Ihr habt den Weg mal wieder zur Sonntagslektüre gefunden. Christian Hochfeld von der Agora Verkehrswende hat in dieser Woche darauf hingewiesen, dass Pendlerinnen und Pendler von der Politik nicht immer neue finanzielle Entlastungen brauchen, sondern einen Plan, wie sie zukünftig klimafreundlich zur Arbeit kommen können. Nötig wäre eine deutliche Kehrtwende: Über Jahrzehnte habe die Politik Anreize gesetzt, immer längere Arbeitswege in Kauf zu nehmen und diese vorrangig allein mit dem privaten Pkw zurückzulegen. Für eine Verkehrswende sei ein Abbau von Autoprivilegien unabdingbar. „Nur wenn die Pendelnden für die tatsächlichen Kosten für Autobesitz und Autonutzung aufkommen müssen, wird ein Umstieg auf alternative Verkehrsmittel in Erwägung gezogen.“

Es war ein klares Konzept, das die FDP im Wahlkampf hatte: Das 1,5-Grad-Ziel sollte mit marktwirtschaftlichen Instrumenten erreicht werden. Ein halbes Jahr später ist es nun Christian Lindner himself, der am lautesten nach einem Eingreifen des Staates und dem Tankrabatt ruft. Preiswertes Autofahren, so scheint es, ist für die Liberalen ein Grundrecht – ganz anders als bezahlbares Wohnen: eine Mietpreisbremse lehnt die Partei bis heute ab. Wer sich die explodierenden Mieten nicht mehr leisten könne, müsse eben umziehen, argumentiert die FDP. Die taz fasst das unter der Überschrift „Plötzlich ist der Markt egal“ ganz gut zusammen. Ob der Tankrabatt aber überhaupt den (angeblichen) Nutzen bringt, ist noch offen. Die Spritpreise könnten auch weiterhin hoch bleiben – der Profit wandert dann nur noch stärker in die Taschen der Mineralölbranche anstatt in die Staatskasse.

Statt auf den Markt zu vertrauen, war es nun FDP-Chef Christian Lindner, der am lautesten nach einem Eingreifen des Staates rief und via Bild-Zeitung einen „Benzin-Rabatt“ versprach.

Die Autobauer haben erstmals reale Verbrauchswerte an die EU gemeldet. Veröffentlicht werden sie aber nicht. Der reale Verbrauch der Fahrzeugflotten einzelner Hersteller könnte nämlich bis zum Doppelten der Werte ausmachen, die auf Prüfständen ermittelt wurden. Das ist übrigens auch ein Grund, warum wir die Klimaziele meiner Ansicht nach nicht erreichen werden: Wir lügen uns selbst an, wenn wir mit theoretischen Werten auf dem Papier hantieren, statt den tatsächlichen CO2-Ausstoß auf das nötige Maß zu reduzieren.

An der Friedrichstraße scheinen die Händler sich derweil einig, dass die rückläufige Entwicklung an der Verkehrsberuhigung liegt. Die Händler in den Nebenstraßen, auf die der Verkehr ausweicht, meinen hingegen, die Kaufkraft bei ihnen schwindet, weil es immer so nach Abgasen stinkt. Ja was denn nun? Ich wünsche euch viel Spaß bei der Lektüre und einen schönen Sonntag. Und wem das Angebot von it started with a fight etwas wert ist, kann gerne etwas in die digitale Kaffeekasse werfen.

Plötzlich ist der Markt egal (taz)

Lärmblitzer – sinnvoll oder nicht? (alles wissen)

Klimafreundlich fahren: Radschnellwege (alles wissen)

Verbraucherschützer werben für Tempolimit (Handelsblatt)

Grünensprecher möchte Tankrabatt wieder kippen (Spiegel)

Wie Pendler das Klima schonen können (Frankfurter Allgemeine)

Ölkonzerne verdienen gut am hohen Spritpreis (Süddeutsche Zeitung)

Berlin als Fahrradstadt: Schnellstraßen dauern ganz schön lange (taz)

Mobilitätsexpertin Katja Diehl will die inklusive Verkehrswende (ADFC)

CSU-Kampf gegen Tempolimit ärgert Grüne: „Veraltetes Weltbild“ (br24)

Friedrichstraße: Seit hier keine Autos mehr fahren, liebe ich sie! (Berliner Zeitung)

Endlich die Wahrheit über den Spritverbrauch – aber nicht für die Verbraucher (Redaktionsnetzwerk Deutschland)




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