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Plädoyer für die Critical Mass und den Radverkehr

Wow, was war da los in den letzten Tagen? Wie kann eine kleine Gruppe Fahrradfahrer nur für so viel Trubel sorgen? (Wobei wir das natürlich wollen. Nur nicht auf diese Art.) Die Aufregung im Vorfeld der Critical Mass Oktober hatte zwischenzeitlich hysterische Züge angenommen. Autofahrer, die die kritische Masse intuitiv als Gegner ansahen, der ihnen das Terrain streitig machen will. Ein nicht ganz korrekter Artikel auf der Homepage der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ), der wilde Kommentare mit autodidaktischem Halbwissen nach sich zog (Die Critical Mass ist eine nicht angemeldete Demonstration und es wäre eine Schande, wenn die Polizei hier nicht einschreitet.). Ein Eintrag bei Facebook, der einem Polizei-Fake-Account zugerechnet wurde. Und dann lässt sich die echte Polizei von diesem Hype auch noch anstecken! Von der eigentlichen Critical Mass will hier gar nicht erst anfangen. Den Text gab es ja schon.

Der Hype und eine kleine Gruppe Radfahrer zeigt, dass noch viel zu tun ist…

Dabei gab es eigentlich gar keinen Grund zur Panik, war im September doch alles friedlich und gemütlich abgelaufen. Ein paar Radfahrer beanspruchten die Fahrbahn mal für sich, was im Übrigen ihr gutes Recht ist, nicht nur im Verbund! Die Autofahrer hatten es auch größtenteils mit Gelassenheit genommen. Die Polizei hat sich gar nicht erst blicken lassen. Warum auch? Sie muss nicht immer alles regeln. Und darf es auch gar nicht. Sie kann den Radfahrern auch nicht verbieten die Fahrbahn zu nutzen. Dass beim letzten Mal auf circa 5 Prozent der Strecke auch mal beide Spuren blockiert wurden, ist natürlich nicht im Sinne der Critical Mass, sollte aber zu verschmerzen sein, in einer Zeit, in der größere Herausforderungen auf uns warten, als eine fünfminütige Verzögerung im Stadtverkehr. Was sowieso Alltag ist…

Der Radverkehr aber bekommt erst dann Aufmerksamkeit, wenn er dem motorisierten Verkehr die technischen Vorteile nimmt. In diesem Fall die Geschwindigkeit. Und das geht in der Gruppe eben deutlich besser als allein. Der einzelne Radfahrer wird da leider oft als Opfer gesehen, das man noch schnell mit 10 cm Abstand überholen oder beim Abbiegen ausbremsen und „übersehen“ kann.

Die Critical Mass ist eine wunderbare Form des Protest, weil hier völlig verschiedene Leute zueinanderfinden und sich zusammen für eine Sache stark machen!

Und da ist es nur logisch, dass sich die „Schwachen“ irgendwann zusammentun und für ihre Rechte eintreten. Die Critical Mass ist eine wunderbare Aktion dafür. Alles ist sozusagen „basisdemokratisch“ geregelt. Es gibt keinen Organisator, es treffen sich lediglich begeisterte Radfahrer zur gemeinsamen Ausfahrt. Wer vorne ist entscheidet wo es lang geht. So war es auch im September. Und so wird es in Zukunft hoffentlich wieder sein, ohne Polizeigroßaufgebot. Denn wir wollen keine Sonderstellung im Verkehr (die wir durch eine Polizeieskorte ja bekommen), sondern als normale Verkehrsteilnehmer wahrgenommen werden.

Interessant auch der Kommentarschreiber bei noz.de, der die Teilnehmer der Critical Mass bemitleidet, da sie „für eine Modeerscheinung“ ihre Gesundheit riskierten. Ihm sei gesagt, dass täglich Millionen von Radfahrer auf ihrem Weg zur Arbeit, zu Freunden, zum Einkaufen oder sonst wohin ihre Gesundheit riskieren, weil unzählige faule, ignorante und besserwisserische Autofahrer in ihren Blechkisten hocken und die StVO eben NICHT verstanden haben oder nichts auf sie geben, solange ihre eigenen Rechte und ihre Bequemlichkeit nicht tangiert werden.

