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Osnabrück Radverkehr

Radfahren ein bisschen barrierefreier machen

Ich hatte Anfang April ein Foto des neuen Radweges an der Rheiner Landstraße bei Twitter veröffentlicht – mit dem Lob, dass die Stadt den Radweg hier niveaugleich an einer Querstraße vorbeiführt. Das ist für Radfahrende erstens viel komfortabler, als das ständige Auf und Ab. Und zweitens wird es auch sicherer, da abbiegende Autos jetzt einen Sinusstein, also einen schrägen Kantstein, hoch müssen und dadurch automatisch langsamer abbiegen, was ihnen mehr Zeit für einen Schulterblick und im Zweifel auch mehr Zeit zum Reagieren gibt.

Ich finde die Umsetzung sehr gelungen, aber natürlich gab es bei Twitter auch Fragen bzw. Kritik, die ich zur Beantwortung mal an die Stadt weitergereicht habe. Hier sind die Antworten:

Warum ist der Radweg gepflastert und nicht asphaltiert?
„Die Oberflächengestaltung orientiert sich an den derzeit immer noch gültigen Standards, nach denen Radwege in Pflasterbauweise ausgeführt werden. Dieses geschieht zunächst einmal aus gestalterischen Gründen, darüber hinaus hat diese Bauweise auch für die Versorgungsträger Vorteile, da sie bei Leitungsarbeiten die entstandenen Baugruben leichter wieder verschließen können und keine „Flickstellen“ entstehen.“

Warum wurde der Radweg nicht breiter angelegt?
„Grundsätzlich sollte der vorhandene Baumbestand entlang der Rheiner Landstraße erhalten bleiben. Daraus ergaben sich zwangsläufig die zur Verfügung stehenden Maße für die einzelnen Verkehrsanlagen. Eine Prüfung anderer Varianten der Radverkehrsführung ergab immer auch, dass ein Großteil der Bäume hätte entfernt werden müssen.“

Warum ist hier eine Benutzungspflicht angeordnet?
„Auf der Rheiner Landstraße haben wir eine Verkehrsmenge von ca. 14.000 Kfz/Tag. In Verbindung mit der Kernfahrbahnbreite von 5,50 m sollten in stadtauswärtiger Richtung nicht noch zusätzlich Radfahrer auf der Fahrbahn im Mischverkehr fahren. Daher soll der in stadtauswärtiger Richtung verlaufende Radweg benutzungspflichtig bleiben.“

Warum ist auf der gegenüberliegenden Straßenseite nur ein Schutzstreifen?
„Der Schutzstreifen auf der Südseite ergibt sich auch hier aus der Prämisse, die vorhandenen Baumstandorte dort erhalten zu wollen. Eine Führung auf einem regelgerechten Radfahrstreifen oder einem Radweg hätte den Wegfall einer ganzen Reihe von Baumstandorten bedeutet. Gemäß ERA ist ein Schutzstreifen auch bei der in der Rheiner Landstraße herrschenden Verkehrsmenge in Verbindung mit dem geringen Schwerverkehrsanteil zulässig.“

Das ist so grundsätzlich alles nachvollziehbar. Nur das „s.o.“ zur Benutzungspflicht erschließt sich mir nicht. Ich vermute mal, dass man die Radfahrenden einfach nicht auf der Fahrbahn haben, dies aber auch nicht so deutlich sagen will. (Antwort ergänzt.) Dass gestalterische Gründe immer noch für Pflastersteine sprechen, könnte sich zwar endlich mal ändern, aber den ausschlaggebenden Grund vermute ich ohnehin eher in der leichteren Zugänglichkeit der Versorgungsleitungen darunter.

Insgesamt wird das Radfahren mit dieser Radwegführung aber barrierefreier und auch Radfahrende sind deutlich auf einer Vorfahrtstraße unterwegs.

Foto: dd

14 Antworten auf „Radfahren ein bisschen barrierefreier machen“

Grundsätzlich gebe ich dir recht. Die Radverkehrsführung ist wesentlich besser als vor der Sanierung.

Was ich aber nicht verstehen kann: An der gerade eben neu gemachten Kreuzung sind die Kanten zwischen Radinfrastruktur und Radfahrerfurt im Bereich der Ampelanlage, bzw. über die Mozartstr. mit unter sehr unkomfortabel. Begründet wird dies auf Nachfrage beim Tiefbauamt mit der „Regenwasserführung“.

Natürlich ist das „Meckern auf hohem Niveau“ aber direkt daneben gibt es für Fuß- und Rollstuhlverkehr, sowie Kinderwägen eine niveaugleiche Anpassung, im Bereich der Radfahrerfurt dann eine ca. 2cm hohe Kante.
Meiner Meinung nach vollkommen unnötig. Vorallem weil die Kreuzung Bramscher Str./ Vehrter Landstr. beweist, dass es möglich ist.

