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Ulla Bauer ist Radverkehrsbeauftragte der Stadt Osnabrück

Seit September 2017 ist Ulla Bauer Radverkehrsbeauftragte der Stadt Osnabrück. Im Interview spricht sie über ihre Aufgaben, ihre Projekte und über gefühlte und tatsächliche Gefahren beim Radfahren.

Ulla Bauer, Radverkehrsbeauftragte
Seit September 2017 ist Ulla Bauer Radverkehrsbeauftragte der Stadt Osnabrück. Im Interview spricht sie über ihre Aufgaben, ihre Projekte und über gefühlte und tatsächliche Gefahren beim Radfahren.

Frau Bauer, Sie sind erst seit September vergangenen Jahres Radverkehrsbeauftragte, was einigermaßen stutzig macht. Sie waren doch auch schon vorher für die Radfahrer zuständig.

Ulla Bauer: Der Titel ist neu, die Aufgabe nicht. Genau genommen beschäftige ich mich seit 2005 mit dem Thema. Tatsächlich bin ich aber erst seit einem knappen Jahr ganz offiziell Radverkehrsbeauftragte, der Titel wurde erst mit dem neuen Radverkehrsplan eingeführt. Er ist ein Zeichen, wie wichtig das Radfahren ist und dass sich jemand fast ausschließlich darum kümmert.

Wie muss man sich die Aufgaben einer „Radverkehrsbeauftragten“ vorstellen?

Ich kümmere mich nicht nur um das große Thema Radverkehrsplan, der die ganze Stadt betrifft und mitgestaltet, sondern auch zum Beispiel um das Aufstellen von Fahrradbügeln, denn kleine Sachen sind auch wichtig. Ich unterstütze die Straßenplaner bei ihren Projekten, neue Themen wie Radschnellwege werden von mir betreut. Dabei geht es auch darum in landes- und bundesweiten Gremien mitzuarbeiten und Fördergelder von Bund und Land zu generieren. Nicht zuletzt bin ich die Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger und die Geschäftsführung des „Runden Tisches Radverkehr“.

Wer irgendein Problem mit dem Radfahren hat, bekommt also bei Ihnen Hilfe?

Ulla Bauer: Jedes Problem löse ich nicht allein, das kann ich auch gar nicht. Aber ich weiß, wo es Hilfe gibt. Wenn zum Beispiel jemand mit einer Ampelschaltung unzufrieden ist, gebe ich das Problem an die zuständige Stelle weiter und bekomme dann eine Rückmeldung, ob dem Bürger geholfen werden konnte. Vieles lässt sich auch über das Meldesystem EMSOS regeln. Da kann man zum Beispiel das Schlagloch auf dem Radweg eintragen.

Es gibt Menschen in Osnabrück, die nicht gern Fahrrad fahren, weil sie es als gefährlich empfinden.

Ulla Bauer: Das ist bekannt und daran arbeiten wir. Wir brauchen gerade auf den Hauptverkehrsstraßen eine Führung, die nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv sicher ist. Dafür soll zum Beispiel die Protected Bike Lane sorgen, die zurzeit am Heger-Tor-Wall gebaut wird und für die wir weitere Abschnitte prüfen. Auf dieser geschützten Strecke haben Radfahrer viel Platz und das Fahren ist angenehm. Viele fühlen sich unwohl, wenn sie auf einem schmalen Weg zwischen Lkw und parkenden Autos unterwegs sind. Aber das sind nicht die Stellen, an denen oft Unfälle geschehen. Die meisten Unfälle passieren an Kreuzungen.

Trotzdem baut die Stadt diesen komfortablen Radweg?

