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Osnabrück Radverkehr

Unfallstatistik: Wenn einer schuld ist, dann jawohl der Radfahrer!

[Mit Update ganz unten.]

Es ist wirklich jedes Jahr dasselbe. Die Polizei veröffentlicht die Unfallstatistik des Vorjahres und Journalisten tippen drauf los, dass Radfahrende über den Daumen bei jedem zweiten Unfall Hauptverursacher sind. In der Folge entwickelt sich eine Spirale des Victim Blaming, an dessen Ende man denken könnte, Radfahrende haben nichts anderes verdient, als angefahren zu werden.

Dieses Jahr ging es in der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) mit einem Artikel „Immer nur Opfer? – So oft tragen Osnabrücks Radfahrer die Hauptschuld bei Unfällen“ los (astreines Click-Baiting á la NOZ übrigens), wo man erfahren konnte, dass in 51 Prozent der Unfälle Radfahrer die Hauptunfallverursacher waren. Unter den Pedelec-Fahrern waren es 46 Prozent.

Grundsätzlich gab es bei über 4.052 Unfällen im Stadtgebiet Osnabrück insgesamt 462 mit Fahrrad- und Pedelecbeteiligung, wovon etwa 230 Unfälle den Rad- und Pedelecfahrenden angelastet werden. Das sind insgesamt etwa 11,4 bzw. 5,7 Prozent aller Unfälle. Dass die Polizei die Zahlen nur bei den Radfahrern so genau auseinanderklamüsert und in ihre Pressemitteilung aufnimmt, nehme ich noch wohlwollend als Hinweis hin, dass hier etwas passieren muss, damit sich was ändert. Autos haben halt Unfälle. Naturgesetz. Muss man nicht genauer betrachten.

Überraschung: An 100 Prozent der Alleinunfälle waren allein die Radfahrenden schuld.

Irgendwann scheint dann aber aufgefallen zu sein, dass man bei den Radfahrern ja vielleicht mal die Alleinunfälle rausrechnen muss, um ein aussagekräftiges Bild Unfälle von Radfahrenden mit anderen Verkehrsteilnehmenden zeichnen zu können. Also wurde von der NOZ ein zweiter Artikel nachgelegt. Unter die Überschrift „Das sind die am häufigsten erfassten Vergehen der Radfahrer in Osnabrück“ mogelt sich dann ein entscheidendes Zitat der Polizei Osnabrück, das auf Nachfrage der NOZ geliefert wurde: „Beteiligte bei Alleinunfällen gelten immer als Hauptverursacher.“ (Wobei man auch hier noch untersuchen könnte, ob nicht die Infrastruktur eine Rolle spielt. Als Radfahrer kann man ja auch durch von Wurzeln hochgedrückten Steinen stürzen. Wer trägt dann die Hauptschuld?)

Weiter heißt es im Artikel: „Möchte man also wissen, an vielen Unfällen Radfahrer die Schuld an Unfällen mit anderen Verkehrsteilnehmern haben, muss die Zahl der Fahrradunfälle ohne Fremdeinwirkung herausgerechnet werden.“ Zwar sei diese Auswertung laut Polizei Osnabrück leider nicht möglich (auch ich habe da noch keine Rückmeldung, nachdem ich bereits nach dem ersten NOZ-Artikel bei der Polizei angefragt hatte), aber es gibt bei der NOZ immerhin den Verweis auf bundesweite Zahlen. Demnach sind Radfahrer bei Unfällen mit Autos nur zu 23,4 Prozent Hauptverursacher, bei Unfällen mit Lkw sogar nur zu 18,8 Prozent (mit Fußgängern zu 59,5 Prozent und Krafträdern zu 51,7).





