Ich veröffentliche auch hier noch mal meinen Leserbrief aus der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 29. November 2018 zum Thema Bike Flash. Dieser bezieht sich auf einen Kommentar der NOZ und vor allem auf einen Leserbrief zu diesem Kommentar. Der Leserbriefschreiber kommt aus Osnabrück und scheint selbst häufig mit dem Rad unterwegs zu sein. Er lobt den Bike Flash als „sicherstes und bestes“ Warnsystem, dass es zurzeit gibt. Hier zunächst meine Antwort auf ihn:
Der Aussage, das neue Warnsystem Bike Flash sei für alle Verkehrsteilnehmer geeignet und das sicherste und beste zurzeit, ist entschieden zu widersprechen. Hier wird die Verantwortung wieder einmal auf eine technische Aufrüstung geschoben. Was aber, wenn man den Bike Flash gar nicht beachtet? So wie viele Abbieger schon heute den Schulterblick nicht machen. Was, wenn die Elektronik mal nicht funktioniert? Und wie wirkt sich das Geblinke auf die Gesamtsituation an Kreuzungen aus, wenn dieses Warnsystem in allen Richtungen steht? Nein, die Lösung dieser schlimmen Unfälle liegt in der Infrastruktur. Kreuzungen müssen baulich so gestaltet werden, dass Auto- und Radfahrer freie Sicht aufeinander haben. Oder die Ampelschaltungen müssen so getaktet werden, dass sich abbiegender und geradeausfahrender Verkehr gar nicht erst in die Quere kommen.
Und das führt mich zu der Frage, warum sich Radfahrer oft mit so wenig wie einem neuen Warnsystem zufrieden geben? Der Leserbriefschreiber meint es sicher nur gut und sieht einen Nutzen im Bike Flash. Aber wieso stapelt er so tief? Warum fordert er nicht echte Verbesserungen? Ich vermute, dass selbst viele Radfahrer die Bevorzugung des Autos – hier insbesondere die Bevorteilung bei der Flächenverteilung – als ‚gottgegeben‘ hinnehmen. Das aktuelle System wird nicht mal von dieser Seite aus infrage gestellt. Stattdessen herrscht eine gewisse Technikhörigkeit. Jede technische Neuerung, die noch ins bestehende System gepresst werden kann, wird begrüßt oder gleich gefeiert.
So wird es aber nichts mit grundlegenden Veränderungen oder gar einer Verkehrswende. Und eben auch nicht wirklich mit mehr Sicherheit. Das habe ich mit meinem Leserbrief versucht, klar zu machen. Also liebe Radfahrer, fordert doch mal Substantielles! Emanzipiert euch von den herrschenden Verhältnissen auf der Straße und setzt euch für einen echten Wandel ein!
Teaserbild: ADFC/Gerhard Westrich
7 Antworten auf „Jetzt stellt doch endlich mal echte Forderungen!“
Lieber Daniel,
ich muss dir hier voll und ganz zustimmen. Wie Blind ist es, mit immer neuer Technik eine Sicherheit vorzuspielen, welche doch von „Mensch“ beachtet werden muss. Nahezu jede Woche komme ich in die Situation, dass ich trotz Grünphase über den Fahrradweg, wo eine Gelb blinkende Warnampel den Rechtsabbiegenden Verkehr vor Fußgängern/Radfahrern warnt, mich in Lebensgefahr begebe, wenn ich nicht Bremse oder einfach warte bis der Autoverkehr durch ist. Die Autos kommen hier schon mit mindestens Tempo 40-50 km/h angefahren, weil der Startpunkt weit hinter der Kreuzung liegt und plötzlich dieser Überweg kreuzt.
Als Alltagsradler in Reutlingen wundere ich mich, dass ich noch am Leben bin – nur mit Glück und viel Erfahrung retten mich.
Gestern bei der CM mussten wir eine neue Fahrradstraße meiden, weil die Sturzgefahr beim Ein-und Ausfahren aus dieser für einen Verband ein zu hohes Risiko war. Wenn am Grünen Tisch von „Autofahrern“ Fahrradverkehr geplant wird sind Fehlplanungen vorprogrammiert.
Ja, lasst uns die Verkehrsregeln von 1900 wieder einführen: Vor jedem dieser gefährlichen Motorfahrzeuge muß jemand mit einer roten Fahne vorweg gehen.
Nils, das wäre in der Tat begrüßenswert, war aber meines Wissens nur in England vorgeschrieben.
Anstatt als kritische Masse durch die Stadt zu eiern, stellt euch doch lieber vor das Rathaus und macht da mal ein bisschen Krach. Was erreichst Ihr als critical mass? Stellt doch das einmal in Frage?! Aufmerksamkeit habt ihr. Was bringt diese? Nachhaltig ändert diese wohl wenig bis gar nichts. PS… Ich Grüße selber jeden Tag durch Osnabrück. Ich suche keine Konfrontation. Solange sich politisch nichts ändert, ist der Kampf aussichtslos. Radfahrer haben keine Lobby und somit auch kein politisches Gehör. Das ist Fakt. Außerdem wird ja in Infrastruktur investiert. Dafür hakt einfach zu lange. Warum? Keine Lobby…. MfG
Jochen
Dem kann man nur zustimmen – die Forderung nach protected bike lanes ist ja im Kern zum Scheitern verurteilt, weil sie halt extrem viel kosten und in jeder Stadt und in jedem Bezirk separat durchgefochten werden muss. Da könnte es sinnvoller sein, direkt Tempo 30 innerorts zu fordern.
Der eindeutigste Vorteil einer klassischen protected Bike Line ist meiner Ansicht die kosten. Man nimmt eine Spur von mehrspurigen Straße und teilt ihn per Poller, Blumenkübel oder anderes ab und hat endlich einen Radweg, wo unterschiedlich schnelle Radfahrer sich untereinander überholen können und die Fahrfläche glatt ist.
Will man einen Bordsteinradweg auf dem Level ausbauen, wird es teurer. Man muss das Pflaster erst entfernen, für die glatte Fahrfläche. Will man den Weg breiter bauen, muss man einen Teil der konventionelle Fahrbahn aufreißen und die Bordsteinkante verlegen. (Oder einen Teil den Fußgängern stehlen, was aber nicht zur Flächengerechtigkeit beiträgt.)
Der Vorschlag generell 30 zu fordern finde ich aber noch besser. Fahrzeuge die deutlich über 10 km/h fahren, sollten mindestens 2 Meter Abstand zu Gebäuden, Zäunen und Hecken haben, damit einfahrende Autos und heraustretende Fußgänger Sicht auf diese Fahrzeuge haben. Damit fahren diese „schneller als 10 km/h Fahrzeuge“ schon oft nicht mehr auf vielen Hochbordwegen sondern auf der Fahrbahn. Auf dieser komfortabel bewegen, geht nicht, wenn viele Fahrzeuge 50 km/h fahren (können/dürfen) und eine viele Fahrzeuge nur 15 km/h bis 25 km/h fahren. Also sollte die Erlaubte Geschwindigkeit deutlich dichter an den 15 bis 25 km/h liegen. Schon haben wir ein Netz was wenig Platz braucht, sicherer ist und akzeptablen Komfort bietet.