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[Gastbeitrag] Über motorisierte Gewalt

Radfahrer*innen werden im Straßenverkehr gegängelt, drangsaliert, getötet, verstümmelt. Das Auto dominiert unsere Städte. Warum lassen wir das zu? Eine Analyse des Fahrradalltags und der motorisierten Gewalt. Es wird Zeit, dass wir reden. Über motorisierte Gewalt, Nötigung, Zwang und Druck, der beim Autofahren ausgeübt wird.

Ein Gastbeitrag von Martin Herrndorf

Radfahrer*innen werden im Straßenverkehr gegängelt, drangsaliert, getötet, verstümmelt. Das Auto dominiert unsere Städte. Warum lassen wir das zu? Eine Analyse des Fahrradalltags und der motorisierten Gewalt.

Es wird Zeit, dass wir reden. Über motorisierte Gewalt, Nötigung, Zwang und Druck, der beim Autofahren ausgeübt wird. Über die Gewalt, die das Autofahren erst möglich macht, Gewalt, die verschleiert wird und doch überall ist. Gewalt, die tötet, verletzt, Angst macht, die unser Verhalten von Kindesbeinen an beeinflusst, die unser Denken beherrscht. Und die wir doch oder gerade deswegen verdrängen. Gewalt, die wir nicht akzeptieren müssen. Dafür müssen wir sie benennen, verstehen und bekämpfen.

Die Gewalt

Motorisierte Gewalt ist allgegenwärtig und doch merkwürdig unsichtbar. Sie versteckt sich hinter dem notwendigen Übel, dem Sachzwang, der Nützlichkeit, der Schönheit, der Wirtschaftskraft. Deswegen sehen wir sie nicht. Sie ist ein Sekundäreffekt der Autogesellschaft, von den Stadtstrukturen hin zum täglichen Umgang miteinander im öffentlichen Raum.

Das Auto ist oft nützlich, manchmal notwendig (wenn auch weit seltener als behauptet), manchmal sogar schön. Es ist nicht als Waffe gebaut. Und deswegen erkennen wir es nicht als solche. Wer sich ins Auto setzt, tut dies nicht um zu verletzen oder zu töten, sondern aus Faulheit, Gewohnheit, Notwendigkeit, Geselligkeit oder aus Spaß an der Geschwindigkeit. Trotzdem töten und verletzen Autofahrer*innen andere Menschen.

Das Auto ist eine »situative Waffe«. Es wird nur zur Waffe, wenn die/der Fahrer*in es dazu macht.

Dann wird von einer Sekunde auf die andere aus dem Instrument der Notwendigkeit oder Gewohnheit das Instrument eines Gewaltverbrechens. Ist die Hupe gut gemeinte Warnung oder bösartige Drohung? Das zu enge Vorbeifahren Nachlässigkeit oder Bosheit? Man sieht die Tat, die Motive sieht man nicht, sie bleiben im Dunkeln. Das Auto macht Gewalt auf Knopfdruck verfügbar, das macht es so verführerisch.

Der Vergleich mit einer echten Waffe ist erhellend. Wer mit einer geladenen Knarre durch eine Fußgängerzone läuft und sich mit »Platz da, hier komme ich«-Rufen freien Weg verschafft, hätte ein Sondereinsatzkommando am Hals. Zu Recht. Wer sich mit einem Auto hupend, drängelnd und rasend durch Wohngebiete freie Fahrt verschafft, erhält ein müdes Nicken des diensthabenden Kommissars, wenn überhaupt.

Die Unterstützer*innen

Motorisierte Gewalt entsteht nicht im Vakuum. Sie wird möglich gemacht von einem »Ökosystem der Gewalt«, einem freundlich gesinnten Unterstützer*innenkreis, der sie mal bewusst, mal unbewusst toleriert oder fördert. Sie ist eingebettet, ja, sie wird ausgeübt durch die Rechtssprechung, die Polizeipraxis, die Stadtplanung, das Ingenieurwesen, die Politik.

Ja, strukturelle Gewalt ist eine notwendige Voraussetzung, die das Autofahren im urbanen Raum überhaupt erst möglich macht. Wir müssen den öffentlichen Raum parzellieren, absperren, bepinseln, für den Verkehrsfluss Radfahrer*innen und Fußgänger*innen mit Wegen und Ampeln in Bahnen zwingen, sie disziplinieren.

Die motorisierte Gewalt ist ein fest einbetonierter Bestandteil unserer Umwelt.

