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Osnabrück

Seid doch einfach still!

Ghost Bike KommenderiestraßeJetzt da das Ghost Bike endlich steht und die Stadt damit auch einverstanden ist, bin ich ehrlich gesagt überrascht, was es für eine Aufregung darum gibt. Es ist eigentlich gar kein großes Thema. Da steht jetzt ein weißes Fahrrad, das an den Tod eines 20-jährigen erinnern und im besten Fall den einen oder anderen Unfall verhindern soll. Warum also diese Aufregung? An Landstraßen stehen weiße Kreuze, über die sich niemand echauffiert. Liegt es vielleicht daran, dass es etwas ist, was es in Osnabrück bisher nicht gab? Wird da die halbe Stadt automatisch verrückt? Warum fühlen sich manche durch das Ghost Bike offensichtlich provoziert?

Ich will gar nicht abstreiten, dass der aktuelle Hype darum eine positive Seite hat. Das Thema Ghost Bike wird dadurch richtig bekannt und die Menschen wissen bald sofort, warum da so ein weißes Fahrrad am Straßenrand steht – und verhalten sich dadurch hoffentlich rücksichtsvoll.

Warum diese Aufregung? Wieso fühlen sich manche von einem weißen Fahrrad provoziert?

Warum aber fühlen sich manche so provoziert? Niemand hat behauptet, dass sich alle Autofahrer immer rücksichtslos verhalten. Aber es gibt eben Ausnahmen. Und diese Ausnahmen haben für einzelne Menschen und ganze Familien katastrophale Folgen.

Und warum kann man ein solches Mahnmal nicht einfach hinnehmen, ohne seine eigenen geistigen Ergüsse mit der Welt zu teilen? Da werden Sachen hingerotzt, ohne auch nur mal eine Sekunde darüber nachzudenken. Eigentlich gebe ich ja nichts auf Kommentare bei Facebook. Aber wenn ich mir die jüngsten zum Ghost Bike anschaue und daran denke, wie sie auf die Angehörigen der Opfer wirken müssen, dann wird mir ehrlich gesagt schlecht. Natürlich gibt es auch viel Zuspruch. Und das ist auch gut so. Aber es gibt halt auch die andere Seite.

Da geht es los mit harmlosen Fragen wie „warum nicht einfach ein kreuz hinstellen?“ von Doris Stumpe. Ja warum nicht? Keine Ahnung. Vielleicht, weil ein weißes Fahrrad ein angemessenes Symbol ist, das darüber hinaus gut sichtbar ist und helfen kann, weitere Unfälle zu vermeiden?

Dann weiter: „Also wenn`s zeitlich begrenzt ist ( 3 Wochen oder so) dann soll`s eben da stehen bleiben. Alles andere ist zu viel des Guten…“ Aber warum? Warum ist es zu viel des Guten, an den Tod eines 20-jährigen zu erinnern? Und für wen ist es zu viel? Man kann da gar nicht lange genug dran erinnern, wenn es hilft, weitere Unfälle zu erinnern. Was stört dich an dem Fahrrad, Frank Wo? Es steht dir nicht im Weg, es kostet dich kein Geld. Ich verstehe es nicht!

Warum ist es zu viel des Guten, an den Tod eines 20-jährigen zu erinnern?

Leider gibt es aber noch schlimmere Kommentare. Da ist zum Beispiel Sebastian Heukamp. Er schreibt dazu: „Schwachsinn…..der nächste stellt einen Ghost- LKW auf die A1,weil da ein Trucker ums Leben kam.Nicht falsch verstehen,es tut mir für die Angehörigen leid und es ist wichtig,nicht zu vergessen-aber so?“ Wie kannst du dir anmaßen über die Art und Weise zu urteilen, wie andere Menschen um Angehörige oder Freunde trauern? Woher nimmst du dir das Recht? Ist es, weil du dich als Autofahrer angesprochen fühlst? Denkst du, du wirst in Sippenhaft genommen? Dann frage ich mich, warum du das denkst? Fährst du rücksichtslos? Das ist als Frage formuliert, nicht als Anschuldigung! Wenn du auf Radfahrer achtest, dann brauchst du dich nicht angesprochen fühlen. Dann solltest du im Gegensatz die Sache unterstützen! Als aufgeklärter Mensch sollte es dir ein Anliegen sein, dass Radfahrer im Straßenverkehr nicht ums Leben kommen!
Und was soll der Vergleich mit dem „Ghost-LKW“? Merkst du nicht selber wie bescheuert das ist? Es geht hier darum, dass schwächere Verkehrsteilnehmer durch das Einwirken von stärkeren ums Leben kommen. Ich stelle dir sofort einen Ghost-LKW auf, wenn ein LKW-Fahrer durch einen Radfahrer ums Leben kommt!

