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Städte arbeiten an moderner Paketzustellung

„Wir wollen die Verkehrswende in Leipzig ein Stück mitgestalten und zeigen, dass die Verwaltung auf nachhaltigen Transport setzt. Es war nicht einfach, geeignete Anbieter für die Kurierfahrten per Lastenrad zu finden, aber es ist geglückt. Vielleicht kann unser Beispiel Schule machen.“ Leipzigs Hauptamtsleiter Dr. Christian Aegerter freut sich darüber, dass 24 Einrichtungen der Stadt ab sofort ausschließlich mit zwei Lastenfahrrädern abgedeckt werden. Die Routen für den internen Postverkehr sind zwischen fünf und zwölf Kilometer lang und betreffen das Zentrum sowie den Außenring der Stadt.

Den nächsten Schritt will die Stadt Osnabrück gehen. Gut ein Jahr ist es her, dass der Paketzusteller UPS Deutschland einen Feldversuch zur Optimierung der sogenannten „Letzten Meile“ gestartet hat. Dabei werden die Pakete in der City mit einem E-Lastenrad ausgeliefert. „Da der Pilot in Osnabrück so erfolgreich verlaufen ist, prüfen wir den Einsatz eines weiteren Lastenrads im Bereich der Vorderen Wüste“, kündigt Rainer Kiehl, City Logistik Projekt-Manager bei UPS Deutschland, an. Jeden Werktag stelle UPS mit dem E-Lastenrad über 150 Pakete zu – das sind rund 38.000 jährlich – und spart damit ein mit Diesel betriebenes Zustellfahrzeug der 7,5 Tonnen-Klasse ein.

UPS hat das Potenzial also entdeckt. Und die Stadt Osnabrück will die klassischen Zustellfahrzeuge bei steigendem Paketaufkommen ohnehin soweit wie möglich reduzieren. „Die Relevanz der Citylogistik ist für den Mobilitätswandel in Osnabrück als besonders bedeutsam einzuschätzen! Die Zunahme der Paketaufkommen heißt eben auch eine Zunahme der Zustellfahrzeuge der Kurier-, Express- und Paketdienstleister – und das wiederum führt zu Platzkonflikten mit dem Rad- und Busverkehr“, erklärt Frank Otte, Stadtbaurat der Stadt Osnabrück und führt aus: „Das Thema Citylogistik ist durchaus komplex, aber aus unserer Sicht ist es absolut lohnenswert weiter daran zu arbeiten und die sehr guten Ansätze gemeinsam mit den Akteuren weiterzuentwickeln.“

Die Zunahme der Paketaufkommen heißt eben auch eine Zunahme der Zustellfahrzeuge der Kurier-, Express- und Paketdienstleister – und das wiederum führt zu Platzkonflikten mit dem Rad- und Busverkehr.

Ein Ansatzpunkt für die Reduktion des Lieferverkehrs in den Innenstädten bieten sogenannte Mikro-Depots. Mikro-Depots liegen innerstädtisch und verkehrsgünstig in bevölkerungsreichen Lagen und zeichnen sich durch die gemeinsame Nutzung innerstädtischer Logistikflächen aus. Im aktuellen Pilotprojekt bringt ein UPS-Transporter Pakete zum Depot an der Vitihof-Garage, wo sie in die Box des „MovR“ – einem elektrisch betriebenen Lastenrad auf drei Rädern – umgeschlagen und dann ausgeliefert werden.

Um nun aber den oben erwähnten nächsten Schritt gehen zu können, soll im November diesen Jahres (wegen Corona war er im März ausgefallen) ein Runder Tisch bestehend aus allen relevanten Kurier, Express- und Paketdienstleistern stattfinden. Zielsetzung ist die Einigung und Entscheidung über die Einrichtung gemeinsamer zentraler Mikro-Depots in Osnabrück, um so Lieferverkehre zu reduzieren und zu bündeln.

„Dieser Baustein eines gesamtstädtischen Citylogistik-Konzeptes passt sehr gut zu unseren Überlegungen, nachhaltige Mobilitätskonzepte in und für Osnabrück zu entwickeln und zu fördern. Denn am Ende des Tages zahlt es auf die Stärkung des Marktplatzes Innenstadt als Einkaufs-, Handels, und Erlebnisbereich ein“, betont Stadtbaurat Otte. Für die Umsetzung eines solchen gesamtstädtischen Citylogistik-Konzeptes sei ein Zusammenspiel der Akteure Handel und Gastronomie, Logistikbranche sowie Stadt unerlässlich. „Genau diesen Ansatz verfolgen wir in unserem gemeinsamen Projekt „Mobile Zukunft´.“

Die Mühlen mahlen langsam, aber sie mahlen in Leipzig und Osnabrück wenigstens. Und viele kleine Schritte hin zur Verkehrswende ergeben dann irgendwann auch einen großen.