Das Ordnungsamt toleriert Falschparken in den Außenbezirken. Weil doch der Parkdruck so hoch sei. Weil man ja irgendwo parken müsse. Das Blech in den Straßen wiederum zwingt Fußgänger*innen zu Umwegen und absurden Gehwegschlängeleien, es blockiert Kinderwägen und Rollstühle und im Ernstfall sogar Rettungsfahrzeuge der Feuerwehr. Auch das ist motorisierte Gewalt.

Die Lokalpolitik plant für das Auto und richtet unsere Städte danach aus. Immer noch. Sechsspurige Autopisten mit handtuchbreiten Schutzstreifen? Her damit! Radfahrer*innen rechtswidrig auf ungeeignete Radwege zwingen, bald zwanzig Jahre lang, weil diese ihr Recht nicht einklagen? Her damit! Eine Autobahn mitten durch Berlin bauen, aber den Radentscheid verhindern? Immer doch.

Auf Bundesebene legt der Staat Bußgelder in seinen Katalogen nicht danach fest, ob motorisierte Gewalt ausgeübt oder andere Verkehrsteilnehmer*innen gefährdet werden, sondern primär danach, ob der Verkehrsfluss gestört wird. Warum zahlen Radfahrer*innen, die nachts über einsame rote Ampeln fahren fünfmal mehr Bußgeld als Autofahrer*innen, die Bürgersteige illegal zuparken oder Radwege blockieren?

Selbst die Polizei, die gerade schwache Verkehrsteilnehmer*innen schützen sollte, ahndet Nötigungen von Autofahrer*innen an Radfahrer*innen quasi nicht. Hupen, Drängeln, zu enges Überholen, die Vorfahrt beim Rechtsabbiegen missachten? »Gewöhnen Sie sich dran, das ist so«, heißt es dann. Es sei »kein Schaden entstanden« der eine Strafverfolgung rechtfertigt, sagt dann die Staatsanwaltschaft. Aber welcher »echte« Schaden wäre denn bei unserem Fußgängerzonen-Pistolero entstanden? Er verletzt ja auch niemanden und beschädigt nichts?

Gerichte, die bei motorisierter Gewalt nach Jugendstrafrecht urteilen, die mit Ausreden und »guten Sozialprognosen« auch bei Totschlag auf Haftstrafen verzichten, die Rennen nicht als Rennen erkennen wollen, für die motorisierte Gewalt nicht existiert.

Den Rest erledigen die PR-Abteilungen der Polizei und die Presse im gemeinsamen Verschleiern der motorisierten Gewalt. Radfahrer*innen »verunglücken«, »werden übersehen« oder befanden sich »im toten Winkel«. Sie fuhren »ohne Helm« oder »mit Kopfhörern«. Selten liest man von Autofahrer*innen, die »Radfahrer*innen totfahren«, ihnen »die Vorfahrt nehmen«, im Auto »durch das Radio abgelenkt« waren. Die Opfer werden zu Verursacher*innen umgeschrieben, die Täter*innen medial entlastet. Medien, die Radarkontrollen mit einem Augenzwinkern ankündigen, Rechtsanwälte, die dies verbreiten und mit dem Hinweis auf die eigene Raserei um Kunden werben – Seid brav, heute. Morgen ist wieder Alltag. Dann dürft ihr wieder ran. Motorisierte Gewalt.

Die Folgen

Motorisierte Gewalt ist echte Gewalt. Tausende Menschen jedes Jahr werden zerquetscht, mitgeschleift, landen verletzt im Krankenhaus, mit Knochenbrüchen, inneren Blutungen oder Platzwunden. Hunderte sterben daran. Dazu kommen Tausende mit asthmatischen Erkrankungen und Krebs aufgrund von Stickoxid-Emissionen und Feinstaub in den Städten und noch mehr Menschen mit Schlafstörungen aufgrund des Straßenlärms.

Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Denn motorisierte Gewalt beeinflusst uns in unserem Alltag. Sie reduziert das, was Verkehrsexpert*innen leicht abwertend »subjektive Sicherheit« nennen, im Gegensatz zur »objektiven Sicherheit«, den Statistiken. Subjektive Sicherheit, das wird als die verzerrte Wahrnehmung von Radfahrer*innen dargestellt. Aber man kann sie auch anders benennen. Deutlicher. Subjektive Sicherheit ist das Gefühl, nicht in Gefahr zu schweben. Sich geborgen, entspannt, frei zu fühlen.

