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Alarmstufe Gelb

Die Verkehrssicherheit für Radfahrende entwickelt sich zum Sorgenkind des Fahrradclubs ADFC. Seit Jahren verschlechtern sich die Unfallzahlen entgegen dem Trend beim Gesamtverkehr. Und es gibt erste Hinweise, dass sich die Situation seit der Corona-Krise deutlich zugespitzt hat.

Die Verkehrssicherheit für Radfahrende entwickelt sich zum Sorgenkind des Fahrradclubs ADFC. Seit Jahren verschlechtern sich die Unfallzahlen entgegen dem Trend beim Gesamtverkehr. Und es gibt erste Hinweise, dass sich die Situation seit der Corona-Krise deutlich zugespitzt hat. Anlässlich des Verkehrssicherheitstages am 20. Juni ruft der ADFC die Kommunen auf, jetzt Beschleunigungsprogramme für den Radinfrastrukturausbau aufzusetzen.

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Der Radverkehr wächst seit Jahren, besonders in den Städten. Das ist politisch so gewollt – und diese Entwicklung soll im Sinne des Klimapakets sogar kräftig vorangetrieben werden. Gleichzeitig kommt der Infrastrukturausbau nicht hinterher, weil deutsche Bürgermeisterinnen und Verwaltungsleiter dem Radverkehr zu zaghaft mehr Platz zugestehen. Das ist gefährlich, und wir haben jetzt Alarmstufe Gelb. Verkehrsverwaltungen handeln unverantwortlich, wenn sie die Sicherheit für Radfahrende nicht durch Beruhigung des Autoverkehrs, bessere Radwege, optimierte Ampelschaltungen und sichere Kreuzungen schnell verbessern. Mit Popup-Infrastrukturelementen kann jede Kommune sofort damit anfangen, die Verkehrssicherheit für Radfahrende zu erhöhen.“

Nach internen Auswertungen des ADFC haben die Fahrradunfälle seit dem Corona-Shutdown im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen. Stork: „Was mir im Moment auch große Sorgen macht, sind die 700.000 Schulkinder, die in diesem Jahr wegen Corona keine Radfahrprüfung machen konnten und deshalb kein Praxistraining hatten. Wollen wir wirklich zulassen, dass diese Kinder jetzt alle mit dem Auto zur Schule gekarrt werden?“

Seit 2017 verschlechtern sich die Unfallzahlen beim Radverkehr kontinuierlich. 88.850 Radfahrerinnen und Radfahrer verunglückten 2018 auf deutschen Straßen – das waren 11 Prozent mehr als im Vorjahr. Unter den Unfallopfern waren auch 10.225 Kinder, das entspricht einem Plus von fast 4 Prozent. 445 Radfahrende kamen 2018 zu Tode, das sind fast 17 Prozent mehr als 2017. Unter den Getöteten waren 21 Kinder, sechs von ihnen starben durch rechtsabbiegende LKW. Weitere Unfalldaten gibt es auf den Seiten des Deutschen Verkehrssicherheitsrates.

Verkehrsverwaltungen handeln unverantwortlich, wenn sie die Sicherheit für Radfahrende nicht durch Beruhigung des Autoverkehrs, bessere Radwege, optimierte Ampelschaltungen und sichere Kreuzungen schnell verbessern.

Etwa zwei Drittel aller Fahrradunfälle sind Kollisionen mit Autos. Hauptschuld trägt in den allermeisten Fällen (75 Prozent) der Autofahrer beziehungsweise die Autofahrerin. Bei knapp 20 Prozent der polizeilich erfassten Unfälle ist kein Unfallgegner im Spiel. Bei diesen sogenannten Alleinunfällen kommen Radfahrende beispielsweise durch mangelhafte Infrastruktur zu Fall – also durch Schlaglöcher, Baumwurzelaufbrüche, Abbruchkanten oder Hindernisse auf dem Radweg.

Zentrales Problem für die Sicherheit von Radfahrenden ist nach Auffassung des ADFC die immer noch für den Autoverkehr optimierte Infrastruktur. Stork: „Kreuzungen werden zugunsten der Kfz-Menge geplant, die man drüberleiten kann – nicht zugunsten der Sicherheit für alle. Und auch beim Platz wird zuerst geschaut, dass der Autoverkehr genug bekommt. Fuß- und Radverkehr muss sich dann auf Restflächen quetschen. Damit muss endlich Schluss sein. Deutschland braucht Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer – und zwar sofort.“

Fotos: dd
Pressemitteilung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs e.V. (ADFC)

15 Antworten auf „Alarmstufe Gelb“

Und ewig grüßt das Murmeltier!