Das lässt die ganze Statistik schon in einem ganz anderen Licht erstrahlen. Das Kind war da aber natürlich längst in den Brunnen gefallen. In den Kommentarspalten hatte die übliche Dynamik eingesetzt und sogar Leserbriefe haben es ins Blatt geschafft. Einer davon kommt von Ludwig S. und eine kurze Google-Suche ergibt, dass der gute Mann inzwischen 83 Jahre alt ist. Das bestätigt meine Vermutung beim Lesen, dass er verkehrstechnisch in den automobilen 1950er und 1960er Jahren sozialisiert wurde und aus der damaligen Denke, das Auto stehe nun über allem, auch nicht mehr herausgefunden hat. „Vielleicht sollten sich die Radfahrer darüber im Klaren sein, dass sie die schwächsten Teilnehmer im Straßenverkehr sind. Wenn ich der Schwächste bin, muss ich besonders vorsichtig sein und auch notfalls auf meine Vorfahrt verzichten. (…) Ich halte es mit der Devise, der Schwächere und Klügere gibt nach. Vielleicht hilft meine Anregung, dass einige Radfahrer ihre Fahrweise überdenken.“

Der Schwächste muss am vorsichtigsten sein. Das Recht des Stärkeren halt…

Herr S. scheint mir das Musterbeispiel für das Recht des Stärkeren zu sein. Ich kann ihn mir sehr gut im Auto vorstellen, wie er einen vorfahrtberechtigten Radfahrer sieht, sich aber denkt, dass dieser ihn schon vorbeilassen wird. Schließlich ist der Radfahrer ja schwach und klug. Oder wie er einen Radfahrer mit 20 Zentimetern Abstand überholt, weil das ja passt und der schwache (und vielleicht doch nicht so kluge?) Radfahrer ja sowieso noch weiter rechts hätte fahren können (allerdings nicht dürfen, weil man Abstand zum Fahrbahnrand halten muss. Aber das war 1958 vielleicht noch anders).

Natürlich muss ich als Radfahrer vorsichtig sein. Aber muss ein Autofahrer, von dem viel mehr Gefahr ausgeht, nicht noch viel vorsichtiger sein? Ohnehin hinkt die Argumentation gewaltig. Bei einem Unfall, bei dem der Radfahrer nicht auf seine Vorfahrt verzichtet hat, ist er ja definitiv nicht der Unfallverursacher. Herr S. erwartet hier also grundsätzlich eine devote Fahrweise von Radfahrern, die Autofahrern bitteschön nicht in die Quere kommen sollen. Ob sie Vorfahrt haben oder nicht.

Es steht außer Frage, dass es auch Radfahrende gibt, die sich mitunter nicht an Regeln halten. Wenn man Fehlverhalten und daraus resultierende Unfälle aber bewerten will, dann muss man schon genau hinschauen. Aber wie gesagt, es ist jedes Jahr wieder dasselbe…

Update 3. Mai 2021

Ich habe nun doch noch Zahlen von der Polizei bekommen. Danke dafür. Und daraus ergeben sich 104 Alleinunfälle – 81 bei Rad- und 23 bei Pedelecfahrenden. Zieht man die bei der Zahl der Unfallverursacher ab, was man tun sollte, wenn man die Schuld- und Präventionsfrage näher beleuchten will, bleiben nicht mehr 230 sondern „nur“ noch 126 übrig. Und damit ändert sich auch die oben so kritisierte Prozentzahl deutlich: Rad- und Pedelecfahrende sind jetzt nicht mehr an rund der Hälfte der Unfälle schuld, sie trifft zusammengenommen „nur“ in 27 Prozent der Unfälle mit Fremdbeteiligung die Schuld.

Aber wer liest das jetzt schon noch? Ludwig S. bestimmt nicht. Das Bild der „Kampfradler“ und „Rad-Rowdies“ hat man sich mit der irreführenden Zahl in der ersten Berichterstattung längst wieder bestätigt. Und statt sich bei Verkehrskontrollen mit dem Schwerunkt Radverkehr die Hauptverursacher genauer anzuschauen (eben nicht die Radfahrenden), wird dann wahrscheinlich wieder geguckt, ob auch wirklich alle Reflektoren und eine Klingel am Rad sind.

