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Links der Woche

Links der Woche #351

Wie viele Autos verträgt ein Land? Man sollte meinen, Deutschland wäre da längst an seine Grenzen gestoßen, wenn man sich die vollgeparkten Innenstädte und regelmäßigen Staus auf den Autobahnen anschaut. Aber es werden einfach immer mehr. Die Zahl der in Deutschland zugelassenen Autos hat in den vergangenen zehn Jahren deutlich stärker zugenommen als die Bevölkerung. Mit Vollgas ins Chaos…

Mit Vollgas ins klimapolitische Chaos passt auch zum Tankrabatt. Statt einfach nur Mehrkosten abzufedern, wurde dank der Subvention sogar mehr Sprit verballert, als vor Corona. Und die Süddeutsche Zeitung prophezeit schon mal, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing seine Klimaziele auch mit der Bahn nicht erreichen wird.

In Osnabrück wollen Wissenschaftler*innen herausfinden, welche Straßen in der Stadt besonders stressig für Radfahrende sind. Seit Donnerstag sind mehrere hundert Radfahrende mit Körpersensoren unterwegs, die genau aufzeichnen, wo das Radfahren als stressig empfunden wird. Die Ergebnisse sind zum Teil zwar vorhersehbar, es mangelt hier ja inzwischen nicht mehr an Einsicht. Aber vielleicht hilft das Projekt ja trotzdem bei der schnelleren Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen.

In diesem Zusammenhang lohnt sich auch ein Blick in die Untersuchung „Was hemmt die Umsetzung der kommunalen Radverkehrsplanung?“ des Deutschen Instituts für Urbanistik. Das Difu hat neun Bereiche definiert, die zur Verschleppung von Radverkehrsförderung beitragen. Aber es sind auch Lösungsansätze dabei. Ich wünsche euch viel Spaß bei der Lektüre und einen schönen Sonntag. Und wem das Angebot von it started with a fight etwas wert ist, kann gerne etwas in die digitale Kaffeekasse werfen.

Autodichte in Deutschland steigt (ZEIT Online)

Berlin präsentiert Übergangslösung für 9-Euro-Ticket (Spiegel)

„Stresstest“ in Osnabrück: Fahrradfahrer werden verkabelt (NDR)

Wissing wird seine Klimaziele mit der Bahn nicht erreichen (Süddeutsche Zeitung)

Sündenfall ruhender Verkehr: Wider die „Usurpation“ des öffentlichen Raums (recht energisch)

Steuersenkung auf Benzin hat Absatz in die Höhe getrieben (RedanktionsNetzwerk Deutschland)

Was hemmt die Umsetzung der kommunalen Radverkehrsplanung? (Deutsches Institut für Urbanistik)




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14 Antworten auf „Links der Woche #351“

#Autodichte: Der Spiegel hat dazu passend getitelt: „Der Trend geht zum Drittwagen“ und belegt dies mit Zahlen: im vergangenen Jahrzehnt hat sich der Anteil der Haushalte mit Drittwagen von 3,7 auf 6,1 % fast verdoppelt.

Kann es ein, daß der Peak Fahrrad überschritten ist, und wir eine Verkehrswende hin zum Auto haben?

Ich würde sagen das es eine Frage der Umstände ist . Als ich noch jeden Tag nach Münster zur Arbeit musste hatte ich auch einen Smart als spritsparenden Zweitwagen ….
Da ich jetzt nur 8 Km zur Arbeit habe ist der Smart wieder verkauft und ich nehme das Bike…

#Streßtest: ein weiteres Kapitel zur „gefühlten Sicherheit“, bei dem die tatsächliche Sicherheit unter die Räder kommt.

In der HAZ ist gerade ein Artikel zum Thema erschienen. https://www.haz.de/lokales/hannover/hannover-sind-radfahrer-auf-dem-engelbosteler-damm-besonders-gefaehrdet-O2VM5YOCZJQYVEX2CV66SN2ZSE.html Dürfte inzwischen hinter die Paywall gerutscht sein. Den Text findet man jedoch noch im HTML-Quellcode und meine Zusammenfassung hier: laut den Grünen fühlen sich die Radfahrer auf dem Hannoveraner Engelborster Damm (Tempo 30) unsicher, weil sie dort engüberholt werden. (Beim Überholen von hinten über den Haufen gefahren zu werden ist ja bekanntlich die Haupttodesgefahr für Radfahrer.)