Ulla Bauer: In Osnabrück liegt der Radverkehrsanteil bei 20 Prozent, das ist schon ordentlich, unser Ziel ist es aber, 30 Prozent zu erreichen. Rad fahren soll ja nicht nur sicher, sondern auch attraktiv sein. Wir möchten gern die erreichen, die eigentlich gut das Fahrrad nutzen könnten, es aber nicht nehmen, weil es ihnen unsicher oder unpraktisch erscheint. Zum guten Fahren mit einem sicheren Gefühl gehören breite Wege, auf denen auch Pedelecs flott unterwegs sein können und nicht dauernd von langsameren Fahrern aufgehalten werden. Die E-Bike-Fahrerinnen und -Fahrer profitieren auch vom neuen Radschnellweg, der zurzeit nach Belm gebaut wird.




Sind Pedelecs und E-Bikes die nächste Herausforderung für eine Radverkehrsbeauftragte?

Ulla Bauer: Sie eröffnen den Radfahrern neue Möglichkeiten und Reichweiten. Der neue Radschnellweg nach Belm ist ideal für diese Gruppe, vor allem für Pendler, die vom Auto auf das Fahrrad umsteigen. Im Fördergebiet Gartlage, das ja am Radschnellweg liegt, treiben wir gerade ein Pilotprojekt voran, das auch für E-Bike-Fahrer interessant ist: Radboxen für bis zu fünf Räder. In so einer Radbox steht auch das teure, schwere E-Bike trocken und sicher und muss nicht mühselig aus dem Keller getragen werden.

Sie sind auch für das Marketing zuständig. In Kampagnen ruft die Stadt Osnabrück häufig zu mehr Rücksicht auf. Sind nur Rüpel in der Stadt unterwegs?

Ulla Bauer: Natürlich nicht! Aber viele Unfälle an den Kreuzungen wären nicht passiert, wenn jeder Autofahrer immer an den Schulterblick denken würde. Andersrum sind einige Radfahrer einfach schlecht sichtbar oder beachten Regeln nicht. Schön wäre es, wenn Fahrradhelm und Sicherheitsweste gesellschaftsfähig werden und ganz selbstverständlich getragen werden. Unsere Kampagnen richten sich an beide Gruppen, bestärken aber besonders die schon aktiven Radler. Verhaltensänderung geht nur über die Kommunikation.

Hand aufs Herz: Tragen Sie immer Helm?

Ulla Bauer: Ich muss zugeben, dass ich ihn vor Jahren nicht aufgesetzt habe. Angefangen damit habe ich, weil ich für meine beiden kleinen Töchter ein Vorbild sein wollte. Die beiden sind mittlerweile erwachsen, aber auch sie fahren heute nicht ohne Helm.

Was muss passieren, damit Sie aufs Fahrrad verzichten?

Ulla Bauer: Bei Schnee und Eis steige ich ab. Sonst fahre ich immer. Ich brauche 20 Minuten zur Arbeit, warum sollte ich anders unterwegs sein und auf das gute Gefühl beim Radfahren verzichten?

Das Interview hat die Stadt Osnabrück herausgegeben.

6 Antworten auf „Ulla Bauer ist Radverkehrsbeauftragte der Stadt Osnabrück“

|Die meisten Unfälle passieren an Kreuzungen.

Warum werden die PBLs ausgerechnet dort unterbrochen?

|Schön wäre es, wenn Fahrradhelm und Sicherheitsweste gesellschaftsfähig
|werden“

Alles klar. Wer solche „Freunde“ hat, braucht keine Feinde mehr.

Klimawandel für Ziele der Verkehrsplanung völlig irrelevant?

„(…) unser Ziel ist es aber, 30 Prozent zu erreichen …“

Während die Verkehrsleistung der Autos und LKW weiter steigt gibt es dann ja bald Grund zum Jubel:

DER RADVERKEHRSANTEIL STEIGT !

Toll, so macht eine 6°C wärmere Welt doch gleich viel mehr Spass und es kann guten Gewissens weiter mit dem SUV gefahren werden (natürlich nur die „NOTWENDIGEN“ Fahrten über längere Distanzen…), und Fahrradaktivisten können unbesorgt weiterhin 2 x im Jahr mit dem Flieger um den Globus jetten …
Was für ein Irrsinn.