21 Antworten auf „Unfallstatistik: Wenn einer schuld ist, dann jawohl der Radfahrer!“

„Irgendwann scheint dann aber aufgefallen zu sein, dass man bei den Radfahrern ja vielleicht mal die Alleinunfälle rausrechnen muss, um ein aussagekräftiges Bild Unfälle von Radfahrenden mit anderen Verkehrsteilnehmenden zeichnen zu können.“
Ja, die jährliche Desinformation durch die Polizei. Warum nur fehlt in der Statistik immer als Vergleichszahl die Hauptverursacherquote für KFZ Führer ? Die liegt noch höher die die von Radfahrern.

1. Alleinunfälle von Radfahrenden sind häufig Stürze, die auch von schlechter Radverkehrsinfrastruktur verursacht sein können. Solche Ursachen sollte eine aussagekräftige Unfallstatistik transparent abbilden, finde ich.

2. Die absolute Zahl der Radfahrunfälle ergibt meines Erachtens nach noch kein Bild oder eine Trendaussage, wenn sie nicht zur Gesamtzahl aller Radfahrenden in Relation gesetzt wird. Überall in der Berichterstattung ist ja von einem Pedelec-Boom und einer generellen, pandemiebedingten Zunahme des Radverkehrs die Rede. Dazu liegen (außer vielleicht in Hamburg, wo es infrarotgesteuerte Zählstellen gibt) in der Regel jedoch keine Informationen vor.

Für eine seriöse, statistische Betrachtung und Berichterstattung (, die man von Polizei und kostenpflichtigen Qualitätsmedien sicher erwarten darf) wäre aber beides erforderlich, denke ich.

… und das Perfide der NOZ bestand für mich insbesondere darin, dass dieser Artikel über „Radfahrer als Hauptverursacher“ direkt neben den Bericht über die Poolnudel-Demo (Überschrift „Radfahrer fordern mehr Platz“) zu stellen. Da zieht man als Autofahrer doch gern den Schluss: „Diese Hauptunfallverursacher fordern jetzt auch noch mehr Platz, eine Unverschämtheit!!“ Das lediglich auf die Einhaltung bestehender Gesetze hingewiesen werden sollte, geht dabei völlig unter.

In Braunschweig ist heute gerade Fahrraddemo von FFF, ADFC, und weiteren Umwelt- und Fahrradorganisationen. Auf einer Hauptstraße mit zwei Spuren pro Richtung wird eine Fahrspur als temporäre Protected-Bike-Line benutzt. Genau daneben ist jedoch schon ein breiter asphaltierter Zweirichtungsradweg…. Demo für nix, Gejammer auf höchstem Niveau.
ich denke, die Aktion wird bei Autofahrern auch nur Unverständnis und Kopfschütteln hervorrufen und keinesfalls für mehr Akzeptanz werben.

Und wenn wie vor einigen Jahren ein Notfall- oder Polizeieinsatz auf der Strecke der Demo-Route ist, zeigt es sich ganz schnell, dass man die zwei Fahrspuren benötigt, damit Einsatzfahrzeuge durch kommen. Beim letzten Mal wurde nämlich ein Rückstau von einigen 100 Metern verursacht, weil ein Polizeiwagen explizit die verbliebene Fahrspur blockiert hat, um den temporären Radweg für die Demonstranten nicht zu behindern. Der ADFC udn die Zeitung berichtete in höchsten Tönen vn der Aktion, wie toll alles war, nur der Vorfall mit dem Polizeiwagen und dem verursachten Stau wurde konsequent verschwiegen.

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht mehr, ob der Haufen von Fahrradaktivisten hier überhaupt noch ernst zu nehmen ist.

das Zeitungsbild der Aktion kann jeder für sich interpretieren:
https://www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article232182261/Braunschweigs-Radfahrer-protestieren-fuer-mehr-Platz.html
(Der restliche Bericht ist leider hinter einer Paywall)

Ungefähr auf 1 bis 1,5km länge wurde hier ne Fahrspur zur Bike-Lane für 4 Stunden. der Abschnitt zwischen den Köpfen der beiden Damen ist offensichtlich leer, nur ein Teilnehmer zu sehen, dort besteht jedoch schon ein breiter Zweirichtungsradweg.
Ich war nicht vor Ort, weil ich einfach keinen Sinn darin sehe, mich an sowas zu beteiligen.

