Der ADFC begrüßt die Vielfalt neuer Geschäftsideen rund um das Fahrrad und die klimafreundliche urbane Mobilität. Im Vorfeld der Leitmesse Eurobike kritisiert der Fahrradclub aber den schleppenden Ausbau der Fahrradinfrastruktur. Die unterdimensionierten oder ganz fehlenden Radwege und der Mangel an sicheren Fahrradparkplätzen begrenze das Wachstum der innovativen Zweirad-Branche. Auch die Unternehmen müssen sich stärker für den Ausbau der Radinfrastruktur engagieren, fordert der ADFC.
ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Fahrräder im Abo, elektrisch unterstützte Lastenanhänger, Paketdienste auf dem Rad – es ist großartig, wie viele neue Konzepte es gibt, um die Städte von zu viel Auto- und LKW-Verkehr zu entlasten. Viele dieser Geschäftsideen stammen aus den Niederlanden. Dort gibt es das weltweit am besten ausgebaute Radwegenetz – und davon profitiert natürlich auch die Fahrradindustrie. Deutschland ist bei der Radinfrastruktur noch Entwicklungsland. Damit sich das ändert, brauchen wir auch eine politische Fahrradbranche!“
XL-Radwege statt Dauerstau
Bei optimal ausgebauter Rad-Infrastruktur könnte jede dritte Autofahrt und jeder vierte Lastentransport auf Räder verlagert werden, das ist aus Studien bekannt. Nötig dafür sind breite Radwege in durchgängigen Netzen und eine neue Aufteilung des Straßenraums. Stork: „Konkret bedeutet das, von je zwei Fahrbahnen eine für den Radverkehr abzusperren. Oder das Straßenparken einzudämmen und den frei gewordenen Platz für Radspuren zu nutzen. Ohne diesen Paradigmenwechsel in der Verkehrsplanung ist der Mobilitätswandel nicht möglich!“
Verkehrswende braucht starke Unterstützer
Weil im Autoland Deutschland dieser Paradigmenwechsel nur mit kräftiger gesellschaftlicher Unterstützung in Gang gesetzt werden kann, hat der ADFC eine Plattform für Befürworter der Verkehrswende mit dem Rad im Zentrum geschaffen. Auf www.mehrplatzfuersrad.de können Privatpersonen ihre Unterstützung zeigen. Für Unternehmen gibt es die Möglichkeit, den ADFC Business Club zu unterstützen.
Pressemitteilung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs e.V. (ADFC)
2 Antworten auf „Schlechte Radwege hemmen Geschäftsmodelle rund ums Rad“
Das ist „Verkehrswende“ aus den 80ern.
Gleichberechtigte Förderung der Verkehrsmittel bei Ausnutzung der jeweiligen Stärken von Fahrrad, Auto, LKW, ÖPV usw.
Im Resultat wurden in NL tatsächlich etliche Wege des Autoverkehrs durch den Radverkehr ersetzt (wobei allerdings ein Großteil des Radverkehrs aus dem Fussverkehr und dem ÖPNV abgezogen wurde).
Auf den ersten Blick eine Win-Win Situation:
die Städte werden „entlastet“, der PKW und LKW Verkehr auf die „NOTWENDIGEN“ Fahrten reduziert, die Kurzstrecken-Autofahrten gehen zurück, die liveeability in den Städten verbessert sich und die weiteren Entfernungen werden für den MIV besser erschlossen, weil der lästige Stop&go Verkehr in den Städten verflüssigt wird.
Soweit das Narrativ aus den 80ern, welches von ADFC und Radentscheiden weitgehend unverändert übernommen und propagiert wird.
Die Kehrseite dieses Konzeptes wurde allerdings „EIGENTLICH“ seit längerem überdeutlich:
es ist mit diesem Konzept nirgendwo gelungen den Anstieg der MIV Fahrleistung relevant einzudämmen oder gar zu reduzieren.
In ALLEN diesen „Vorbildern“ steigt im Gesamtverkehr der Autoverkehr weiter an und befeuert den Klimaumbruch in immer stärkerem Ausmass.
Theologe Stork verkauft uns diese im grunde längst als „altbacken“ zu charakterisierenden Konzepte wieder mal als „Paradigmenwechsel“ !
Das ist doch komplett absurd.
Eine Wiederverflüssigung des zugestauten Autoverkehrs ist aus ökologischer Perspektive das Allerverkehrteste was wir machen können.
