Gestern lief die NDR-Dokumentation „Vorfahrt fürs Fahrrad?“ nun auch im TV und ich habe umgehend Mails bekommen, warum ich denn keinen Fahrradhelm trage – zumindest für die Aufnahmen. Ich sei doch ein Vorbild. Also gut, ein Versuch.

Der Fahrradhelm ist ja so eine Sache. Ich habe überhaupt nichts gegen ihn und jede*r sollte die Vor- und Nachteile für sich abwägen und gerne einen tragen. Ich schließe nicht aus, dass auch ich mir irgendwann mal einen kaufen werde. Momentan gibt es zumindest nicht den einen Grund, warum ich keinen trage. Es ist eher die Summe vieler kleiner Dinge. Ich will das jetzt nicht zu ausführlich machen, aber die Wirkung eines Helmes wird oft überschätzt, Radfahrende mit Helm werden von Autofahrenden sogar noch enger überholt, weil sie ja vermeintlich sicher sind mit Helm. Der Helm suggeriert, dass man einer gefährlichen Tätigkeit nachgeht, man muss ihn überall hin mitschleppen usw.

Insgesamt finde ich aber, dass vom Helm ein falsches Signal für das Radfahren ausgeht. Was wäre denn, wenn ich einen getragen hätte? Dann hätte ich Zuschriften bekommen, warum ich keine Warnweste trage. Und was folgt darauf? Lichterkette? Protektoren für Arme und Beine? Wie müssen sich Radfahrende noch ausstatten und verkleiden, damit sie vermeintlich sicher unterwegs sind?




Ich halte es zum Beispiel für sehr richtig, dass Kinder einen Fahrradhelm tragen, weil ihre kognitiven Fähigkeiten noch nicht so weit sind, alle Situationen ausreichend zu überblicken. Ich finde es aber schlimm, wenn man ihnen sagt, das müsse sein, weil Radfahren gefährlich sei. Das ist es nicht. Radfahren an sich ist eine ziemlich ungefährliche, ja sogar sehr gesunde Art der Fortbewegung. Ich möchte daher da ansetzen, wo die Gefahr lauert. Und das ist erwiesenermaßen das Auto. Mein Ziel ist es nicht, Unfallfolgen abzumildern. Mein Ziel ist es, Unfälle gar nicht erst entstehen zu lassen. Statt eines Fahrradhelmes brauchen wir Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Städten. Statt Warnwesten, die auch nur gesehen werden, wenn man hinschaut, brauchen wir sichere und fehlertolerante Infrastruktur. Sprich Radwege, die klar vom Autoverkehr getrennt sind, sodass erst gar nichts passieren kann.

Man muss dafür nur in die Fahrradnation Niederlande schauen. Niemand dort trägt einen Fahrradhelm. Weil das Fahrrad einen ganz anderen Stellenwert hat. Weil intuitiv klar ist, wo man mit dem Rad fahren muss und wo man mit Radfahrenden rechnen muss. Weil Autofahrer grundsätzlich vorsichtiger sind, da sie im Falle eines Unfalls immer eine Mitschuld bekommen. Denn sie bewegen das Fahrzeug, von dem Gefahr ausgeht und müssen daher besonders umsichtig sein.

Mein Ziel ist sicheres Radfahren, nicht sicheres Verunfallen.

Mein Ziel ist sicheres Radfahren, nicht sicheres Verunfallen. Das kann man nachvollziehbar finden oder „hirnrissig“. Aber so ist es. Mir das Recht auf mein Engagement für einen sicheren Radverkehr abzusprechen, nur weil ich keinen Fahrradhelm trage, finde ich aber merkwürdig…