Es hat hier jedenfalls keinen Zweck mehr sich mit den Pedelec-Fahrradgruppen jenseits der 70 zu treffen um über akute Radwegprobleme zu sprechen und sich zu organisieren.
Getoppt wird das Ganze nur noch von den vielen Besoffnen und Kiffern während der Critical Mass.

WAS ?????
Radfahrende haben tatsächlich indirekt einen RÜCKSTAU beim AUTOVERKEHR verursacht?
Zur Hölle mit denen !!!!!
Mindestens die jeweilige im Land verfügbare Höchststrafe aussprechen!
Und klar: Zweirichtungswege sind das Mittel der Wahl für den Radverkehr, zwar gibt es jede Menge zusätzlicher oft tödlicher Unfälle durch derart erzwungenen Linksverkehr, aber was solls:
Hauptsache der Autoverkehr rollt ungestört.

psst, mir gehts nicht um den Individualverkehr, sondern um ÖPNV, Notfallfahrzeuge, Feuerwehr, Krankenwagen, welche dann drin stecken würden, wenn der kleine Fahrradclub Nimmersatt mit seine Forderungen durchkommt und statt des gesicherten Radweges (engl.: Protected Bike Lane) oberhalb des Borsteines eine von zwei Fahrspuren zur Protected-Bike-Lane (zu deutsch: gesicherter Radweg) umgebaut würde.

Und Zweirichtungsradwege mag ich auch nicht, wegen der erhöhten Unfallgefahr, weil Kraftfahrer nicht mit Radfahrern von rechts rechnen, uvm.

Daniel : die Aussage mit dem Victim Blaming ist relativ dünnes Eis – jedenfalls solange wie sich die Fahrradfraktion nicht mal ausdrücklich von den Verkehrsrowdys in den eigenen Reihen distanziert.
Zumal ich mich peinlicherweise noch daran erinnern kann das auch die Berichterstattung über eine Radfahrerkontrolle an der Katherinenstr als Victim Blaming bezeichnet wurde .
Generell gilt – Es hat sich jeder an die Spielregeln im Verkehr zu halten- egal wie oder womit er/sie/es unterwegs ist …. und damit hätten wir vermutlich schon mal 50% weniger Unfälle…..

„Fahrradrowdies“ – klingt noch nach dem guten alten Ramsauer mit seinen „Kampfradlern“. Wie gesagt: 11% der Unfälle haben Fahrradbeteiligung und die Alleinunfälle sind noch nicht herausgerechnent. Von wegen 50% weniger Unfälle, wenn sich jeder an die Spielregeln hält. Was für ein Nonsense.
Darüber hinaus wurde wieder einmal in Statistik und Unfallberichterstattung vergessen, dass das Fehlverhalten von Radlern fast immer ausschließlich eine Selbstgefährdung mit sich bringt, wohingegen das Fehlverhalten von Autofahrern andere Menschen gefährdet, verletzt oder tötet. So viel zu Rowdies.

Die Aussage des Oberwachtelmeisters in dem nachgeschobenen Artikel, dass das Herausrechnen der Alleinunfälle nicht möglich wäre, ist entweder schlicht gelogen oder das Resultat einer – nennen wir es mal – großen Unwissenheit. In der Polizeistatistik sind auf S.4 sehr wohl jeweils ein getöteter Fahrrad- und ein Pedelecfahrer als alleinverunfallt aufgeführt. Woher wissen die das denn?

Übrigens die Sätzt auf S.6 der Statistik:“Bei den registrierten Unfällen mit Pedelecs setzten die Fahrer in 54 % der Fälle die Hauptursache für den jeweiligen Unfall. Bei normalen Fahrradfahrern waren es 52 %.“, an dem sich der erste NOZ-Artikel aufhängt, kommt in der Plizeistatistik einfach aus dem Blauen. Es gibt dazu keine Angaben über die Beteiligten, so dass man nicht nachvollziehen kann, wie viel PKW-, Motorrad- und Lastwagenfahrer sowie Fußgänger beteiligt bzw. Verursacher waren.