Man sieht das täglich auf den Radwegen unserer Städte, wo Autos halten, parken oder sonst was machen. Man sieht es auch fast täglich in unseren Zeitungen, wo immer wieder von Unfällen zwischen Radfahrern und Autofahrern berichtet wird. Die Hauptschuld trifft im Übrigen in den meisten Fällen NICHT den Radfahrer. Und man sieht es zuweilen auch an der Art der Berichterstattung, wenn es wieder heißt, ein Autofahrer habe einen Radfahrer „übersehen“. So gut wie nie ist aber die Rede davon, dass der Autofahrer überhaupt nicht darauf geachtet hat, ob er den Weg eines Radfahrers kreuzt.

Dass viele Autofahrer die StVO nicht richtig kennen oder bewusst ignorieren, sehe ich jeden Tag auf Osnabrücks Radwegen…

Und weil diese Dinge leider pausenlos und überall im Land passieren, ist es wichtig, dass sich Radfahrer zusammentun und auf ihre Belange und Rechte aufmerksam machen. Und beim Schreiben dieses Textes und beim Nachdenken über die folgenschweren Dinge, die Autofahrer so zu verantworten haben, bin ich wirklich geneigt zu sagen, dass es keine Schande wäre, wenn eine Critical Mass alle Verkehrsregeln ausser Kraft setzen und den Verkehr mal richtig lahmlegen würde. Denn das machen Autofahrer ja auch täglich. Ich sage es aber nicht. Denn das wäre der falsche Weg. Die Critical Mass geht mit gutem Beispiel voran! Die Radfahrer gehen mit gutem Beispiel voran! Und so wird es hoffentlich weitergehen. Critical Mass für Critical Mass wird für den Radverkehr gefahren. Auch in Osnabrück. Den Autofahrern möchte ich sagen: Gewöhnt euch dran! Gewöhnt euch an Radfahrer! Und achtet auf sie!

7 Antworten auf „Plädoyer für die Critical Mass und den Radverkehr“

Die CM in Bremen ist am Freitag sehr ruhig und friedlich verlaufen. Neben sehr sehr vielen gelassenen (oder zumindest nicht gewaltbereiten) Blechfahrern gab es eigentlich nur einen, der seine Karre kurz als Waffe eingesetzt hat, bevor er von der Masse gestoppt wurde. Aber auch hier wird es wohl bald (wieder) mehr Hysterie geben. Die Anhänger einer obsoleten Technik und einer zynischen Ideologie merken wahrscheinlich, wie sehr sie sich selbst und gegenseitig am Fortbewegen hindern, auch wenn sie mehrheitlich ganz bestimmt nicht kapieren, dass die Tage des Automobilismus gezählt sind…

Auf Autobahnen und Landstraßen ist das Auto oftmals ein sehr effizientes Verkehrsmittel. In den überfüllten Innenstädten aber nicht. Da ist das Fahrrad (neben öffentlichen Verkehrsmitteln) einfach praktischer und sozialverträglicher als Autos (Lärm, Platz, Abgase, Staus).
Nun ist es leider so, dass mit Hilfe von Parteispenden und andere Lobbyarbeit die Auto- und Asphaltindustrie es geschafft hat, die viel zu kleinen Straßen in Städten für viel zu große (und immer größer werdende) Autos gestalten zu lassen. Der Radfahrer muss schauen wo er/sie bleibt, es gibt nur einen schwachen Lobby für den Radverkehr… aber es gibt eine Bewegung von unten, von den Bürgern auf der Straße. Das ist es wahrscheinlich, was manchen Politikern und/oder Ordnungshütern Angst macht. Dabei will diese Bewegung nur Rad fahren und will nur, dass „der Radfahrer“ ernst genommen wird im Verkehr und bei der Verkehrsplanung. Ein wenig Spaß kann man dabei auch haben, denn mit seinen Mitradlern kommt man schneller in Kontakt als Menschen, die in Autos eingeschlossen sind.
Ein Fahrrad ist ein Verkehrsmittel, kein Rekreationsgerät fürs Wochenende. Auch ein Auto ist nur ein Verkehrsmittel und keine Heilige Kuh. Leider identifizieren sich sehr viele Autofahrer mit der Marke, den Alufelgen oder die Anzahl PS ihres Fahrzeugs, werfen dem sehr viel Geld hinterher und verlieren dabei den obektiven Bezug zum Fahrzeug: Es ist nur ein Fahrzeug. Aber eins, das in den engen und vollen Städten leider zu viel Platz für sich beansprucht. Auf Kosten anderer.