Alle diese Forderungen sind doch Jahre alt.
Der Maßnahmenkatalog der Stadt Osnabrück vom März 2017 zum Radverkehrsplan 2030 sieht z.B. für das Stück Wallring, welches Du als Foto ausgewählt hast, folgendes vor:
Umbau: Wallring, ERA-konforme RVA durch Fahrstreifenreduzierung, Wegnahme von Stellplätzen!
Priorität dieser Maßnahme ist 1 !!

Wird da an irgendeiner Stelle dran gearbeitet? Man hatte schon über 3 Jahre Zeit dafür!
Ich habe keine Stelle gefunden wo auch nur eine Maßnahme dieses Plans in den letzten drei Jahren umgesetzt wurde.
Und der Plan ist alles andere als ambitioniert und aus meiner Sicht als Verkehrswende ohnehin ungeeignet.

Ich habe die Hoffnung langsam aufgegeben dass sich etwas bessern wird

Warum ist immer nur Radfahren „gefährlich“. 2018 kamen auch 699 Motorradfahrer ums Leben. Obwohl Motorradfahrer nur etwa ein Drittel der Fahrleistung von Radfahrern zurücklegen. Und somit ein über vierfaches fahrleistungsbezognes Todesrisiko haben. Zudem muß man auch Bedenken, das der Radverkehr im betrachteten Zeitraum zugenommen hat.

Und wer Radwege als Mittel zur Erhöhung der Verkehrssicherheit propagiert ignoriert das alle mir bekannten Untersuchungen der Unfallforschung, die Unfallrisiko auf Radwegen mit Unfallrisiko auf Fahrbahnen vergleichen, ergeben haben, das das Unfallrisiko auf Radwegen mindestens so hoch ist, wie das auf der Fahrbahn. Wenn nicht sogar viel höher.

Derartige Ergebnisse zum Unfallrisiko auf Radwegen können vielfältige Gründe haben. Mir fallen zum Beispiel diese drei Thesen als Erklärungsversuch ein:

• Radwege gibt es vor allem dort, wo es viel motorisierten Verkehr und viel Radverkehr gibt.
• Viel benutzte Radwege gibt es dort, wo es viele Kreuzungen und Einfahrten gibt.
• Wer besonders schutzbedürftig oder unerfahren ist, fährt bevorzugt dort, wo es auch Radwege gibt.

Sicherlich gibt es gute und schlechte Radinfrastruktur, aber die Schlussfolgerung, dass es besser ist ganz auf Radwege zu verzichten, möchte ich daraus nicht ziehen.

@Markus Koßmann: Den Randweganhängern geht es nicht um Unfallrisiko und Verkehrssicherheit. Es um um das *Sicherheitsgefühl*. Sehr viele Radfahrer, die sich mehrheitlich wenig Gedanken um Unfallrisiken machen oder falsche Vorstellungen haben, *fühlen* sich auf Randverkehrsanlagen sicherer, weil sie darauf vermeintlich vom Kraftverkehr getrennt sind. Daß dadurch mehr Radfahrer nicht nur gefühlt, sondern real ums Leben kommen, wird ausgeblendet. Siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Postfaktische_Politik

Dem Umstand, daß Du keine Studie kennst, die die höhere Sicherheit von Randwegen „belegt“, kann ich abhelfen:
https://usa.streetsblog.org/2012/10/22/study-protected-bike-lanes-reduce-injury-risk-up-to-90-percent/
Der kürzlich verstorbene John Forester hat in einem Kommentar darunter aufgezeigt, mit welchen Kunstgriffen man zu solchen Ergebnissen kommt.

Ja , die Zahl der getöteten Motoradfahrer ist in der Tat bedenklich.
Diese können nämlich die komplette Auswahl der Schutzausrüstung nutzen , bessere Lichtanlagen , ABS usw, und von der Geschwindigkeit her im Verkehr mitschwimmen.
All das minimiert eigentlich das Unfallrisiko gegenüber den Radfahrern- woher also die hohen Unfallzahlen ? Denkt mal drüber nach !

„Nach internen Auswertungen des ADFC haben die Fahrradunfälle seit dem Corona-Shutdown im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen.“

„Interne Auswertungen“ – oha! Als ob den ADFC Verkehrssicherheit (also objektive Verkehrssicherheit) interessieren würde. Anderenfalls würde er Unfallforschung und Aufklärung betreiben. Das ginge sogar vom Schreibtisch aus, zum Beispiel indem er alle tödlichen Radunfälle (die zu nahezu 100 % online in Polizeiberichten und der Presse vermeldet werden) erfaßt und auswertet. Er könnte Statistiken erstellen, wie, wo und in welchen Situationen usw. Radfahrer ums Leben kommen. Bei gut 400 tödlichen Unfällen pro Jahr würde sich bald ein klares Bild abzeichnen. Der ADFC könnte dann darüber aufklären, was gefährlich ist, und was nur ein Mythos ist.