Im NOZ-Artikel wird also nicht hinterfragt, wie irgendwelche Aussagen in der Polizeistatistik zustande kommen. Es wird einfach abgeschrieben… Qualitätsjournalismus eben….

Das die NOZ hier Click-Baiting betreibt ist eine Annahme. Es kann auch sein, dass die eigene Haupt-Klientel der Aufo fahrenden, alten weißen Männer gebauchpinselt wird.
Übrigens wird die NOZ wegen der CDU hörigen Hofberichterstattung auch Niedersachsenkurier genannt.
Wie auch immer, auf jeden Fall werden durch diesen Artikel jede Menge Unentschlossene vom Umstieg auf das Fahrrad abgehalten. Danke Niedersachsenkurier!

Wenn wir mal die offiziellen Bundesweiten Unfallstatistiken von 2019 anschauen (https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/Publikationen/Downloads-Verkehrsunfaelle/verkehrsunfaelle-jahr-2080700197004.pdf?__blob=publicationFile)
gibt es auf Seite 99 eine Tabelle wo Hauptverursacher (1. Beteiligte) von Unfällen mit Personenschaden und deren Unfallgegner ( 2.Beteiligte aufgelistet werden. Da findet man dann 25 566 Alleinunfälle von PKW-Fahrern und 152034 Unfälle mit einem Unfallgegner also 177 600 Unfälle mit Personenschaden, die von PKW-Fahrern verursacht worden sind. Dann gab es 108 913 Unfälle mit PKW als Unfallopfer, davon 76112 die ebenfalls von PKW verursacht wurden. Bleiben damit 32 801 Unfälle mit anderen VT wo PKW Unfallopfer waren. Und insgesamt 210 401 Unfälle mit PKW Beteiligung und Personenschaden. Damit ist in 177 600/210 401= 84,4% der Fälle der Unfälle mit PKW-Beteiligung auch ein PKW-Fahrer der Hauptverursacher. Und dann sind knapp über 50% Hauptverursacherquote bei Radfahrern ein Grund auf sie zu zeigen ? Das ist massive Desinformation.

Atze : mit „jeder“ war explizit jeder Verkehrsteilnehmer gemeint- egal wie er/sie unterwegs ist …..
Und genau ab da ist es kein Nonsens!

Noch nie, wirklich noch NIE ist ein Autofahrer von einem Fahrrad getötet oder schwer verletzt worden. Gleichzeitig ist die Straßenverkehrsordnung darauf optimiert, möglichst hohe Maximalgeschwindigkeit von motorisierten Fahrzeugen zu ermöglichen.

Der Verkehrsraum ist einseitig strukturiert und weist gleichzeitig eine extrem geringe Fehlertoleranz auf. Dass dann immer wieder so dummen „Analysen“ von Journalisten kommen, ist nicht mehr zu tolerieren.

Wäre der Straßenverkehr eine Atomkraftwerk, wäre er schon vor Jahrzehnten geschlossen worden. Beim ersten Ampelvergehen.

Gleich am Anfang des Berichtes fiel mir auf:
Grundsätzlich gab es bei über 4.052 Unfällen im Stadtgebiet Osnabrück insgesamt 462 mit Fahrrad- und Pedelecbeteiligung, wovon etwa 230 Unfälle den Rad- und Pedelecfahrenden angelastet werden. Das sind insgesamt etwa 11,4 bzw. 5,7 Prozent aller Unfälle.

Die Schuld an den Unfällen mit Fahrrad-Beteiligung liegt also bei 50% was hier nirgends erwähnt wird.

Bis zum Ende lesen. In den 230 Unfällen sind auch 104 Alleinunfälle, bei denen es keinen Unfallgegner gab und die Schuld dann natürlich dem Radfahrer zugeschirben wird (wobei hier auch die Infrastruktur eine Rolle spielen kann). Es bleiben also 126 Unfälle mit Fremdbeteiligung übrig, bei denen Radfahrende die Schuld hatten – und damit 27 Prozent.

Das was Sie da oben geschrieben haben stimmt ja gar nicht. Wieso schreiben Sie Unwahrheiten? Ist die Wahrheit unbequem?

