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Geschwindigkeit auf Gehwegen in Niedersachsen

Hier im Blog gab es ja kürzlich eine kleine Diskussion über die richtige Geschwindigkeit auf für den Radverkehr freigegebenen Gehwegen. Ich hatte den Leitfaden Radverkehr des Landes Niedersachsen, sowie die Straßenverkehrsordnung und die zugehörigen Verwaltungsvorschriften so interpretiert, dass dort kein generelles Schritttempo gilt. Und wie aus einer Antwort der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr hervorgeht, trifft das nun zumindest für Niedersachsen zu:

„Die Ausführungen im Leitfaden Radverkehr zur Fahrgeschwindigkeit auf Gehwegen, die für den Radverkehr frei gegeben sind, beruhen auf Abstimmungen meines Hauses mit dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (MW).

In der StVO ist klar definiert, dass Radverkehr Gehwege nur nutzen darf, wenn dies durch ein Zusatzzeichen erlaubt ist. Die Freigabe des Gehweges für den Radverkehr durch Zeichen 239 mit Zusatzzeichen ‚Radverkehr frei‘ kommt nur in Betracht, wenn dies unter Berücksichtigung der Belange der Fußgängerverkehrs vertretbar ist. In den Verwaltungsvorschriften zur StVO aus dem Jahr 2009 heißt es: „wird bei Zeichen 239 durch Zusatzschild Fahrzeugverkehr zugelassen, so darf nur Schrittgeschwindigkeit gefahren werden.
In den aktuellen StVO-Verwaltungsvorschriften aus dem Jahr 2013 ist dies etwas weicher formuliert: „Ist durch Zusatzzeichen die Benutzung eines Gehwegs für eine andere Verkehrsart erlaubt, muss diese auf den Fußgängerverkehr Rücksicht nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig muss der Fahrverkehr warten; er darf nur Schrittgeschwindigkeit fahren.

Dies wird von der Niedersächsischen Straßenbauverwaltung gem. o.a. Abstimmung mit MW wie folgt interpretiert:

  • Der Fußgängerverkehr hat auf dem Gehweg immer Vorrang.
  • Wenn kein Fußgängerverkehr auf dem Gehweg (in der Nähe) ist, darf der Radverkehr schneller als Schrittgeschwindigkeit fahren. Er muss die Geschwindigkeit allerdings so wählen, dass er auch bei unvorhergesehener Begegnung mit Fußgängerverkehr (z.B. Kinder laufen hinter einem Sichthindernis hervor) jederzeit rechtzeitig anhalten kann.
  • Wenn ein Radfahrer einen Fußgänger überholt, darf er nicht wesentlich schneller sein als der Fußgänger. Ebenfalls darf der Fußgänger nicht gefährdet werden. Der Radfahrer muss beim Überholen oder bei der Vorbeifahrt an entgegenkommenden Fußgängern jederzeit in der Lage sein anzuhalten.

Ich hoffe, dass die vorstehenden Ausführungen Ihre Fragen beantworten.“

Ja, das konnten Sie. Ich muss meine Geschwindigkeit also den Gegebenheiten anpassen und nicht generell Schritttempo fahren!

7 Antworten auf „Geschwindigkeit auf Gehwegen in Niedersachsen“

Die Radwegenebutzungspflichten gehören innerorts schrittweise und ausnahmslos abgeschafft, ferner eine Fahrbahnbenutzungspflicht eingeführt. Fahrräder sind Fahrzeuge, sie gehören von dem Fugängerverkehr getrennt.
Der §2 der STVO muss innerorts ausnahmslos angewendet werden, also die VZ 237, 240 und 241 verbannt.
Das muss natürlich Schritt für Schritt erfolgen und das Ziel FahrRAD – FahrZEUG – FahrBAHN mit Infokampagnen und Werbung umfassend formuliert werden.
1. Schritt: In Tempo-30-Zonen Verbot des Radfahrens auf den Fußwegen mit noch vorhandenen baulich abgesetzten Radwegen.
2. Schritt: VZ 239 mit Zusatz Radfahren frei abzuschaffen, wodurch Fußwege wieder reine Fußwege werden.
3. Schritt: Abschaffen von VZ 240
4. Schritt: Abschaffen von VZ 241
Und das alles begleitet von Baumaßnahmen für den Radverkehr auf den innerörtlichen Fahrbahnen und außerörtlichen Radwegeverbindungen.

Wie wäre es wenn wir das analog auf die Benutzung der Fahrbahn übertragen:

Der Radverkehr hat auf der Fahrbahn immer Vorrang.
Wenn kein Radverkehr auf der Fahrbahn (in der Nähe) ist, darf der Autoverkehr schneller als Radgeschwindigkeit (> 20 km/h) fahren. Er muss die Geschwindigkeit allerdings so wählen, dass er auch bei unvorhergesehener Begegnung mit Radverkehr (z.B. Mountainbiker saust hinter einem Sichthindernis hervor) jederzeit rechtzeitig anhalten kann.
Wenn ein Autofahrer einen Radfahrer überholt, darf er nicht wesentlich schneller sein als der Radfahrer. Ebenfalls darf der Radfahrer nicht gefährdet werden. Der Autofahrer muss beim Überholen oder bei der Vorbeifahrt an entgegenkommenden Radfahrern jederzeit in der Lage sein anzuhalten.
;-)

Hm, also ich stoße gerade zufällig darauf und bin schon ein wenig verwundert, dass die Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr hier anscheinend meint, die Anlage zur StVO könne landesweit abweichend vom Bund interpretiert werden. Ich hatte vor 5 Monaten noch beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat nachgefragt und folgende Antwort erhalten:

„Sehr geehrter Herr …,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an der Arbeit des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR).

Angefügt finden Sie einen Auszug aus der aktuellen StVO zum § 41 – Vorschriftzeichen. Für Ihre Fragestellung interessant ist hier das Zeichen 239. Zu diesem Zeichen hat es in der Vergangenheit eine Änderung gegeben. Die von Ihnen zitierte Presseinfo des DVR „Mehr Sicherheit und Flexibilität für Radfahrer“ stammt aus dem Jahr 2009. Damals galt die ausschließliche Schrittgeschwindigkeit für Fahrzeugführer auf Gehwegen nicht. Sie ist aber in der aktuellen StVO wieder aufgenommen worden, sodass Sie mit Ihrer Überzeugung, dass auf diesen Wegen grundsätzlich immer Schrittgeschwindigkeit gilt, richtig liegen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und stehe bei Rückfragen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen“

Scheint irgendwie kompliziert zu sein dieses Thema. Das einfachste wäre definitiv, die Radwegbenutzungspflicht generell abzuschaffen, so dass ein blaues Radwegschild einfach nur noch sagt „das ist ein Radweg“ (ohne den Zusatz „hier darfst Du nicht auf die sichere Fahrbahn“). Dann müsste man sich nahezu gar nicht mehr mit für Radfahrer freigegebenen Gehwegen herumschlagen, die ja jetzt verstärkt beschildert werden, wo vormals gemeinsame Geh-/Radwege beschildert waren.

Tja, du hast recht. Kompliziert ohne Ende…
Aber was kann man schon gegen deutsche Behörden tun? Ich warte hier seit zwei Monate auf die Aufhebung einer Benutzungspflicht in einer Tempo-30-Zone, wo sie gar nicht angeordnet werden darf…

Hallo Daniel, ich hatte mich übrigens bei der fraglichen Mitarbeiterin des DVR vorher versichert, dass ich sie mit dieser Aussage in öffentlichen Diskussionsforen zitieren darf. Es war also nicht nötig, ihren Namen zu entfernen. :)

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