Der Bundesverkehrsminister hat sich mit Verve für ein Fahrradland Deutschland stark gemacht, die Bundesregierung stellt mit dem Klimapaket Mittel in nie dagewesener Höhe für Qualitätsradwege zur Verfügung. Bei aller Freude weist der ADFC aber auch darauf hin, dass die Mittel der geplanten „Bundesoffensive Radverkehr“ langfristig nur weiter fließen, wenn sie von Ländern und Kommunen auch zügig abgerufen werden.
ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Was wir jetzt nicht mehr brauchen, sind Ausreden, es gäbe kein Geld für den Radverkehr – und Radfahrende könnten doch prima mit Autos, Lastern und Bussen auf der Straße unterwegs sein. Das können und wollen die meisten eben nicht. Ab 2020 gibt es 900 Millionen Euro zusätzlich für Premium-Radwege, sichere Kreuzungen und Fahrradparkhäuser – und die sollten auch ausgegeben werden. Kommunen, die noch keinen Netzplan für komfortables Radfahren in der ganzen Stadt haben – und niemanden, der oder die sich auf Entscheider-Ebene um den Radverkehr kümmert, sollten jetzt schnell aktiv werden. Jetzt muss der Radwegebauboom beginnen, Deutschland hat jetzt die Chance, die Potenziale des Radverkehrs in Stadt und Land endlich zu heben.“
Ab 2020 muss wirklich Schluss sein mit Alibi-Infrastruktur und Angst-Radfahren auf der Straße.
Mit dem Klimapaket hat der Bund sich verpflichtet, gemeinsam mit Ländern und Kommunen „Radverkehrsnetze“ zu realisieren, auf denen sich „jeder Verkehrsteilnehmer“ sicher fühlt und „jeder Weg mit dem Fahrrad zurücklegbar“ sein wird. Es sollen „flächendeckende Radwegenetze“ geschaffen werden, indem normale Straßen zu „Fahrradstraßen“ ausgebaut, „Fahrstreifen in geschützte Radfahrstreifen umgewandelt“, „Knotenpunkte sicher umgestaltet“ und „moderne Fahrradparkhäuser“ gebaut werden. Außerdem soll der Radverkehr nach Möglichkeit durch „grüne Wellen“ beschleunigt werden. Für alle diese Vorhaben nimmt die Bundesregierung viel Geld in die Hand: 1,45 Milliarden Euro stehen bis 2023 für den Radverkehr zur Verfügung, das sind 900 Millionen Euro zusätzlich in diesem Zeitraum. Das Geld steht durch die mittelfristige Finanzplanung auch nach einem Regierungswechsel zur Verfügung.
Stork: „Dass ein CSU-Verkehrsminister einmal sagen würde, dass der Platz auf der Straße zulasten des Autoverkehrs gerechter aufgeteilt werden muss und das Fahrrad eigene, gesicherte Wegenetze braucht – das hätten wir uns noch zu Beginn dieses Jahres nicht träumen lassen. Jetzt ist es aber so, und das ist eine Riesenchance für die verstopften Städte. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik gibt es spürbaren politischen Rückenwind für das Fahrrad – und zwar aus dem konservativen Lager. Ab 2020 muss deshalb wirklich Schluss sein mit Alibi-Infrastruktur und Angst-Radfahren auf der Straße. Die Rahmenbedingungen sind jetzt da, lebenswertere Städte zu schaffen und alle Menschen durch Qualitätsradwege, großzügige Fahrradparkhäuser und sichere Kreuzungen zum Radfahren einzuladen: Berufstätige auf dem Fahrrad oder Pedelec, Kinder auf dem Weg zur Schule, Eltern mit Kleinkindern im Lastenrad, Senioren auf dem Weg zum Einkauf, Menschen mit Beeinträchtigungen auf dem Dreirad, Kuriere mit Paketlieferungen auf dem E-Cargobike. Jetzt sind die Kommunen gefordert. Es wäre eine Schande, diese Chance auf ein Fahrradland Deutschland verstreichen zu lassen!“
Pressemitteilung
6 Antworten auf „ADFC fordert Radwegebauboom in 2020“
Hat sich schon jemals ein Verkehrsminister gegen Radwege gesträubt? Das Kroppzeug muß schließlich runter von der Fahrbahn und auf Randverkehrsanlagen verbannt werden, damit der richtige Verkehr rollt.
