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Osnabrück

Politik aus der untersten Schublade

Nach zwei tödlichen Unfällen in sechs Monaten gerät was in Bewegung in der Osnabrücker Verkehrspolitik. Zumindest verbal. Und dabei fällt auch das ein oder andere Eigentor. Zunächst sah sich die CDU zu der Aussage gezwungen, dass der Ausbau des Radverkehrs „endlich Priorität bekommen müsse“. Aber man solle dabei bitte nicht „auf Biegen und Brechen“ neue Radwege an den Ausfallstraßen errichten, meint Fraktionschef Brickwedde. Radfahrer sollten besser auf Umwege durch Nebenstraßen geleitet werden. Wo erstens gar kein Platz für die geforderten Radwege ist und Radfahrer zweitens durch ständiges Rechts-vor-Links nicht vorankommen. Das ist entweder nicht durchdacht oder die CDU betrachtet den Radverkehr immer noch nicht als gleichberechtigt. Beides ist vorstellbar.

Generell fällt der CDU die jahrelange Blockade bei der Radverkehrsförderung jetzt auf die Füße. Dass sie die Schuld, dass es nicht vorangehe, jetzt aber ausgerechnet auf den fahrradaffinen Stadtbaurat abwälzen will, dem sonst immer übertriebenes Engagement in Sachen Radverkehr vorgeworfen wird, ist unterste politische Schublade. Infrastrukturelle Maßnahmen benötigen zuerst einmal einen politischen Beschluss, was bei der Umverteilung von Verkehrsflächen nicht ganz einfach ist – auch und gerade wegen der CDU. Und dann benötigen sie eben auch Zeit und personelle Ressourcen. Gute Radwege – wie der am Heger-Tor-Wall, um den es einen riesigen Aufschreib gab, in den auch die CDU eingestimmt hatte – sind nicht mal eben auf die Straße gepinselt. Da muss geplant und gebaut werden. Geld mag – auch dank Klimaschutzpaketen – jetzt zwar ausreichend zur Verfügung stehen. Planer aber nicht. Und gebaut werden kann nur, was gut geplant wurde.

Der Stadtrat könnte aber mit Unterstützung der CDU (Und was macht eigentlich ihr Oberbürgermeister?) politisch Abhilfe leisten: Soll der Radverkehr jetzt „endlich Priorität“ bekommen, bekämen Martinistraße, Pagenstecherstraße, Wall und andere jetzt Tempo 30 oder Pop-Up-Radwege, bis ein echter Umbau starten kann. Eine Autospur ist mithilfe von Warnbaken schnell zu einem breiten Radweg umgewandelt. Alles eine Frage der Prioritäten.

Und ein kleiner Nachtrag: 2015 war es die CDU, die als einzige Fraktion gegen eine Entschärfung der Unfallkreuzung an der Kommenderiestraße gestimmt hatte. „Wir sind uns alle einig, dass wir etwas tun müssen“, meinte die damalige CDU-Ratsfrau und heutige Sozialdezernentin Katharina Pötter, aber die vorgeschlagene Lösung sei ein „Eingriff in den Wallring“. Damit werde ein Rückstau bis zum Arbeitsamt provoziert. „Wir können uns eine weitere Staubildung aber nicht leisten“, meinte die CDU-Politikerin. Inzwischen gibt es eine reine Rechtsabbiegespur. Sie hat dafür gesorgt, dass kein Radfahrer mehr ums Leben kam. Und mehr Stau als vorher gibt es auch nicht. In den kommenden Wochen wird auch der Radfahrstreifen noch verbreitert.

Ghost Bike #9. Anlass zum Umdenken?
Foto: dd

7 Antworten auf „Politik aus der untersten Schublade“

Genau, „wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“

Das ist doch typisch für die Autofahrer Parteien.
„Endlich“ Radwege fordern, aber wenn dem Autoverkehr auch nur das kleinste bisschen Platz weggenommen werden soll oder es mehr kostet als ein bisschen Farbe wird sofort ein Veto eingelegt.

Das ist Verkehrswende a la CDU und es passiert … NICHTS

Doch. Ständig passiert was.
Nach Verlautbarungen der NOZ heute schon wieder ein Unfall (Dooring) auf dem Radstreifchen am Hasetorwall.

Zitat. „Aber man solle dabei bitte nicht „auf Biegen und Brechen“ neue Radwege an den Ausfallstraßen errichten, meint Fraktionschef Brickwedde. Radfahrer sollten besser auf Umwege durch Nebenstraßen geleitet werden.“

Ich muss wirklich sagen, dass die Fahrt auf Nebenstraßen die beste Lösung ist. In dem Fall darf es aber gerade KEINE Fahrradwege geben. Radwege braucht es nur, wenn es unangenehm viele Kraftfahrzeuge gibt. Wenn man die Straßen umbauen will, dann höchstens mit Verkehrsberuigung, die Radfahrer kaum betreffen, aber Autos den Weg unatraktiver oder nur langsamer wählbar machen.

Was aber wiederum nicht sein kann, ist wenn auf (große) Umwege geführt werden soll. Wenn der kürzeste Weg nur mit Auto gefahren werden kann, dann wird wiederum das Auto gewählt. Dies ist 1. aus Ökologischer Sicht inakzeptabel und 2. sehe ich das mit dem Grundgesetz schwer vereinbar. Wiso sind also einige Wege, (Ausfallstraßen) als Radfahrer (ein Mensch) nur unter vermeidbarer Gefahr benutzbar? Ist dies, mit dem Recht auf Unversertheit, Gleichheit oder Freiheit vereinbar?

Als letztes ist die Führung abseits von Ausfallstraße über Umwege auch für Ortsfremde oder Leute die neu sind schwierig. Die meisten Karten digital, wie Gedruckt, zeigen teilweise die Nebenstraßen nicht. Zoomt man etwas raus, sieht man nur die Hauptstraßen. Auch ist auf Nebenstraßen, häufiger mit Abbiegungen verbunden. Diese kann man schnell übersehen, wenn nur kleine, kaum beleuchtete Schilder den Weg weisen sollen. Hauptstraßen sind einfacher zu folgen und mit Schildern versehen, die man auch bei hohen geschwindigkeiten mit normalen Fahrradscheinwerfern auch lesen kann.

Und zu guter letzt, höre ich nur positives, zur reduzierung von KfZ-Spuren, anstatt diese zu erhöhen. In New York fließt der Verkehr besser, wo Fahrspuren für Radfahrwege weggenommen wurden. Also immer her mit Pop-Up-Radwege.

Alles, was nicht genug Platz für einen Radweg hat, wird Fahrradstraße, fertig. Meinetwegen „echte“ Anlieger frei mit absenkbaren Pollern an den Zugängen oder Modalfilter in der Mitte.

….interessanterweise untersteht Frau Pötter ja auch das Ordnungsamt das ja seit Jahren durch „Arbeitsverweigerung “ glänzt wenn es um Falschparker auf Radwegen geht ……
Ein Schelm wer böses dabei denkt …..

PS und offtopic: jemand von Attac hat wohl im Verlauf des plötzlich endenden Radstreifchens an der Mindener Straße stadtauswärts kurz vor der Tankstelle orangefarbene Rad-Pictogramme mit attac-Logo gesprüht. :)
Ist mir heute erst aufgefallen…

„Wir sind uns alle einig, dass wir etwas tun müssen, aber…“

Nun Frau Pötter; alles was man über diese Sätze mit „aber“ wissen muss, ist das alles vor dem „aber“ gelogen ist.

„Wir wollten nichts tun“ ist Ihre Aussage. Sagen Sie das doch klar und deutlich.

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