Ich würde mir dort Kanten und das Gehoppele über Pflastersteine nicht antun sondern schlicht und ergreifend wie gewohnt auf der Fahrbahn radeln. Dann hupen sie halt. Ich winke freundlich zurück.
Das mit der Regenwasserführung scheint mir der neueste Clou zu sein; höre ich in letzter Zeit häufiger. Damit also das Wasser schön fließen kann, sollen Radfahrende allenthalben harte Stöße in Material, Gepäck und Körper in Kauf nehmen. Da sieht man den wahren Stellenwert des Radverkehrs. Dem Autoverkehr würde man das nicht zumuten. Auch nicht, dass man dessen Wege allenthalben aufbuddelt, um an Leitungen heranzukommen („Radfahrer absteigen“ steht dann an den Baustellen).
Ich will für mich und mein Fahrrad genau so gute Oberflächen und Wegeführungen wie es sie für Autos gibt. Und weil dieser Anspruch von Radverkehrsanlagen fast nie erfüllt wird, fahre ich fast ausschließlich auf Fahrbahnen.

Ich weiss es ja eigentlich besser, aber dennoch wundere ich mich noch und immer wieder über die Leidensbereitschaft von Radfahrenden und ‚Rad-Influencern‘.
Wurden in den Anfängen noch Radwege zur BESSEREN Befahrbarkeit von durch Pferdemist vermatschten Straßen gefordert, ist es nunmehr nach etlichen Jahrzehnten des metastasierenden Automobilismus zur Selbstverständlichkeit geworden sich damit zufriedenzugeben stets die erheblich SCHLECHTEREN Oberflächen als die bestens gefederten Automobile zu bekommen und zudem noch ein Verbot aufgebrummt zu bekommen die glatte Fahrbahn ähmm, Auto-Fahrbahn überhaupt noch unmotorisiert nutzen zu dürfen.
Gerade die ‚Aktivisten‘ und ‚Aktivistinnen‘ sind ja in den letzten Jahren dazu übergegangen ihren Frieden mit der Ausgrenzung aus der gut ausgebauten Infrastruktur zu schliessen und lediglich ein etwas besseres ‚Schlecht‘ im systematisch Schlechten zu fordern.
ETWAS weniger holprige Oberflächen, ETWAS häufigeres Flicken der ewigen Baumwurzelaufbrüche, ETWAS weniger Enge auf den nach wie vor systematisch zu schmalen Rest-Verkehrsräumen des Radverkehrs, ETWAS weniger Todesgefahr an den Knotenpunkten, ETWAS weniger Umwege, etc.

Nein, das ist mitnichten ‚Meckern auf hohem Niveau‘. Das ist Appeasementpolitik gegenüber dem stetig weiter wachsenden Autoverkehr und dem sich weiterentwickelnden verstärkten Automobilismus.

Jedes Jahr mehr Autoverkehr, jedes Jahr mehr und mehr Fahrbahnverbote durch Radwegebau mit der Perspektive einer kompletten Umstellung des Straßennetzes auf ein REINES Autonetz mit billigen Randwegelchen, die gerade außerorts dann noch durch zwangsverordneten Linksverkehr auf untauglichen einseitigen Zweirichtungswegen künstlichen automobilen Gegenwind und systematische Blendung im Dunkeln ‚geschenkt‘ bekommen, etc.
Auch innerorts sind keine substantiellen Verbesserungen für Klima und Umwelt zu beobachten. Alle autosystem-relevanten Strassen erhalten Fahrverbote (für den Radverkehr) und Seitenwegelchen. Alternativ wird aufs umwegige Nebenstraßennetz oder Wege durch Naherholungsgebiete verwiesen.

All das unter dem Jubel der CDU/CSU-konformen-Radentscheide (o.k. sind auch viele Grün/Schwarze dabei) und der de facto die Benutzungspflicht fordernden ADFC-Chefetage (übrigens entgegen der Formulierung und Intention im Verkehrspolitischen Programm).
Das oben gezeigte Bild entspricht doch EXAKT der Methode mit der nach dem 2. Weltkrieg flächendeckend (Vorbild Münster) die Städte autogerecht hergerichtet wurden.
Überall dort wo der Radverkehr nicht von selbst durch die bequeme Motorisierung ‚abstarb‘ wurden die Gehwege skalpiert und der Radverkehr hälftig auf die ‚Bürgersteige‘ abgeschoben, wobei die Gehwege zu Autozubringern degradiert wurden (ist ja heute immer noch so, plus geduldete Autoparkfläche) und die Fahrqualität und Reichweite des Radverkehrs drastisch beschnitten wurde.
WAS daran ist denn heutzutage geeignet den neuerdings behaupteten genau gegenteiligen Effekt (Rückgang des Autoverkehrs) zu generieren?
Motto: hat schon früher nicht geklappt, war schon früher immer Autoförderung, deshalb setzen wir es heute als Maßnahme der ökologischen Verkehrswende ein … Herr wirf Hirn!
WO AUF DER WELT wurde der Autoverkehr durch Abdrängen des Radverkehrs denn in Fahrleistung und Besitzdichte reduziert?
Die Antwort ist leicht:
N I R G E N D S !

