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Radverkehr

Richtig sicher nur auf dem abgetrennten Radweg

Baulich getrennte Radwege erhöhen sowohl das Sicherheitsgefühl von Radfahrenden als auch die Überholabstände von Autofahrenden. Das ist das Fazit einer Studie der Universität Freiburg.

Baulich getrennte Radwege erhöhen sowohl das Sicherheitsgefühl von Radfahrenden als auch die Überholabstände von Autofahrenden. Das ist das Fazit einer Studie der Universität Freiburg. Die drei Wissenschaftler Dr. Rul von Stülpnagel vom Institut für Psychologie sowie Nils Riach und Rafael Hologa vom Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie wollten herausfinden, wie bedroht oder sicher sich Radfahrer*innen bei einem Überholvorgang fühlen – und wie sicher der Überholvorgang objektiv ist.

Ergebnis: Es hängt vom Straßentyp ab. Radfahrende erwarten eine höhere Sicherheit auf Straßen mit Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h, auf Spiel- und Fahrradstraßen sowie auf Straßen mit Fahrradstreifen. Dürfen Autos dagegen schneller fahren und fehlt Infrastruktur für Fahrräder, erwarten Radler*innen gefährlichere Überholsituationen. Die tatsächlichen Überholabstände der Autos widersprechen allerdings diesem subjektiven Sicherheitsgefühl: Auf Straßen mit reduzierter Geschwindigkeit oder Radstreifen werden Fahrradfahrer*innen mit genauso wenig oder sogar noch weniger Abstand überholt als auf anderen Straßen.

Nur 30 Prozent der überholenden Autos hielten den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand von 1,5 Meter ein.

Die drei Freiburger Wissenschaftler zeigten Radfahrer*innen Bilder verschiedener städtischer Straßentypen und ließen sie einschätzen, wie sicher ein Überholvorgang dort ist. Zusätzlich maßen die Forscher mit einem Sensor, der an ein Fahrrad montiert war, die tatsächlichen Überholabstände an den betreffenden Stellen. Ergebnis: Nur 30 Prozent der überholenden Autos hielten den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand von 1,5 Meter ein.

An den subjektiv als sicher eingeschätzten Stellen waren die Überholabstände sogar zum Teil besonders gering. „Vor allem in verkehrsberuhigten Straßen und auf Fahrradstreifen werden Radler*innen dichter überholt, als sie das selbst erwarten“, sagt von Stülpnagel. Gründe hierfür könnten darin liegen, dass solche Straßen häufig eng seien, schmale Radstreifen aber den Eindruck erwecken, Autofahrer*innen dürften den Straßenraum bis zur Begrenzungslinie nutzen, auch wenn sie dabei den Mindestabstand nicht einhalten.




„Unsere Ergebnisse sprechen nicht gegen Geschwindigkeitsbegrenzungen und Radstreifen“, betont von Stülpnagel. Niedrige Geschwindigkeit könne die Folgen von Unfällen verringern, Infrastruktur für Radfahrende mache diese sichtbarer im Straßenraum. Hierin könne auch eine Erklärung für das dort subjektiv höhere Sicherheitsgefühl der Radfahrer*innen liegen. Dennoch sei es wichtig zu erkennen, dass dieses häufig nicht mit den objektiv gemessenen Überholabständen übereinstimmt.

Diese Ergebnisse könnten Einfluss auf künftige Verkehrsplanungen haben, erklärt von Stülpnagel: „Wann immer es geht, sollte man Radstreifen so breit bauen, dass Autos den Überholabstand von mindestens 1,5 Meter einhalten können, ohne einen Schlenker fahren zu müssen.“ Insbesondere seien positive Effekte zu erwarten, wenn Radwege baulich vom Straßenraum getrennt werden: „Unsere Studienergebnisse weisen darauf hin, dass solche baulichen Trennungen sowohl das Sicherheitsgefühl als auch die Überholabstände erhöhen können.“ Und dass sich Radfahrende mit diesen baulichen Trennungen am sichersten fühlen, zeigt auch der Radwege-Check.