Die Zeichen stehen auf Veränderung. Wer will, kann es vor allem im Web wahrnehmen. Ob der Höhepunkt des Auto-Lifecycles bereits erreicht ist oder vielleicht erst in 5 Jahren erreicht sein wird ist unerheblich. Im urbanen Umfeld ist der Niedergang des Autos vorhersehbar. Warum soll die lokale Politik dann noch jährlich 2 bis 3-stellige Millionenbeträge in dieses Loch werfen? Lebenswerte Städte wollen die Bürger. Warum will die Politik und die Verwaltung nicht umlenken? Haben die Politik und die Verwaltung die schleichende Veränderung überhaupt schon wahrgenommen? Ein bißchen vielleicht, aber nicht richtig.
Und dann kommen junge Leute auf die Idee zusammen in der Stadt Rad zu fahren. Überhaupt eine Sache, die Aufmerksamkeit verdient, wenn junge Leute sich heutzutage für einen guten Zweck engagieren.

Ich rufe die Stadt Osnabrück auf, diese Chance zu nutzen und die 2 Stunden im Monat zu geniessen, wenn eine gutgelaunte Gruppe Radfahrer durch die Stadt fährt und jeder sehen kann: Das ist das Osnabrück der Zukunft!

Schöner letzter Satz. Ich glaube auch, dass es die Stadt gar nicht mal so schlecht finden sollte, ein paar Radfahrer durch Osnabrück fahren zu sehen – immerhin hat die Stadt viele blaue Plakate aufgehangen, welche mich als Fahrradfahrer motivieren sollen. Ich bin gespannt wie es weitergeht.

Ja, es darf nicht einschlafen – das ist jetzt wichtig. Wir haben einen Monat Zeit es besser zu machen. Gut ist jedenfalls, dass es neben der Facebook-Seite auch hier mit dem Thema weitergeht – dein Blog gibt den ganzen eine echt gute Plattform. Nicht nur der CM – sondern dem Radfahren in OS allgemein. Respekt dafür!

Ich kommentiere nochmal eben selber, denn auf der Facebook-Seite der Critical Mass Osnabrück gibt es eine neue Nachricht, die u.a. ankündigt, dass es im November nun erst recht weitergehen soll. Hier der Originaltext:

Nachdem das aufregende Wochenende nun vorbei ist und nicht nur hier viel diskutiert wurde, könnte man das Verhalten der Polizei wohl durchaus als Freiheitsberaubung der Staatsanwaltschaft melden. Ob das der richtige Weg wäre, sei mal dahingestellt. Es wäre ein Zeichen, darauf zu verzichten und der Polizei die Chance zu geben, beim nächsten Mal richtig zu handeln, nämlich erstmal gar nicht, weil es dazu keinen Grund gibt!
Der Zuspruch für die Osnabrücker Critical Mass im Netz ist riesengroß, kommt sogar aus anderen Städten wie Hamburg, Bremen und Nürnberg. Die „Likes“ werden immer mehr und wir finden, dass am 29. November daher umso mehr Fahrradfreunde ihrer Leidenschaft nachgehen sollten!

Wir SIND Verkehr!

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