Aber egal: „Mit Radwegebau und Benutzungspflicht in die grüne Verkehrswende“ lautet das sach- und fachfremde Motto von BMW, Daimler, Scheuer über CDU-Strössenreuther bis hin zu etlichen ‚Influencern‘ und diversen selbsternannten ‚Experten‘ im neuen deutschen Radwegebau-business.
Wenn DAS (obige ‚Verbesserung‘) die Lösung sein soll, dann tritt tatsächlich genau das ein was der Grüne MP in BW seit Jahren fordert:
„Deutschland muss Autoland bleiben“

Es gibt Radwegebau-Influencer? Sind die so kompetent wie die selbsternannten Experten, deren Viertel-Wissen hier und da auch noch von Kommunen eingekauft wird, obwohl man das auch selber bei Facebook, Twitter und Co. kostenlos finden kann?

„sollten in stadtauswärtiger Richtung nicht noch zusätzlich Radfahrer auf der Fahrbahn im Mischverkehr fahren“
Also wurde mal wieder vom Auto aus gedacht! Solange sich das nicht ändert, wird das nichts mit der Verkehrswende. Da kann soviel Kosmetik betrieben werden wie den Verantwortlichen einfällt, es nutzt nichts.
Diese neu gestaltete Hauptstraße bleibt doch jetzt mindestens dreißig Jahre lang so. Es wäre doch „unwirtschaftlich“, die erneut grundsätzlich zu verändern.

Auch das Argument mit den Bäumen dient ja nur dazu, den Radverkehr klein zu halten, wenn Bäume wirklich wichtig wären, hätte man doch Parkplätze zugunsten zusätzlicher Bäume streichen müssen, aber das geht natürlich gar nicht! Im Zweifel immer Autos vor Bäumen!

Was ist eigentlich der Anordnungsgrund der Benutzungspflicht im Sinne von § 45 IX StVO? Eine bestimmte Kfz-Anzahl dürfte kaum ausreichen.

Na Herr Krückmann,
da haben Sie ja mal wieder so richtig Ihren Frust vom Stapel gelassen und es allen besorgt, die auf ganzer Linie versagt haben: „ADFC-Chefetage“, Aktivisten‘ und ‚Aktivistinnen‘, BMW, Daimler, Scheuer, CDU-Strössenreuther bis hin zu etlichen ‚Influencern‘ und diversen selbsternannten ‚Experten‘ im neuen deutschen „Radwegebau-business“.
Das hat gesessen.
Ich hoffe, jetzt geht es Ihnen ein bisschen besser. Das ist ja auch das wichtigste von allem.
Das sind ja auch alles Versager und Dummköpfe. Nur Sie haben Hirn und wissen, wo es lang geht.

Ach ja, es gibt tatsächlich eine ganze Menge Leute, die mit o.g. „billigen Randwegelchen“ sehr zufrieden sind. Da es sich hier um eine Aus-/bzw. Einfallstraße handelt, kann man z.B. den morgentlichen Stau ganz entspannt umfahren und muss sich nicht zwischen genervten Stauverursachern und parkenden Autos, die gern auch mal unachtsam ein linkes Türchen öffnen, hindurch schlängeln.

Bis Sie, Herr Krückmann als einzig fähiger Verkehrswender, dann endlich dafür gesorgt haben, dass der Autoverkehr signifikant reduziert wurde, ist das doch eine ganz passable Brückenlösung, nicht wahr?

Viele entspannte Grüße von Ihrem zweitbesten Freund
atze

Das viele damit zufrieden sind, bestreit Alfons doch gar nicht, er stellt nur die Frage, warum das so ist und die gleichen Leute Ziele verfolgen, die damit objektiv kaum erreichbar sind. Ich kann keine „Fahrradstadt“ schaffen, in dem ich die Nutzung des Kfz attraktiviere und die „eigentlich guten“ Radwege dann selbst in der sicht ihrer Fans doch nicht so gut sind (Regenwasserkanten, Breiten (oder eher Schmalen) …). Aber wer den Stau als gegeben ansieht, der muss im Radweg eine gute Lösung sehen, wer die Masse Autos an sich in Frage stellt, kann zu anderen Bewertungen kommen.

