Einen sehr guten Artikel gab es letzte Woche auf derFreitag.de: Sind Rüpel-Radler neue Verkehrsvorbilder?

Anlass des Artikels war eine Statistik des ADFC, dass es gerade nicht die „Kampfradler“ sind, die häufig in Unfälle verwickelt werden. Sie stehen in der Unfallstatistik auf der anderen Seite. Zu Opfern im Straßenverkehr werden eher Senioren und Frauen, die mit dem Fahrrad unterwegs sind. Die Hälfte der Verunglückten ist über 60 Jahre alt.
Der Freitag fragt, ob das jetzt die Ehrenrettung der „Kampfradler“ sei und ob wir nun alle über die Straße brettern sollen, als gäbe es kein Morgen mehr? Natürlich nicht, aber das haben wir ja auch vorher nicht gemacht.

Rücksichtslosigkeit bringt also keinen Sicherheitsgewinn, wohl aber ein gesundes Misstrauen gegenüber sinnfreien Verkehrsregeln. Wer eine leere Straße trotz roter Ampel überquert, gefährdet deswegen noch nicht gleich die Verkehrssicherheit, vor allem nicht, wenn er im Gegenzug auch der grünen Ampel nicht blind vertraut.

Richtig! Vorweg: Natürlich ist eine Ampel keine sinnfreie Regel. Und ich will niemanden ermutigen, eine rote Ampel zu missachten. Man muss aber auch dazu sagen, dass es zwei verschiedene Szenarien gibt: Man kann die rote Ampel mitten in der Nacht missachten, wenn sonst niemand auf den Straßen unterwegs ist. Man kann sie aber auch mitten am Tag bei regem Verkehr missachten und trotzdem niemanden gefährden. Es ist eine Frage der Aufmerksamkeit. Und im Gegensatz zum Autofahrer liegt das Gefährdungspotenzial eines Radfahrers weit darunter. Er gefährdet in erster Linie sich selbst. Und deswegen kann man bei radfahrenden „Rotsündern“ davon ausgehen, dass sie die Lage „abgecheckt“ haben und nur dann fahren, wenn es die Situation auch wirklich zulässt. Im Übrigen erhöht das „bei Rot fahren“ manchmal auch die Sicherheit des Radfahrers. Nämlich dann, wenn er bereits kurz vor den Autos bei Rot losfährt und die Blechlawine dann im Rücken hat, anstatt sich zwischen ihr und dem Bordstein eingeklemmt wiederzufinden.

Den jüngsten Verkehrsteilnehmern kann das Festhalten an festen Regeln das Leben retten. Deshalb ist es auch fahrlässig, in Anwesenheit von Kindern die Ampel-Regel zu brechen. Unter Erwachsenen darf man aber ruhig mal zeigen, dass der Mensch einen Verstand hat.

Unbestritten! Sind Kinder in der Nähe fährt man nicht bei Rot! Das ist eine Frage der Erziehung und sollte selbstverständlich sein. Sind aber keine Kinder anwesend, kann man sich den kleinen Vorteil ruhig mal verschaffen. Und das gilt nicht nur für rote Ampeln. Auch auf Gehwegen darf man laut Gesetz nicht fahren. In vielen situationsbedingten Fällen auch schwer mit dem Verstand in Einklang zu bringen…

Um die Sicherheit der Radfahrer zu erhöhen bringt Der Freitag dann die Helmpflicht ins Spiel, um deren Sinn denn aber auch gleich wieder infrage zu stellen. Eine Helmpflicht wird nämlich genau das Gegenteil bewirken. Viele potenzielle Radler steigen bei einer Helmpflicht nämlich lieber ins Auto als auf den Sattel. Und Autofahrern wird suggeriert, dass ein Radler mit Helm gut geschützt ist und er, der Autofahrer, wiederum nicht so sehr aufpassen muss.
Im Übrigen verstehe ich nicht, warum die Befürworter einer Helmpflicht diese unbedingt gesetzlich geregelt haben wollen. Keiner verbietet ihnen einen Helm zu tragen. Das ist eine individuelle Sache, die man für sich selbst regeln kann. Das muss nicht diktiert werden.

Zurück zum Titel: „Sind Rüpel-Radler neue Verkehrsvorbilder?“ Nein, man muss sich einen radfahrenden Rot-Sünder nicht zum Vorbild nehmen. Man muss ihn aber auch nicht verteufeln, weil er seine Sinne eingeschaltet und sich einen kleinen Vorteil verschafft hat!