Es ist vollbracht! Nach jahrelangen Diskussionen, wie man die vordere Lotter Straße in Osnabrück – zumindest theoretisch – für den Radverkehr sicherer macht, wurde nun endlich Tempo 30 angeordnet. Der Witz dabei: Es ging bei dieser Anordnung gar nicht um die Verkehrssicherheit. Auf den rund 700 Metern zwischen Bergstraße und Am Kirchenkamp gilt Tempo 30 nun aus Lärmschutzgründen.
Ich hatte Tempo 30 bereits 2014 ins Spiel gebracht, als über vermehrte Unfälle nach der Fahrbahnsanierung in 2010 berichtet wurde. Platz für Radwege ist in dieser kleinen Einkaufsstraße leider nicht. Radfahrende weichen daher auf die Gehwege aus, weil sie sich auf der Fahrbahn bisher nicht sicher fühlen. Die Geschwindigkeitsbegrenzung zugunsten der Verkehrssicherheit war aber nicht zu machen. Es gab stattdessen zunächst Verweise auf die parallel verlaufende Fahrradstraße, was natürlich niemandem hilft, der zu den zahlreichen Geschäften in der Lotter Straße will. Oder dort wohnt. Als nächstes wurden Sharrows getestet, die sogar wissenschaftlich ausgewertet wurden. Allerdings sind auch die inzwischen verblasst.
Nun also endlich die Geschwindigkeitsbegrenzung aus Lärmschutzgründen. Der Auto-Mob springt auf den einschlägigen Facebook-Seiten natürlich im Dreieck, vermutet einen persönlichen Feldzug einzelner Verwaltungsmitarbeiter gegen das Auto, sieht sich bereits im Stau ersticken und regt an, als Rache jetzt einfach bei 30 km/h den Motor ordentlich aufheulen zu lassen. Und ohnehin sollten sich die Anwohner nicht so anstellen, sie hätten ja genau gewusst, wo sie hinziehen und könnten jederzeit umziehen. Es sind genau die Autofahrer, die Radfahrende auf die Gehwege treiben. Aber vielleicht merken sie ja bald, dass sie in der Lotter Straße meist eh nicht schneller als 30 fahren können und die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 700 Metern nachts bei freier Strecke zu keinen messbaren Zeitverlusten kommt. Man muss es nur mal ausprobieren.
Lärm macht krank, langsamer fahren nicht.
Ich Sachen Lärmschutz scheint das Tempolimit auf jeden Fall schon zu wirken. Gab es bei Tempo 50 an der Lotter Straße tagsüber noch 67 Gebäude, an denen die einzuhaltenden Richtwerte überschritten waren, so sind es mit Tempo 30 nur noch neun Gebäude. Nachts konnte die Anzahl von 84 auf 32 Gebäude reduziert werden. Tagsüber profitieren nach Berechnungen des Lärmaktionsplans 69 Personen und nachts 118 Personen von der wahrnehmbaren Lärmminderung. Und da Lärm krank macht, langsamer fahren aber nicht, scheint mir die Maßnahme hier mehr als geeignet. Trotzdem zeigt dieser Fall, wie schwer es noch immer ist, die Verkehrssicherheit für den Radverkehr zu erhöhen. Man muss immer noch um Ecken denken.
5 Antworten auf „Radverkehrssicherheit als Beifang“
Wieso schreibst Du: Platz für Radwege ist in dieser kleinen Einkaufsstraße leider nicht ??
Wie man auf dem Foto sieht wäre sehr wohl Platz für Radwege! Der wurde aber wie so oft für Autoparkplätze missbraucht!
Nein, es ist kein Platz für durchgängige Radwege. Und Flickwerk bringt dann auch nichts.
Wenn da nicht ständig geblitzt wird , klappt das zumindest außerhalb der Hauptverkehrszeiten nicht .
Außerdem werden viele Autofahrer nach wie vor auf Teufel komm raus an den Radfahrern vorbei heizen.
Hauptsache sie können überholen – egal ob der Radfahrer 20 oder 40 fährt. Und die seitlich Abstände sind doch ohnehin völlig überbewertet…….
Ganz interessant fand ich eine Meldung neulich aus Freitag: Die Stadt wünscht sich Tempo 30 überall. Da die derzeitige Gesetzgebung das aber nicht hergibt und in jedem Einzelfall Begründungen für eine Geschwindigkeit unter 50 geliefert werden müssen (wie hier jetzt der Lärmschutz) und dem Ganzen in der Regel aufwändige Verfahren vorausgehen, beantragt Freiburg beim Bundesverkehrsministerium einfach mal abseits jeglicher von Bund oder Ländern entworfener Programme den Status als Modellkommune. https://www.freiburg.de/pb/1635388.html
Vermutlich wird das abgelehnt. Trotzdem ist das, glaube ich, ein gutes Mittel Druck auszuüben. Ich würde mir wünschen, dass Osnabrück auf den Zug aufspringt und das ebenfalls beantragt. Vielleicht gibt es ja nächstes Jahr Mehrheitsverhältnisse im Rat, die ein solches Vorhaben hergeben.
Genau das ist das Dilemma. Die Kommunen können sich bei der Verkehrsplanung immer noch hinter der Gesetzgebung und den Vorschriften aus dem vergangenen Jahrhundert verstecken. Dadurch muss niemand die derzeitigen Zustände bewerten und unbequeme Maßnahmen umsetzen, die den Menschen statt den Autos gut täten.