Die Polzei hat dort immerhin 20 Radunfälle in den Jahren 2020 und 2021 registriert. Bei der Betrachtung der Unfallursachen jedoch prallen Bauchgefühl und Realität hart aufeinander: 13mal haben Radfahrer den Unfall verschuldet, weil sie verkehrswidrig auf dem Gehweg fuhren oder rote Ampeln mißachteten. 6 Radfahrer wurden getürt.

So führt das Märchen, daß die bösen Brummbrumms die armen Radfahrer von hinten überfahren möchten, zu einem Verhalten, daß das Unfallrisiko paradoxerweise erhöht. Denn genau wegen der eingebildeten Gefahr von hinten bevorzugen Radfahrer den vermeintlich sicheren Gehweg oder fahren mit 30 km/h auf Kuscheldistanz an Stehzeugen vorbei.

Hast du keine Angst gesteinigt zu werden?
Das Mantra lautet doch das grundsätzlich die Autofahrer/ Lkw-Fahrer/ und die Infrastruktur schuld sind .
Du kannst doch nicht eine Schuld von Radfahrern an Unfällen in Erwägung ziehen???

@Uwe Trettin: Ich wurde schon so oft gesteinigt, da kommt es auf einmal mehr oder weniger nicht an. Es gibt auch Radfahrer, die nicht mehr mit mir reden, weil ich nicht sage, was sie gerne hören möchten.

Wenn wir schon dabei sind: der mit großem Abstand häufigste tödliche Radunfall ist nicht der Rechtsabbiegerunfall, Mißachten von roten Ampeln oder der Vorfahrt, nein, es ist der Alleinunfall. Ein Drittel aller tödlichen Unfälle auf dem Rad geschehen ohne Beteiligung eines anderen Verkehrsteilnehmers (ein paar Herzinfarkte kann man noch abziehen).

Mit meinem Kommentar oben wollte ich jedoch auf etwas anderes hinaus, nämlich daß nicht das Engüberholen massenhaft zu Unfällen führt, sondern daß es ganz andere Dinge sind, die Radfahrer gefährden.

Seit Jahren höre ich zu anderen Themen „Follow the science!“ oder „Hört auf die Wissenschaft!“ Warum gilt das nicht für den Radverkehr? Warum hat hier das Bauchgefühl oberste Priorität anstatt harter Fakten?

Auch ohne Unfall sorgen diese Angstradler dann für Angst unter Fußgängern. Also Win-Win für Autofahrer

@Markus Koßmann: Und weil sich die Fußgänger von den vielen Gehwegradlern bedrängt fühlen, nehmen sie dann lieber das Auto.

Interessant. Vor allem, dass es scheinbar vor allem eine Frage der gefühlten Sicherheit ist.

Menschen sind halt emotionale Wesen und treffen Entscheidungen meist aus dem Bauch heraus. Was ja auch gut ist so.

Wenn das nun mehr bauliche Abgrenzungen und mehr Abstand zum motorisierten I.v. dazu führt dass mehr Menschen sich auf dem Rad wohl fühlen und öfter fahren ist es das wert.

Wenn man dann noch ein paar Leben nebenbei rettet, ist das eben willkommener Beifang.

Mal am Rande: Ich hab letztens einen Bordstein geküsst, weil mich ein Lkw so dicht auf dem Wall überholt hat, dass ich ins schlingern kam. Der hat das erst garnicht gemerkt. Die gerufene Polizei verstand zunächst auch nicht, warum sie dazukommen sollen. „Sie sind nicht berührt worden und haben den Sturz selbst verursacht“. Später haben Sie den Unfall aufgenommen und der LKW Fahrer hat sich entschuldigt. Versicherung hat gezahlt.

@Dominik: „Menschen sind halt emotionale Wesen und treffen Entscheidungen meist aus dem Bauch heraus.“

Das ist ok bei der Auswahl seiner Freunde oder des Lebenspartners, aber bei komplexen Themen wie der Verkehrssicherheit geht das mit dem Bauch schief.