Wie wärs denn mal mit einem für’s 21.Jhd. angemessenen Benchmarking?
z.B.:
Rückgang der Autoverkehrsleistung im Einzugsgebiet Osnabrück um mindestens 2% jährlich?

Radverkehrsförderung weist sich dann, und nur dann, als ökologisch erfolgreich aus, wenn durch gezielte Stärkung des Radverkehrs – mit integrierten push-Elementen gegen den Autoverkehr – die Verkehrsleistung des MIV nachweislich zurückgeht.

Leider erleben wir derzeit mit der Ausweitung der Rolle von ‚Radverkehrsförderung‘ zur Rettung des neuen Autobooms, der sich grad selbst (Stau) an die Wand zu fahren droht, das genaue Gegenteil.

In Basel hat es längst eine gesetzliche Pflicht, die in die Richtung geht. Umweltschutzgesetz § 13 Abs. 1:

Der Kanton sorgt dafür, dass die Gesamtverkehrsleistung des privaten Motorfahrzeugverkehrs auf dem Kantonsgebiet gegenüber heute langfristig abnimmt, bis zum Jahr 2020 um mindestens 10%. Die Verkehrsleistung auf den Hochleistungsstrassen ist davon ausgenommen. Eine Verkehrsleistungszunahme durch Aus- und Neubau von Hochleistungsstrassen muss auf dem übrigen Strassennetz auch nach dem Jahr 2020 durch flankierende Massnahmen im gleichen Masse kompensiert werden.

bzw. § 13 v Abs. 1 und 2

Der Kanton und die Gemeinden Bettingen und Riehen treffen Massnahmen, um den Anteil der umweltfreundlichen Verkehrsmittel am gesamten Verkehrsvolumen zu erhöhen.

2
Sie treffen Massnahmen zur Kanalisierung, Verminderung und Beruhigung des privaten Motorfahrzeugverkehrs. Wird die Kapazität des Hochleistungsstrassennetzes auf Kantonsgebiet erhöht, ergreift der Kanton Massnahmen, um das übrige Strassennetz im Gegenzug dauerhaft von Verkehr zu entlasten.

http://www.gesetzessammlung.bs.ch/frontend/versions/3258?locale=de

Da dass natürlich in Konkurrenz zu anderen Normen steht, kann man das nicht maximal durchsetzen, aber die Entwicklung geht schon in die Richtung. Wenn man will. Ohne niederländisches Kreuzungsdesign und PBL übrings.

Es wäre schön gewesen, wenn hier auch stünde wie man die Radverkehrsbeauftragte erreicht!

Ich hätte gern eine Erklärung dazu wieso trotz ihrer jahrelangen Tätigkeit selbst bei Neuanlage ganzer Straßenzüge wie Römeresch, Knollstraße, Meller Straße (welche alle nicht wirklich wichtig für Autos sein können, da man sie jahrelang sperren konnte) die Radwege derart schlecht nach Plänen der 60er mit absolutem Vorrang für Autos angelegt wurden!
Die Breite der Meller Straße hätte schöne breite Radwege hergegeben wenn man weniger Parkplätze gebaut und den Durchgangsverkehr mit ein paar Pollern verhindert hätte (für den Durchgangsverkehr gibt es ja die naheliegende Hannoversche Straße).
Warum werden neue Radwege eigentlich immer holperig gepflastert? Straßen bekommen einen schönen glatten Asphalt und werden höchstens aus Verkehrsberuhigungsgründen gepflastert! Müssen Radfahrer permanent beruhigt werden?
Man möchte ja nicht wissen wie die Pläne für die nächsten Projekte dieser Art (z.B. Rheiner Landstraße) sind.
Wann findet da endlich ein Umdenken statt?

Zur Pflasterung der Radwege kann ich dir schnell die Rückmeldung geben, dass darunter sehr oft Versorgungsleitungen liegen. Die Pflasterung ist dann sozusagen wiederverwertbar, sprich billiger, wenn darunter was gemacht werden muss.

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