Der ADFC wird nicht müde, wieder und wieder das Märchen von den fehlenden Radwegen herunterzubeten. Als ob eine nennenswerte Anzahl wegen toller Radwege auf ihr Auto verzichten würde. Die Wahrheit ist: ein Großteil der Bevölkerung *will nicht radfahren. Das ist das wahre Problem und nicht eine der 1000 Ausreden.
Das Bild unter dem Artikel illustriert es sehr schön: alle sind eingeladen – aber nur wenige kommen. Der abgebildete Radweg ist im Gegensatz zur Fahrbahn daneben gähnend leer.
Am 18.12. titelte die Braunschweiger Zeitung in großen Lettern auf Seite 1: „Braunschweigs Rat setzt ein Zeichen: Parken wird nicht teurer“ und in der Bildunterschrift: „Wer mit dem Auto fährt, darf sich freuen: Bus und Tram werden wieder teurer, doch die Parkgebühren bleiben wie sie sind.“
*Das* ist die Realität und nicht die Traumtänzereien des ADFC udn das Gerede von der „Verkehrswende“. Davon war schon vor 30 Jahren die Rede, nur: ich sehe davon nichts.
Stork und die Radwender sind erst ein paar Jahren dabei und die Debatten, die ein paar Jahre älter sind, kann man bei Twitter und Facebook nicht finden. Das fand damals alles noch analog, gerne mit Schreibmaschine getippte und s/w-kopiert statt. Daher würde ich es nicht überdramatisieren, dass man aus der Ecke keine neue Idee hört und man dort Vielfliegern wie Jan Gehl an den Lippen hängt … Irgendwann kommt schon die Ernüchterung.
jupp, ÖPNV teurer, Verbindungen sind in einigen Stadtteilen schlechter geworden, die neuen Niederflur-Bahnen wegen Pfusch noch nie in Betrieb gewesen, müssen repariert werden. So ist unsere „Verkehrskompetenzregion“ eben!
Aber dem heiligen Blechle darf niemand was antun.
und weißte das Neueste vom sog. Finggleis-Radweg, er ist laut BZ und BS-Forum endlich fertig. Die letzten Tage habe ich zu meiner Freude und Entzückung festgestellt, dass die neuen Wegweiser teilweise in die falsche Richtung zeigen, oder ganz fehlen, oder die RG-Symbole fehlen, oder die Oberfläche bei den zugehörigen Wegen nur stückchenweise saniert wurde, stellenweise noch mangelhaft ist. Die Sache mit dem Poller (100cm,89cm,90cm Abstand) habe ich ja neulich schon mal gezeigt. Die höchst kompetente Antwort der Verwaltung unserer „Fahrradstadt“ darauf haste dann sicherlich in der BZ gelesen. Da stehen manchmal nun auch Autos so nah dran, dass man mit Anhänger eben doch nicht durchkommt, weil man nicht mal Patz hat in den unbefestigten Bereich auszuweichen.
Unsere mittlerweile drei Fahrradclubs, Initiativen und diverse Arbeitskreise kannste leider vergessen, haben m.E. zu viel abgenickt oder nichts dazu gesagt.
Ich hab mich ja zu Teil da auch mit einbringen wollen, Ergebnis war, dass es denen links rein, rechts raus gegangen ist und nun vermehrt genau die Radverkehrsprobleme eingetreten sind, welche ich vorrausgesehen habe.
Das Gleiche gilt für unsere Stadtverwaltung, diverse Probleme gemeldet, entweder passiert nichts oder es wird abgewimmelt, teilweise erst nach rund einem Jahr beantwortet.
