„Der Mobilitätswende Flügel verleihen!“, unter diesem Motto hat der Dialog ‚Nachhaltige Stadt‘ des Rates für Nachhaltige Entwicklung im September einen Appell an die kommende Bundesregierung veröffentlicht. Die sechs zentralen Empfehlungen des Appells, an dem 19 Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister sowie zwei Bürgermeister mitgearbeitet haben, sind:
- CO2-Preis mit Lenkungswirkung umsetzen und kompensieren
- Nachhaltiges Bundesmobilitätsgesetz statt überholter Bundesverkehrswegeplan
- Klima- und umweltschädliche Subventionen endlich abbauen
- Mehr Flexibilität für die Städte zulassen bei Tempo 30, Fahrradstraßen, Parken & Co
- Kommunen ausreichend finanzieren und Bürokratie bei Fördermitteln abbauen
- Rahmenbedingungen für neue Mobilitätsformen verbessern
Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe wünscht sich größere Handlungsspielräume für Städte. „Dann wären viele Entscheidungen im Sinne der Nachhaltigkeit viel unkomplizierter zu treffen – etwa bei der Einführung von Tempo-30-Zonen als neue Regel für einen klimaschonenden Straßenverkehr.“
Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner kommentierte den Appell: „In den vergangenen Jahren gab es in der Mobilitätspolitik zu wenig Fortschritte. Aber im Kampf gegen die Klimakrise haben wir keine Zeit mehr zu verlieren. Viele Kommunen wie Bonn wollen bei der Verkehrswende vorangehen, aber wir brauchen weniger Hürden und mehr eigene Möglichkeiten, nachhaltige Mobilität vor Ort zu gestalten. Wenn der Bund eine Autobahn mitten im Bonner Stadtgebiet von vier auf sechs Spuren ausbauen will, und zudem ein begleitender Radweg nicht möglich ist, dann ist das nicht nachhaltig. Die nächste Bundesregierung steht in der Pflicht, die Städte bei der großen Transformationsaufgabe durch bessere Rahmenbedingungen, aber auch finanziell zu unterstützen.“
Wir schließen uns der Tempo-30-Initiative an und appellieren an die nächste Bundesregierung, den Städten zeitnah mehr Flexibilität bei der Regulierung lokaler Mobilität zu geben.
Auch Osnabrücks Noch-Oberbürgermeister Wolfgang Griesert hat den Appell unterzeichnet und schließt sich damit der Forderung nach mehr Tempo 30-Möglichkeiten an. Bisher muss man Umwege über Lärmschutz und besondere Gefahrenlagen gehen, wenn man für mehr Sicherheit sorgen will. Die Städte Freiburg, Coburg und Konstanz fordern schon seit Anfang des Jahres, selbständig größere Tempo 30-Zonen einrichten zu können. Und selbst der Bundestag hat schon im Januar 2020 beschlossen, flächendeckendes Tempo 30 innerorts in Modellversuchen testen zu lassen. Allerdings setzt Noch-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer diesen Beschluss nicht um.
Das Bündnis der Oberbürgermeister*innen will den Anteil des Umweltverbundes (Fußverkehr, Rad, ÖPNV, Bahn, Sharing-Angebote) am Gesamtverkehr in den Städten bis 2030 massiv, in Großstädten auf mindestens 70 Prozent steigern. Dazu müssten die rechtlichen, steuerlichen und fördertechnischen Rahmenbedingungen in der Verkehrspolitik von der kommenden Bundesregierung ganz auf nachhaltige Mobilität ausgerichtet werden. Denn die Verkehrsplanung des Bundes, insbesondere die Infrastrukturplanung, orientiere sich bisher an einem Rechtsrahmen, der in seinen Grundzügen aus den 1930er Jahren stamme. Sowohl der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) als auch die Straßenverkehrsordnung (StVO) würden recht einseitig auf den automobilen Verkehrsfluss setzen. Daher müssen der BVWP durch ein nachhaltiges Bundesmobilitätsgesetz abgelöst werden.
Nachhaltiges Bundesmobilitätsgesetz statt überholter Bundesverkehrswegeplan
Den gesamten Appell gibt es hier. Unterzeichnet haben die (Ober-) Bürgermeister*innen von Aschaffenburg, Bonn, Darmstadt, Delitzsch, Freiburg, Geestland, Hannover, Heidelberg, Karlsruhe, Kiel, Kirchheim unter Teck, Köln, Konstanz, Lörrach, Ludwigsburg, Lüneburg, Mainz, Marburg, Münster, Norderstedt, Osnabrück, Soest, Wernigerode und Wuppertal.