Klar von der Fahrbahn getrennt, fühlen sich Radfahrende hier sicher und können auch nicht zu knapp überholt werden.

8 Antworten auf „Richtig sicher nur auf dem abgetrennten Radweg“

Für breite Radfahrstreifen!

Schmale Radfahrstreifchen haben nicht nur das Problem, dass die Autos dann wieder keinen Abstand einhalten, sondern auch dass man Radfahrer untereinander sich nicht mehr überholen können – vorallem wenn sie baulich abgegrenzt sind.

Ja, subjektive Sicherheit und objektive Sicherheit klaffen auseinander.
Dazu kommt nochmal, dass knappe Überholabstände statistisch und ‚objektiv‘ gesehen keine relevante Gefahr darstellen, auch wenn es in seltenen Fällen zu Unfällen führen kann.
Ganz im Gegensatz dazu sind Knotenpunktunfälle objektiv gefährlich, häufig, und enden oft tödlich.

Beim wirtschaftlich relevanten und renditeträchtigen Flugverkehr wurde sehr erfolgreich gegen die stark verbreitete Flugangst mittels Erhöhung der objektiven Sicherheit vorgegangen.
Mit dem Wissen um die hohe objektive Sicherheit des Flugverkehrs fliegen immer mehr Menschen trotz ihrer Flugangst regelmässig und ‚freiwillig‘ in Urlaub, ganz einfach weil der Flugverkehr einen sehr signifikanten Reisezeitvorteil bietet.

Wer einen Verkehrsmittelshift erzielen möchte (also einen ‚echten‘ Umstieg von MIV zu Radverkehr, und nicht bloß die ökologisch irrelevanten innerstädtischen Bäckerradfahrten beliebter machen möchte) braucht vor allem zwei Dinge:
1. Verbesserung der Reisezeiten im Verhältnis zu den Alternativen
2. Hohe objektive Sicherheit nebst der Kommunikation darüber

Bei Beidem schneiden übrigens die autogerechten Bordsteinradwege reichlich schlecht ab.

Was nicht hilft:
wohlfeiles populistisches Starren auf die, im Hinblick auf die Folgen autogerechte, ’subjektive Sicherheit‘ unter Inkaufnahme von Reisezeit Attraktivierung des MIV und verschlechterter Reisezeit sowie verschlechterter objektiver Sicherheit für den Radverkehr.
(siehe auch das signifikant höhere Rad-Todesrisiko in den durchseparierten Niederlanden und den dortigen steten Anstieg des Autoverkehrs)

@Alfons Krückmann: ich frage mich schon länger, wie es sein kann, daß sich ein Großteil der Radfahrer so lange hinters Licht führen läßt. Wie hat man es geschafft, den Leuten einzureden, daß das Überholtwerden von einem Kfz die Hauptgefahr oder gar die einzige Gefahr sei? Die Kfz-Lobbyisten können sich die Hände reiben: die Radfahrer gehen willig ins Ghetto, sind auch noch glücklich dabei – und die Fahrbahn ist frei für den richtigen Verkehr.

Jeder kann doch tagtäglich in der Presse lesen, wie Radunfälle in der Realität geschehen. Daß ein Radfahrer von einem Kfz mit negativem Überholabstand von der Fahrbahn gerammt wird, lese ich äußerst selten.

Dagegen wird das Unfallgeschehen dominiert von Vorfahrtfehlern, Überfahren von roten Ampeln, Fehler beim Abbiegen, Fehler beim Queren der Fahrbahn, Zusammenstöße mit Geisterradlern und Fußgängern. Nicht zu vergessen die Alleinunfälle. Alles Unfälle, bei denen Radwege völlig nutzlos oder gar kontraproduktiv sind. Der einzige Unfalltyp, den Radwege verhindern können, ist der Auffahrunfall. Und ausgerechnet der ist wie gesagt überaus selten.