Dann Kai Dransmann: „Traurig das so etwas passiert ist. Aber es ist der größte Schwachsinn!“ und Luginoo Marciano: „Totaler Schwachsinn“ Ja, es ist traurig. Es ist sogar eine Tragödie! Aber warum musst du, Kai, an diesen Satz noch einen weiteren mit deiner gesamten Ignoranz anhängen? Wieso kannst du das nicht einfach für dich behalten? Warum musst du Angehörige und Trauernde hier noch mal extra verletzen? Was läuft falsch bei dir und Luginoo?

Dann Tony Te, der gleich mit mehreren Kommentaren auffällt: „Sorry NO GO ! Gut das nicht auf dem Weg nach Ostercappel an den vielen „Stellen“ ein weißes Auto steht !“ Wer bist du, dass du entscheiden kannst, dass es ein no go ist? Und wieso ist es gut, dass auf dem Weg nach Ostercappeln keine weißen Autos stehen? In ganz Niedersachsen stehen überdimensionierte weiße Kreuze an den Landstraßen – für tödlich verunglückte AutofahrerInnen. Stört dich das auch? Regst du dich da auch so auf? „Muss ich als Radfahrender mir immer das VORFAHRTRECHT herausnehmen … kann da der Radhersteller nicht mal was unternehmen?“ Mit Verlaub, weißt du überhaupt, was du da schreibst? Es nimmt sich überhaupt niemand ein Vorfahrtsrecht heraus. Vorfahrtsrechte sind gegeben. Der Radfahrer hat an dieser Kreuzung Vorfahrt vor dem rechts abbiegenden PKW/LKW. Wenn du das nicht verstehst, hoffe ich, dass du nicht Auto fährst! „Stelle du dich doch mal an die sogenannten Gefahrenpunkte und schau dir mal an wie die Radler da unterwegs sind ! Da sag ich mal : Gut das da nicht mehr Passiert! Und das ist Typisch für Osnabrück!“ Ach, so einfach ist das? Fünf Radfahrer über Rot gefahren, also ist der Tod eines einzelnen, der durch Fremdverschulden ums Leben kommt, nicht erwähnenswert? Außerdem habe ich bisher keinen Radfahrer gesehen, der einen anderen Verkehrsteilnehmer durch sein Verhalten in Lebensgefahr gebracht hat!

Aufkleber hinten an den LKW und schon ist der Radfahrer selbst schuld, wenn er im toten Winkel stirbt…

Oder Ben Lange: „Ich habe ich habe 7 spiegel an meinem LKW und hinten nen aufkleber (Auchtung toter winkel,sicher fahre ich nur dahinter) aber was bringen die ganzen, wenn sich kaum ein rad fahrer dran hält? !die meisten radfahrer haben glaube ich die einstellung: schwächster verkehrsteilnehmer, die anderen passen schon auf.wie gesagt mehr wie gucken und absichern können wir auch nicht.ein lkw bietet leider nun mal ne menge schlupflöcher. Und es gibt definitiv eine ganze menge lkw fahrer die rücksichtslos sind, aber das NICHT ALLE!!!“ Ja das ist aber eine schöne Vorstellung. Aufkleber hinten an den LKW und schon brauchste nicht mehr aufpassen, ne?! Der Radfahrer ist ja gewarnt. Verdammt, es gilt das Sichtfahrgebot für dich! Und wenn du nicht siehst, ob da ein Radfahrer im toten Winkel ist, dann ist es die Pflicht deines Arbeitgebers, den LKW so auszustatten, dass du alles überblicken kannst! Und hast du vielleicht die Einstellung „Radfahrer können mir im Brummi nichts anhaben, also fahr ich einfach“? Niemand hat gesagt, dass alle LKW-Fahrer rücksichtslos sind, niemand!

