Die Studie „Mobilität in Deutschland“ hat neue Zahlen im Verkehrsbereich herausgegeben. Ich hatte bisher kaum Zeit, mir das alles genauer anzuschauen, aber eine Grafik fiel mir doch recht schnell ins Auge. Sie zeigt an, welche Entfernungen in Deutschland mit den verschiedenen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden. Und wenn jemand ernsthaft an der Entzerrung des Verkehrs arbeiten, den Stau und die schlechte Luft in unseren Städten bekämpfen möchte, dann gibt die Grafik hier einen klaren Arbeitsauftrag: Wie können Autofahrer davon überzeugt werden, dass sie für Strecken zwischen zwei und fünf Kilometern auf das Fahrrad (oder den ÖPNV) umsteigen?
Mich persönlich überrascht es immer noch, dass die meisten Wege mit dem Auto nur zwei bis fünf Kilometer lang sind. Niemals würde ich dafür Stau, Parkplatzsuche und Parkgebühren in Kauf nehmen. Sicher, es gibt auch bei diesen Entfernungen unterschiedliche Gründe, die noch für das Auto sprechen: sperrige Gegenstände, mobilitätseingeschränkte Personen usw. Insgesamt denke ich aber, dass es Autofahrern bei uns letztlich immer noch zu einfach gemacht wird. Wodurch diese sich das Leben dann wieder schwer machen. Vermutlich gibt es überall noch ausreichend Parkraum. Auf dem Weg dahin wird es aber eng. Wahrscheinlich sind die Parkgebühren auch immer noch zu günstig. Den Preis dafür zahlen aber andere.
Autofahrern wird es im Vergleich zu anderen Verkehrsteilnehmern immer noch zu einfach gemacht.
Die Frage muss also sein, wie man möglichst viele Nutzer aus den beiden markierten Kreisen in den Kreis darüber (oder auch den ÖPNV-Kreis darunter) bekommt. Es müssen Anreize geschaffen werden. Auf der einen Seite müssen die Alternativen deutlich gestärkt werden. Dass hier ein Ungleichgewicht zugunsten des Autos besteht, dürfte niemand mehr bezweifeln. Da braucht man nur Straßen- und Radwegenetz vergleichen. Auf der anderen Seite muss es in die Richtung gehen, dass Autofahrer annähernd den Preis fürs Autofahren zahlen, den sie verursachen (und nein, die KFZ-Steuer finanziert das alles nicht). Kostenloser Parkraum überall rund um die Uhr verfügbar? Darf es in Zeiten von Wohnungsmangel und irren Mieten eigentlich gar nicht mehr geben.
Wollen wir in unseren Städten also auch in Zukunft noch mobil sein, müssen wir dem Auto Platz nehmen und diesen unter den anderen Verkehrsteilnehmern neu verteilen. Es muss viel mehr Platz für Radfahrer geben und es darf hier und da auch mal eine Busspur an Haupteinfallstraßen geben. Das Auto ist in Städten eigentlich nur noch der größte Feind der Mobilität. Das ergibt sich schon aus der schieren Masse. Eine weitere Kennzahl aus der Studie: Erstmals verfügt jeder Haushalt im Durchschnitt über mehr als ein Auto. Zu viel für reibungslosen Verkehr auf unseren Straßen.
PS: Wer – und das sind gar nicht wenige – fährt eigentlich Strecken zwischen 0,5 bis 1 und 1 bis 2 Kilometer mit dem Auto???
12 Antworten auf „Das Auto ist der größte Feind der Mobilität“
Momentan kapriziert sich Fahrradförderung zu sehr auf den Slogan ‚kurze Strecken aufs Rad‘. Ich halte das für einen Fehler.
Das Verständnis des ‘Fussgängers auf Rädern’ ist nicht zielführend: Auf der Kurzstrecke substituiert der Radverkehr eben nicht den MIV, sondern kannibalisiert den ÖPNV und Fußverkehr.
Der freiwerdende Verkehrsraum wird schnell vom MIV auf der „Mittelstrecke“ (v.a. von PKW-Pendlern) besetzt und der Verkehrsanteil (km-Leistung) des PKW steigt. Ihm -und nicht dem Radverkehr oder ÖPNV- überlässt man die Mittelstrecke. Beide hätten das Potenzial. Es sollte also nicht um 5km, sondern eher um 15km gehen.
Die die Gretchenfrage der Fahrradförderung lautet daher:
“Wie hältst Du ‘s mit den mittleren Distanzen?“
Und die Messlatte dafür ist Reisezeit-Optimierung.
