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Radverkehr

Warum ich die neue Helmkampagne des BMVI kritisch sehe

Die neue Helmkampagne des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur – oder auch des Ministeriums für Mobilität und Modernität, wie es sich neuerdings im Untertitel nennt – ist bereits ein paar Tage alt und ich hatte die zugehörige Pressemitteilung auch schon mal aufgegriffen. Eine erneute Diskussion wollte ich

Die neue Helmkampagne des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur – oder auch des Ministeriums für Mobilität und Modernität, wie es sich neuerdings im Untertitel nennt – ist bereits ein paar Tage alt und ich hatte die zugehörige Pressemitteilung auch schon mal aufgegriffen. Eine erneute Diskussion wollte ich mir eigentlich ersparen, da es keinerlei Hinweise auf eine bevorstehende Helmpflicht gibt. Da die Kampagne im Zuge des Nationalen Radverkehrskongresses in Potsdam gestern aber ordentlich an Fahrt aufgenommen hat, alle größeren Medien berichten inzwischen, möchte ich doch noch mal kurz meine Sicht der Dinge schildern.



Im Prinzip habe ich gar nichts gegen das Tragen von Fahrradhelmen. Es gibt sicher gute persönliche Gründe für den Helm, gerade wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat. Und bei Kindern allemal. Insofern bin ich absolut dafür, dass jeder einen Fahrradhelm tragen sollte, der das will. Ich bin aber gegen eine Pflicht, einen Helm zu tragen. Sie würde dem Radverkehr nämlich deutlich mehr schaden, als dass sie einzelnen Radfahrern nutzen würde. Beispiele mit abnehmendem Radverkehr bei Einführung einer Helmpflicht wurden schon oft genannt, allen voran Australien. Auf Einzelheiten und Zahlen verzichte ich an dieser Stelle mal. Nur kurz der Hinweis auf unsere in Sachen Radverkehr überaus erfolgreichen Nachbarn Dänemark und die Niederlande, die zeigen, dass Helme bei guter Infrastruktur gar nicht nötig sind. Wenn man dann allerdings solche Vergleiche von einem u.a. für den Radverkehr zuständigen Staatssekretär hört, dann schwinden die Hoffnungen auf Besserung doch enorm…

Nun ist es zwar, wie erwähnt, nicht so, dass eine Helmpflicht droht oder unmittelbar bevorsteht. Aber da die Werbung von höchster Stelle immer intensiver und kostspieliger wird (obwohl LucasFilm International die Rechte an der Figur Darth Vader hier wohl kostenfrei zur Verfügung stellt), kommt mir der Spruch „Wehret den Anfängen“ in den Sinn. Wer für den Radverkehr ist, sollte gegen eine Helmpflicht sein. Und das muss dann auch von Zeit zu Zeit kommuniziert werden, damit nicht eine Meinungshoheit auf der einen Seite entsteht, die dann später unumstößlich wirkt.

Ich würde mir Kampagnen für das Radfahren wünschen, nicht für das Helmtragen…

Was mich an diesen Helmkampagnen darüber hinaus stört, ist der finanzielle Einsatz, der da betrieben wird. Natürlich ist der nicht mit infrastrukturellen Maßnahmen zu vergleichen, da diese ungleich höher ausfallen. Aber beim Thema Radwegebau und Radverkehrsinfrastruktur muss um jeden Euro gekämpft werden. Kommunen können ein Lied davon singen – kein schönes. Hier könnte die Bundesregierung deutlich mehr Mittel zur Verfügung stellen, um in wirklich sichere Maßnahmen zu investieren. So könnte man endlich die Krankheit bekämpfen und nicht nur die Symptome.

In den Niederlanden hat man diesen Heilungsprozess schon lange hinter sich. Und für Deutschland wäre das der Weg hin zu Mobilität und Modernität, zu moderner Mobilität – ganz so wie sich das Ministerium selber sieht.

Google Screenshot
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Und hier noch meine Befürchtungen, was #DankHelm passieren wird:


19 Antworten auf „Warum ich die neue Helmkampagne des BMVI kritisch sehe“

Ich hätte vermutet, dass sich eine Kampagne „Runter vom Gas“ eher dem Thema „unangepasste Geschwindigkeit“ bei Kraftfahrzeugen widmen sollte.

Aber gut, ich hätte ws besser wissen können. „Runter vom Gas“ wurde vom BMVI und vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR)initiiert und dessen Mitglieder sind:

„Unfallversicherungsträger, Deutsche Verkehrswacht, Automobilclubs, Automobilhersteller, Versicherungen, Personenbeförderungsunternehmen, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften“

-komm auf die dunkle Seite der Verkehrssicherheit…

Leider schlecht.

Eigenes Kurzmotto positiv besetzen und formulieren! Wir sind das Ja, wir sind Mehrheit, Friede, Freiheit, Leben, Mitmenschlichkeit, Gesundheit, Blumenwiese, wir sind sogar der freie Parkplatz!

Den Disney-Bösewicht Dobrindt und den „Deutschen Vollgäsler-Rat e.V.“ mit dem verdienten Klärschlamm zu überhäufen, geht dann trotzdem noch.

Hatte ja vermutet, dass hinter der Kampange sich die Helmindustrie-Syndikat verbirgt, also Abus/Nutcase/Casco/Ked/Bell/Giro/Limar/Yakkay/Melon/Uvex und denen unterstellt, dass die nur Geld machen wollen.