Die Abwesenheit von subjektiver Sicherheit wiederum ist Angst. Furcht. Gefühle, die wir nicht wahrhaben wollen, die wir verdrängen, weil es bequemer ist. Ein kollektives Stockholm-Syndrom. Muss so sein. Geht nicht anders.

Millionen Menschen fahren kein Rad, weil sie Angst haben, selbst, wenn sie sich hinter anderen Argumenten verstecken. Millionen mehr fahren Umwege, fahren in der »dooring zone« weil sie Angst haben, genötigt und geschnitten zu werden (eine Angst, die viel zu oft berechtigt ist).

Gleich drei Autofahrer nehmen sich das Recht und parken auf Gehweg und Radfahrstreifen. Beim Ausweichen droht dem Radfahrer Gefahr von hinten und von den Autotüren der Falschparker.

Der öffentliche Raum dagegen ist zugeparkt und durchreglementiert, um den Autofluss zu gewährleisten. Auch dies ist Gewalt. Das Leben verlagert sich nach innen, in private und kommerzielle Räume, oder quetscht sich auf die letzten verbliebenen urbanen Freiflächen.

Und die motorisierte Gewalt beeinflusst uns von Kindesbeinen an. Lauf nicht auf die Straße. Geh nicht auf der Straße. Geh nicht allein zur Schule. Draußen ist Gefahr. Der Park ist okay. Drinnen ist gut. Riegel, Leine. Der öffentliche Raum als Todeszone. Kinder unter Daueraufsicht. Auf der Rückbank. Weggeschlossen.

Selbst wer Auto fährt, ist Opfer – ob er tatsächlich aufgrund der Umstände und falscher Politik zum Autofahren gezwungen ist oder nur meint, fahren zu müssen. Opfert Jahre an Lebenszeit dafür, das Geld für Auto, Versicherung, Steuer, Benzin und Parken zu erwirtschaften. Verbringt Jahre im Stau. Atmet Abgase ein. Hört den Lärm.

Wir haben die motorisierte Gewalt verinnerlicht. Wir verteidigen sie. Wir passen uns an. Weil es bequemer ist, auf Kampfradler*innen zu schimpfen, die verantwortungslos ohne Westen und Helm durch die Stadt fahren. Weil es bequemer ist, die Schuld auf die Opfer zu schieben. Weil es uns die Illusion gibt, die Lage im Griff zu haben, die richtigen Maßnahmen zu treffen, uns zu schützen. Obwohl wir alle schon Gewaltopfer sind in dem Moment, in dem wir in die von Autos dominierte Gesellschaft hineingeboren werden.





Die motorisierte Gewalt infiziert selbst den Kampf gegen sie. Die »Radszene« ist voll von tollen Menschen, die aber manchmal misstrauisch sind, hart und aggressiv, den Behörden und der Polizei gegenüber, aber auch untereinander. Eine differenzierte Diskussion ist oft schwierig. Weil wir nicht darauf vertrauen, dass deutsche Städte wirklich gute Radwege bauen, müssen wir Radwege an sich bekämpfen. Aus der pauschalen Vernachlässigung und Gängelung der Radfahrer*innen wird im internen Diskurs der Slogan »Radwege töten«, das sachlichen Diskussionen und einem guten Umgang miteinander im Wege steht.

Der Ausweg

Motorisierte Gewalt ist nichts, was wir hinnehmen müssen. Wir können sie zurückdrängen, bekämpfen, eindämmen. Es gibt Wege und Mittel – und es gibt Vorbilder.

Was muss passieren?

Wir brauchen eine Stadt der kurzen Wege, die es Menschen ermöglicht, ohne Auto zu leben. Die es ihnen erlaubt, sich im öffentlichen Raum zu bewegen, ohne permanent drangsaliert zu werden – ob durch die bauliche, autogerechte Infrastruktur oder konkrete Gewaltakte. Eine Stadt mit sicheren Räumen für Radfahrer*innen (und Fußgänger*innen). Rücksichtnahme statt Regulierung, Kreisverkehr statt Ampeln, breite, glatte und durchgängige Radwege statt kilometerlanger Autofriedhöfe.

Wir brauchen einen Gesetzgeber, der motorisierte Gewalt vorausschauend verhindert, in ihrer Ausübung auf der Straße und in ihren institutionellen Rahmenbedingungen. Mit höheren Bußgeldern für Falschparken und Drängeln. Mit adäquaten Strafen für Nötigungen und Gefährdungen im Straßenverkehr.