Lieber Christoph, auf dem Lande kann man den ÖPNV kaum kannibalisieren, denn dieser existiert außerhalb von Großstädten kaum bis gar nicht. Ich wohne ca. 2,5 km vom Einkaufszentrum entfernt, mit einem Stadtbus (?) habe ich die Möglichkeit, alle 2 Std dorthin zu fahren, mit Einbezug aller Stationen dazwischen… (völlig unpraktisch und nervig) mit dem Tretroller bin ich in ein paar Minuten im EKZ, ebenso mit dem eBike. Und wenn ich im ca 25 km entfernten Wien zu tun habe, dann fahre ich ebenso mit dem Tretroller oder eBike. Ganz selten mit der S-Bahn…. Auto verwende ich seit 2004 nicht mehr…. :-) Was überall fehlt, sind Radwege wo man im Winter nicht im Gatsch versinkt… LG, OJ
Hallo Daniel,
wer Strecken von 500m – 2km mit dem Auto zurücklegt? So ziemlich alle in meiner Straße ohne Pedelec, das sind 96%.
https://pedelecmonitor.files.wordpress.com/2018/04/ohne_auto_12.jpg
Die auf der gegenüberliegenden Seite Wohnenden dürften das auch so machen, denn auf dem Weg ins Stadtzentrum muss der Hügel, von dem aus ich das Foto schoss, überwunden werden.
Ach ja, Radwege existieren hier nicht – LEIDER!
Außer Autobahnen und für den Radverkehr gesperrte Bundesstraßen sind alle Straßen auch Radverkehrsnetz – egal ob mit oder ohne Radweg/Schutzstreifen/Radfahrstreifen.
Man müsste halt schauen, was die Leute mit dem Auto so anstellen auf den Distanzen. Das könnte Ideen für Maßnahmen liefern.
Ich wohne ländlich im Landkreis Osnabrück und kann deshalb nur spekulieren, wie Stadteinwohner, die sicherlich die quantitative Masse bei so was ausmachen, das Auto nutzen.
Wir haben es 4-6 km bis zum Supermarkt, Bahnhof und dergleichen. Wir haben zu zweit ein Auto und versuchen, es so wenig wie möglich zu nutzen, sind da aber auch nicht so konsequent, wie wir sein könnten. Man ist mit dem Auto einen Ticken schneller und es ist einen Ticken bequemer – gerade dann, wenn es mal nicht bestes Wetter ist. Einkaufen ist mit Auto weniger Gerödel, obwohl wir zumindest mit guten Fahrradtaschen ausgestattet sind und die auch öfter für den Einkauf nutzen.
Wir versuchen vor allem, die Anzahl der Autofahrten zu reduzieren.
Wobei ich sagen muss, dass das Radfahren innerhalb der nächsten Kleinstadt auch nicht so wahnsinnig toll ist, weil man an vielen Stellen gefühlt tatsächlich Nachteile gegenüber dem MIV hat. Ich habe da kürzlich im Rahmen der ADFC-Umfrage, die du (?) verlinkt hattest, mal etwas drüber nachgedacht. Wenn es keine Radwege gibt, werde ich insbesondere an Ampeln durch Autos ausgebremst, wenn ich mich so verhalte, wie ich glaube, dass es korrekt ist, und mich nicht rechts vorbeischlängele. Und mit Radwegen habe ich, Nachteile beim Linksabbiegen, weil ich über zwei Spuren muss (Autospur auf meiner Seite und Autospur auf Gegenseite) oder den Umweg über die nächste Ampel nehmen muss. Auch hier ist mir bei Abbiegemanövern ohne Ampel unklar, ob das überhaupt so erlaubt ist, weil ich an Stellen anhalten und abbiegen möchte, an denen ein Auto gar nicht abbiegen kann. Das führt dann dazu, dass ich oft zu früh über die Straße fahre, wenn ich gerade niemanden behindere, und den Radweg auf der falschen Seite nehme. Das ist bei den Radverkehrsaufkommen bei uns kein Problem, aber ich glaube, so ganz korrekt ist das nicht.
Du darfst rechts an einer Autoschlange vorbeifahren.
https://blog.zeit.de/fahrrad/2013/11/21/fahrradrecht-autos-ueberholen/
Leider gibt es gelegentlich Zeitgenossen in dieser Schlange, denen das gar nicht passt, aber was soll man machen.
Mich würde interessieren, wieviele der sehr kurzen Wege, für die das Auto benutzt wird,einzelne, „unverkettete“ Wege sind. Wege aus Wegeverkettungen werden oft nur deshalb mit dem Auto erledigt, weil für ein Teilstück das Auto Vorteile bietet. Also z.B. Wohnung – Kindergarten 2 km, Kindergarten – Arbeitstelle 5 km, Arbeitstelle – Einkauf 3 km, Einkauf – Kindergarten 3 km, Kindergarten – Wohnung 2 km. Solche Wegeverkettungen verdienen mehr Aufmerksamkeit, weil die meisten Leute Teile davon durchaus mit dem Fahrrad erledigen würden, aber nicht die ganze Verkettung.
