Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club e.V. (ADAC) hat hat in einer aktuellen Stichprobe geprüft, ob bestehende Radwege den immer größer werdenden Radverkehrsströmen gewachsen sind. Dazu hat der Verein 120 Radrouten in zehn deutschen Großstädten nach Tauglichkeit untersucht.
Das Ergebnis: Jeder dritte Radweg sei zu schmal und erfülle nicht einmal die Mindeststandards. Als Maßstab dienten die geltenden Standards für Regel- und Mindestbreiten, die in den „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ (ERA 2010) festgelegt sind. Nach den Empfehlungen sollen zum Beispiel Radwege, die nur in einer Richtung befahren werden dürfen, mindestens 1,6 Meter breit sein, im Regelfall zwei Meter.
Über alle Radwege hinweg konnten im ADAC Test 36 Prozent nicht einmal die jeweilige Mindestbreite erfüllen. Die Regelbreiten erreichte oder überschritt sogar nur jeder fünfte Radweg. Nur Kiel schnitt mit einem guten Gesamturteil ab. Hier ist keine der befahrenen Route durchgefallen, knapp die Hälfte war „sehr gut“ oder „gut“. Anders in Mainz und Hannover: Beide Städte fielen mit „Mangelhaft“ durch den Test. In Mainz waren 70 Prozent der Routen mangelhaft oder sehr mangelhaft, in Hannover 58 Prozent. Die weiteren Städte im Test (Bremen, Dresden, Erfurt, München, Saarbrücken, Stuttgart und Wiesbaden) erhielten die Testnote „ausreichend“.
Was folgt nun daraus? Ein Ausbau der Radwege, sollte man meinen. Aber hier wollen wir mal nicht zu schnell schlussfolgern. Denn, so ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand: Beim Ausbau viel genutzter Radwege „sind die Belange aller Beteiligten wie Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer, Anwohner, Gewerbetreibende und Lieferverkehr zu berücksichtigen. Den Verkehrsraum vorschnell, beispielsweise durch Pop-UP-Radwege umzuverteilen, ist nicht das richtige Mittel, um langfristig den Verkehrsfluss zu verbessern und für mehr Sicherheit zu sorgen.“
Aha, welcher Verkehrsfluss denn? Der Radverkehr fließt auf Pop-up-Radwegen ziemlich gut, soweit ich das mitbekommen habe. Geht es dem ADAC bei dieser Untersuchung also vielleicht gar nicht um die Bedürfnisse des Radverkehrs? Sondern um den Verkehrsfluss der Autos, für den man Radfahrer gerne runter von der Fahrbahn und rauf auf den Radweg haben möchte? Das wäre grundsätzlich nicht das Problem. Aber dafür muss das Auto eben Platz abgeben – Fahrbahnen für (dauerhafte) Pop-up-Radwege oder Parkstreifen für gute und breite Radwege. Oder woher zaubert der ADAC den nötigen Platz? Das Zurückschneiden von Büschen kann kein ernstgemeinter Tipp für breitere Radinfrastruktur sein.
19 Antworten auf „ADAC sucht Verkehrszauberer“
Wenn man Verkehrsräume statisch zuweist, hat man ein Problem, wenn sich die Verkehrsströme ändern. Das ist ein ziemlich simpler Zusammenhang und ein weiterer Punkt auf der langen Liste der Nachteile von Radwegen.
dann wäre also die logische Konsequenz nach Ihrer These gar keine unterschiedlichen Verkehrsflächen zu gestalten, Bordsteine zu entfernen, alles gleichförmig zu asphaltieren und nur Markierungsstreifchen und Piktogramme aufbringen, damit es die KFZler einfacher haben direkt an die Hauswand auf den „Gehweg“ zu fahren, die Sehbehinderten sich noch weniger orientieren können.
Man sehe die positiven Aspekte : sogar der ADAC hat gemerkt das die Radwege scheiße sind….. ist doch ein echter Fortschritt….
Wenn der Autoclub jetzt auch noch die Abstände wegen Dooring usw realisiert , tut sich vielleicht mal was …
Der ADAC investiert seit Jahren immer wieder Geld in Untersuchungen zum Radverkehr. Das würde der nicht machen, wenn er sich als reine Autolobby versehen würde. Das traurige ist, dass der ADFC es nur schafft mit Bundesmitteln den Fahrradklimatest mit suggestiven Fragen durchzuführen. Schwarz-weiß-Denken ist auch hier also fehl am Platz.