Weiter steigender Autoverkehr, aber jetzt mit Paradigmenwechsel-Rhetorik garniert, soll eine adäquate Antwort auf die Herausforderungen des 21. Jhd. darstellen?
Im Ernst?
Faktisch stellt der innerstädtische Autoverkehr mit seinen kurzen Distanzen keine wirklich relevante Größe bei der Betrachtung der Verkehrsleistung bzw. der Fahrleistung dar.
Der Löwenanteil kommt eindeutig aus den längeren Fahrdistanzen des überregionalen Verkehrs und des Stadt-Umland Verkehrs.
Genau diese ökologisch verheerenden Verkehre werden durch das von Stork vorgeschlagene Modell verflüssigt, wodurch die Reisezeiten optimiert werden, also die gefahrenen Distanzen weiter ansteigen, also die Zersiedelung zunimmt, also die Klimabelastung nicht nur akut, sondern auf lange Sicht ZU- statt AB-nimmt.
Theoretisch ist das unter Berücksichtigung von Reisezeitbudgets und den Implikationen induzierter Verkehre evident, und empirisch (NL, DK, usw.) zudem sehr gut bestätigt.
Scheint aber alles keine Rolle zu spielen, und so schallt es im Marketingverbund von CSU, BMW, ADAC, ADFC, Grünen und der bürgerlich konservativen, wie der ökologisch progressiven Presse:
„Radwege, Radwege, Radwege“.
Kein Wunder, denn Konservative wie auch Autoindustrie haben längst erkannt, dass der neue Trend zum anti-Stau durch Radwegbau ein idealer und kostegünstiger Weg ist die Autoindustrie noch ein paar Jahrzehnte länger als Renditemotor weiterlaufen zu lassen.
Was zeigt eigentlich das begleitende Foto zu diesem Artikel?
Wo steht das Lastenrad?
Auf welchen Wegen sollen und werden die Lastenräder fahren, wo werden sie bei Auslieferung parken?
Im Lieferlastenrad-Marketing wird ja die Möglichkeit des schnellen (und legalen) Parkens direkt auf den Gehwegen direkt neben der Lieferadresse, und des Fahrens ‚am Stau vorbei‘ auf den Radwegen als Alleinstellungsmerkmal gepriesen.
Ist es wirklich sinnvoll die GEH-wege bald mit Latenrädern, Fahrrädern, Rollern und dergleichen zuzuparken?
Macht es in Zeiten von ökologischer und klimatischer Krise Sinn trotz des vorhandenen sehr umfangreichen Fahrbahnnetzes die Radschnellwege und Velorouten mit erheblicher zusätzlicher Bodenversiegelung durch Natur, Grünanlagen und Erholungsgebiete ZUSÄTZLICH zum bestehenden Netz in die Gegend zu betonieren, nur damit wiedermal der staugeplagte LKW- und Autoverkehr vom Stau „entlastet“ wird?
Müssten wir nicht längst – nachdem zigfach und eindeutig bewiesen wurde, dass der Autoverkehr linear zur Kapazitätserweiterung ansteigt – fordern, dass das Strassennetz zurückgebaut wird und eine Verlagerung auf knapp 100% Umweltverbund stattzufinden hat?
Stattdessen NOCH MEHR Fahrwege zusätzlich zu den Fahrbahnen, die ja neuerdings (NL, ADFC, Radentscheide, Autolobby) verstärkt als „Autofahrbahnen“ umdefiniert werden?
Was da vertreten wird ist beileibe nicht der behauptete „Paradigmenwechsel“, es ist der übliche Marketing-Brei des „MEHR DAVON“.
Noch mehr betonierte Verkehrswege, noch mehr Lieferverkehr, noch höhere Fahrleistung des MIV, noch höhere Entfernungen zwischen Arbeiten und Wohnen, undsoweiter.
Ja, es bräuchte zwingend einen „echten“ ökologisch ausgerichteten Paradigmenwechsel!
Was uns da mal wieder aufgetischt wird eben KEIN solcher Wechsel, sondern ein Weiterso mit aktualisierten und aufgehübschten ökologisch längst gescheiterten Massnahmepaketen, auch wenn natürlich einzelne Massnahmen dieser insgesamt veralteten Konzepte – je nach Kontext – sinnvoll einsetzbar sind.
„Schlechte Radwege“ sind i.d.R. wie eine „tote Leiche“.