Aus https://verkehrslexikon.de/Module/Seitenabstand.php

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Seitenabstand – seitlicher Mindestabstand

Gliederung:

– Einleitung
– Allgemeines
– Person an haltendem Fahrzeug
– Seitenabstand beim Überholen
– Abstand zum Fahrbahnrand
– Abstand zur Mittellinie
– Seitenabstand zu haltenden öffentlichen Verkehrsmitteln
– Seitenabstand von Radfahrern zu Fahrzeugen und Gehweg
– Seitenabstand zu einparkenden Fahrzeugen
– Seitenabstand zu Tieren
– Sonstiges

Einleitung:

Beim Überholen, beim Vorbeifahren an haltenden und parkenden Fahrzeugen, beim Passieren von Linien- und Schulbussen müssen jeweils der vorgefundenen Verkehrssituation und den örtlichen Verhältnissen entsprechend unterschiedliche seitliche Sicherheitsabstände eingehalten werden.

Insbesondere auch bei Radfahrern ist die Einhaltung eines ausreichenden Seitenabstandes von äußerster Wichtigkeit.

Auch bei verkehrswidrigem Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer führt die Verletzung dieses Gebotes in der Regel zu einer Mithaftung des zu dicht Vorbeifahrenden.

– nach oben –

Allgemeines:

Das Gebot, jeweils einen genügenden seitlichen Sicherheitsabstand einzuhalten

Schmale Straße – enger Straßenteil Begegnungsunfälle

Geöffnete Fahrzeugtür und Seitenabstand beim Vorbeifahren

AG Oranienburg v. 09.10.2003:
Wer sein auf der Autobahn liegengebliebenes Fahrzeug nicht mit Warndreieck sichert und dessen Tür nicht ordnungsgemäß schließt, trägt das Schadensrisiko, wenn ein Lkw beim Vorbeifahren keinen genügenden Seitenabstand einhält.

KG Berlin v. 24.11.2005:
Wer die linke Wagentür zum Aussteigen öffnen will, muss zunächst nach hinten beobachten; reicht der Rückblick nicht weit genug, darf er die Tür nur langsam spaltweise öffnen (bis 10 cm) und weiter erst dann, wenn mit Gewissheit niemand kommt (Schadensteilung, wenn der Vorbeifahrende nur einen Abstand von 30 cm oder weniger einhält).

AG Flensburg v. 21.12.2009:
Kommt es zu einem Verkehrsunfall zwischen einem am Fahrbahnrand mit geöffneter Tür abgestellten Pkw mit einem Fahrzeug, dessen Fahrer trotz Bemerken der geöffneten Tür mit zu geringem Seitenabstand an diesem Pkw vorbeifährt, so wiegt der Verkehrsverstoß des mit zu geringem Seitenabstand fahrenden Fahrzeugführers doppelt so schwer wie der Sorgfaltspflichtverstoß des Aussteigenden. Eine Gefährdung im Sinne von § 14 Abs. 1 StVO ist nur dann anzunehmen, wenn das Öffnen der Tür unvermittelt geschieht und einen anderen Verkehrsteilnehmer zu plötzlichem Reagieren zwingt.

OLG Rostock v. 27.05.2011:
Wer mit seinem Kraftfahrzeug entgegen § 12 Abs. 4 Satz 2, 2. Alt. StVO in Gegenrichtung anhält, haftet einem entgegenkommenden, sein Fahrzeug streifenden Fahrzeugeigentümer unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr mit einer Quote von 20 % (Vorbeifahren mit zu geringem Seitenabstand).

– nach oben –

Person an haltendem Fahrzeug:

Geöffnete Fahrzeugtür und Seitenabstand beim Vorbeifahren

– nach oben –

Seitenabstand beim Überholen:

Unfälle bei Überholvorgängen zwischen Radfahrern

BGH v. 24.02.1981:
Zur Sorgfaltspflicht eines überholenden Fahrers bei der Vorbeifahrt an einem in seiner Gegenrichtung am linken Fahrbahnrand geparkten Pkw, der von seinen Insassen nicht mit Sicherheit schon verlassen ist

OLG Karlsruhe v. 08.06.2001:
In der Regel reicht ein Meter Seitenabstand beim Überholen aus. Der Seitenabstand wäre mit knapp einem Meter nur dann zu gering gewesen, wenn die Fahrbahn in einem schlechten Zustand oder das Wetter ungünstig gewesen wäre, der Überholer mit hoher Geschwindigkeit überholt oder der Eingeholte zuvor eine unsichere Fahrweise an den Tag gelegt hätte.

