Die Städte wollen noch mehr für die Sicherheit von Radfahrenden sowie Fußgängerinnen und Fußgänger tun. Sie drängen deshalb darauf, dass der Bund die aktuelle Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) an verschiedenen Punkten noch erweitert und dem Fuß- und Radverkehr damit eine noch höhere Bedeutung einräumt. Vor allem wünschen sich die Städte mehr eigene Möglichkeiten bei der Verkehrslenkung, bei Geschwindigkeitsbeschränkungen und bei der Erprobung neuer Regeln im Straßenverkehr.
Der Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Markus Lewe aus Münster, sagte: „Wir wollen mehr Sicherheit für Radfahrende im Verkehr und wir wollen dafür den öffentlichen Raum für alle Beteiligten besser aufteilen. Ziel der Städte ist es auch, gemeinsam mit Bund und Ländern die Vision Zero zu erreichen, also die Anzahl der Verkehrstoten möglichst auf null zu senken. Zwar nimmt die Zahl der Verkehrstoten insgesamt seit Jahren ab – jedoch bleibt die Zahl der im Verkehr getöteten Radfahrenden seit 2010 besorgniserregend hoch. Dagegen müssen Kommunen, Bund und Länder gemeinsam mehr tun. Zumal der Radverkehr und die Anzahl der Fußgängerinnen und Fußgänger mit der in Angriff genommenen Verkehrswende deutlich zunehmen werden.“
Die Städte engagieren sich bereits intensiv für den Rad- und Fußverkehr, denn damit verringert sich der Autoverkehr, verbessert sich die Luftqualität und wird klimaschädliches CO2 eingespart. Dafür erweitern sie das Radwegenetz, richten an Ampeln Vorrangschaltungen für Radfahrer ein oder bauen etwa in den Innenstädten oder an Bahnhöfen Fahrradparkhäuser. In vielen Innenstädten werden schon über 30 Prozent der Wege mit dem Rad zurückgelegt, Tendenz steigend. Damit gleichzeitig auch die Sicherheit der Radfahrenden steigt, brauchen die Städte bei der aktuellen Novelle der Straßenverkehrsordnung, die im Bundesrat zur Verabschiedung ansteht, noch weitere Anpassungen, betont der Städtetagsvizepräsident:
„Unser Ziel ist es, dass der Bund die aktuelle Novelle der Straßenverkehrsordnung so ergänzt, dass Städte selbst mit ihrem Wissen über Geschwindigkeitsbeschränkungen vor Ort entscheiden können, wenn das die Sicherheit erhöht. Außerdem sollte die Bundesregierung den Städten Modellprojekte ermöglichen, die zeigen, wie sich ein generelles Tempolimit von 30 Stundenkilometer in der Stadt und Tempo 50 lediglich auf Hauptverkehrsstraßen auf den Verkehr auswirken. Als hilfreich und sinnvoll bewerten die Städte die Erhöhung der Geldbußen für verbotswidriges Parken in zweiter Reihe und auf Geh- und Radwegen, wie sie in der StVO-Novelle bereits formuliert ist.“
Lewe begrüßte Aussagen des Bundesverkehrsministers, dass die Kommunen viel besser über Geschwindigkeitsbegrenzungen entscheiden können. Auch eine Entschließung des Bundestages, weitere Änderungen an der StVO vorzunehmen, sei kommunalfreundlich. Sie unterstreiche die Bedeutung von Erprobung und Innovation bei Regeln und Verkehrsmaßnahmen im Straßenverkehr – und zwar unabhängig von bestehenden konkreten Gefahren: „Jetzt kommt es darauf an, dass der Bund solche guten Lösungen beschließt, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu verbessern.“
Da es in der aktuellen Novelle der Straßenverkehrsordnung um den Radverkehr geht, müsse in einem nächsten Schritt auch ein besserer Schutz für Fußgängerinnen und Fußgänger erreicht werden. Das müsse zum Beispiel im Verkehrssicherheitsprogramm des Bundes 2030 eine Rolle spielen. Um mehr Verkehrssicherheit im Fuß- und Radverkehr zu erreichen, sei es außerdem nötig, Straßenräume umzubauen, alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer weiter intensiv über Gefahren aufzuklären und die Einhaltung der Verkehrsregeln wirksam zu kontrollieren.
Hintergrundinfo: Anfang des vergangenen Jahres hat der Bund mit den Vorbereitungen zu einem Verkehrssicherheitsprogramm 2030 begonnen und eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet, an der auch die kommunalen Spitzenverbände und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat beteiligt sind. Seit Herbst 2019 ist das Bundesverkehrsministerium mit der Evaluation und Neuaufstellung des Nationalen Radverkehrsplanes 3.0 befasst, der ebenfalls Impulse für die Verkehrssicherheit von Radfahrenden geben und bis 2030 laufen soll.
