Dass die EU-Kommission sich gerade mit dem Gedanken beschäftigt, für alle E-Bikes eine Versicherungspflicht einzuführen, konntet ihr bereits in den Links der Woche lesen. Nun hat Hannes Neupert, der Präsident von ExtraEnergy eine Petition gestartet, um dies zu verhindern.
Aktuell bewegt man sich mit einem E-Bike, dass bis 25 km/h unterstützt, in einem Graubereich. Laut Wiener Abkommen der Vereinten Nationen von 1968 ist die Definition von Fahrrad: ein Fahrzeug, das ausschließlich über die Muskelkraft der damit fahrenden Person, entweder mit Pedale oder Handkurbel, angetrieben wird. Sobald ein noch so kleiner Motor an ein Fahrrad gebaut ist, ist es der Definition nach ein Motorfahrzeug. Eine Definition, die offensichtlich in den vergangenen Jahren nicht groß aufgefallen war, weil Elektrofahrräder nur in relativ kleinen Stückzahlen verkauft wurden. Inzwischen sind Pedelecs weltweit sichtbar geworden.
Im Jahr 2014 hat der Europäische Gerichtshof ein Urteil gefällt, aus dem klar wird, dass alle Kraftfahrzeuge versichert werden müssen – und Pedelecs sind Kraftfahrzeuge. Darauf hat die EU nun reagiert und eine entsprechende Richtlinie erarbeitet. Folgerichtig müssten nun auch Pedelecs in Kürze in der EU wie KFZ versichert werden.
Um das zu verhindern, hat Neupert die Petition „Pedelecs/E-Bikes sollen dem Fahrrad gleichgestellt werden!“ gestartet. Eine kurze Erklärung gibt es noch mal im Video.
—
Update 4. September 2018
Auf Anfrage von Stefan Gelbhaar, Sprecher für städtische Mobilität und Radverkehr der Bundestagsfratkion von Bündnis 90/Die Grünen, hat die Bundesregierung inzwischen erklärt, dass Pedelecs „auch zukünftig in Deutschland nicht unter die Haftpflichtversicherungspflicht fallen“ werden, weil sie „im deutschen Straßenverkehrsrecht – im Gegensatz zu S-Pedelecs und Elektromofas – nicht als Kraftfahrzeug, sondern als Fahrrad definiert“ sind. Dies stehe auch „mit den Vorgaben der Richtlinie 2009/103 FG im Einklang, die den Mitgliedstaaten die Kompetenz einräumt, bestimmte Fahrzeugtypen vom Anwendungsbereich derichtlinie auszunehmen.“
25. Januar 2019
Am 22. Januar hat nun der IMCO-Ausschuss des Europäischen Parlaments beschlossen, dass es keine obligatorische Haftpflichtversicherung für Pedelecs geben soll. Der usprüngliche Gesetzestext wird geändert.
3 Antworten auf „Pedelec – das Fahrzeug, das es eigentlich nicht gibt“
Dem kann ich nur bedingt zustimmen:
Zunächst ist die Definition „Fahrrad“ im „Übereinkommen über den Straßenverkehr vom 8. November 1968″(veröffentlicht im BGBl. 1977 II S. 809) relativ klar.
Dank des bestimmten Rechtsbegriffs „ausschließlich“, gelten Pedelecs zunächst als „Motorfahrräder“ (Beide Definitionen im Wortlaut s.u.).
Allerdings hat jedes Land das Recht, diese den Fahrrädern gleichzustellen.
Und genau das hat der Gesetzgeber am 01.06.2017 (also nach dem EuGH Urteil und vermutlich reaktiv) mit der Änderung des § 63a StVZO (Beschreibung von Fahrrädern)getan:
„(2)Als Fahrrad gilt auch ein Fahrzeug im Sinne des Absatzes 1, das mit einer elektrischen Trethilfe ausgerüstet ist…“
Damit sind in Deutschland Pedelecs Fahrräder und nicht vom EuGh Urteil betroffen.
Ob der nächste CSU-Verkehrtminister eine Gesetzesänderung anstrebt, kann man nicht orakeln. Daher wünsche auch ich mir eine Europäische Lösung.
Der Vollständigkeit halber hier der Wortlaut des Übereinkommens:
„l) „Fahrrad“ ist jedes Fahrzeug mit wenigstens zwei Rädern, das ausschließlich durch die Muskelkraft auf ihm befindlicher Personen, ins- besondere mit Hilfe von Pedalen oder
Handkurbeln, angetrieben wird;“
„m) „Motorfahrräder“ sind zwei- oder dreirädrige Fahrzeuge mit einem Verbrennungsmotor, dessen Zylinderinhalt 50cm2 (3,05 Kubikzoll) und dessen durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit 50 km (30 Meilen) in der Stunde nicht übersteigt. Die Vertragsparteien haben jedoch das Recht, in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften solche Fahrzeuge nicht als Motorfahrräder anzusehen, die nicht hinsichtlich ihrer Verwendungsmöglichkeiten die Merkmale von Fahrrädern haben insbesondere das Merkmal, durch Pedale angetrieben werden zu können- oder deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit, deren Gewicht oder gewisse Merkmale des Motors gegebene Grenzen übersteigen. Nichts in dieser Begriffsbestimmung ist so auszulegen, als hindere es die Vertragsparteien hinsichtlich der Anwendung ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften für den Straßenverkehr, die Motorfahrräder völlig den Fahrrädern gleichzustellen;“
Es war ja (leider) nur eine Frage der Zeit, bis das passieren würde. ich selber habe das schon wirklich vor Jahren prophezeit, muss aber dazu sagen, dass man da keine großartigen Hellseherfähigkeiten für benötigt :))
Der Staat sieht hier eine neue Einnahmequelle und da ist er ja wieder fix. Es würde mich nicht wundern, wenn diese neue Steuer dann in Lichtgeschwindigkeit durchgesetzt wird und auch ratzfatz gut organisiert ist.
Leider profitieren die Radfahrer davon ja nicht, diese Steuern stopfen dann wieder andere Löcher.
Eine Versicherungspflicht ist ja keine Steuer. Ich könnte mir schon vorstellen, dass erhöhte Kosten in Verbindung mit Pedelecunfällen in den Statistiken der Versicherungen landen, beispielsweise in der Privathaftpflicht. Als Versicherer würde ich auch gerne Prämie einnehmen für ein Risiko, dass ich dort gar nicht mit eingepreist hatte. Ob sich am Ende die Versichererlobby in Brüssel endgültig durchsetzt oder ob man Radverkehr politisch fördern möchte, das ist am Ende die zu treffende Entscheidung.