Das ist keine Brückentechnologie, die in eine andere Zukunft überleitet, sondern ein Weiter-so.

Wenn es in eine Fahrtrichtung einen Radschutzstreifen gibt, kann doch in die andere Fahrtrichtung nicht ausreichende Grund für die Sicherheit oder Verkehrsführung gegeben sein, dass eine Benutzungspflicht angeordnet werden muss. Dies wäre eigentlich der perfekte Ansatz gegen die Radweg-Benutzungspflicht zu klagen und den Schilderwall zu entlasten.

Auch unter der Begründung „nicht noch zusätzlich Radfahrer auf der Fahrbahn im Mischverkehr fahren“ sehe ich dies als schwaches Argument. Zumindest nach meiner Erfahrung ist die Zahl der Fahrbahnfahrer meist recht übersichtlich. Die Belastung hält sich also in Grenzen.

Wäre schön, wenn ein Osnabrücker Radfahrer oder der ADFC dort etwas macht.

Problem:
bereits eine recht geringe Zahl an ‚Fahrbahnradlern‘ kann die Leistungsfähigkeit der Strasse für den Autoverkehr gerade in den relevante Spitzenzeiten deutlich beeinträchtigen.
Zudem müssen dann die LSA-Räumzeiten angepasst werden, was den Autoverkehr ja noch zusätzlich ‚behindern‘ würde.
Insgesamt ist der Fall:
Abschaffung der Benutzungspflicht verträgt sich NICHT mit dem NL-Dogma (und dem Schwarz-Grün-Dogma) ‚Guter Radverkehr‘ PLUS ‚Guter Autoverkehr‘, sondern würde eine push-Massnahme gegen das weitere Wachstum des Autoerkehrs darstellen.
PUSH ??? „Er hat Jehova gesagt … „

Ob es Radwege gibt oder nicht, ist eine dem Straßenrecht vorgelagerte Entscheidung. Das ein Radweg angelegt werden muss, kann das Straßenverkehrsrecht nicht entscheiden, es befindet nur über die Benutzungspflicht von vorhandenen Radwegen, sowie kann im Rahmen des Ermessensspielraums über die Anordnung von Radfahrstreifen und s. g. Schutzstreifen entscheiden, wobei der vorgelagerte Straßenbau im Rahmen von Planungs- und Straßenrecht die Anlage ermöglichen oder verhindern kann.

Alfons Krückmann, Ihr Kommentar vom 5. Mai spricht mir aus der Seele.
Viele der derzeitigen Pro-Fahrrad-Aktivisten fordern heute z. B. explizit Verschwenkungen von Radverkehrsanlagen im Kreuzungsbereich („Geschützte Kreuzungen nach niederländischem Muster“ – Radentscheid Hamburg). Nachvollziehbar unter gewissen Sicherheitsaspekten, aber für flüssigen Radverkehr eine Behinderung. Verschwenkungen waren es z. B., die mich zum eingefleischten Fahrbahnradler werden ließen. Warum sollte ich Schlangelinien fahren, wenn meine Fahrtrichtung geradeaus ist und die Straßenführung auch geradlinig ist?
Man muss aber Verständnis für die Forderung nach separaten Radverkehrsanlagen haben, denn es gibt radfahrende Kinder sowie ungeübte und unsichere Radfahrer jeden Alters, denen auch ich den Mischverkehr (bedrängt und überholt werden von SUV und LKW) nicht aufzwingen möchte.
Die Lösung muss lauten: Wahlfreiheit! Abschaffung der Radwegebenutzungspflicht, Schluss mit dem flächendeckenden Radfahrverbot an überörtlichen Verbindungen per VZ 254! Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts, damit sich mehr Menschen auf die Fahrbahn trauen.
Aber eben auch: Für diejenigen, die lieber separiert bleiben wollen, ein anständiges Angebot. Wer gerne gemächlich und mit niedrigem Reifendruck unterwegs ist, der wird sich mit der Anlage im Bild sicher anfreunden können.
Klagen gegen die Radwegbenutzungspflicht sind reine Glücksache. Das Ergebnis hängt von richterlicher Willkür ab, egal was in der StVO oder den ERA in zig anderen Urteilen steht. Ich bin in einem Fall abgeschmettert worden, der auf dem Papier eine glasklare Angelegenheit war. Das juckte die Richterin am VG Köln gar nicht, sie interpretierte sich „Geschwindigkeitsdifferenz = außerodentliche Gefahrenlage“ zurecht und aus die Maus. Keine Berufung zulässig.

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