Auf den Punkt bringt es dann noch mal Sebastian Heukamp: „Und das ist das schöne,Julian,jeder kann seine Meinung sagen…….und nichts anderes habe ich getan!Mir wegen Abweichen von Deiner Meinung gleich Unkenntnis vorzuwerfen,ist auch Schwachsinn,allerdings ganz anderer…..“ Nein Sebastian, es ist manchmal ganz und gar nicht schön, dass heute jeder seine Meinung sagen kann. Für die Angehörigen des Opfers ist deine Meinung der blanke Hohn und zutiefst verletzend. Also warum behältst du deinen Stumpfsinn nicht einfach für dich? Gibt es keine Menschen in deinem Leben, die dir Aufmerksamkeit schenken? Musst du sie dir im Internet durch verletzende Kommentare holen? Fürchterlich!

Ach ich könnte hier noch seitenlang weiterschreiben. Aber vermutlich würden es die betroffenen Personen sowieso nicht verstehen. Und ich entschuldige mich auch gleich mal bei meinen treuen Lesern für meine Ausdrucksweise in diesem Artikel. Aber irgendwann reicht es auch mal. Diese Respektlosigkeit ist einfach ungeheuerlich! Da muss man dann mal Luft ablassen…

Ich bin auf jeden Fall froh, dass das Ghost Bike jetzt steht und es eine Menge Zuspruch erfährt. Und im Endeffekt ist es mir auch egal, was ihr ganzen Deppen so schreibt, solange der Vater des Verunglückten die Sache unterstützt. Darauf kommt es an. Und auf das Erinnern an einen traurigen Unfall und einen jungen Menschen, der viel zu früh aus dem Leben gerissen wurde. Denn darum geht es beim Ghost Bike – es ist ein Mahnmal, das an einen völlig sinnlosen Tod erinnern und weitere Unfälle verhindern soll.

11 Antworten auf „Seid doch einfach still!“

Lieber Daniel,

verstehe dich sehr gut – und ich weiß auch nicht, wie man angemessen auf solche Kommentare reagieren kann. Mir geht es auch in vielen Diskussionen so, dass Menschen nicht kategorial unterscheiden.
Hier gibt es ja offensichtlich ein Feindbild, den Radfahrer, der auf der Straßen, wenn möglich, nichts zu suchen hat. Wenn da ein Lkw in einen Pkw reingedonnert und den Fahrer tödlich verletzt hätte, sähe die Sache ganz anders aus.
In meinem Buch plädiere ich ja dafür, den Verkehr – wenigstens in Städten – vom schwächsten Verkehrsteilnehmer aus zu organisieren. Das würde die herrschende Logik umkehren.
Es sind Macht- und Gewaltverhältnisse. Und die, die in privilegierter Position sind, argumentieren nie sachlich neutral, bringen selten Empathie für die Nicht-Privilegierten auf, leugnen sogar, dass sie Privilegien haben etc. … das ist beim Rassismus genauso wie bei der Gleichberechtigung der Geschlechter.

das is aber einer angefressen :) – ich finds gut denn auch ich als radfahrer begegne genug rücksichtsloden kraftfahrern und denen würd ich auch gerne hin und wieder mal die Fr*** piieep … die haben nur glück das ein kraftfahrzeug ne bessere beschleuningung hat !

