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Gefährlicher Eingriff: In welchen Verkehr eigentlich?

Wie sehr doch immer mit zweierlei Maß gemessen wird. Ich bin gerade auf eine Meldung der Polizei Stralsund gestoßen, die wegen eines selbstgemalten Zebrastreifens in Niepars ermittelt.

Wie sehr doch immer mit zweierlei Maß gemessen wird. Ich bin gerade auf eine Meldung der Polizei Stralsund gestoßen, die wegen eines selbstgemalten Zebrastreifens in Niepars ermittelt. Unbekannte haben über Nacht „weiße Streifen vermutlich mit einer Farbrolle“ auf die Landstraße 21 aufgetragen, die den Eindruck eines Zebrastreifens erwecken. Das sei kein „lustiger Kinderstreich“, sondern ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr – also „eine schwere Straftat“, deren „Strafmaß mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe angedroht ist“.

Man muss wohl nicht groß spekulieren, was hinter der Aktion steckt. Der motorisierte Verkehr soll verlangsamt werden, damit in erster Linie Fußgängerinnen und Fußgänger, vielleicht auch Kinder, die Straße sicher queren können. Denn das ist der Zebrastreifen ja in der Regel, ein Instrument der Verkehrssicherheit. Klar, es fehlen die üblichen Schilder, aber der „gefährliche Eingriff“ scheint in diesem Fall doch etwas übertrieben, da die Stelle offenbar innerorts ist und ohnehin nur 50 km/h erlaubt sind. Womit ich die Aktion nicht legitimieren will. Es kann nicht jeder auf der Straße rummalen, wie er will. Mir geht es um was anderes.

Bild: Polizei Stralsund

Denn ich versuche seit Tagen, Warnbaken einer Baustelle in Osnabrück entfernen bzw. so aufstellen zu lassen, dass Radfahrende nicht unvermittelt in den motorisierten Verkehr ausweichen müssen. Die Stadt hat das Problem schon einmal für beseitigt erklärt. Die Baken stehen aber noch immer dort. Dabei ist das kein lustiger Bauarbeiterstreich. Hier würde ich mir von der Polizei denselben Blick wünschen, den sie bei den Interessen des motorisierten Verkehrs einnimmt, Stichwort Windschutzscheibenperspektive. Für mich ist diese Baustellenmarkierung ein gefährlicher Eingriff in den Radverkehr. Aber beim „gefährlichen Eingriff“ ist wohl immer nur der Autoverkehr gemeint…

Foto: dd

9 Antworten auf „Gefährlicher Eingriff: In welchen Verkehr eigentlich?“

Die rechtliche Definition der „Gefährdung“ eines Autofahrenden, welcher vielleicht seine Fahrt in der Geschwindigkeit verringert oder gar anhält, weil er einen „Zebrastreifen“ erblickt, kann ich nicht nachvollziehen. Auch der nachfolgende Verkehr soll ja aufmerksam das Geschehen beobachten und genügend Abstand halten. Wo also ist die Gefahr?

Vorsicht, beim „Zebrastreifen“ ist die Bodenmarkierung ( Zeichen 293) das Verkehrszeichen, das Schild ( Zeichen 305) nur ein zusätzlicher, nicht unbedingt notwendiger Hinweis auf die Bodenmarkierung.
Und unbefugtes „Aufstellen“ von Verkehrszeichen wird üblicherweise als „Amtsanmaßung“ verfolgt.

Das ist ja nur die Stellungnahme der Polizei. Gefährlich finde ich den Streifen aber schon, aber nicht so sehr für Autofahrende, sondern für Menschen die queren und den Übergang versehentlich für echt halten.

Bei der Bake kommmt es vielleicht darauf an, ob sie auch rechtlich ein Hindernis ist, dass jemand bereitet hat und damit Leib oder Leben anderer gefährdet.

@Hannes: Wenn ein Fußgänger den Zebrastreifen für echt hält, worin genau besteht dann die Gefahr für ihn?

Die Polizei macht das gleiche, was zum Beispiel auch Radfahrer gerne machen: eine Belästigung zur Gefahr hochstilisieren, um der Angelegenheit mehr Gewicht zu verleihen. Bei den Radfahrern sind es die hochgefährlichen Radgwegparker.

Da ein fehlerhaft eingerichteter FGÜ Fußgänger womöglich in falscher Sicherheit wiegt, können die Gefahren auch zu Lasten des Fußverkehrs entstehen.

Aber erst mal durchatmen: Daraus, dass die Polizei ein Ermittlungsverfahren einleitet, ergibt sich noch nicht, dass das Vergehen wirklich vorliegt, denn dann bräuchte ja nicht mehr ermittelt werden.

Und wie Markus schreibt, steht hier auch eine Amtsanmaßung im Raum, da kaum davon auszugehen ist, dass Straßenverkehrsbehörde und Straßenbaubehörde das waren.

Leider denken Aktivisten viel zu häufig nicht weit genug und leben in der Überzeugung, gut gemeint sei indentisch mit gut. Ob das die gleichen sind, die schnell dabei sind, Behörden Kurzsichtigkeit vorzuwerfen, womöglich sogar wenn die korrekt gehandelt haben?

Leider denken Aktivisten viel zu häufig nicht weit genug und leben in der Überzeugung, gut gemeint sei indentisch mit gut. Ob das die gleichen sind, die schnell dabei sind, Behörden Kurzsichtigkeit vorzuwerfen, womöglich sogar wenn die korrekt gehandelt haben?

Dann hast du meinen Punkt nicht verstanden.

Es wird leider immer wieder mit zweierlei Maß gemessen. Wie ist es sonst zu erklären, dass es zwar Schilder „Radweg Ende“ ohne Ausweichmöglichkeit gibt, dass es aber keine Schilder gibt „Straße Ende“ und der Autofahrende nicht weiter kommt? Und nein, „Sackgasse“ ist nicht dasselbe, denn die wird lange vorher angekündigt, während „Radweg Ende“ einfach so aufpoppt.

Der Begriff „Windschutzscheibenperspektive“ trifft es sehr gut – danke für diesen Begriff.

Qualität und Korrektheit entsteht nicht daraus, dass es ein Amt macht. Deutschland hat tausende fehlerhaft beschilderte oder angelegte Radverkehrsanlagen, nahezu immer zu Lasten derer auf dem Fahrrad. Mieseste Anordnungen jucken die Polizei auch nicht wirklich, das würde sonst da draußen anders aussehen. So mancher interessierte Laie oder Dilettant würde mit Engagement und Lesekompetenz vermutlich schon aus Zufall mehr richtig machen.
An fehlerhafte Verkehrszeichen und Anordnungen muss sich dennoch gehalten werden; es darf ja förmlich widersprochen werden.

Ein Großteil der Bevölkerung sagt „Verkehr“, wenn er Kraftverkehr meint, „Fahrzeug“ statt Kraftfahrzeug oder „Straße“ zur Fahrbahn.

Das Automobil hat sich nicht nur des öffentlichen Raums, sondern auch der Sprache bemächtigt.

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