Jeder, der in der Scheinseparation den Heilsbringer sieht, möge doch mal bei jedem Unfall, von dem er erfährt, sich die Frage stellen, ob ein Radweg diesen Unfall verhindert hätte.

Ich stimme zu, dass es vergleichsweise wenige Unfälle aufgrund des zu geringen Überholabstandes gibt. Wie weiter oben bereits ausgeführt gibt es aber neben den objektiven Fakten das subjektive Sicherheitsgefühl. Wir sollten anerkennen, dass es genügend Menschen gibt, die deshalb nicht gerne im Alltag mit dem Rad unterwegs sind, weil sie sich subjektiv unsicher fühlen. Und dabei geht es oft genau um den fehlenden Überholabstand und um die Differenzgeschwindigkeiten bei diesen Überholvorgängen. Daher würde ich auch nicht von Scheinseparation reden. Ich persönlich fahre auch viel lieber auf separierten Wegen auf denen es keinen MiV gibt. Es ist einfach ein entspannteres Fahren. Trotzdem bin ich auch auf mehrspurigen Straßen ohne Radweg in der Stadt unterwegs. Schön ist aber definitiv anders.

@Götz Lipphardt:

„die deshalb nicht gerne im Alltag mit dem Rad unterwegs sind, weil sie sich subjektiv unsicher fühlen.“

Ein falsches Gefühl der Unsicherheit ist ein mentales Problem. Und dieses versucht man, mit baulichen Maßnahmen zu lösen. Das finde ich ziemlich schräg und unsinnig. Wie wäre es denn stattdessen mit Aufklärung über die wahren Gefahren, um das subjektive Empfinden den tatsächlichen Risiken anzunähern?

Ist es nicht gewissenlos, wenn ADFC und Konsorten die gefühlte Sicherheit ganz obenan stellen und auf Kosten der objektiven Sicherheit priorisieren? Denn dies heißt mit anderen Worten, daß man zugunsten des Sicherheitsgefühls vieler Radfahrer bereit ist, einige Radfahrer zu opfern. Ein höheres Risiko, wie man es auf fahrbahnbegleitenden Radwegen hat, ist schließlich nicht etwas Abstraktes, sondern schlägt sich konkret in verletzten und getöteten Radfahrern nieder.

„Daher würde ich auch nicht von Scheinseparation reden.“

Im Längsverkehr, wo das Risiko vergleichsweise gering ist, trennt man mit Pollern und Pipapo und nennt das dann „geschützte Radwege“. Aber an Einmündungen, Kreuzungen, Ein- und Ausfahrten, also dort, wo sich die Unfälle stark häufen und eine Trennung nützlich wäre, dort wird diese Trennung immer aufgehoben, und Kraftfahrzeuge kreuzen den Weg der Radfahrer. Wie möchtest Du es denn nennen, wenn nicht eine Scheinseparation?

Warum wird die Gefahr an Knotenpunkten völlig ausgeblendet und das Überholtwerden wahrheitswidrig zum Riesenproblem oder gar der einzigen Gefahr aufgeblasen?

Auf der hier kürzlich verlinkten Seite https://radwege-check.de/ schafft man es sogar, „1.779 Straßenszenen“ abzubilden – ohne eine einzige Kreuzung darauf!

Hallo Daniel,
ich habe gestern deinen Bericht bei NDR gesehen und bin schokiert über die Verkehrsführung bei euch. Aber ich würde gerne wissen, warum du keinen Helm trägst?!
Er würde dich doch bei einem Unfall sehr schützen.

Ich finde es so gut, wie es in der Schweiz gelöst ist, da habe man innerorts eigentlich nur Schutzstreifen. Dadurch sind die Fahrradfahrer besser in den Strassen-Verkehr integriert, von den Fussgängern besser getrennt und die Autofahrer werden ständig zur Aufmerksamkeit gezwungen. Einen abgetrennten Radweg finde ich innerorts eher problematisch.

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