„Wenn das nun mehr bauliche Abgrenzungen und mehr Abstand zum motorisierten I.v. dazu führt dass mehr Menschen sich auf dem Rad wohl fühlen und öfter fahren ist es das wert.“

Ich bin der genau entgegengesetzten Meinung, weil ich auch die Kosten in Betracht ziehe. Separation heißt nämlich auch mehr verletzte und getötete Radfahrer. Nach meinem Wertmaßstab ist schon ein schwerverletzter oder getöteter Radfahrer es nicht wert, egal wie viele Radfahrer sich mit der Scheinseparation sicherer fühlen.

„Ich hab letztens einen Bordstein geküsst, weil mich ein Lkw so dicht auf dem Wall überholt hat, dass ich ins schlingern kam.“

Du fährst zu weit rechts. Für rücksichtslose Kraftfahrer ist das eine Einladung, Dich auf demselben Fahrstreifen zu überholen. Mit einem PKW wird das oft eng, mit einem LKW sehr eng, wie Du erfahren mußtest. Dein Unfall ist ein Beispiel dafür, wie eine Entscheidung aus dem Bauch heraus zu kontraproduktivem Verhalten führt. Wenn Du so weit links fährst, daß das Überholen innerhalb des Fahrstreifens nicht möglich ist, muß der Überholer auf den linken Fahrstreifen ausweichen und wird Dich fast immer mit ausreichendem Abstand überholen. Auch kannst Du dann nicht mehr getürt werden, wirst von Einbiegern aus Seitenstraßen früher und besser gesehen und kollidierst nicht so leicht mit Fußgängern, die zwischen Stehzeugen hervortreten. Win-win-win-win.

Leider wird den Radfahrern von klein auf eingetrichtert, daß sie nur Verkehrsteilnehmer dritter Klasse wären. Das führt dazu, daß es vielen Radfahrern an Selbstbewußtsein mangelt und sie dann scharf rechts in der Gosse fahren, um den „Verkehr“ nicht aufzuhalten. Zu weit recht zu fahren ist der mit Abstand häufigste Fahrfehler, den ich bei Radfahrern beobachte.

Polizei und Stadt verstehen so manches nicht ….
Cycle4Change hatte der Stadt vor kurzem angeboten an Kreuzungen mit viel Lkw-Verkehr Schilder aufzustellen um die Kutscher nochmal auf das Abbiegen in Schrittgeschwindigkeit hinzuweisen; und auch an der Lyrastraße Banner mit Hinweis auf die Regeln in der Fahrradstraße anzubringen. Wurde sowohl von Stadt als auch Polizei kategorisch abgelehnt….
Ständen ohnehin zuviel Schilder rum – und auf private Initiative ginge das ja schon garnicht……
Merkwürdig- die ganze Stadt mit Wahlplakaten zupflastern geht aber …..

Mehr Schilderwald und neue Regeln bringt nur mehr Verwirrung und Gefahr. Ich sehe z.B. auch die neuen Rechtsabbieger-Grünpfeile für Radfahrer als problematisch an, weil jetzt schon Autofahrer bei an den neuen Fahrradampelchen, welche an denselben Mast befestigt sind wie die Fahrbahnampel, bei grün losfahren. Wenn nämlich richtig eingestellt, wird die Fahrradampel früher grün, was zumindest in BS hier auch eher ne Seltenheit ist.

Du hast mit dem Schilderwald durchaus recht – aber wir haben ein Problem mit den Regeln die zum Schutz der Radfahrer eingeführt wurden . Diese sind den Lkw-Fahrern leider oft unbekannt – Seitenabstand , Rechtsabbiegen in Schrittgeschwindigkeit- gerade den Fahrern aus Osteuropa bzw vom Balkan sagt das garnichts . Und irgendwie müssen wir diese Kutscher informieren.
Die letzte Aktion der Polizei an der Kreuzung Pagenstecher Straße/ Klöcknerstr ergab das gut die Hälfte der Lkw-Fahrer erheblich zu schnell rechts abbiegen. Und was mit dem Überholabstand ist, brauche ich hier ohnehin niemandem zu erläutern.

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