er sie übersah, muss nun ermittelt werden.“
Ja, dummer Tweet…