Wir brauchen eine Polizeipraxis und eine Justiz, die motorisierte Gewalt konsequent verfolgt und ahndet, vom Falschparken bis zum Totschlag. Die Autos und Führerscheine von Drängler*innen und Raser*innen auf der Stelle einzieht, die Nötigungen im Straßenverkehr konsequent verfolgt, Radpolizist*innen, die Schwerpunktkontrollen bei rechts abbiegenden Autos vornehmen und die zu eng überholende Autofahrer*innen sanktionieren.

Wir brauchen Medien, die bei motorisierter Gewalt Täter*in und Verantwortung sprachlich präzise benennen.

Und, nicht zuletzt, brauchen wir Bürger*innen, die sich auflehnen. Die ihre Angst und Verletzlichkeit akzeptieren und annehmen, statt sie zu verdecken und verschleiern. Und die aus der Angst Kraft gewinnen für einen Kampf. Den Kampf für gutes Leben in den Städten. Gutes Leben ohne Angst. Ohne Tote und Verletzte. Ein Leben ohne motorisierte Gewalt.

Martin Herrndorf ist freiberuflicher Projektentwickler und Berater in den Bereichen Sozialunternehmertum, Stadtplanung und Bürgerbeteiligung. Er hat in Köln das Colabor / Raum für Nachhaltigkeit mitgegründet und koordiniert bei der Agora Köln, dem Bündnis hinter dem Tag des guten Lebens, die Finanzen und Projektentwicklung. Dieser Text ist ursprünglich bei Radkomm erschienen.

10 Antworten auf „[Gastbeitrag] Über motorisierte Gewalt“

Oje, aus diesem Artikel spricht ja der blanke Hass gegenüber motorisierten Verkehrsteilnehmern.
Natürlich gibt es viele Auto- und LKW-Fahrer, die sich rücksichtslos gegenüber den Schwächeren (Fahrradfahrer, Fußgänger) aber auch häufig gegenüber anderen Kraftfahrern verhalten. Das hat sicherlich viele verschiedene Gründe, aber eine pauschale Verurteilung ist da wohl nicht zielführend.
Warum es ein Bagatelldelikt sein soll, abends mit dem Fahrrad eine rote Ampel zu überfahren, während einem Autofahrer dafür sofort der Führerschein abgenommen werden dürfte, erschliesst sich mir nicht so ganz. Verkehrsregeln sind für alle da – und nicht nur für Autofahrer. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Wenn ich mit dem Fahrrad in Osnabrück unterwegs bin, beschleicht mich immer wieder das Gefühl, ich müsse mich entschuldigen, weil ich bei Rot den nach mir kommenden Radfahrern den Weg versperre. Viele weichen dann einfach über den Bürgersteig aus oder überqueren die Fahrbahn, um an der linken Straßenseite die Kreuzung bei rot zu überqueren. Anscheinend gilt bei Radfahrern eh nicht das Rechtsfahrgebot – und ob man Straße, Radweg oder Bürgersteig benutzt ist auch egal. Und Beleuchtung am Abend muss auch nicht sein. Aber wenn es zum Unfall kommt, weil ein Autofahrer einen Radfahrer, der im dunkeln mit dunkler Kleidung ohne Licht auf dem Bürgersteig der falschen Seite unterwegs war, beim Abbiegen anfährt, ist das Geschrei groß und der Autofahrer bekommt noch Schuld, weil er ja mit den Fehlern anderer hätte rechnen müssen.

Ich persönlich fahre gern Rad – auch in Osnabrück – und ich ärgere mich viel mehr über andere Radfahrer als über Auto- oder LKW-Fahrer. Zumal das Unrechtsbewusstsein bei Fehlverhalten in der Regel gleich Null ist.
Auch als Fussgänger muss ich leider sehr häufig mangelnde Rücksichtnahme der Radfahrer feststellen. Geht man aus Fussgänger in der Stadt aus dem Haus, muss man damit rechnen, von einem Radfahrer auf dem Fussweg angefahren zu werden.

Beruflich bin ich aber auch viel mit dem Auto unterwegs – und da wäre es eine Katastrophe, wenn der ohnehin schon zähfliessende Verkehr künstlich weiter verlangsamt würde.