Der ADFC hängt seine Fahne in den Wind, erst war jahrzehntelanges Motto „Radfahren auf der Fahrbahn sei sicher“, Radwege demnach was für Angsthasen, nun plötzlich reden alle ADFCler was von „Protected-Bike-Lanes“,entspricht also faktisch einem separaten Radweg, wie früher.
Wenn der nächste ADFC-Obergruru sagt, Radfahrer sollen fliegen lernen, dann kommt auch das noch.
Es fand nun endlich – auch mit öffentlichem Bekenntnis – zusammen was zusammen gehört.
Die maximal autogerechte Form der ‚Radverkehrsförderung’mit zweitem separatem Verkehrsnetz hat sich mithilfe der theologischen ADFC Führung und der gut vernetzten Kommunikations Profis rund um die ‚Macher‘ der Radentscheide (etliche haben ja mittlerweile auch kommerziell ein Standbein beim Radwegebau-Consulting gefunden) flächedeckend durchgesetzt.
Die Verkehrswende made by CSU und ADFC bestimmt das Feld, die Radentscheide applaudieren vermutlich auch bald dem fahrradfreundlichen Autominister, derweil jedes Jahr – ähnlich wie im Vorbildland Niederlande – die Fahrleistungen des Autoverkehrs steigen und steigen und steigen.
Schlechte Nachrichten und schlechte Aussichten aus Sicht von Umwelt und Klima.
Sehr schlechte sogar, da nicht nur komplett – wie bisher – autogerechte Verkehrspolitik betrieben wird, sondern diese jetzt auch noch mit grünem Mäntelchen ‚made by ADFC und Strössenreuther‘ daherkommen kann, was die Bedingungen für eine echte Verkehrswende mit sehr deutlich reduziertem Autoverkehr erheblich verschlechtert hat, während gleichzeitig das ‚Gefühl‘ steigt die Verkehrswende habe begonnen.
Glatter Wahnsinn – nüchtern betrachtet.
Vielleicht gibt aber der immer offensichtlichere Schluterschluss zwischen Scheuer und Stork/Koopmann dem ein oder der anderen mal ein klein wenig zu denken?
Vielleicht beginnt die eine und der andere mal hinter die Fassade des ’steigenden Radverkehrsanteils‘ zu schaun und entdeckt die weiter und weiter steigende Fahrleistung des MIV welche sich parallel zum Radwegebau klammheimlich und weitestgehend unkommentiert vollzieht?
Die Zeit ‚zwischen den Jahren‘ lädt ja traditionell ein zu Vertiefung und Reflexion.
Auf dass der ADFC/CSU Trend zur autogerechtem Radverkehrsförderung in 2020 endlich mal abgelöst wird von der längst überfälligen UMWELT-gerechten Radverkehrsförderung mit klaren Forderungen, Massnahmepaketen und Zielsetzungen zur Reduktion des Autoverkehrs in Dichte und Fahrleistung.
Fundamentalopposition zu Bundesverkehrspolitik mag zwar inhaltlich richtig sein, führt aber nicht zu Einladungen, womöglich zum „Berater“-Status oder gar zu gut dotierten Posten. Und die breite Masse hat bisher nie den konsequenten Zeilen der Umweltbewegung zugestimmt oder gar applaudiert. Die breite Masse will einfache Lösungen und was zum Streicheln. Beim Verkehr halt was zum angucken/befahren. Und so ein PBL sieht doch nach einer Lösung aus und man muss dann nicht mehr komplexe Problemzusammenhänge ergründen, z. B. zum neoliberalen Kapitalismus und was der mit dem eigene Verkehrsverhalten zu tun hat. Daher ist das am Ende alles aus einer Binnensicht rational, was Stork und Co. tun.
Das Dream-Team Scheuer & Stork löst den Stau auf. Durch „Premium-Radwege“, hurra! Fehlt eigentlich nur noch die Helmpflicht. Her mit der Narrenkappe!