Gegner des Radinfrastruktur-Ausbaus nutzen häufig das Argument, dass bei schlechtem Wetter fast alle Radfahrenden ins Auto steigen würden. Und während meine Schuhe gerade im Büro vor der Heizung trocknen, kommt eine Mail vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club e.V. (ADFC) rein. Das Regen-Argument sei nämlich falsch, wie eine neue Studie der Universität Münster zeige. Wenn das Radwegenetz gut ausgebaut ist, wird das Rad auch bei Niederschlag genutzt, bei schlechter Infrastruktur hingegen ist das kaum der Fall. Der ADFC fordert den schnellen Ausbau der Radwegenetze, um das Ganzjahresradfahren zu fördern und die Städte von zu viel Autoverkehr zu entlasten.

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Infrastruktur! Aus der Praxis wussten wir das längst, jetzt ist die These auch wissenschaftlich erwiesen. Es muss Schluss sein mit immer neuen Ausreden – wir brauchen den Radinfrastruktur-Ausbau jetzt. Wenn die Wege einladend zum Radfahren sind – und das Rad die schnellste Alternative ist, dann fahren die Menschen Rad. Bei Regen und bei Sonnenschein.“

Die aktuelle Studie zeigt, dass in Städten mit gut ausgebauter Radinfrastruktur der Alltagsradverkehr bei schlechtem Wetter nur wenig zurückgeht – in Oldenburg und Münster um weniger als 5 Prozent, in Göttingen um weniger als 10 Prozent. In Städten mit eher schlecht ausgebautem Radwegenetz – Herzogenaurach, Stuttgart und Würzburg – geht der Radverkehr um bis zu 30 Prozent zurück.

Die Studie zu Effekten des Wetters auf das Radfahren haben Kathrin Goldmann und Jan Wessel kürzlich am Institut für Verkehrswirtschaft der Universität Münster vorgelegt. Sie hatten die Daten aus 122 Fahrrad-Zählstationen in 30 deutschen Regionen und Städten bei unterschiedlichen Wetterverhältnissen ausgewertet.

Und ich kann das alles nur bestätigen. Seit zwei Wochen überlege ich schon wieder, ob ich mir eine Regenhose kaufen soll. Denn wirklich nass werde ich auf dem Weg zur Arbeit echt selten. Heute haben die Schuhe ein bisschen mehr abbekommen, die Hose ist schon lange wieder trocken. Ein Grund, das Fahrrad stehen zu lassen, ist das natürlich nicht. Und auch für Parteien und Behörden darf das Wetter nicht länger Ausrede für unterlassene Radverkehrsförderung sein.

Der Regen war hier nicht das Problem…
Fotos: dd