Fragen Sie mal die Handwerker, die a)lange brauchen bis zum Kunden, b) keinen Parkplatz finden und c) dann vom Kunden noch angemault werden, warum sie solange gebraucht hätten und wer das alles bezahlen solle und warum man trotz Auto nicht jedes Ersatzteil dabeihabe (dafür reichte nichtmal ein 40-Tonner!).

„Anscheinend gilt bei Radfahrern eh nicht das Rechtsfahrgebot – und ob man Straße, Radweg oder Bürgersteig benutzt ist auch egal.“ Das klingt jetzt irgendwie auch wie eine Verallgemeinerung.

Es geht im Übrigen nicht darum, künstlich zu verlangsamen. Es müssen Voraussetzungen geschaffen werden, dass Wege unter 5 Kilometer hauptsächlich mit dem Fahrrad (oder mit dem Bus oder zu Fuß) zurückgelegt werden, damit der jetzige Verkehr entlastet wird. Und dann fließen Handwerker, Pflegedienste usw, die ja sonst immer als Argument angebracht werden, auch wieder flüssiger. Es müssen echte Alternativen her. Wer dann immer noch Auto fahren will, soll das gerne tun. Wenn er dann aber im Stau steht, ist er selbst schuld. Wir können ja keine Häuser abreissen und Straßen bauen. Die Stadt ist schon jetzt einfach zu voll.

„Warum es ein Bagatelldelikt sein soll, abends mit dem Fahrrad eine rote Ampel zu überfahren, während einem Autofahrer dafür sofort der Führerschein abgenommen werden dürfte, erschliesst sich mir nicht so ganz. Verkehrsregeln sind für alle da – und nicht nur für Autofahrer.“

Weil ein Auto mit einem Fahrer im Schnitt 1,5t wiegt – ein Fahrrad 0,1t. Weil ein Auto im Schnitt 50km/h fährt – ein Fahrrad 20km/h. Das kombiniert mit der Verlängerung des Bremsweges im Quadrat und den Unfallstatistiken über die Verursacher von Verkehrstoten dürfte bei Ihnen hoffentlich einen nachhaltigen Differenzierungsprozess einleiten, oder?
Ihr gesamter Beitrag lebt leider von Pauschalisierungen, für die Sie keinerlei Belege liefern. Das ist bei subjektiv empfundenen Ungerechtigkeiten häufig der Fall. Allerdings hat dieses Empfinden nichts mit einer Faktenlage gemein und ist somit sehr schwer als Argumentation zu verwerten.
Ist Ihnen bewusst, dass die Hauptverursacher von Stau mit kilometerweitem Abstand die Autofahrer sind? Ich verstehe den Handwerkerfrust, aber was hat ein maulender Kunde denn bitte mit motorisierter Gewalt durch Autofahrende zu tun? Ich werde in meinem Einzelhandelsfachgeschäft auch mit Frust konfrontiert, wenn die Öffnungszeiten nicht zum individuellen Tagesablauf passen; ich ein Produkt nicht auf Lager habe; es dieses Produkt im Internet aberaber günstiger gäbe…
Irgendwie scheint bei Ihnen da immer das Fahrrad schuld. Ganz schön einfach, wa?

Hm, das klingt also irgendwie nach Verallgemeinerung?
Womach klingt denn der ganze Artikel? Für mich klingt er nach: Alle Autofahrer sind gewalttätig: „Es wird Zeit, dass wir reden. Über motorisierte Gewalt, Nötigung, Zwang und Druck, der beim Autofahren ausgeübt wird.“ Da ist nicht die Rede von Gewalt, die von „einigen“ oder womöglich“ vielen “ Autofahrern ausgeübt wird.