Und ich weiß auch nicht, was daran falsch ist, nicht einfach drauf los die Straßen umzugestalten, sondern eine multifaktorielle Folgenabschätzung vorzunehmen. Immer zu kritisieren, dass nur an das Auto gedacht wird und gleichzeitig fordern, dass es ausreicht, wenn man nur ans Rad denkt, ist auch zu kurz gegriffen.
Vielmehr sollte man also dem ADAC denken, dass er das Gefühl (auch wenn das der neue Gold-Standard des Radaktivismus ist) wenigsten stichprobenartig durch eine systematische Untersuchung unterfüttert zu haben. Gleichzeitig sollte man den ADFC fragen, warum nicht er diese Untersuchung auf den Weg gebracht hat.
Die Grafik offenbart -andere Thema, dass die Mindestbreite von 1,60 weder praktisch noch haftungsrechtlich irgendwie fundiert ist, sondern irgendwie gefühltabgeleitet wurde von der Studiengesellschaft für Automobilstraßenbau, heute FGSV.
Bei 0:37 wundert mich, dass die Begrenzungslinie nicht mitgemessen wird. Gemäß der VwV-StVO gehört er mit zu den 1,50 Mindest- bzw. 1,85 Möglichst-Breite. Überzeugend finde ich das nicht und würde 50 % – 50 % die Breite zuteilen.
„Sondern um den Verkehrsfluss der Autos, für den man Radfahrer gerne runter von der Fahrbahn und rauf auf den Radweg haben möchte? Das wäre grundsätzlich nicht das Problem. “
Doch.
GENAU das ist das Problem bzw. ein wesentlicher Part des Problems der nahezu weltweiten automobilen Metastasenbildung.
immer noch wird hier auf das ökologisch gescheiterte NL-Separationskonzept gesetzt, obwohl längst klar ist welche essentiellen Zutaten für eine ‚echte‘ Verkehrswende benötigt werden:
– schnelle und und nachhaltige Reduktion von MIV-Netz-Kapazitäten
– sukzessive Reduktion der MIV-Erreichbarkeitsradien
– SEHR deutliche Reduktion von MIV-Parkraum
– klare Zielsetzung und Evaluation anhand der Kriterien: ‚Senkung der MIV-Gesamtfahrleistung‘ und ‚Senkung der Autodichte‘
Ergänzt um weitere Massnahmen kann um diesen notwendigen ‚Kern‘ herum ein Prozess initiiert werden, der nicht wie in den Niederlanden zu weiter steigendem Autoverkehr führt, sondern der den Namen ‚Verkehrswende‘ bzw. ‚ökologische Verkehrswende‘ wirklich verdient.
Naja, wenn du nicht auch so ein Verkehrszauberer bist, dann geht die Umwandlung von Fahrspuren oder Parkstreifen mit der „Reduktion von MIV-Netz-Kapazitäten“ einher. Wenn man dabei glauben möchte, dass sich der Verkehrsfluss trotzdem verbessert, soll man das gerne tun. Wird angesichts der stetig wachsenden PKW-Zahl nur nicht passieren. Und wenn es dann irgendwann endlich ein durchgängiges Radwegenetz gibt (und erkenne bitte endlich an, dass damit Radwege mit neuen Standards gemeint sind und nicht die 80er Jahre Streifen), sollen die Autos auf der Straße doch machen, was sie wollen. Vielleicht hilft das autonome Fahren ja, dass sich dann überhaupt noch was bewegt. Ich als Radfahrer will mit dem Chaos dann aber nichts zu tun haben und bequem dran vorbeifahren.
Die Implikationen des Klimaumbruchs komplett aus dem Blick zu nehmen ist natürlich auch eine ‚Lösung‘ ;-)
Ich halte allerdings die faktische Ablösung der ‚Fahrradbubble‘ bzw. der Zielsetzungen und vorgeschlagenen Massnahmepakete der Fahrradbubble von der Umweltbewegung für einen fatalen Fehler.
Das mit Radseparationskonzepten steigender Radverkehr mit steigendem Autoverkehr verbunden ist, ist ja eigentlich hinlänglich bekannt, bzw. faktisch/fachlich unstrittig und empirisch gut belegt.
Tragisch dabei:
es gibt glücklicherweise eine mittlerweile recht große Zahl an engagierten Menschen, die es nicht hinnehmen wollen den Planeten in weiten Teilen unbewohnbar zu machen, und die nun von der ‚Rad-braucht-Radweg Bubble‘ eingetrichtert bekommen, dass das Marketingkonzept’lets go dutch‘ ein wichtiger und positiver Beitrag für die zwingend notwendige Ökologisierung des Verkehrssektors sei.
Wär ja schön einfach, ist aber nunmal NICHT der Fall.
Wenn die Ablösung der ‚Radverkehrsförderung‘ von Ökologiebewegung klar kommuniziert wird (wir wollen ein separiertes Radwegenetz, egal ob das zu noch mehr Autoverkehr führt) ist das immerhin redlich.
Das ist aber in aller Regel nicht der Fall, stattdessen bekommt die radseparierende Autoförderungspolitik ein greenwashing Ökosiegel aufgepappt.
„Sollen die Autos doch machen was sie wollen“ ist jedenfalls ein ehrlicher Satz, der das gut auf den Punkt bringt statt das Thema fälschlich und unredlich mit ökologischer Etikettierung zu verknüpfen.
Daumen hoch!
Aber sagst Du das auch den Menschen, die in den Dürregebieten des globalen Südens bereits jetzt verrecken, wo wir grad mal am Anfang des Klimadesasters stehen?
„Die Autos“ dürfen m.E. eben nicht „machen können was sie wollen“. Der Preis dafür (Zerstörung weiter Teile der noch halbwegs intakten Ökosysteme, weiteres Eskalieren der CO2 Problematik, Verstärkung der weltweiten sozialen Ungleichheiten, …) ist ganz erheblich zu groß!
Gerade die Industrieländer bzw. die Menschen/Entscheider*innen in den Industrieländern stehen in der Verantwortung ihr ökologisch und sozial zerstörerisches ‚System‘ endlich zu transformieren, bzw. so aufzustellen, dass nicht im Ergebnis quasi der ganze Planet zu Klump geht, auch wenn wir hier in D für die nächsten 100 oder 200 Jahre noch halbwegs glimpflich davon kommen könnten (oder auch nicht).
Natürlich braucht es für eine #autokorrektur mehr als nur die Frage der infrastrukturellen Gestaltung auf kommunaler Ebene, aber hier werden gegenwärtig mit der radverkehrsseparierenden ‚Autobahnisierung‘ fast aller zentralen Hauptverkehrsachsen die Weichen gestellt für die nächste Wachstumsstufen des PKW und LKW Verkehrs. Nicht ohne dabei bizarrerweise aus der Schwarz/Grünen Ecke als ‚Verkehrswende‘ abgefeiert zu werden.
Der Teufelskreis von Raumentwicklung und Verkehrszuwachs wird dabei noch verstärkt, statt zumindest wirksam gedämpft oder, wie es eigentlich zwingend notwenig wäre, ‚verkehrsgewendet‘ zu werden.
Für die Lösung des CO2-Problems bin ich als jemand, der einfach nur sicher von A nach B kommen möchte, aber nicht zuständig. Zumindest nicht primär. Da habe ich auch noch andere Möglichkeiten. Deswegen begründe ich mein Radfahren auch nie mit dem Klimaaspekt. Dass es fürs Klima gut bzw. nicht schädlich ist, dass ich mit dem Rad fahre statt mit dem Auto, ist ein schöner Nebeneffekt. Aber definitiv nicht mein Antrieb. Ich will schnell und unkompliziert ans Ziel kommen. Und das geht in der Stadt nun mal am besten mit dem Rad. Damit das andere auch so sehen, braucht es aber eine gute Fahrradinfrastruktur.
Und noch mal: „Radverkehrsseparierende ‚Autobahnisierung‘ fast aller zentralen Hauptverkehrsachsen“ ist NICHT das Ziel. Willst du das nicht verstehen? Aus den zweispurigen Einfallstraßen sollen einspurige werden mit breiten Radwegen daneben. Und ich glaube nicht, dass wir den Autoverkehr damit beschleunigen, wenn wir ihm beträchtliche Flächen nehmen. Denn darum geht es: Umverteilung der Verkehrsfläche, NICHT Verlagerung auf Nebenstraßen. Und wenn der Radverkehr neben den im Stau stehenden Autos fließt, steigen vielleicht auch mehr Menschen um. Was wiederum dem Klima helfen würde.
„Und noch mal: „Radverkehrsseparierende ‚Autobahnisierung‘ fast aller zentralen Hauptverkehrsachsen“ ist NICHT das Ziel.“
Das würd ich Dir auch nie unterstellen!
Aber es ist halt der ‚Effekt‘!
Und natürlich: WENN bei Flächenumverteilung relevant und verkehrswirksam die Kapazität des NEtzes für den MIV zurückgeht ist das klimapositiv (push&pull).
Problem aber: das ist in aller Regel NICHT der Fall, sondern es wird nur da wohlfeil imSinne des ‚greenwaching‘ Fläche umverteilt, wo es dem Autoverkehr (vor allem dem für die Umweltbelastung entscheidenden Autoverkehr auf den längeren Distanzen) nicht schadet.
Dass Förderung des separierten(!) Binnenradverkehrs die Autoverkehrsleistung in der Region erhöht ist übrigens mittlerweile recht gut empirisch erfasst (z.B. für Münster).
Um das hier abzukürzen: Bezieh dich nicht mehr auf das, was irgendwo passiert ist. Denn praktisch nirgends ist bereits das passiert, was ich mir unter Umverteilung und breiter Fahrradinfrastruktur vorstelle. Vielleicht ist es für dich deswegen so schwer vorstellbar. Weil du noch nicht gesehen hast, wie es kommen soll.
Naja, damit, dass du überhaupt nach B willst, triffst du doch die entscheidenste Entscheidung. Ich bin kein Experte für solche Fragen, aber für mich ist es eine plausibel klingende Aussage, dass (deine) Flugreisen viel schädlicher sind, als wenn man das ganze Jahr Auto fährt.
Das mache ich auch nicht, …
… weil auch Radfahren nie im Leben gut für das Klima ist, sonder nur weniger schädlich. Zumindest solange Schimano nicht ein Baum in meinem Vorgarten ist, von dem ich Kettenöl gewinnen kann und einmal im Jahr Ritzel und Schalthebel ernten kann.
Hmm, ich wüsste nicht, warum jemand aus der Existenz von „guter“ Radinfrastruktur schließen soll, dass er mit dem Rad schneller wäre. Egal mit wem man spricht, kommt zu 90 % die Ansicht, dass die Radfahrer doch bitte die Infrastruktur nutzen sollen, um nicht im Weg zu sein. Aber noch nie hat jemand mir erzählt, dass er/sie ein Radweg sah und deshalb darüber nachdachte beim nächsten Mal mit dem Rad zu fahren.
Alfons sagt m. E. nicht, dass das es das Ziel ist, sondern dass das es das Ergebnis ist was tatsächlich kommt: Fahrbahnen frei von „störendem“ Radverkehr, so wie auf der Autobahn.
Was denn nun? Ein zusammenhängendes flächendeckendes Netz oder nur die Aufteilung gemeinsamer Fläche (Umverteilung impliziert ja, es gäbe schon eine Separation) auf den – vermutlich meinst du – vierspurigen Einfallstraßen. Aber wo gibt es die? In den Klein- und Mittelstädten, in denen die Radblase eher selten, aber die Mehrheit der Deutschen wohnt gibt es die nur sehr selten. Wo sind die in Esens, Soest, Aschaffenburg, Weimar und Emendingen?
Natürlich fließt der Kfz-Verkehr ruhiger, wenn ich nur eine Spur habe, da nicht hektisch gewechselt wird. Deswegen und da kein Radfahrer „bremst“, wird die Reduzierung auf Zweispurigkeit keine Halbierung der Kfz-Kapazität bedingen.
Ja (s. oben), aber die Kapazitäten sind ja gar nicht zu 100 % ausgelastet in den meisten Fällen. Also bekomme ich den jetzigen Verkehr in vielen Fällen weiterhin durch die Straßen nach dem Umbau.
Klar verbessert der sich häufig (s. o.) durch die Reduzierung. Dass sich im gesamten Netz der weitere Anstieg des Verkehraufkommens negativ auswirkt, ist ein Effekt, der auch ohne Umbau auf der jeweiligen Straße wie im gesamten Netz wirkt.
S. o.: Wie soll das realisiert werden, wenn es gar nicht überall die vierspurigen Straßen gibt?
Gibt es einen neuen Standard oder wurde er nicht vielmehr nicht beachtet, damit man die geforderten Radwege in die Straßenquerschnitte bekommt? Da die Straßenquerschnitte nicht wachsen, wird sich daran auch kaum was ändern. Vielmehr ist zu befürchten, dass es noch schlimmer wird, da nun auch Radinfrastruktur kommen wird, wo man diese bisher aufgrund der Breite nicht realisieren wollte.
Wirst du an den Einfahrten und vor allem an jeder Kreuzung, egal ob nach den üblichen Kreuzungen in den NL oder dem was die Radblase für typische niederländische Kreuzungen hält (= geschützte Kreuzungen).
@Daniel: Aber in welcher Deutschen Stadt soll das flächendeckend umsetzbar sein, was du gerne hättest?
Ähnliche Versprechen einer goldene Zukunft gab es auch von dem Vätern des autogerechten Städtebaus.^^
Warum gibt es den Knopf „Antworten“ nicht immer? Daher so.
Generell zur Diskussion, versuche ich eine gesunde Mitte zu finden. Überall gute Radwege bauen oder überall Radwege abbauen halte ich nicht für den richtigen Weg. Go Dutch ist nicht ausreichend für ein gutes Endziel. Alle Radweg abbauen, würden sich aber auch viele Radfahrer nicht wohlfühlen. Aufklärung, Verkehrsüberwachung und dadurch Umerziehung/Umgewöhnung kann vielleicht langfristig funktionieren. Aber ich bezweifel dass ein Politiker oder Aktivist dies kurzfristig realisieren kann, gegen eine Masse die Autofahren gewöhnt ist. Als absehbare Lösung (in etwas 4 Jahren) kann ich also nur keine Radwege in Nebenstraßen und gute Radwege an Hauptstraßen mir vorstellen und wünschen.
Ich habe Fahrbahnfahren oft genug ausprobiert. Im langsameren Verkehr stinkt der mir zu sehr. Im schnelleren Verkehr halte ich manchmal platz machen einfach für höflich. Und besonders wenn ich gemütlich fahren will, stören (potenziell) schnellere Fahrer.
@ Alfons Krückmann: Die empirische Erfassung über Münster würde ich gerne sehen. Hast du einen Link?
@ Norbert: [Zitat Anfang] Aus den zweispurigen Einfallstraßen sollen einspurige werden mit breiten Radwegen daneben. Und ich glaube nicht, dass wir den Autoverkehr damit beschleunigen, wenn wir ihm beträchtliche Flächen nehmen. Denn darum geht es: Umverteilung der Verkehrsfläche, NICHT Verlagerung auf Nebenstraßen. Und wenn der Radverkehr neben den im Stau stehenden Autos fließt, steigen vielleicht auch mehr Menschen um. Was wiederum dem Klima helfen würde.
Was denn nun? Ein zusammenhängendes flächendeckendes Netz oder nur die Aufteilung gemeinsamer Fläche (Umverteilung impliziert ja, es gäbe schon eine Separation) auf den – vermutlich meinst du – vierspurigen Einfallstraßen. Aber wo gibt es die? In den Klein- und Mittelstädten, in denen die Radblase eher selten, aber die Mehrheit der Deutschen wohnt gibt es die nur sehr selten. Wo sind die in Esens, Soest, Aschaffenburg, Weimar und Emendingen?
Natürlich fließt der Kfz-Verkehr ruhiger, wenn ich nur eine Spur habe, da nicht hektisch gewechselt wird. Deswegen und da kein Radfahrer „bremst“, wird die Reduzierung auf Zweispurigkeit keine Halbierung der Kfz-Kapazität bedingen.
Naja, wenn du nicht auch so ein Verkehrszauberer bist, dann geht die Umwandlung von Fahrspuren oder Parkstreifen mit der „Reduktion von MIV-Netz-Kapazitäten“ einher.
Ja (s. oben), aber die Kapazitäten sind ja gar nicht zu 100 % ausgelastet in den meisten Fällen. Also bekomme ich den jetzigen Verkehr in vielen Fällen weiterhin durch die Straßen nach dem Umbau.
[Zitat Ende]
In der Tat ist es oft schwierig das zwischen verschiedenen Straßen differenziert wird. Einige Straßen haben die Möglichkeit der sinnvollen Umverteilung, andere nicht. Ich kenne aber auch in kleineren Städten Straßen mit Parkstreifen. Diese sind aber wiederum mit Bäumen unterbrochen. Bei Umverteilung müsste also entweder die Natur/Bäume zurückstecken oder der Radweg wäre alle 50 Meter wieder schmaler. Aber es gibt auch Straßen mit durchgängigen Mehrzweckstreifen, wo Park und Pannenmöglichkeiten in exklusive Radwege gewandelt werden können. Man könnte aber auch schon mit Mindestmaßen der Fahrbahn nutzen und die gewonnen Dezimetern für Radwege nutzen. Dann könnte man auch noch die Oberfläche verbessern, indem mehr Radwege mit Asphalt statt Pflaster überziet. Die Reduktion von Parkplätzen oder einige Dezimeter den Platz umverteilen sollte Push und Pull erfüllen. Aber auch die Verbesserung der Unterlage sollte zumindest das Radfahren etwas beschleunigen und damit attraktiver machen.
Außerdem ist ein relevanter Anteil des MIV zur Rushour unterwegs. Wenn der MIV „nur“ zu dieser Zeit ausgebremst wird, weil er nur dann an seine Grenzen stößt, ist auch schon viel gewonnen.
Was ich mittlerweile auch überlegt habe, ist dass die Einführung von Schildern für NICHT benutzungspflichtigen Radfahrwegen etwas bringen könnten. (Vielleicht sollte man die Angebotsradwege nennen) Die Leute würden sich damit befassen, dass nicht alle Radfahrwege benutzungspflichtig sind. Mit dem wissen würden einige Radfahrer mehr auf der Fahrbahn fahren und einige Autofahrer mehr würden dies akzeptieren. Das Sprichwort „Gute Radfahrwege brauchen keine Benutzungspflicht“ würde dann hoffentlich zu besserer Qualität der Radfahrwege führen und die Benutzungspflicht würde bewusster (sprich seltener) eingesetzt wird. Komplett ohne Radfahrwege halte ich aber mittelfristige positive Effekte für unwahrscheinlich.
(Zitat)
„Was ich mittlerweile auch überlegt habe, ist dass die Einführung von Schildern für NICHT benutzungspflichtigen Radfahrwegen etwas bringen könnten. (Vielleicht sollte man die Angebotsradwege nennen) Die Leute würden sich damit befassen, dass nicht alle Radfahrwege benutzungspflichtig sind.“
Leider klappt das in der Praxis gar nicht, ich wurde schon mal von einem Mopedfahrer angehupt und von der Fahrbahn auf den linken Gehweg verwiesen, welcher nur in der mir entgegen gesetzten Richtung „Radfahrer frei“ beschildert hat.
Wo dann „Radfahrer frei“ steht stellen sich mir häufig Fußgänger in den Weg und versuchen mich zu belehren, manchmal auch an Wegen wo VZ237, 240 oder 241 stehen.
Gerade heute morgen las ich einen Kommentar, dass ein Radfahrer angehupt und „belehrt“ wurde, weil er auf der Fahrbahn fuhr, obwohl ein Radweg mit durchgestrichenen Schildern vorhanden war.
Mit der Aufhebung der Benutzungpflicht im Jahr 1997 und daraus resultierenden Vorschriftzeichen und Zusatzschildern sind die Unklarheiten, Mißverständnisse, Konflikte und Probleme nur noch gestiegen. Auch die Kommunen hier bei mir kommen oft nicht hinterher die Beschilderung korrekt nach VwV-StVO aufzustellen und Widersprüche zu beseitigen.
In einer Straße hier hat man im letzten Jahrhundert unterschiedlich gefärbte Gehwegplatten als Trennung zwischen Geh- und Radweg gelegt. Die Breite war aber nicht ausreichend, sodass vor einigen Jahren alles als Gehweg (VZ239) ausgeschildert wurde und die Radfahrer auf der Fahrbahn radeln sollten, was sie nicht unbedingt taten. Auf der Fahrbahn war dann VZ 138 „Achtung Radfahrer“ aufgestellt, die Radfahrer wurden angehupt und abgedrängt. Auf Beschwerden wurden zusätzliche Schilder aufgestellt, die nochmal darauf hinweisen, das Radfahrer auf der Fahrbahn radeln dürfen und zustzlich unter die VZ 239 noch „Radfahrer frei“. Also Zustand im Prinzip fast wie ursprünglich, nen Haufen Blechschilder und Stahlrohre verbaucht, eine total sinnlose ABM für ein paar städtische Angestellte.
Zeichen 254 „Verbot für Radfahrer“ wird hier auch vermehrt links aufgsetellt, weil die gneigten Radler immer mehr links fahren wo sie nicht dürfen. Es wird trotzdem ignoriert. Mit den linken Freigaben einiger Radwege und Radwegabschnitte innerorts hat man sich auch erhöhte Unfallgefahren und Konflikte geschaffen und die Radfahrer fahren auch da weiter, wo keine Freigabe links ist.
Unnötige Diskussionen mit den Ordnungshütern zur Klärung der Beschilderung vor Ort sind manchmal auch unumgänglich und lästig.
Ich nehme an, nach dem Aufstellen der Hinweisschilder, das Radfahrer expliziet auf der Fahrbahn fahren dürfen, hat sich auch nichts gebessert. Das ist wirklich schade und schwächt meine Hoffnung.
Ja von Mofa-Fahrern wurde mir auch schon etwas zugerufen. (Vermutlich hinweis auf Radwege.) Wobei dies doch besonders komisch ist. Die Motor unterstützten Zweiräder dürfen teilweise nur 25 km/h fahren und müssen auf der Fahrbahn fahren. Ein Radfahrer kann bei guten Bedingungen 25 km/h und schneller fahren und soll auf den Radweg fahren? Die Logik sollten doch gerade Mofafahrer verstehen. Andererseits meinen die auch, dass die mit motorisierten 25 km/h schneller oder bequemer wären, sonst würden die vermutlich kein Mofa fahren.
