Osnabrück scheidet beim Fahrradklima-Test wieder schlecht ab und keiner will verantwortlich sein. Die SPD spricht „von einem systematischen Versagen“ und will „Bereiche, die nicht als sicher eingestuft werden können“, zeitnah entschärfen und schnellstmöglich umgebauen. Die FDP meint, dass die Stärkung des Radverkehrs in Osnabrück bei allen im Rat vertretenen Parteien auf der Agenda ganz oben stehe und will „die Verwaltung weiter unter Druck setzen, Fahrradstraßen umzusetzen, Radwege auszubauen, besser zu vernetzen und zu sanieren“.

Die CDU verweist auf den parteiübergreifenden Fahrradkonsens von vor zwei Jahren und wundert sich, dass breite Radwege am Wallring und neue Fahrradstraßen noch nicht umgesetzt sind. Als ob das so einfach wäre. Gleichzeitig sieht man in der Umwandlung von Fahrspuren zu Radwegen eine „Agenda der Drangsalierung von Autofahrern“ des Stadtbaurates. Und die Grünen fordern, was sie ohnehin schon seit Jahren fordern: Dem Rad- und Fußverkehr überall im Innenstadtbereich Vorrang einzuräumen und die mit dem Radverkehrsplan 2030 einhergehenden Zielsetzungen ernsthaft umzusetzen.

Es ist schön, dass jetzt alle so tun, als würden sie den Radverkehr schnell voranbringen wollen. Es wäre allerdings noch viel besser, wenn sie nicht nur so tun würden.

Es ist schön, dass jetzt alle so tun, als würden sie den Radverkehr schnell voranbringen wollen. Es wäre allerdings noch viel besser, wenn sie nicht nur so tun würden. Die Politik kommt nicht drum herum, den Verkehrsraum endlich neu aufzuteilen, wenn aus ihren Worten auch umfrageergebnisändernde Taten werden sollen. Es ist daher unehrlich, die Verwaltung dafür verantwortlich zu machen, dass sie den nötigen Platz für sichere Radwege nicht herzaubert, wo die Politik die Umwandlung von Parkstreifen und Fahrspuren verweigert.

Hinzu kommt der politische Spätstart in Osnabrück. Die parteiübergreifenden Absichtserklärungen zur Radverkehrsförderung sind ja noch recht frisch. Lückenlose Radwegnetze fallen aber nicht vom Himmel. Auch weil sie in Konkurrenz zu anderen Projekten stehen. „Das eine tun, ohne das andere zu lassen“ funktioniert bei den vorhandenen Planungs- und Ausführungskapazitäten offensichtlich nicht. Damit ist Osnabrück auch nicht alleine.

Wer jetzt wirklich Beschleunigung ins Thema bringen will, muss Prioritäten setzen und andere Projekte zurückstellen. Nüchtern betrachtet braucht kein Mensch die Erschließungsstraße im Wissenschaftspark. Auch die Atter Straße funktioniert ohne aufwendige Bahnunterführung und kann zurückgestellt werden. Die Weberstraße bekommt gerade eine neue Asphaltdecke, weil sie nicht mehr spiegelglatt war. Da dort aber ohnehin Tempo 30 gilt, hätte man mit dem alten Zustand auch noch locker leben können. Wem es ernst ist mit dem Radverkehr und der Sicherheit radelnder Bürgerinnen und Bürger, der muss Kapazitäten JETZT bündeln, Radverkehrsinfrastruktur proaktiv ausbauen und nicht erst miterledigen, wenn was für die Autos gemacht wird. Sonst wird sich beim nächsten Fahrradklima-Test in zwei Jahren nicht viel ändern.

Aber vielleicht ist das ja auch gar nicht so schlimm. Wenn sowieso immer die anderen schuld sind und man selbst eigentlich gar nichts Grundlegendes ändern will, dann sitzt es sich in der Meckerecke ganz bequem…

Radfahrstreifen am viel zitierten Wall. Wer traut sich, hier den Parkstreifen umzuwandeln und einen Radweg zu bauen, der seinen Namen auch verdient hat?