Ein Sommerloch gibt es dieses Jahr eigentlich nicht so richtig. Aber die Novelle der Straßenverkehrsordnung ist trotzdem vorübergehend reingerutscht. Es ist Urlaubszeit und daher ruhig geworden um das falsche Spiel des Verkehrsministers. Jetzt meldet sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zu Wort und warnt vor Rückschritten. Die im April in Kraft getretene Novellierung enthalte wichtige Änderungen, die nicht wieder ausgehebelt werden dürften. Bundesverkehrsminister Scheuer dürfe nicht wieder Verkehrspolitik von gestern machen.
Die Verkehrspolitik in Deutschland sei seit Jahrzehnten am Auto und an Autofahrenden ausgerichtet. Das Ergebnis dieser verfehlten Politik erleben wir jeden Tag: Es ist voll, laut, ungesund und schadet dem Klima. „Umdenken tut not: Umweltfreundliche Verkehrsträger müssen mehr Raum bekommen und deren Nutzerinnen und Nutzer mehr Sicherheit.“
Antje von Broock, Geschäftsführerin Politik und Kommunikation beim BUND: „Der Schutz von Menschenleben muss oberste Priorität haben. Die Novellierung der Straßenverkehrsordnung hatte das Ziel, unsere Mobilität sicherer, klimafreundlicher und gerechter zu machen. Die neuen Regeln sollten insbesondere Verkehrsteilnehmenden wie Kindern, zu Fuß Gehenden und Radfahrenden mehr Schutz bieten. Zumindest in Teilen ist die Novelle in dieser Hinsicht ein Schritt in die richtige Richtung. Wegen eines Formfehlers den alten Zustand wiederherzustellen, wäre inakzeptabel.“
Fahrverbote bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von innerorts 21 km/h sind aus Sicht des BUND richtig und nicht „unverhältnismäßig“, wie Minister Scheuer sagte. Völlig unverhältnismäßig seien dagegen die jährlich mehr als 3.000 Verkehrstoten und fast 400.000 Verletzten.
Es geht um Sicherheit, um Menschenleben und auch um die Frage wie viele Menschen das Fahrrad nutzen und damit zur Entlastung der Städte, zur Verkehrswende, Lebensqualität und Klimaschutz beitragen.
Inakzeptabel sind zudem die vielen, wie selbstverständlich in zweiter Reihe parkenden Autos und Lieferwagen, die andere Verkehrsteilnehmenden – vor allem Radfahrende – stark gefährden, so der BUND. Nicht hinnehmbar sei auch das Falschparken auf Parkplätzen für Menschen mit Behinderung und Radwegen. Nicht-motorisierte Verkehrsteilnehmende müssten als „schwächere“ Verkehrsteilnehmende geschützt werden – denn sie würden am häufigsten getötet und am schwersten verletzt.
Von Broock: „Es geht um Sicherheit, um Menschenleben und auch um die Frage wie viele Menschen das Fahrrad nutzen und damit zur Entlastung der Städte, zur Verkehrswende, Lebensqualität und Klimaschutz beitragen. Zu schnelles Fahren ist kein Kavaliersdelikt oder gar Freiheitsrecht, sondern gefährdet Menschenleben. Deshalb muss die Straßenverkehrsordnung wirklich abschreckende Strafen für Rasende vorschreiben. Generelle Tempobeschränkungen von 120 km/h auf Bundesautobahnen, 80 km/h auf Bundes- und Landstraßen und eine Regelgeschwindigkeit von 30 km/h in geschlossenen Ortschaften müssen kommen. Die vorgegebene Maximalgeschwindigkeit darf niemals und nirgends überschritten werden.“
Der BUND fordert den Bundesverkehrsminister auf, die Formfehler zu korrigieren und die Situation nicht zu nutzen, um demokratisch beschlossenen Maßnahmen aufzuweichen. Die Bundesländer sind aufgerufen, Pläne des Ministers abzulehnen, beschlossene Regelungen teilweise zurückzunehmen.
„Es muss so schnell wie möglich Rechtssicherheit für die StVO-Novelle geben. Minister Scheuer darf nicht wieder zum Erfüllungsgehilfen für eine falsche, autozentrierte Verkehrspolitik werden. Ein Roll-back wäre ein völlig falsches Signal“, erklärt von Broock.