Pressemitteilung des Deutschen Städtetages
6 Antworten auf „Städtetag unzufrieden mit Scheuers StVO-Novelle“
Das Foto der Polizeistaffel sagt eigentlich schon mehr als 1000 Worte. Ist schon klar, dass es sich hier um eine Uniform handelt und Sicherheit vorgeht. Aber trotzdem: Wenn selbst der Polizei klar ist, dass sich Radfahrer nur noch als neongelbe Karnevalsfiguren aufs Rad trauen können, dann sagt das alles über die Sicherheit deutscher Radwege aus, was ich wissen muss.
Lieber Peter !
Ich bin ständig mit dem Bike unterwegs – und gute Sichtbarkeit ist neben ständiger Aufmerksamkeit eine Lebensversicherung für Radfahrer. Da ich auch mit Auto und Lkw unterwegs bin kann ich Dir glaubhaft versichern das eine gewisse Sichtbarkeit durchaus Sinn macht ; insbesondere im Dunkeln oder bei schlechter Sicht , oder wenn die Beleuchtung durch andere Fahrzeuge oä für den anderen Verkehr nicht sichtbar ist . Und die Polizisten setzen sich , das sie mitten im Verkehr agieren müssen , noch einer weit höheren Gefahr aus als der normale Radfahrer.
Auch wenn wir zB bei der CM corken , setzen wir auf erhöhte Sichtbarkeit. Und das nicht ohne Grund…..
Sichtbarkeit ist natürlich das A und O, aber da haben Wahnwesten keinen meßbaren Effekt. In Frankreich gilt seit Jahren nachts eine Westenpflicht außerhalb geschlossener Ortschaften. Die Zahl der nachts getöteten Radfahrer hat dies nicht senken können.
Siehe auch:
https://rad-spannerei.de/2013/09/05/erhoeht-reflektierende-kleidung-die-sicherheit-von-radfahrern/
https://irishcycle.com/2015/01/16/high-vis-cant-solve-drivers-inattentional-blindness-and-its-promotion-has-failed/
https://hamburg.adfc.de/verkehr/themen-a-z/verhalten/vom-maerchen-der-warnwesten-als-unfallschutz/
https://road.cc/content/news/99660-high-vis-clothing-doesnt-make-cars-pass-you-more-safely-says-new-study
Ohne Worte: https://www.facebook.com/Femibici/photos/pcb.2544612592268508/2544611872268580/?type=3&theater
Sichtbarkeit erreicht man, indem man sich im Sichtfeld anderer Verkehrsteilnehmer positioniert. Wenn ich im toten Winkel eines Rechtsabbiegers bin, nützt die schönste Weste nichts. Wenn ich davor bin, sieht er mich (bin ich dahinter, ist es sogar egal, ob er mich sieht.)
Dazu gehört auch, daß man keine unerwarteten Fahrmanöver macht und die anderen nicht im Unklaren läßt, was man vorhat.
Bei
Vor allem wünschen sich die Städte mehr eigene Möglichkeiten bei […] bei der Erprobung neuer Regeln im Straßenverkehr.
und
Sie unterstreiche die Bedeutung von Erprobung und Innovation bei Regeln […] im Straßenverkehr
kann man nur angstvoll in die Zukunft schauen. Wie soll das funktionieren, wenn solche Regeln dazu führen, dass Kommunen noch mehr bereit sind sich mangels Bereitschaft, sich mit den bestehenden Regelungsmöglichkeiten intensiv auseinander zu setzten und sich in dem gar nicht so kleinen Rahmen zu bewegen, eigene tolle Regeln auszudenken? Es gibt schon genug Wildwuchs, der sich weder dem Laien noch dem Fachmann sachgerecht erschließt. Nicht ohne Grund weißt das GG dem Bund die Zuständigkeit für das Straßenverkehrsrecht zu, nicht aber z. B. für das Straßenrecht.
Ist das links im Bild eigentlich eine car-protected-bike-lane?
Oft genug ist es so, das Kommunen durchaus was anders machen wollen, und dann kommt wieder so ein Erbsenzähler daher, klagt und bekommt aufgrund der aktuellen Rechtslage auch noch recht. Eben erst in Ottensen passiert: https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Ottensen-Vorerst-keine-autofreie-Zone-mehr,ottensen218.html (steht in den Links der Woche drin).
Eine gewisse Flexibilität um Neues auszuprobieren kann da schon sinnvoll sein. Selbstverständlich mit Sinn und Verstand.
Und wer soll dann entscheiden, was sinnvolle Experimente sind? Das aktuelle Straßenverkehrsrecht und das Straßenrecht bieten durchaus einige Möglichkeiten. Das man hier handwerkliche Fehler macht, spricht nicht für eine Experimentierklausel. Fußgängerzonen bedürfen einer entsprechenden Widmung und wer auf ein entsprechendes Widmungsbeschränkungsverfahren mit dem ihm innewohnenden Rechtsschutz der Betroffenen verzichtet, darf sich nicht wundern, wenn Gerichte das zu Recht kassieren. Eine „gute“ Sache rechtfertigt nicht die Ignoranz des Rechtsstaates.