Hoppla, das gibt es ja schon: https://radunfaelle.wordpress.com/
Warum macht das eine Privatperson in ihrer Freizeit und nicht ein Verein mit weit über 100.000 Mitgliedern wie der ADFC? Weil den ADFC Verkehrsicherheit für Radfahrer nicht die Bohne interessiert. Die wollen Radwege. Bar jeder Vernunft, ungeachtet aller Fakten: Radwege, Radwege, Radwege.

https://radunfaelle.wordpress.com/vergleich-de-nl/

Die schlechten Zahlen für Holland sind schnell erklärt:
Der größte Teil der Fahrräder ist in schlechtem bis verkehrsunsicherem Zustand .
Helme werden kaum genutzt.
Verkehrsregeln gelten anscheinend nicht für Radfahrer .
In den alten Ortslagen gibt es auch keine oder nur schlechte Radwege .
Die Autofahrer halten kaum Abstand zu den Radfahrern.

Wer wie ich hunderte von Malen in Holland mit dem Bike unterwegs war, ist daher nicht verwundert das es so viele Unfälle gibt…..

Der Zustand der Räder ist hier auch nicht besonders gut. würde mal von 30 Prozent nicht verkehrssicherer Räder mit defekten Bresmen und nachts 40 Prozent ohne vollständiges Licht ausgehen. Gestern abend blitzte mich ein Radfahrer mit ner belenden LED-Taschenlampe in der Hand an, toll, seit über 40 jahren wird das in der „Fahrradprüfung“ in der Grundschule erklärt, dass das verboten ist.

Fehlende Helme sind keine Unfallursache, sondern in der Regel das Fehlverhalten der Radfahrer undd Kraftfahrer. Wobei ich bezweifeln mag, dass die Autofahrer zu 75 Prozent schuld sein sollen, die kriegen nämlich immer eine Mitschuld.
Der ADFC möchte das Problem mit den ganzen Radchaoten nur schön reden, teilweise verhalten sich die eigenen Mitglieder (erkennbar am Aufkleber) vollkommen verkehrswidrig. Auch bei geführten Radtouren hab ich schon den einen oder anderen Patzer sowohl bei den geschulten ADFC-Tourenleitern, als auch bei den Teilnehmern erlebt…. sagt man was, wird man angepöbelt.

Das ca. 75% der Autofahrer Hauptbeschuldigter bei Unfällen zwischen Autofahrern und Radfahrern sind stimmt schon so. Mitverschulden von Radfahrern wird da nicht mit reingewichtet. Genauso wenig wie Mitverschulden von Autofahrern in die 25% dieser Unfälle reingewichtet wird, wo Radfahrer die Hauptbeschuldigten sind.

Und der ADFC ist nach dem Willen seines Bundesvorstands nur noch ein Tourismusverein für Auch-Radfahrer und keine Lobbyorganisation für Alltagsradfahrer.

„… und mussten daher 14-mal sogar die Weiterfahrt untersagen.“
https://regionalheute.de/braunschweig/verstoesse-bei-radfahrern-festgestellt-polizei-untersagt-14-mal-die-weiterfahrt-1592566931/

Die lagen stundenlang auf der Lauer an gut frequentierten Straßen. 30 % dürfte also zu hoch geschätzt sein.

Der Einfluß des technischen Zustands auf das Unfallrisiko scheint mir allgemein überschätzt zu werden. Zum Beispiel sind laut destatis bei nur 1,6 % der Radunfälle Beleuchtungsmängel unfallursächlich.

Ich will damit nicht sagen, daß Beleuchtung egal ist, 1,6 % weniger Risiko (und nachts noch mehr) nur dafür, daß ich mir Lichter ans Rad klemme, ist ein guter Deal, aber andere Faktoren sind viel, viel wichtiger. Nämlich wie sich der Radfahrer verhält. Wo er fährt, wie er sich positioniert, wie aufmerksam er ist usw.

Die Erfahrungen mit dem Braunschweiger ADFC kann ich bestätigen. :-(

@Thomas Bliesinger,
na die 14 erwischten Radfahrer sind schon ein Witz. Mir kommen mittlerweile auf so gut wie jeder Nachtfahrt viele Räder ohne vollständige Beleuchtung in die Quere und tagsüber hört man schon am metallenen Geräusch, wenn die Bremsbeläge runter sind. bei einer Fahrleistung von mindestens 30 Kilometern am Tag im Stadtgebiet fällt mir vieles auf.