Generell hab ich ja gar nichts dagegen, die Stadt radfreundlicher zu machen. Ich befürchte aber, dass es sein sehr schwieriger und langsamer Weg sein wird. Und es muss ein Miteinander der Verkehrsteilnehmer da sein. Das Säen von Hass ist IMMER der falsche Ansatz.
Vor 12 Jahren sang Katie Melua „There are nine-million bicycles in Beijing.That’s a fact,“. Heute ist es Tatsache, dass dort die ganze Stadt mit Autos verstopft ist und der Smog die Leute krank macht. Trotzdem lässt sich auch dort – wo jeden die Fakten ganz offensichtlich belasten und niemand das Problem leugnen kann – das Rad der Zeit nicht zurückdrehen.
Das Hauptproblem ist, das wir ein Volk von Egoisten sind. Regeln und Moral gelten grundsätzlich nur für andere. Beispiele gefällig?
– Wenn ICH es eilig habe, kann ich auch wohl mal bei „rot“ fahren.
– Wenn ICH dringend irgendwo hin will kann ich ruhig das Auto nehmen –
die anderen können ja die Umwelt schützen.
– Mein Enkel benötigt dringend einen Ausbildungsplatz, aber bei MIR
bitte den Azubi nicht mitberechnen, das ist mir zu teuer.
– Jeder soll von seiner Arbeit leben können, aber ICH kaufe
Lebensmittel nur im Discounter, damit ich noch genug Geld für 2 mal
Skliurlaub und einmal Karibik im Jahr habe.
– Wenn ICH mir jedes Jahr ein neues Handy kaufen kann, ist mir doch
egal, ob dafür Kinder unter Sklavenbedingung arbeiten müssen (gilt
übrigens auch für E-Autos)- und wenn die das nicht wollen, sollen sie
irgendwo hingehen, aber natürlich nicht zu mir nach Europa!

Und daran scheitert es auch, die Leute dazuzubringen, Strecken unter 5km mit dem Fahrrad zurückzulegen. Durch Verbreiterung des Verkehrsraums für Radfahrer und das Einengen des Raums für Autofahrer ist das jedenfalls nicht zu schaffen. Genauso wie die ständigen Staus auf Autobahnen nicht dazu führen, dass mehr Güter mit Bahn und Schiff befördert werden.

Da nennst du viele gute Dinge und ich empfehle dir diesen Text zum Weiterlesen.
Ich denke aber schon, dass man Menschen zum Radfahren bewegen kann, wenn man ihnen breite, komfortable und sichere Radwege zur Verfügung stellt. Ich fahre ja auch nicht Rad, um die Umwelt zu schützen. Ich fahre in Osnabrück Rad, weil es einfach logisch ist: ich bin in der Regel viel schneller am Ziel, muss keinen Parklpatz suchen und stehe auch nie im Stau. Wenn es gute Radwege gibt, auf denen Radfahrer am Stau vorbeiziehen, überlegen es sich die Autofahrer nebenan sicher, ob sie das nächste Mal nicht mit dem Fahrrad aus der Weststadt viel schneller in die City kommen…

Wenn ein so gutes Miteinander möglich wäre bräuchten wie keine Radweg …
es gibt bereits eine Anarchie auf den Radwegen aber nicht weil sich ranfahrende nicht an die regeln halten wollen sonder weil sie zum einen vollkommen unsinnig, kaum nachvollziehbar und zum anderen kaum zu befolgen sind. Siehe z.b. die ganzen soll /kann /muss Bestimmungen zur Radweg Benutzung. Hier gibt es so viele Regeln, Gerichtsurteile usw das selbst gestandene Verkehrsjuristen kaum auf meine Fragen zur Handlungsweisen antworten können.

Dass der Staat sich hinsichtlich der Überwachung und Durchsetzung seiner Verkehrsregeln seines Gewaltmonopols entäußert hat, ist nichts Neues. Dass wir alle unseren Kindern, sobald sie Laufen lernen, die Angst und den Respekt vor „der Straße“ anerziehen („Kevin, kommst du wohl sofort von der Straße runter! Da sind doch die Autos!!!“), hat nicht das geringste damit zu tun, dass man als Fahrbahn-laufendes Kind mit staatlichen Sanktionen in Form einer polizeilichen Ermahnung oder gar eines konkreten Bußgeldes rechnen müsste. Es hat vielmehr alles mit der Drohung zu tun, dass noch selbst der wohlmeinendste, regeltreueste Kraftfahrer ggf. als „Henker“ die Todesstrafe für dieses Sakrileg vollstrecken könnte.

Diese Verhältnisse haben allerdings nicht das geringste mit einer spezifischen Anti-Fahrrad-Haltung der kraftfahrenden Verkehrsteilnehmer bzw. der (kraftfahrenden…) Exekutive oder der (kraftfahrenden…) Jurisdiktion zu tun. Die Drohung, bei Verstoß gegen bestimmte Verkehrsregeln durch die Bruderschaft der Kraftfahrer augenblicklich körperlich gezüchtigt zu werden, betrifft alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen.

Infolgedessen werden wir diese Haltung auch keineswegs dadurch überwinden, wenn wir die bestehende Tendenz zur Selbstjustiz durch Anlage von immer mehr „Infra“ weiteren Vorschub leisten.

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