Hamburg zieht den Autofahrern die Parkplätze unter den Reifen weg. Diesen Eindruck kann man momentan gewinnen, wenn man nach Winterhude blickt. Ich tue das hier nur, weil mich ein Artikel im Hamburger Abendblatt mal wieder stutzig macht. An der Maria-Louisen-Straße sollen 32 Parkplätze einem neuen Radfahrstreifen weichen, in Eimsbüttel sollen fünf Parkplätze abgebaut werden. Das gefällt dem gepflegten Hamburger Land Rover-Fahrer naturgemäß gar nicht.
Mir fällt in dem Artikel „Schleichender Parkplatz-Schwund für neue Radwege“ aber mal wieder auf, dass zunächst von einem Gebiet mit „deutlich zu wenig öffentlichem Parkraum“ die Rede ist, wo auch kleine Verluste schmerzen würden. Nur ein Absatz später kommt der Autor der Wahrheit aber schon näher. Es sind hier nämlich Anwohner, die Probleme haben, ihre Autos abzustellen. Folglich sehe ich hier eher das Problem, dass es zu wenige private Stellplätze gibt. Auf den gepflegten Garten will natürlich auch niemand verzichten. Und auf das Auto schon gar nicht. Da stellt man seinen Großstadtpanzer doch lieber in den öffentlichen Raum. Gerne kostenlos, zur Not halt auch mit Anwohnerparkausweis, der aus der Portokasse bezahlt wird.
Es fehlt öffentlicher Parkraum für Anwohner. Hmm…
Das Problem wird, wie der Artikel festellt, denn auch noch dadurch verschärft, dass Bauherren in Hamburg seit 2014 keine Stellplätze für Fahrzeuge mehr schaffen müssen. Das Problem des Platzbedarfs wird sozusagen outgesourced und der Allgemeinheit überlassen. Und hier sind zum Beispiel Radfahrer schon seit Jahrzehnten die Leidtragenden, weil für sie kein Platz mehr ist. Es bleibt dabei, es gibt kein Grundrecht auf Parkplätze. Und wer sich ein Auto oder gar Zweit- oder Drittwagen anschaffen will, der sollte vorher darüber nachdenken, wo er die berühmten dreiundzwanzigeinhalb Stunden des Tages stehen kann. Der öffentliche Raum war in der Vergangenheit eine bequeme Lösung. In Zeiten nachhaltiger und intelligenter Mobilität wird und muss sich das aber ändern.
Wobei wir auch gleich bei den Verkehrsexperten der Hamburger Opposition sind. „Ohne Sinn und Verstand“ würden Fahrradwege auf Hauptverkehrsstraßen verlegt und Parkplätze „trotz vieler neuer Autos in großem Umfang“ beseitigt. Tja, liebe CDU und FDP. In Hamburg gibt es aber auch viele neue Radfahrer. Ein Anstieg um 56 Prozent zwischen 2011 und 2016 ist zu verzeichnen. Das ist sogar deutlich mehr als bei den Autos (von denen auf den Straßen überraschenderweise immer weniger unterwegs sind). Dem muss man dann auch mal gerecht werden. Warum also nicht in da anfangen, wo die Autos am luxuriösesten sind? Zur Not kann man die edlen Karossen doch ins üppige Wohnzimmer fahren. Und wo lässt es sich besser fernsehen als in den adaptiven Sportsitzen mit Komfort-Memory-Paket eines Porsche Cayenne S, deren Seitenwangen „höher, stärker konturiert und elektrisch verstellbar“ sind und sich mittels elektrischer 18-Wege-Verstellung „noch gezielter an Ihre Bedürfnisse“ anpassen?
Ab ins Wohnzimmer mit der heiß geliebten Karre!
Richtig, im elektrischen Komfortsitz von BMW, dessen Einstellfunktionen die Sitzlängs-, Sitzhöhen-, Sitzneigungs- und die Lehnenneigungsverstellung beinhalten und der über eine „in Höhe und Tiefe verstellbare Lordosenstütze“ verfügt, die, wie jeder weiß, ein stufenlos regulierbares Luftkammersystem ist. „Es unterstützt Sie dabei, eine orthopädisch einwandfreie Sitzhaltung einzunehmen, und entlastet somit effektiv die Wirbelsäule.“ Noch besser: „Die Bedienung der Sitzverstellung ist an der Seite der Mittelarmlehne angebracht. Bei bequemer Armauflage können so alle Bedienelemente mit Daumen und Zeigefinger erreicht werden.“ Entscheidet man sich für dieses Paket, sollte man aber direkt die 7er Limousine wählen. Hier lockern „zwölf Massage- und sechs Rotationsblasen die Rückenmuskulatur und bieten wohltuende Entspannung, gerade auf langen Strecken“. Und vor allem verhindern sie einen Dekubitus, wenn man dann sonntags gemütlich hinter der Windschutzscheibe im Wohnzimmer beim Tatort einschläft…
10 Antworten auf „Es wird eng für Winterhudes SUV-Flotte – aber im Wohnzimmer ist noch Platz“
Hallo Daniel, hast Du als Texter bei der Heuteshow angeheuert? :-)
Ich habe überwiegend zitiert. Und wenn die Sitze so herrlich sind, dann muss ich mir vielleicht auch bald so einen Kasten kaufen. ;-)
Ich würde mir nur den Sitz kaufen, ohne Blech drum rum.