Fotos: Stadt Leipzig, Mobile Zukunft OS

2 Antworten auf „Städte arbeiten an moderner Paketzustellung“

Zugegeben: ein Hoffnungsvoller Schritt. Etwas was viel eher als Vorreiten zählen kann, als dieser lächerliche Mini „Protected Bikelane“ in Osnabrück.
Dennoch: es frustriert mich immer mehr zu erleben, wie Politik und Behörden in dieser Phase der Dringlichkeit auf Zeit spielen und eben auch Dinge hinauszögern. Es muss mehr Politischer Wille her. Einfach mal Entscheidungen treffen und zügig umsetzen. Bestes Beispiel ist da Paris.

Bevor das große – oder ehemals große – Wort „Verkehrswende“ in den Mund genommen wird, würden mich da mal die nackten zahlen interessieren.
Welchen Anteil an der Fahrleistung der Lieferverkehre (Quelle bis Endverbraucher) haben denn eigentlich die Fahrten der städtischen Feinverteilung.
Ich mutmaße mal, dass zwar der ‚Nervfaktor‘ für die StadtbewohnerInnen und den städtischen Autoverkehr und Radverkehr groß ist, aber die Gesamtfahrleistung der Feinverteilung nur einen sehr kleinen Teil innerhalb der Lieferkette ausmacht.
Gibt es eine Folgenabschätzung?
Wie wirkt sich das ökologisch, sozial und verkehrlich aus, wenn die letzte Meile substituiert wird durch Radverkehr?
Was macht das mit den ohnehin schon überlasteten Gehwegen, wo doch die Lastenradlogistiker und ‚StartUps‘ stets überschwänglich betonen, dass die lästigen Parksuchzeiten bzw. Parkverlustzeiten durch das praktische Parken mit Lastenrad auf dem Gehweg vor der Ziel-Haustür effizient reduziert werden können?
Wieviel zusätzlicher Autoverkehr wird induziert, wenn der Wegfall des 2.Reihe-Haltens der Lieferfahrzeuge beim Autoverkehr für weniger Stau und bessere Reisezeiten des MIV sorgt?
Ich lasse mich gern eines Bessern belehren, vermute aber mal, dass sich die CO2 Einsparung in engen Grenzen hält, dass incl. der Folgewirkungen auf den Gesamtverkehr vielleicht keine oder gar negative Klmaentlastung resultiert, dass ggf. der oft unökologische Liefer-Fernverkehr weiteren Aufschwung mit neuem grünen Mäntelchen erhält und dass der Lieferverkehr durch die Radsubstitution in der Feinverteilung höhere Akzeptanz in Bevölkerung und Politik erhält.
Wär natürlich schön, wenn sich in einer (leider nicht stattfindenden) Folgenabschätzung entgegen meiner pessimistischen Mutmaßung herausstellen würde, dass die positiven Effekte dominieren. Bzw. dass die Randbedingungen geklärt werden, die für positiven Impact notwendig sind.
Für die Verankerung von ‚Folgenabschätzung‘ im Bereich Mobilität scheint sich aber erstaunlicherweise fast niemand einzusetzen, obschon die Notwendigkeit eigentlich offensichtlich ist, wenn wir etwa an den stark steigenden Autoverkehr im ‚Vorbild Niederlande‘ denken, der hierzulande in Zeiten des dümmlich nachgebeteten ‚lets go dutch‘ komplett ignoriert wird.
Wir haben vielleicht noch 10 Jahre Zeit für eine „echte“ Verkehrswende mit tatsächlicher CO2 Verminderung (Fahrleistung runter, Autodichte runter, Reisezeit und Kapazität rückführen, etc.), vielleicht sinds aber weit weniger als 10 Jahre, da immer mehr bereits eingetretene ‚Kippunkte‘ klar auf das ‚worst-case‘ Szenario beim Klimaumbruch hindeuten.
Interessant könnte ein Parkverbot auf Gehwegen für Lastenradlieferverkehr sein, bei gleichzeitigem Verbot von fossil getriebener Feinverteilung (siehe die Ansätze in Gent), damit der prinzipielle Öko-profit von Lastenrädern auch im realen Gesamtverkehr wirksam werden kann?

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