Nach meinen Gedanken zu Schutz- und Radfahrstreifen, die in die „Dooring“-Zone von parkenden Autos gebaut wurden, kam es bei Twitter zu einer kleinen Diskussion, ob eben diese Fahrradinfrastruktur überhaupt zu begrüßen sei. Ich sage eindeutig ja! Denn obwohl auch ich gut ohne sie leben könnte und sowieso fast immer auf der Fahrbahn fahre, weiß ich auch um die Ängste oder Sorgen anderer Radfahrerinnen und Radfahrer, die vielleicht nicht so bewusst und selbstbewusst Rad fahren. Und auch und gerade diese gilt es zu motivieren, das Auto stehen zu lassen und mit dem Rad zu fahren. Und gerade bei dieser Frage sollte vieles recht sein, was den Umstieg erleichtert.

Natürlich kann man mit dem guten Argument kommen, dass die Trennlinie eines Radfahrstreifens AutofahrerInnen als Orientierung dient, an der sie entlang fahren können. Diese Linie hebt aber den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestüberholabstand zu RadfahrerInnen nicht auf. Insofern zieht hier auch nicht das Argument, dass Radfahrstreifen Menschen gefährden. Die Gefahr geht ja nicht von dem Streifen aus, sondern von den AutofahrerInnen, die mit zu geringem Abstand überholen. Das kommt auch ohne Schutz- oder Radfahrstreifen vor. Insofern sollte man hier meiner Meinung nach also AutofahrerInnen aufklären und nicht ängstliche RadfahrerInnen auf die blanke Fahrbahn entlassen. Denn das könnte das Ziel konterkarieren – nämlich dann, wenn diese doch lieber aufs Rad verzichten.

Dennoch müssen rein infrastrukturelle Probleme berücksichtigt werden. Dieser Einwand ist nicht von der Hand zu weisen. Die Fahrbahn muss überhaupt erst mal so breit sein, dass RadfahrerInnen auf dem Radfahrstreifen mit dem Mindestabstand überholt werden können. Eine andere Frage ist die Kombination von Radfahrstreifen und Parkstreifen daneben, die ich hier aufwerfe.

Wenn die Menschen Situationen als wirklich definieren, sind sie in ihren Konsequenzen wirklich.

Die Problematik ist aber praktisch dieselbe wie beim Hochbordradweg. Wir, die wir uns täglich mit dem Radfahren beschäftigen, wissen um die Gefahren, die auf dem Hochbordradweg lauern und meiden ihn daher wo wir nur können. Auf der anderen Seite stehen aber die vielen Freizeit- und Alltagsradler, die sich auf dem Hochbordradweg sicherer fühlen. Auch wenn es nur ein subjektives Sicherheitsgefühl ist. Man wird es nicht so leicht aus den Köpfen heraus kriegen. Es ist wie beim Thomas-Theorem: Wenn die Menschen Situationen als wirklich definieren, sind sie in ihren Konsequenzen wirklich. (W. I. Thomas und D. S. Thomas) Ein Radfahrer, der den Hochbordradweg als sicherer empfindet, der wird ihn benutzen. Egal was wir alle sagen.

Um das zu ändern, bedarf es viel Aufklärungsarbeit. Ich bin mittlerweile schon so weit, dass ich sage: „Lasst die Hochbordradwege bestehen, wo es geht. Entfernt aber die Benutzungspflicht.“ Dann kann jeder für sich entscheiden, wo er lieber fährt. Und wenn die Einsicht wächst, dass die Querungspunkte an den Hochbordradwegen wirklich gefährlicher sind als das Fahren auf der Fahrbahn, dann kann man über das Zurückbauen nachdenken.

Die wichtigste Frage: Wie können wir den Radverkehrsanteil in unseren Städten erhöhen?

Und wenn die Schutz- und Radfahrstreifen RadfahrerInnen helfen und sie zum Radfahren motivieren, dann sollten wir sie Ihnen „an die Hand“ geben, bzw. auf die Straße malen. Denn die wichtigste Frage sollte doch sein: Wie können wir den Radverkehrsanteil in unseren Städten erhöhen? Und wenn es nicht DIE eine Antwort gibt, dann müssen wir halt mehrere Antworten geben, die sich an alle potenziellen Radfahrerinnen und Radfahrer richten – nicht nur an die, die sowieso schon regelmäßig unterwegs sind!

Übrigens auch ein nettes Argument für eine eigene Infrastruktur: