Lange waren sie angekündigt, heute hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer Maßnahmen vorgestellt, mit denen er das Radfahren in Deutschland fördern will. „Mit klaren Regelungen stärken wir den Radverkehr und sorgen dafür, dass das Radfahren zügig spürbar attraktiver und sicherer wird“, so der selbsternannte Fahrradminister. Die Novelle der Straßenverkehrsordnung enthält u.a. folgende Veränderungen für den Radverkehr, die zügig in Kraft treten sollen:

Generelles Halteverbot auf Schutzstreifen und Erhöhung der Bußgelder für das Parken in zweiter Reihe

Das BMVI plant höhere, wirksame Bußgelder für das unerlaubte Parken auf Schutzstreifen sowie für das Parken in zweiter Reihe. Die Erhöhung soll noch in diesem Jahr in den Bußgeldkatalog aufgenommen werden. Zum Verständnis: Schutzstreifen trennen den Rad- und den Autoverkehr mit einer gestrichelten weißen Linie. Autos dürfen dort zwar nicht parken, aber bislang noch bis zu drei Minuten halten. Dies führt vielfach dazu, dass die Radfahrenden Schutzstreifen nicht durchgängig nutzen können, weil ihnen haltende Autos den Weg versperren. Deshalb wollen wir dort ein generelles Halteverbot einführen.

Mindestüberholabstand für Kfz

Es wird ein Mindestüberholabstand von 1,5 Metern innerorts und von 2 Metern außerorts für das Überholen von Radfahrenden durch Kraftfahrzeuge festgeschrieben. Bisher schreibt die StVO lediglich einen „ausreichenden Seitenabstand“ vor.

Schrittgeschwindigkeit für rechtsabbiegende Lkw

Für rechtsabbiegende Lkw soll aus Gründen der Verkehrssicherheit innerorts Schrittgeschwindigkeit (7 bis 11 km/h) vorgeschrieben werden.

Grüner Pfeil für Radfahrer

Mit der StVO-Novelle wird die bestehende Grünpfeilregelung auch für Radfahrer ausgedehnt, die aus einem Radfahrstreifen oder baulich angelegten Radweg heraus rechts abbiegen wollen. Außerdem wird ein gesonderter Grünpfeil, der allein für Radfahrer gilt, eingeführt.

Einrichtung von Fahrradzonen

Analog zu den Tempo 30-Zonen sollen in Zukunft auch Fahrradzonen angeordnet werden können. Die Regelung soll sich an den Regeln für Fahrradstraßen orientieren.

Nebeneinanderfahren von Radfahrenden erleichtern

Das Nebeneinanderfahren von Radfahrenden soll ausdrücklich erlaubt sein, sofern der Verkehr nicht behindert wird. Bisher müssen Fahrräder grundsätzlich einzeln hintereinander fahren. Radfahrende dürfen nur in Ausnahmefällen nebeneinander Fahren, wenn der Verkehr dadurch nicht behindert wird.

Es ist die größte Radreform seit 20 Jahren. Das Rad ist gleichberechtigter Teil des Straßenverkehrs. Das muss sich auch in der StVO widerspiegeln.

Ausweitung des Parkverbots vor Kreuzungen und Einmündungsbereichen

Das Parken vor Kreuzungen und Einmündungen soll in einem Abstand von 5 Metern vom Beginn der Eckausrundung verboten werden, wenn ein straßenbegleitenderbaulicher Radweg vorhanden ist. Hierdurch soll die Sicht zwischen Straße und Radweg verbessert werden.

Vereinfachung für Lastenräder

Um speziell für Lastenfahrräder Parkflächen und Ladezonen vorhalten zu können, führen wir ein spezielles Piktogramm „Lastenfahrrad“ ein.

Verkehrszeichen Radschnellwege

Das Verkehrszeichen „Radschnellwege“ soll in die StVO aufgenommen werden, um die Kennzeichnung von Radschnellwegen auch unabhängig von der Fahrbahnbeschaffenheit wie z.B. auf sandigem Untergrund möglich zu machen.

Überholverbot von Radfahrenden

Mit der Einführung eines neuen Verkehrszeichens sollen die Straßenverkehrsbehörden der Länder in Zukunft ein Überholverbot von Radfahrenden z.B. an Engstellen anordnen können.

Innovationsklausel

Die bestehende Klausel für zeitlich und örtlich begrenzte Anordnungen zur Erprobung verkehrsregelnder oder sichernder Maßnahmen soll künftig unabhängig von einer Gefahrenlage Modellversuche ermöglichen. Solche Modellversuche sollen im Einvernehmen mit der Kommunen angeordnet werden. Damit wird die Mitbestimmung der Kommunen erhöht werden. Eine weitergehende Öffnung bedarf einer zusätzlichen Änderungen und gesetzesebene, die in einem weiteren Schritt im nächsten Jahr angegangenen werden soll.

Vereinfachte Öffnung von Einbahnstraßen für Radfahrer in Gegenrichtung

Hier ist eine Klarstellung in der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung geplant, um die Möglichkeiten der Kommunen für die Öffnung der Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrende zu erleichtern.




Ich bin gespannt auf die Bewertungen der Verbände, denn hier sind viele Maßnahmen dabei, die erst mal keinem weh tun und die schon lange hätten umgesetzt werden können. Fragen bleiben auch. Warum zum Beispiel wurde erst ein Pilotprojekt für den Grünpfeil für Radfahrer ewig hinausgezögert, nur um jetzt nicht mal auf die Ergebnisse zu warten? Versteht mich nicht falsch, es ist gut, dass er jetzt zügig kommt. Aber warum nicht schneller?

Das Halteverbot auf Schutzstreifen ist richtig. Noch wichtiger ist die Erhöhung der Bußgelder. Offen bleibt, wie teuer das Radwegparken künftig wird. Und genau wie beim festgeschriebenen Überholabstand oder beim Überholverbot von Radfahrenden hängt vieles auch von den Kontrollen ab. Finden die nicht statt, helfen auch höhere Bußgelder nichts.

Große Fragezeichen auch noch beim Nebeneinanderfahren von Radfahrern. Wann gilt das als Verkehrsbehinderung? Mir versucht man ja schon fast täglich klar zu machen, dass ich alleine auf der Fahrbahn eine Verkehrsbehinderung bin.

Und zu guter Letzt: Die Kennzeichnung von Radschnellwegen soll auch unabhängig von der Fahrbahnbeschaffenheit wie z.B. auf sandigem Untergrund möglich sein? Radschnellweg aus Sand? Nein, nach einem Fahrradminister hört sich das definitiv nicht an…

Das alles erst mal nur als erste Einschätzung. Der Zeitplan sieht nun vor, dass die Änderungsverordnung noch im Sommer in die Ressortabstimmung und in die Länder- und Verbändeanhörung gehen soll, sodass die Verordnung baldmöglichst in Kraft treten kann. In einem zweiten Schritt soll es auch in den begleitenden Verwaltungsvorschriften und im übergeordneten Straßenverkehrsgesetz Änderungen geben, die noch 2020 greifen sollen.