Gibt es in der e-Bucht für 2500 Euro im 4er Set, leider ohne Massagefunktion. Aber damit wird das Heimkinoerlebnis gleich viel bequemer als auf den Hometrainer…
Bald kommt das Prinzip Tokio:
Wer ein KFZ möchte muss einen Stellplatz vorweisen ^^
Sehe ich da am Bild richtig: ein Extra Streifen um aus der Dooringzone raus zu bleiben, wie edel ist das denn?!
LG
Hab ich vor Jahren schon mal in Paris gesehen: Dort wurde die Dooringzone als Sperrfläche ausgeführt. Mit Linien die so dick sind das es sich wie Kopfsteinpflaster darauf fährt.
Das mit dem angeblichen Rückgang des Autoverkehrs hast Du aber stark verkürzt wiedergegeben:
Aus der Zwit:
„Auf den Autobahnen im Stadtgebiet drängen sich immer mehr Autos, auch auf den Bundesstraßen ins Umland registrieren die Zählanlagen mehr und mehr Fahrzeuge. “
Das ist ja der ökologisch entscheidende Punkt: steigende Mieten in den nach und nach gentrifizierten Kernen mit ‚kleinem‘ Trend zur Verkehrsmittelverlagerung, ABER insgesamt steigende Auto-Verkehrsleistung, wenn man mal NICHT die Umlandverkehre ausblendet.
Für die Eisbären ist nicht der Binnen modal-split interessant, sondern die Gesamtverkehrsleistung des Autoverkehrs.
Und die steigt tendenziell weiter an – auch in Hamburg, auch in NL auch in DK.
Daniel, das Bild das Du zeigst ist ganz nett aber bildet nicht die Wahrheit ab.
Der Abschnitt der ML-Straße um den es geht sieht so aus:
https://www.google.com/maps/@53.5906335,10.0061509,3a,75y,115.36h,44t/data=!3m7!1e1!3m5!1sThYqXIsJpq7gNM5yflyzBg!2e0!6s%2F%2Fgeo1.ggpht.com%2Fcbk%3Fpanoid%3DThYqXIsJpq7gNM5yflyzBg%26output%3Dthumbnail%26cb_client%3Dmaps_sv.tactile.gps%26thumb%3D2%26w%3D203%26h%3D100%26yaw%3D91.273026%26pitch%3D0%26thumbfov%3D100!7i13312!8i6656
Die Parkplätze sind keine (es sei denn man fährt ein Gogomobil), sondern da stehen Autos zwischen/auf dem Gehweg und Radweg. Zwei Bäume werden gefällt damit die Kurvenführung um die Sprunginsel dort großzügiger werden kann. Anstatt die Kurven eng zu gestalten, damit Tempo 30 auch endlich mal eingehalten würde… (aber es ist ja nur tagsüber Tempo 30 deswegen wird für Tempo 50 geplant, ein Hohn!)
Wenn da Parkplätze weg sollen, die keine sind, macht es das Problem der zu vielen Autos ja nur umso deutlicher.
Die geänderte Regelung für Bauherren ist ein klarer Vorteil, weil dadurch endlich passiert, was schon lange nötig war: die Schaffung von Parkplätze wird ein Stück mehr der freien Wirtschaft überlassen. Für mich als Radfahrer stellt sich dann auch nicht mehr so oft die Frage, ob ich mir wirklich eine Eigentumswohnung in einem Haus mit dicker, nutzloser Tiefgarage aber ohne Fahrradkeller kaufen will.
Schlussendlich: weniger Parkplätze bedeuten weniger Autos in der Stadt. Weg damit! Oder wer braucht Autos in der Stadt?
Bin den Streifen gefahren. Wenn ich das Foto richtig interpretiere, so ist die Blickrichtung stadtauswärts (Ri Stadtpark)und das gelbe Vorfahrtsschild steht an der Strasse ‚Rondeel‘.
Ob’s die Stelle ist oder nicht, meine Erfahrung mit dem Mary-Lou-Streifen ist folgende:
Ich wurde von einem Autofahrer ‚geschnitten‘, wechselte daraufhin in den VC-Modus (‚take the Radstreifen‘)und kurz danach zuckelte ein weiterer Kfz-Führer hinter mir her – auf dem Radstreifen.
Unter Nutzung des Radstreifens als Rechtsabbiegespur kommt der Autofahrer je nach Verkehrslage auf eine Zeitersparnis von einigen Sekunden bis mehrere Minuten – für einige eine zu große Versuchung.