Schade dass Hinweisschilder auf den Straßen nicht reichen. Dann bleibt nur Aufklärung. Von Fahrschulen, öffentlichen Medien und der Polizei, die Hupen und unbedachtes Überholen sanktioniert. Wobei die Polizei wieder viel zu schwach aufgestellt ist.
Was nicht benutzungspflichtige Schilder verbessern können, wäre aber die erkennbarkeit von nicht benutzungspflichtigen Radwegen. Es ist echt lustig, wenn ich im Dunkeln angehupt werde, obwohl weder Schilder noch Licht einen separaten (nicht benutzungspflichtigen) Radfahrweg offenbaren.
Ich bleibe also bei meinem Anfangskommentar. Weder überall Radfahrwege, noch überall Fahrbahnfahren ist die Lösung für Radfahrer.
254 gilt immer für die ganze Straße, so es nicht über eine einzelnen Fahrspur hängt. § 39 II 5 StVO.
Außerdem wiederholt das nur eine bestehende Regel und ist somit auch noch daher unzulässig in dieser Verwendung. §§ 39 I und 45 IX StVO.
Es geht ja meist gar nicht Umverteilung sondern um Aufteilung, wenn aus der gemeinsamen Fahrbahn eine Exklusiv-Spur für den Kfz-Verkehr werden soll mit Radweg. Warum der Neue Radaktivismus das Märchen aggressiver Kfz-Nutzer nährt, die Fahrbahn wäre schon immer exklusiv für den Kfz-Verkehr, erschließt sich mir nicht.
Also hier im Ruhrgebiet sind die ununterbrochenen Parkstreifen auf Länge ganzer Straßenzüge sehr, sehr selten und wenn dann vor allem zugeparkte rechte Fahrstreifen auf vierspurigen Straßen, die offensichtlich gar nicht gebraucht werden. Wenn man die umwandelt hat man ein paar PBL-Inseln, die keinen Hyper-Ängstlichen auf das Rad bringen.
Die Ergebnisse von Dezimeter-abknaspsen sieht man land auf, land ab.
Die schlauen Ministerialen habe entschieden, dass diese Wege durch Markierungen zu kennzeichnen sind und nicht durch die etablierte Lösung von eckigen Schildern, wie sie viele Nachbarländer haben.Im Winter und Herbst fährt eh keiner Rad in Dt. und dann ist es egal, dass die Markierungen unter Laub und Schnee verschwinden.
Es ist ein Märchen, dass es unterschiedliche Qualitäts- oder Baustandards in Abhängigkeit von der Benutzungspflicht gibt.
Ich habe eine Zeit lang ausprobiert grundsätzlich, wenn erlaubt, auf der Fahrbahn zu fahren. Es gibt vieles was mich am grundsätzlichen Fahrbahnfahren stört.
Allein auf der Fahrbahn: Alle fahren auf dem Radweg, nur ich nicht. Natürlich sehen die Leute (auch Fußgänger und andere Radfahrer) darin ein Unrecht. Dazu ist das Wissen leider nicht weit genug verbreitet. Soll ich nun wirklich als der komische Vogel herumfahren, bevor die Rechts- und Statistiklage wirklich zur allgemeinen Bildung gehört? Ich finde es toll, wenn Leute darüber stehen. Klappt bei mir nicht immer. Auch wenn die folgenden Gründe schwerwiegender sind.
andere Provozieren: Durch das falsche Verständnis der Rechtslage, fühlen sich Autofahrer auf einer Auto-Fahrbahn. Dies lässt einige Hormone hoschwappen, die im Straßenverkehr nichts zu suchen haben. Auch wenn Unwissenheit die Hauptursache für die aggressiven Gefühle ist, habe ich wenig Lust, andauernd unbeabsichtigt zu provozieren.
Gegenseitige Rücksichtnahem: Warum soll ich einen angebotenen Radweg nicht nutzen, um schnellere Fahrer überholen zu lassen? Steht das nicht so in §1 der StVO? Senkt dass nicht die Aggression im Straßenverkehr? Dieser Gedanke trifft nicht immer zu, aber öfters.
selbst stressen: Wenn ich auf einer Fahrbahn neben Radwegen fahre, fühle ich mich meistens mehr gehetzt. Ich will möglichst wenig behindern. Auch packt mich der Ehrgeiz, dass man demonstrieren sollte, dass Radfahrer auch schnell vorankommen können und quasi mitschwimmen. Gut für den täglichen Sportbedarf. Schlecht wenn man entspannt und schweißfrei ankommen will.