Aber die Dunkle Seite ist mächtiger als ich dachte…
“Unfallversicherungsträger, Deutsche Verkehrswacht, Automobilclubs, Automobilhersteller, … Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften”

Gut dass wir alle wissen, das die Rebellen (Radfahrern) gewinnen werden! Die haben sich mit Darth Vader für die Aktion den Falschen ausgesucht. Der starb doch bekanntermaßen obwohl er einen Helm trug!
Außerdem wird er von den Vorzeige-Rebellen verschont und verbündet sich mit jenem um seinen ehemaligen Mentor und Geldgeber (BMVI) zu vernichten nachdem der versuchte den Rebellen zu schädigen …

Wir können ja alle fleißig bei deren Umfrage mitmachen … die URL!
http://runtervomgas.de/umfragen/fuer-runter-vom-gas-setzt-sich-mit-darth-vader-der-beruehmteste-helmtraeger-der-galaxie-dafuer-ein-dass-mehr-radler-einen-kopfschutz-tragen-wie-halten-sie-es-mit-dem-fahrradhelm-0605-05062015/

Habt ihr gesehen, dass man bei der Umfrage beliebig oft klicken kann? Einfach wieder oben auf „aktuelle Umfrage“ und nochmal :P

„In den Niederlanden hat man diesen Heilungsprozess schon lange hinter sich. Und für Deutschland wäre das der Weg hin zu Mobilität und Modernität, zu moderner Mobilität.“

Nur mal um zu zeigen, wie weit die Nachbarn uns voraus sind.
Hollands Tourismusbranche hatte 2014 eine Kampange für uns Deutsche veranstaltet über „Radfahren auf Holländisch“
http://www.radfahren-auf-hollaendisch.de/film.php

Wurde mit 180000 Euro finanziert und zu gewinnen gab es auch etwas:
http://www.basil.nl/de/neues/?id=173

Sei ein Jedi! Fahr Fahrrad!

Oder wie Joda sagen würde: Fahrrad fahren stets Du musst, um erlernen die helle Seite der Macht.

Hat ja auch ewig gedauert bis beim Profiradsport die Helme zur Pflicht wurden. Man sollte es bei einer Empfehlung belassen, wozu Geld für solche Kampangnen opfern?
Mal schauen was noch kommt, gegen Gurtpflicht und Airbags bei Autos gab es ja auch Ablehnung und das nicht zu knapp.
Aber macht was ihr wollt ich fahr sowieso mit Helm.

> Im Prinzip habe ich gar nichts gegen das Tragen von Fahrradhelmen.

Ich inzwischen schon.

> Es gibt sicher gute persönliche Gründe für den Helm,
> gerade wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat.

Welche sollen das denn sein? So ziemlich jede „schlechte Erfahrung“, die in meinem Bekanntenkreis in den letzten Jahren gemacht wurde, hätte ein Helm auch nicht verhindert. Umgekehrt wird man immer wieder dumm angeguckt und nicht ernst genommen, wenn man Helme für Autofahrer ins Spiel bringt. Das Risiko ist trotz Knautschzone, Gurt und Airbag vergleichbar! Beim Auto und beim Zufußgehen wird es in Kauf genommen, beim Fahrrad wird Angst geschürt. Wird beim Fußgänger auch noch kommen, wenn das so weitergeht. Gegen verzerrte Riskowahrnehmung reagiere ich zunehmend empfindlich.

> Und bei Kindern allemal.

Nein, gerade bei Kindern nicht. Sie müssen Motorik und Körpergefühl entwickeln. Ein Helm steht dem entgegen. Und manifestiert bereits im frühen Alter die irrige und irrationale Vorstellung, das Radfahren eine besonders gefährliche Tätigkeit sei.

> Insofern bin ich absolut dafür, dass jeder einen
> Fahrradhelm tragen sollte, der das will.

Dann sollte man aber so konsequent sein und das dann auch im Auto tun. Das ist dann lächerlich? …
Und spätestens, seitdem es Gerichtsurteile gibt, die darauf fußen, dass die Anrechnung einer Teilschuld an den Unfallfolgen nur deswegen noch nicht statthaft sei, weil das Helmtragen beim Radfahren noch nicht ausreichend verbreitet sei, trägt jeder Helmträger dazu bei, dass der Zwang zum Helmtragen für jeden gilt und die perverse Schuldanrechnung auf die Opfer greifbarer wird.

Man muss endlich ‚mal aufhören, diese Fahrradhelmtragen als so vernünftig und harmlos abzutun. Solange jährlich weitaus mehr Leute durch Treppenunfälle und dadurch verursachte Kopfverletzungen sterben als Radfahrer (unabhängig von der Art der Verletzung) tödlich verunglücken, ist diese ganze Helmsache ein irrationales und sich zum sozialen Zwang entwickelndes Resultat einer albernen Angst und Anpassung an den Moloch Autoverkehr, der im Gegenzug auf gar nichts mehr Rücksicht nehmen muss.

In den anderen Punkten: d’accord.

Ministerium für Mobilität, soso … das schreit ja förmlich nach einer Parodie im Stil von „1984“. Das Ministerium hieße dann „Minimob“ und würde eine großangelegte Gehirnwäsche mit Sprüchen wie „Helmpflicht ist Freiheit“, „Warnkleidung ist Sicherheit“ etc. betreiben. Ist von der Wirklichkeit wohl gar nicht mehr so weit entfernt.

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