Meine Eltern sind in ihren späten 70ern. Ich denke, sie werden ab und an mir den Auto zu dem 600m entfernten Supermarkt fahren, wenn ein größerer Einkauf zu bewältigen ist.
Besagter Supermarkt ist von uns etwa 3500m weg, mit schlechter Radanbindung. Meist laufe ich auf dem Rückweg von der Arbeit dort ein, aber die Lebensgefährtin nimmt gerne ihr Auto, wenn sie separat dorthin will. Ist bequemer. Für nicht so trainierte Menschen ist das radgerechte Anziehen, das Schwitzen schon Grund genug, das Auto zu nehmen, mit dem man in diesem Fall doppelt so schnell ist.
Natürlich steht im Artikel viel Richtiges, die konkrete Botschaft beinhaltet allerdings erhebliche Tücken.
Ausgerechnet und isoliert DIESE Grafik als Grundlage für Handlungsempfehlungen heranzuziehen ist schon sehr seltam.
Die Wegelängen-ANTEILE der Verkehrsträger sind, auch wenn die isolierte Darstellung der Grafik – und das ist das problematische daran – dies suggeriert, keinesfalls (!!!) geeignet Aussagen über eine ökologische Relevanz zu machen!
Selbst wenn 100% der Autofahrten bis 5KM aufs Fahrrad verlagert werden würden, würde das einen maximalen Einspareffekt von mageren 6% bringen, wobei dann die Effekte von zusätzlich induzierten längeren Fahrten (Anti-Stau Wirkung mit Reisezeitverbesserung für längere Distanzen) noch gar nicht gegengerechnet sind.
Berücksichtigt man die induzierten Verkehre wird die Bilanz schnell negativ!
Für den Planeten ist es reichlich irrelevant, ob eine MIV-Fahrleistung von 100KM durch 50x2KM oder durch 2x50KM zustande kommt. Es zählt der CO2 Verbrauch.
Hier anempfohlen wird eine Veränderung in Richtung:
– nur noch 5 Fahrten unter 5KM (Jubel!!, 90%ige Reduktion)
– dafür aber 3 oder 4 Fahrten von 50KM statt der vorherigen zwei (kein Jubel, sondern unter den Teppich kehren)
Die Aussage im Artikel ist zwar auf den ersten Blick einleuchtend und widerspiegelt unsere Alltagserfahrung mit dem lästigen Autoverkehr, aber ökologisch gesehen ist das kein Schritt nach vorn.
Ausgerechnet die ökologisch nahezu irrelevanten Fahrten sollen verlagert werden unter Inkaufnahme des Risikos eines Anstiegs von längeren Distanzen, wodurch dann sogar negative Umweltfolgen auftreten???
Wieso???
Warum eigentlich nicht im Schwerpunkt die ökologisch RELEVANTEN Fahrten verlagern?
Würde doch in Zeiten der Klimaerwärmung weit mehr Sinn machen?
Der durchaus lästige Kurzstrecken-MIV begrenzt in verdichteten Räumen (Städte, Metropolregionen) mit seinen vielen Park’notwendigkeiten‘ und seiner Inanspruchnahme von Fahrspuren und Knotenpunkten immerhin die Anstiege der ökologisch verheerenden längeren MIV-Distanzen.
Darüber sollten die Lästigkeiit, der Lärm und die Abgase auf lokaler Ebene nicht hinwegtäuschen.
Sicherlich wären intelligentere Begrenzer denkbar, machbar, und sehr wünschenswert (Auto-Obergrenzen, Pförtnerampeln, Umweltstrassen mit Exklusion des Autoverkehrs, Kostenwahrheit, …) aber die oft anempfohlene Verlagerung der MIV KURZ-strecken auf separierte Radwege ist eben ökologisch gesehen KEINE Begrenzung, sondern letztlich eine Kapazitätsausweitung für den MIV auf den problematischen längeren Distanzen (gilt natürich nicht in Regionen mit schrumpfenden Verkehrsmengen).
Die ganze Kurzstreckenverlagerung funktioniert NUR dann mit ökologisch positiver Bilanz, wenn in mindestens gleichem Maße als ‚push‘-Massnahme die Kapazitäten für fahrenden und ruhenden MIV zurückgebaut werden, wenn die MIV-Erreichbarkeitsradien zumindest gleich bleiben, besser aber verringert werden.
