Ein Gastkommentar von Ralf Brand aus Osnabrück

Von der Rechtsprechung wird ein Mindestabstand von 1,50 Meter gefordert, den Autofahrer zu Radfahrern halten müssen. Das sei realitätsfern, heißt es in dem Artikel [der Neuen Osnabrück Zeitung]. Stimmt! Mir selbst hat ein Autofahrer vor einigen Jahren mit seinem Außenspiegel den Fahrradlenker touchiert. Mit viel Glück bin ich nicht gestürzt. An der nächsten Ampel hatte ich den Fahrer dann zur Rede gestellt. Er meinte dann, er habe nur seine Spur gehalten. Auch das stimmte und zeigt das eigentliche Problem: Viele Osnabrücker Straßen sind zu eng, um Autoverkehr, Radstreifen und Parkflächen unterzubringen. Beispiel Parkstraße: Wenn hier Radfahrer auf dem sogenannten „Schutzstreifen“ unterwegs sind, würde der Autoverkehr bei Einhaltung des Mindestabstandes praktisch zum Erliegen kommen. Dasselbe etwa an der Meller Straße ab Rosenplatz. Was also ist zu tun?

Es führt kein Weg daran vorbei, als den Platz anders zu verteilen. Parkflächen zugunsten von Radwegen wegfallen zu lassen und Verkehrsflächen für Autos zu reduzieren. Doch vor diesen sicher konfliktträchtigen Entscheidungen zugunsten von mehr sicherem Radverkehr drückt sich die Politik bisher. Deshalb folgende Vorschläge:

  • Alle Ratspolitiker machen eine „Probefahrt“ mit dem Fahrrad. Während des Berufsverkehrs über den Wall, die Parkstraße, Mellerstraße usw. Diesen Vorschlag meine ich ernst. Die Perspektive als Autofahrer kennt jeder. Höchste Zeit also, auch die andere Perspektive kennenzulernen. Erst dann weiß man, worüber man eigentlich entscheidet.
  • Aus der Parkstraße wird eine Einbahnstraße für den Autoverkehr. Auf der freiwerdenden Spur entsteht ein breiter Radweg für beide Richtungen. Dieses Konzept wird auch auf andere Straßen übertragen.
  • Als Sofortmaßnahme muss die Geschwindigkeit auf diesen Straßen auf Tempo 30 reduziert werden. Tempo 50 auf der Parkstraße kann man nur vertreten, wenn man hier nie mit dem Rad entlanggefahren ist.
  • Die „protected bike lane“ am Wall ist vorbildlich. Sie muss auf dem gesamten Wall eingerichtet werden. Dass dieser Radweg teurer geworden ist als geplant, muss, wie bei allen Bauprojekten, kritisch geprüft werden. Der Sicherheitsstandard, den dieser Radweg am Wall bietet, ist allerdings wirklich hervorragend. Mit weniger Qualität darf sich eine Stadt, die fahrradfreundlich sein will, nicht zufriedengeben.

Es ist höchste Zeit, dass die Politik den Mut zu wirklichen Veränderungen aufbringt. Ansonsten bleibt Sicherheit für Radfahrer weiterhin der Realität fern.

Bilder: dd