Langsam fahren: Manchmal will oder muss man langsam fahren. Sei es Erkältung, Gegenwind oder der Wunsch gemütlich zu fahren. Da fallen die Faktoren wie unbeabsichtigtes Behindern und provozieren noch stärker ins Gewicht. Auch sind mit geringerer Geschwindigkeit die Probleme für den gefährlichen Radweg geringer.
(gefühlte) Sicherheit: Ja es gibt viele Statistiken die die Sicherheit von Fahrbahnen beschwören. Deswegen fahre ich auch immer wieder auf der Fahrbahn. Aber Statistiken können sich auch irren. Natürlich passieren an Straßen mit Radfahrwegen mehr Unfälle. Auf Straßen mit viel Verkehr gibt es Radfahrwege und der viele Verkehr reicht um die Zahl der Unfälle zu erhöhen. Selbst habe ich auch einige knappe Fälle auf der Fahrbahn gehabt. Am häufigsten dicht überholen. Bei dicht überholen passieren statistisch keine relevanten Unfallzahlen. Aber was ist, wenn während eines dichten Überholmanövers etwas mich aus der Bahn wirft, wie Windböen oder Schlaglöcher? Unwahrscheinlich aber möglich. Einmal hätte mir ein Autofahrer beinahe die Hand abgefahren, als ich gleichzeitig ein Handzeichen geben wollte. Er meinte, dass er mindestens einen Meter Überholabstand gehalten hätte. (Solang ist mein ausgestreckter Arm mit Hand nicht) Daher bin ich leider nicht 100% von den starken statistischen Indizien überzeigt und fahre manchmal lieber in (gefühlter) Sicherheit.
Mit massiven Aufklärungskampanien könnte man einiges verbessern. Ich bezweifle wie gesagt, dass Politiker es sich ausreichend mit der Autolobby verscherzen wollen, um überall gutes Fahrbahnfahren und ausgebremste Autofahrer zu riskieren. Nur als Erklärung, warum eure guten Fahrbahn-Argumente ich leider nicht als die Lösung empfinde.
@Andreas S
Zur Empirie der gesteigerten MIV Fahrleistungen in MS (Kopenhagen übrigens ähnich) gibt es nach meinem Wissen keinen zusammenfassenden Link mit Datenmaterial.
Wär natürlich gut das mal irgendwo online zugänglich zusammenzustellen.
Daten sind aus Verkehrszählungen, IHK Pendlerstatistiken (ohne Gewähr!!! für 2017 ca. 17,5KM durchschn. Pendelentfernung mit steigender Tendenz) und städtischen Datenbeständen (mittlerweile über 300.000 die Stadtgrenze werktägliche MIV Fahrten mit steigender Tendenz), die ihrerseits wieder auf Zählungen und Einwohnerbefragungen beruhen.
-> IHK Pendlerstatistiken
-> MS Verwaltung
In 2018 hat die TU Dortm. eine Untersuchung über MS und H gemacht, die auch auf das Problem der steigenden regionalen MIV Fahrleistung bei gleichzeitig ‚besserem‘ ‚Radverkehrsanteil‘ eingeht bzw. dieses untersucht.
Nur Summary online unter:
http://www.vpl.tu-dortmund.de/cms/de/Aktuelles/VPL_Letter2/VPLetter/VPLetter-28-Oktober2018.pdf
Langfassung aber über Uni bzw. UB’s gut zugänglich.
Auch:
„Eine Reduzierung der MIV-Nutzung der städtischen Bevölkerung, wie sie sich in einigen Städten andeutet, kann allerdings die Kapazitäten für den (über)regionalen MIV erweitern.
So haben in Radverkehrsstädten wie Münster und Kopenhagen
parallel zu einer Reduzierung der MIV-Nutzung seitens der städtischen Bevölkerung die MIV-Belastungen an den Stadtgrenzen zugenommen“
aus:
https://shop.arl-net.de/media/direct/pdf/fb/fb_014/17_holzrau-scheiner.pdf
(in obigem Aufsatz sind allerdings einige nicht ausreichend explizierte Prämissen enthalten, die durchaus eine ‚Scheuklappensicht‘ bei der Einschätzung der Gesamtsituation durchscheinen lassen, indem fehlendes ‚push‘ quasi naturwüchsig gesetzt erscheint bzw. als nicht mehrheitsfähig einfach mal aus dem Argumentationszusammenhang des konstanten Reisezeitbudgets herausgenommen wird, was dann erst die These der beschränkten Reichweite einer integrierten Raumplanung ermöglicht)
Ich hoffe das hilft weiter. Ansonsten, falls Du dazu intensiver arbeiten willst: einfach mal nach Rohdaten bei MS Verwaltung/IHK anfragen und/oder die TU Dortm. kontaktieren.