KG Berlin v. 12.09.2002:
Wenn ein Kraftfahrer auf einen neben seinem Fahrzeug befindlichen Radfahrer zu achten hat, weil er diesen überholen will, hat er stets dessen Ausschwenken zu berücksichtigen. Deshalb und wegen der eigenen Geschwindigkeit hat der Kraftfahrer einen Seitenabstand von regelmäßig mindestens 1,5 m bis 2 m – jedenfalls 1 m – einzuhalten. Zu diesem Seitenabstand ist noch ein weiterer Abstand auf der anderen Seite des Radfahrers von jedenfalls 35 cm zu berücksichtigen. Hiernach hat ein Busfahrer beim Überholen eines Radfahrers mit seinem Bus einen Abstand von jedenfalls 1,50 m zum Bürgersteig einzuhalten; hierbei ist zugunsten des Busfahrers der Abstand des Radfahrers zum Bürgersteig eingerechnet.

OLG Hamm v. 18.12.2003:
Löst ein Radfahrer beim Überholen mit zu geringem Seitenabstand eine Schreckreaktion des überholten Radfahrers aus, wodurch letzterer aus dem Gleichgewicht gerät und stürzt, hat der Überholende für den Schaden voll aufzukommen, auch wenn es zu einer direkten Berührung nicht gekommen ist.

OLG Karlsruhe v. 30.05.2016:
Ein Radfahrer muss grundsätzlich mit Schwankungen in der Fahrlinie eines vorausfahrenden Radfahrers rechnen. Ein Seitenabstand von ca. 32 cm beim Überholen (gemessen zwischen den Körpern der beiden Radfahrer) ist daher – jedenfalls auf einem unebenen Sand-Schotter-Weg – in der Regel zu gering. – Ist auf einem 2 Meter breiten Radweg ein Überholen mit ausreichendem Seitenabstand nicht möglich, muss der schnellere Radfahrer gegebenenfalls vom Überholen absehen.

– nach oben –

Abstand zum Fahrbahnrand:

OLG Hamburg v. 05.12.1972:
Es besteht kein Gebot für Kfz-Führer, einen gewissen Seitenabstand von der Bordkante einzuhalten, um auf dem Gehweg parkende Fahrzeuge im Fall des unvorsichtigen Öffnens von Türen vor Schaden zu bewahren. Vielmehr darf der fließende Verkehr darauf vertrauen, dass die Türen stehender Fahrzeuge nicht unachtsam geöffnet werden (Haftungsverteilung 70 : 30 zu Lasten des Türöffners).

LG Saarbrücken v. 30.09.2016:
Kollidiert ein Vorbeifahrender mit einem nach § 10 Satz 1 StVO in den Verkehr einfahrenden Fahrzeug, kann dem Vorbeifahrenden allein aus dem Umstand, dass er nur 35 cm von der Seitenbegrenzungslinie gefahren ist, kein Verschuldensvorwurf gemacht werden.

Was soll also Ihre Aussage?

„(und vielleicht doch nicht so kluge?) Radfahrer ja sowieso noch weiter rechts hätte fahren können (allerdings nicht dürfen, weil man Abstand zum Fahrbahnrand halten muss. Aber das war 1958 vielleicht noch anders)“

Wenn man die Alleinunfälle bei den Radfahrern herausrechnen muss – warum muss man dann nicht auch die Alleinunfälle bei den Autofahrern herausrechnen?

Fahrradfahrer fahren teilweise auch rücksichtslos. Letztens sogar auch, ohne dass ich im Auto saß. Jemand ist mit dem Fahrrad in mein parkendes Auto gefahren. Ich musste dann die Delle entfernen lassen.

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