Ich verstehe natürlich den Drang, Diskussionen verbieten zu wollen, wenn es um die Trauer anderer Menschen geht. Hier aber geschieht mir das dann doch ein wenig zu faschistoid. Wer bitte bist du, anderen Menschen vorzuschreiben, wie sie mit der Trauer anderer Menschen umzugehen haben? Wer bitte bist du, andere Menschen, die anderes als du mit der Trauer anderer Menschen umgehen (hier: gar nicht) als minderwertig darzustellen? Wie gesagt, ich verstehe den Drang, hier diktatorisch walten zu wollen – aber kannst du deine Diktator-Qualitäten denn nicht für dich behalten? Dieser Artikel ist einfach nur ekelhaft menschenverachtend. Schäm dich!

Liebe Aline, wer mit der Trauer eines anderen Menschen ernsthaft umgeht, der soll in der Form dafür gerne frei sein. Wer allerdings die Trauer anderer Menschen mit Füßen tritt, der trauert nicht selbst und löst Empörung aus. Und das zurecht. Das einzig ekelhafte daran ist dein Kommentar. Es sei denn, ich habe etwas grob missverstanden. Das wünsche ich mir fast.

Aline, wenn etwas faschistoid ist, dann die Haltung: „Was soll’s, noch ein Radfahrer tot, selber schuld.“ – genau das, was Daniel kritisiert.
Jemanden als „faschistoid“ zu bezeichnen, nur weil er die gleichgültige bzw. bösartig diskriminierende Geisteshaltung bestimmter Äußerungen als solche enttarnt, zeugt wenig von Verständnis für den Begriff „faschistoid“.

Immer wieder gut. „Ghost-LKW“ zeugt doch nur davon, dass man sich nicht ansatzweise der Problematik des (innerstädtischen) Radverkehrs bewusst ist und die Aussage des Ghostbikes nicht verstanden hat.

Auch schön, dass gleich wieder die Maximalstufe der deutschen Traumata heraufbeschworen werden, wenn sich jemand bevormundet fühlt. Unter der Empörungsmaßeinheit, nennen wir das Kind doch beim Namen, 1 *** (entspricht 13,5 ***) geht´s ja nicht.

Ich finde es gut, dass es die Ghostbikes nun in unserer Stadt gibt. Es ist ein kreativer Weg auf Gefahrenstellen aufmerksam zu machen, der o.g. Problematik ein „Gesicht“ zu geben und der Verunglückten zu Gedenken.

Vielen Dank für den Artikel, Daniel.
Wenn Du die Kommentare auf Facebook bewertest, machst Du einige folgenschwere Fehler. Deine Formulierungen „Da werden Sachen hingerotzt, ohne auch nur mal eine Sekunde darüber nachzudenken.“ bzw. „Als aufgeklärter Mensch… “ legen nahe, dass Du von den Kommentatoren eine Selbstreflektierende Grundhalterung oder eine zumindest koordinierte Denk- und Handlungsweise voraussetzt.
Die meisten, die sich zu diesem Thema bei Facebook und Co. ihrer geistigen Diarrhö hingeben, dürften eine Denkweite besitzen, die bestenfalls bis zur nächsten Stoßstange reicht.
Vermutlich halten sich die entsprechenden Schreiber ohnehin für die Weltbesten Kampflenker und geistige Höhenflieger.
Eine sachliche Diskussion mittels Fakten wird bei diesen Personen schnell zu einem Kampf gegen Windmühlen.

Dein abschließendes „Aber vermutlich würden es die betroffenen Personen sowieso nicht verstehen.“ lässt mich erahnen, dass Du im Grunde zu dieser Erkenntnis bereits gelangt bist.

Im Januar diesen Jahres wurde in Hamburg ein 18 jähriges Mädchen von einem LKW überrollt.
Viele Beileidsbekundungen galten allerdings dem LKW – Fahrer, da dieser „wegen einer Scheiss – Radfahrerin“ seinen Job verlieren würde.
Über das Ghostbike gab es allerdings keine Aufregung. Offensichtlich achten die Hamburger Kampfkraftfahrer nicht aus das, was neben der Rennstrecke geschieht.
https://www.radverkehrspolitik.de/irgendwie-muss-kaethe-doch-mitschuldig-sein/

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