Die neue Dielingerstraße in Osnabrück

Beim Pressetermin der Stadt Osnabrück hatte ich mich auch kurz nach den ersten Erfahrungen mit der neuen Radverkehrsführung auf der Dielingerstraße erkundigt. Neu sind ein breiter Radfahrstreifen, ein direkter Linksabbieger für Radfahrer und großzügige ARAS an der Ampel (die auch wirklich gut sind!).

Frau Bauer, Radverkehrsbeauftragte der Stadt, sieht die Umstrukturierung als Erfolg. Man habe bisher keine Erkenntnisse über Unfälle. Das mag sein. Doch wer an dieser Stelle regelmäßig vorbeikommt, der merkt schnell, dass der neue und extra breite Schutzstreifen gerne als Haltezone oder gar Parkstreifen genutzt wird. (Rechts daneben befindet sich übrigens auch ein Parkstreifen, was die Sache nicht unbedingt besser macht.) Bilder davon gibt es genug bei „Osnabrücker Radwege“. Und auch ich konnte heute zwei machen, die gleich an den tumblr gehen werden. Das es so kommen würde, hätte man sich aber auch vorher denken können, sind dort doch hauptsächlich Geschäfte mit Lieferverkehr ansässig.

Radfahrstreifen oder Park- und Lieferzone?

Nun führen diese Falschparker vielleicht nicht gleich zu Unfällen, aber ein Ärgernis sind sie dennoch. Warum man nicht gleich komplett auf Sonderwege für Radfahrer verzichtet hat und sie auf dem kurzen Stück gleichberechtigt auf die Fahrbahn schickt, habe ich nicht ganz nachvollziehen können. Laut Bauer wäre das wieder eine neue Regelung und würde nicht ins Osnabrücker Gesamtbild passen. Auf dem vorherigen Stück der Lortzingstraße und der Hasestraße fahren Radfahrer aber gleichberechtigt auf der Fahrbahn. Erst nach dem Zebrastreifen müssen sie auf den Radfahrstreifen wechseln.

Mein Vorschlag, das Gesamtbild dahingehend zu ändern, und den kompletten Bereich innerhalb des Stadtrings zu einer Tempo-30- und damit „shared space“-Zone für Rad- und Autoverkehr umzuwandeln, wurde mit dem Hinweis auf die Kosten abgelehnt.

Für die Dielingerstraße bedeutet das also auch weiterhin, dass Linksabbieger den Radfahrstreifen verlassen müssen, nachdem sie gerade erst draufgefahren sind. (Wenn sie das wegen der Falschparker nicht sowieso schon mussten.) Denn wir reden hier von einem Straßenstück, das gerade mal 200 Meter lang ist. Autofahrer wird das dann auch wieder wundern, warum da nun doch Radfahrer vor ihnen fahren, statt auf dem Radfahrstreifen rechts.

Rauf auf den Radfahrstreifen, runter vom Radfahrstreifen. Darin liegt die Gefahr!

Dass dieser Wechsel der Spuren oft zu Problemen führt, hätte die Stadt im Übrigen wissen müssen. Gar nicht so weit entfernt: vom Stadthaus kommend in Richtung Heger Tor liegt eine der gefährlichsten Stellen für Radfahrer. Hier müssen Geradeaus-Radler eine Spur im fließenden Verkehr überwinden. Unfälle gab es genug. Nach einer Lösung sucht die Stadt seit Jahren. Und keine 500 Meter weiter in der Natruper Straße Richtung Rißmüllerplatz ist es für Linksabbieger dasselbe. Darüber hat sogar schon zeitonline berichtet.

Bei der Stadt hat man sich aber dafür entschieden, das bestehende System mit „kleinen Maßnahmen“ auszubauen. Auch wenn es nicht immer die beste Lösung ist. In der Dielingerstraße hätte man es anders machen können. Ein Testlauf mit gelben Markierungen habe zwar gezeigt, dass es finktioniere. Aber wurde auch ein Testlauf ohne alle Extra-Markierungen für Radfahrer durchgeführt?

Der status quo in Osnabrück soll mit kleinen Maßnahmen verfestigt werden.

Ich streite nicht ab, dass die Stadt etwas für Radfahrer tun will. Aber ich habe das Gefühl, dass die Verantwortlichen noch immer in alten Mustern feststecken. Ausnehmen möchte ich hier aber Frau Bauer, die wirklich gute Ideen hat und gut informiert ist. Ansonsten wird der Radverkehr meiner Meinung nach immer noch als „kleiner Bruder“ des motorisierten Verkehrs gesehen. Was die Stadt falsch gemacht hat, muss die Öffentlichkeit jetzt besser machen. Denn Personal, um die Situation zu überwachen, wird es wahrscheinlich auch wieder nicht geben. Also: Auf Radfahrstreifen darf man weder halten noch parken! Das muss kommuniziert werden, damit Radfahrstreifen wie in der Dielingerstraße wenigstens für Rechtsabbieger sinnvoll sind.

—

Hier hätte man den Rad- und Autoverkehr nicht trennen sollen:

Hier beginnt die Trennung:

Und hier geht die Trennung weiter:

Die ARAS an der Ampel gefallen!

Die Falschparker gefallen ganz und gar nicht.
Fotos: dd