Ob das maßgeblich zur Unfallgefahr beiträgt steht nicht zur Debatte, StVZO 67 und 67a schreiben eine Beleuchtung und Reflektoren vor.
Spätestens wenn man nachts noch und Parks, auf Feldwegen, an unbelechteten Straßen fährt sollte die Beleuchtung funktionieren. Und Jogger, Spaziergänger sollten mindestens Reflexionselemente an der Kleidung haben.

40 Rotlichtradfahrer ist doch schon mal ne Nummer. es sind dann meistens die Autofahrer, die noch bremsen können, hupen, wo sonst nichts passiert.
Deartige Kontrollen habe ich schon mal gesehen, mal am Hauptbahnhof, mal beim naturhistorischen Museum. die Polizei ist dabei immer gut erkennbar, da habe ich gar kein Mitleid, wenns ne Lampe gibt.
Aber während die Delinquenten gerade verarztet werden, schlüpfen noch viele durch.
Mich haben die übrigens seit 25 Jahren nicht mehr angehalten, im Gegenteil ich hab die Fahrradstaffel mal angesprochen und gelobt.

Das Verhalten der Radfahrer jedem Alters hier wird m.E. immer schlimmer. Ich frage mich schon, wie man auf die Idee kommt z.B, in der Kurt Schumacher Straße aus Richtung HBF links beim Einkaufszentrum zu fahren, oder da wo Radfahr- und Schutzstreifen sind links in Gegenrichtung.

Wir brauchen m.E. auch eine bessere Radfahr-Verkehrsausbildung, auch für Erwachsene, sowie mehr Informationen zu Reparatur-Selbsthilfe. FVAG Eulenstraße und VHS-Selbsthilfe Schefflerstraße sind mir ja bekannt, aber die erreichen leider nicht die, die es dringend nötig hätten.

Ich fahre nicht mehr in Gruppen, weder ADFC/Forum/CM, noch mit Bekannten, erstere vertragen keine Kritik und Verbesserungsvorschläge, bzw. radeln sturzbetrunken und bekifft (CM), letztere waren mir zu unzuverlässig, kuriose Pannen, Fahrtabbruch, Termin verschoben, nicht gemeldet, lange warten.

@Uwe Trettin: Zur Auswirkung des Überholabstandes auf das Unfallrisiko wird auf besagter Website auch etwas gesagt. Es ist sogar eine der Hauptaussagen. Was im Kopfkino vieler Radfahrer viel Raum einnimmt ist im realen Unfallgeschehen nahezu irrelevant.

Engüberholen ist in erster Linie unangenehm und groß unhöflich, es ist aber keine wesentliche Unfallursache. Alleinunfälle (ca. ein Viertel aller tödlichen Unfälle), Vorfahrtverstöße, Geisterradeln, Überfahren roter Ampeln, Rechtsabbieger, Fahrbahnquerung, Bahnübergänge sind alles Unfalltypen, die jeder einzelne ein Mehrfaches an Blutzoll fordern, als Eng- bzw. Nichtüberholer.

Engüberholen kann auch Unfallursache sein, wenn es durch einen anderen Radfahrer erfolgt und es zur Kollision kommt.

Gibt es eigentlich Abstandsregelungen von Fahrrad zu Fahrrad, auf Radwegen, Fahrradstraßen o. ä.? Oder gilt hier schlicht die Straßenverkehrsordnung?

@BSER: „Ob das maßgeblich zur Unfallgefahr beiträgt steht nicht zur Debatte,“ Doch, genau das ist (ein) Thema der Diskussion. Einfach mal weiter oben schauen.

Bei den Nicht-Organisatoren der Braunschweiger CM habe ich mal schriftlich nach den Zielen der CM gefragt. Keine Antwort. Die Antwort geben die vielen Bierflaschen und Bierflaschenhalter an den Fahrrädern bei der CM. Das fällt auch den wartenden Autofahrern auf. Prost!

@BSer
@Thomas Bliesener

Engüberholende Radfahrer/innen sind zu Zeiten auch ein Problem. Gibt es eigentlich Abstandsregelungen, welche auch andere Radfahrer/innen zum mir und meinem Fahrrad einhalten müssen?

Wenn unbemerkt dicht neben mir ein Radfahrer auftaucht, der meint, schnell überholen zu müssen und dann mit mir kollidiert, kann auch das übel ausgehen. Mir gerade passiert. Loch in Knie und an Ellenbogen… und das zur besten Sommerbadewetterzeit! „Scheiß Radfahrer“… ;-)

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