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Radverkehr

Schluss mit peinlichen Stellvertreter-Kriegen, endlich über intelligenten Verkehrsmix reden!

Der Fahrradclub ADFC ist entnervt über die hysterische Debatte um einzelne Arbeitsergebnisse der Regierungskommission Klimaschutz im Verkehr. Die künstlich aufgebaute Erregung über Tempolimit und Spritpreiserhöhung lenke von der eigentlichen Aufgabe der Bundesregierung ab, nämlich eine praktikable Lösung für das Problem zu hoher CO2-Emissionen im Verkehr zu finden.

Pressemitteilung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs e.V. (ADFC)

Der Fahrradclub ADFC ist entnervt über die hysterische Debatte um einzelne Arbeitsergebnisse der Regierungskommission Klimaschutz im Verkehr. Die künstlich aufgebaute Erregung über Tempolimit und Spritpreiserhöhung lenke von der eigentlichen Aufgabe der Bundesregierung ab, nämlich eine praktikable Lösung für das Problem zu hoher CO2-Emissionen im Verkehr zu finden. Zur Erreichung des durch das Pariser Klimaabkommen vorgegebenen CO2-Einsparungsziels könne der Radverkehr mehr beitragen, als jede andere diskutierte Einzelmaßnahme, so der ADFC.

ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork ist Mitglied der Expertenkommission Nationale Plattform Neue Mobilität (NPM). Er sagt: „Es kann doch bitte nicht wahr sein, dass das Vorbildland Deutschland es nicht hinbekommt, seinen Verkehr auf einen intelligenten, sauberen Mix umzustellen. Wenn am Ende alle im E-SUV-Stau stehen, ist keinem geholfen! Die Debatte um die Mobilität der Zukunft darf sich nicht nur um Autos und Techno-Spinnereien drehen. Die Menschen von heute wollen lebenswerte Städte, weniger Stress und Lärm, mehr Bewegung an der frischen Luft, mehr Wahlmöglichkeiten für ihre Mobilität. Wenn unsere Verkehrspolitik diesen Wandel nicht hinbekommt, blamiert sie sich vor der ganzen Welt!“

13 Millionen Tonnen CO2-Einsparungspotenzial – durch mehr Radverkehr

Deutschland muss, um nicht Milliarden Euro Strafzahlungen für verfehlte Klimaziele zu riskieren, bis 2030 pro Jahr etwa 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Verkehrssektor einsparen. Von diesem Ziel kann allein der optimale Ausbau des Radverkehrs bereits ein Fünftel erreichen. Andere Einzel-Maßnahmen, wie E-Auto-Quote, Tempolimit, höhere Benzinpreise, Biokraftstoffe oder aerodynamische LKW bringen einzeln nicht mehr als 2 Millionen Tonnen Einsparungspotenzial, und sind dazu noch ausgesprochen kostspielig. Stork: „Mit überschaubaren Investitionen von 30 Euro pro Kopf und Jahr für gute, breite Radwege in durchgängigen Netzen sowie geräumige Fahrrad-Abstellanlagen an Bahnhöfen, Stationen und öffentlichen Einrichtungen ist es möglich, ein Drittel der kürzeren Autofahrten und damit bis zu 13,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einzusparen. Die Bundesregierung hat es im Nationalen Radverkehrsplan von 2012 selbst vorgerechnet.“

25 Prozent der Autofahrten sind kürzer als zwei Kilometer

In seinem Argumentationspapier zur NPM rechnet der ADFC vor, dass Deutschland trotz der dringend gebotenen Verkehrswende nicht auf den unbedingt notwendigen Autoverkehr zu verzichten braucht. Schon die Verlagerung jeder dritten kürzeren Autofahrt auf das Rad würde erhebliche Effekte für den Klimaschutz bringen. Vermieden werden sollen allein die Bequemlichkeitsfahrten, die viele Bundesbürger unternehmen, weil ihnen für die Kurz-Fahrt zum Bäcker oder zur S-Bahnstation keine attraktive Alternative zur Verfügung steht. Voraussetzung für das Ersetzungsszenario ist auch der Ausbau von Bus und Bahn. Stork: „Rad und Bahn sind perfekte Partner und schaffen gegenseitig Synergien. Dieses Potenzial hat Deutschland nicht mal ansatzweise ausgeschöpft!“

5 Antworten auf „Schluss mit peinlichen Stellvertreter-Kriegen, endlich über intelligenten Verkehrsmix reden!“

Das umsteigen für kürzere Fahrten scheitert immer noch am Menschen. Für ein Umdenken fehlt bei den meisten Menschen einfach das Denken. Diese denken nicht weiter, oder/und sind einfach faul.

„Es ist kalt, es ist nass, es ist windig und weiteres.“ Das sind die Ausreden die man dann zu hören bekommt.