Genau das aber ist regelmässig nicht durchsetzbar und wird auch kaum noch gefordert, weil es ja neuerdings wieder reicht separierende Radwege zu bauen, wegen ‚more people bike more often‘.
Zudem ist die hier anempfohlene Konzentration auf die kürzeren MIV Strecken ohnehin auf der politischen Agenda. Da braucht es in etlichen Regionen gar keine NGO Aktivitäten mehr.
Gleiches gilt für die Verkehrsmittelseparation, welche voraussichtlich ohnehin für den Aufbau des massenhaften Verkehrs mit Millionen/Milliarden autonomer Autos notwendig werden wird (protected bikelanes und dergleichen).
Es wäre sehr wünschenswert, wenn etwas sauberer argumentiert würde.
Also Wegezahl nicht in der Argumentation mit Fahrleistung vermischen, Anteiligkeit ohne absoute Zahlen kommunizieren, etc.
Ansonsten geht es lecht wie in obigem Artikel, wo quasi aus dem Anteil der Äpfel auf die Menge der Birnen geschlossen wird.
Der Schlussatz bringt das Dilemma auf den Punkt:
„Zu viel für reibungslosen Verkehr auf unseren Straßen.“
Statt der alten Ideologie vom reibungslosen flüssigen Verkehr bräuchte es intelligente Mobilität mit kurzen Wegen, mit weniger Verkehr, und mit der unbedingten Ausrichtung auf die zwingend notwendige Abnahme der Verkehrsleistung des MIV.
Wenn dann als ‚Abfallprodukt‘ AUCH eine Reduktion der MIV-Kurzstrecken möglich ist:
umso besser.
Das mit den Witz-Entfernungen hat aber extrem zugenommen. In meinem Heimatkaff standen früher (1980er) sonntags beim Training der Kaff-Fußballmannschaft vielleicht 2 Autos auf dem Parkplatz. Heute ist sonntags die gesamte Straße vollgeparkt. 50+ PKW habe ich schon gezählt. Für eine Freizeitbeschäftigung. Keiner macht ne Fahrgemeinschaft, fast keiner kommt mehr mit dem Rad zum Training wie früher. Dabei hat es kaum einer weiter als 1500m Luftlinie zum Bolzplatz. Reine Faul- und Dummheit. (Naja, Karre steht ja eh unterm Carport direkt vor der Haustür. Das Rad ist eingeschlossen und die Radtaschen müsste man ja erst suchen und packen…)
oh, das habe ich auch schon häufiger gesehen. Bei uns sind zwei Sportanlagen sogar so in der Lage, dass es direkt vor dem Eingang entweder nur wenige oder fast gar keine regulären Parkplätze, sondern ein Halteverbot gibt. Öffentliche Parkplätze sind in 300m Entfernung aber in ausreichender Menge vorhanden.
Der leicht bequeme, um nicht zu sagen faule Automobilosapiens hält jedoch von den 300m Fußweg zu seinem „Sport“ nicht viel und stellt seine Karre lieber ins absolute Halteverbot (Feuerwehrzufahrt) oder auf benachbarte Grünanlagen samt Geh- und Radwegen. Das Ganze wird noch dadurch gefördert, dass unsere Stadtverwaltung Hinweisen auf defekte Absperrungen zu benachbarten Grünanlagen/Radwegen und den Falschparkern nicht mehr nachgeht.
Jetzt habe ich vorhin noch was gesehen, eine Straße, auf der Parkstreifen links und rechts vorhanden sind ist schon da völlig zugestellt, in zweiter Reihe parken schon PKW auf der Fahrbahn. Nun musste natürlich eine aus der hintereren Reihe ausparken, und wie macht man sowas? richtig, rechts sind ja noch Geh- und Radweg, die man mehrere 100m befahren kann.
Unsere Stadtverwaltung scheint auch hier nichts mehr zu kontrollieren und Abschleppen wäre doch zumindest für die in zweiter Reihe parkenden Autos angebracht, weil sie die zunächst mal richtig parkenden Autos behindern.
Vor paar Tagen war es dann noch so, dass ein LKW was auf dem Abschnitt anlieferte, damit waren dann alle beiden Fahrbahnen zu.
Einmal pro Woche eine große Abschleppaktion, dann parkt da bald niemand mehr in zweiter Reihe.
Die Polizei fährt an sowas auch noch teilnahmslos vorbei.
In Deutschland traut man sich offenbar nicht mehr, sowas zu kontollieren und zu ahnden.
Ich schicke dir hier meine persönliche Autogeschichte. Da geht’s auch um lange und kurze Strecken,wie man zum Auto kommt und wieder weg davon: https://www.ndr.de/ndrkultur/sendungen/feature/Feature-Ohne-Auto-leben,sendung973572.html