Darum ist es immer schön wenn jemand sagt „Wenn alle Fahrten unter XYkm mit dem Rad gefahren werden würden, dann würde dies Geldbeutel/ Umwelt/Gesundheit schonen. Klappt halt nur nicht.

„Andere Einzel-Maßnahmen, wie E-Auto-Quote, Tempolimit, höhere Benzinpreise, Biokraftstoffe oder aerodynamische LKW bringen einzeln nicht mehr als 2 Millionen Tonnen Einsparungspotenzial, und sind dazu noch ausgesprochen kostspielig.“

Zumindest Tempolimit und höhere Benzinpreise klingen für mich überhaupt nicht kostspielig.

„Rad und Bahn sind perfekte Partner“

In der Tat. Vor allem Reisen in Europa funktionieren hervorragend mit der Kombination Nachtzug + Klapprad. Leider sind viele gute Nachtzugverbindungen gestrichen worden.

Dieses ADFC Papierchen bezieht sich auf eine Studie des UBA, welche aber verkürzt und entstellt dargestellt wird.
Ich zitiere mal aus der Zusammenfassung der originalen Studie (S.83)

„Allein Maßnahmen der traditionellen Radverkehrsförderung, die vor allem auf Angebotsverbesserungen für den Radverkehr so- wie ein fahrradfreundlicheres Klima abzielen, können nur begrenzte Effekte bewirken. Maßgeblich wird das Verkehrsverhalten durch den Wohnstandort und den Besitz bzw. die Verfügbarkeit eines Kfz determiniert. Wo es nicht gelingt, die Motorisierung und Nutzung mit und von privaten Kfz zu senken, gehen Gewinne des Radverkehrs in großen Teilen zu Lasten des Zu-Fuß-Gehens oder des ÖV (Kannibalisierungseffekte).“

Und weiter (S.103):
„Die Substitution der kurzen Pkw- Fahrten um 25 oder 50 Prozent führt zu nur ein bis drei Prozent weniger Fahrleistung und damit auch CO2-Minderung. Bei den Luftschadstoffen (insbesondere CO und HC) wirkt sich die Verlagerung kurzer Wege durch den Kaltstart etwas stärker aus als den CO2-Emissionen. – Damit werden die Größenordnungen der Ergebnisse der o. g. Paralleluntersuchung im Auf- trag der BASt bestätigt.“

Die von Stork rausgehauene Grafik suggeriert im Gegensatz zum Ergebnis der UBA-Studie eine hohe Relevanz gerade der kurzen MIV Fahrten. Das Gegenteil ist der Fall, nur muss dazu die Grafik sozusagen ‚auf den kopf gestellt‘ werden:
Bei Betrachtung des Anteils der Kurzstrecken an der Gesamtfahrleistung des MIV wird deutlich, dass diese sagenumwobenen Kurzstrecken im Hinblick auf CO2 Emissionen nur minimal ins Gewicht fallen.

Dazu kommt allerdings die Tatsache, dass bei den Szenarien/Analysen die induzierten MIV-Fahrten auf den längeren Strecken aus der Betrachtung vollständig ausgeblendet wurde, was durchaus gravierende Rebound-Effekte unterschlägt.
Wenn z.B. 5 Bäckerfahrten á 2Km entfallen und die freiwerdende Verkehrswegekapazität (anti-Stu-Wirkung) für eine zusätzliche Umlandfahrt von 15Km genutzt wird, ist die Wirkung natürlich mit 5Km zusätzlicher Fahrleistung negativ. Der Effekt tritt nicht überall auf, sondern vor allem in den Wachstumsregionen mit weiterem Wachstumspotential. Von denen gibt es aber recht viele!

Selbst die 3% CO2 Einsparung wird bei Berücksichtigung auch nur weniger induzierter Mittel- und Langstreckenfahrten also höchst fraglich und kann (regional unterschiedlich) durchaus in den negativen Bereich umschlagen.

Aber sei’s drum, das ADFC Papierchen wird schon seine Wirkung entfalten.
Auch das Lungenärzte-Papierchen ist ja bei vielen gut angekommen.

Die Botschaft ist klar: Radfahren braucht Radwege und ist was für kurze Distanzen, das Auto soll weiter zur Verfügung stehen für die notwendigen Fahrten (fragt mal die Autofahrenden, ob ihre Fahrten notwendig sind ;-) )

Der Kurs passt exakt zur Politik von Scheuer, der Inzell-Initiative und so weiter ….

Link zur UBA Studie (Langfassung):
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/potenziale-des-radverkehrs-fuer-den-klimaschutz

Kleine Korrektur:
Das Zitat S.83 stammt nicht aus der Zusammenfassung, sondern aus dem Kapitel zur Herleitung von Maßnahmenszenarien.

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